Legal Lexikon

Reallast


Reallast – Begriff, rechtliche Grundlagen und praktische Bedeutung

Die Reallast ist ein im deutschen Sachenrecht verankertes beschränktes dingliches Recht an einem Grundstück. Sie berechtigt eine bestimmte Person oder einen Eigentümer eines anderen Grundstücks, vom jeweiligen Eigentümer des belasteten Grundstücks wiederkehrende Leistungen zu fordern. Die Reallast ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) umfassend geregelt und spielt eine wichtige Rolle im Grundstücksrecht.

Begriff und Wesen der Reallast

Die Reallast ist im §§ 1105 ff. BGB geregelt. Nach der Legaldefinition in § 1105 Absatz 1 BGB ist die Reallast das Recht, aus einem Grundstück wiederkehrende Leistungen zu fordern. Es handelt sich um ein dingliches Recht, das im Grundbuch eingetragen wird und unmittelbare Wirkung gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer entfaltet.

Charakteristika der Reallast

  • Dingliches Recht: Die Reallast ist ein Recht, das unabhängig von der Person des Eigentümers am belasteten Grundstück haftet.
  • Wiederkehrende Leistungen: Die Hauptverpflichtung besteht regelmäßig in der Erbringung wiederkehrender Leistungen, die in Form von Geld, Sachleistungen oder auch Dienstleistungen bestehen können.
  • Grundbuchpflicht: Die Eintragung im Grundbuch ist Voraussetzung für das Entstehen einer Reallast.
  • Belastungsfähigkeit: Belastet werden können ausschließlich Grundstücke – bewegliche Sachen oder Rechte sind nicht reallastfähig.

Gesetzliche Grundlagen

BGB: Regelungen zur Reallast

Die maßgeblichen Normen finden sich in den §§ 1105 bis 1112 BGB:

  • § 1105 BGB: Definiert die Reallast und skizziert die Leistungen, die daraus gefordert werden können.
  • § 1106 BGB: Ordnet die Anwendung der Vorschriften über Hypothek und Grundschuld grundsätzlich an, soweit es die dingliche Haftung betrifft.
  • § 1107 BGB: Regelt die Sicherung von Reallasten für Unterhaltsleistungen.
  • § 1108 BGB: Ordnet die Verantwortlichkeit des Eigentümers und die Duldungspflicht an.
  • § 1109 BGB: Bestimmt, dass Reallasten in Abteilungen II des Grundbuchs eingetragen werden.
  • § 1111 BGB: Vorsieht die Löschung der Reallast nach Tilgung oder Zeitablauf.

Öffentliche und private Reallasten

Es wird zwischen öffentlichen und privaten Reallasten unterschieden. Öffentliche Reallasten sind gesetzlich angeordnet (zum Beispiel im Wasserrecht oder im Baugesetzbuch), während private Reallasten kraft privatrechtlicher Vereinbarung begründet werden.

Entstehung und Eintragung

Voraussetzungen für die Begründung einer Reallast

Die Entstehung setzt einen Eintragungsantrag, Einigungsvereinbarung nach § 873 BGB und die Eintragung im Grundbuch voraus. Wesentlich ist, dass die wiederkehrende Leistung genau bestimmt oder zumindest bestimmbar ist.

Grundbucheintragung

Die Reallast entsteht mit der Eintragung in das Grundbuch, genauer in Abteilung II. Die Eintragung muss die Art und der Inhalt der Leistungen hinreichend konkret bezeichnen.

Form und Inhalt des Vertrags

Der zugrunde liegende Vertrag ist formlos gültig, bedarf aber zur Wirksamkeit der Eintragung der notariellen Beglaubigung. Bestandteil sollten insbesondere die Leistungsmodalitäten, der Kreis der Berechtigten sowie die Dauer der Belastung sein.

Inhalt und Umfang der Reallast

Arten von Leistungen

Die geschuldeten Leistungen können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Klassischerweise fallen hierunter:

  • Geldleistungen: Etwa laufende Rentenzahlungen oder Pensionsleistungen.
  • Naturalleistungen: Beispielsweise Lieferung von Brennholz, Lebensmitteln oder anderen wiederkehrenden Gütern.
  • Dienstleistungen: Gesetzlich zulässig, etwa Pflegeleistungen oder Wartungspflichten.

Persönliche und dingliche Haftung

Voraussetzung der Reallast ist die Haftung des Grundstücks (dingliche Haftung). Der Eigentümer des Grundstücks ist zur Duldung verpflichtet. Bei Zwangsvollstreckung ist der Berechtigte bevorzugt abgesichert und kann auf das Grundstück zugreifen.

Übertragung, Veränderung und Löschung der Reallast

Übertragbarkeit

Der Anspruch aus der Reallast kann grundsätzlich abgetreten werden (§ 398 BGB). Die Reallast selbst bleibt jedoch als dingliches Recht immer mit dem belasteten Grundstück verbunden.

Änderung

Änderungen des Inhalts oder Umfangs erfordern grundsätzlich eine erneute Einigung und Eintragung im Grundbuch.

Löschung

Die Reallast kann gelöscht werden,

  • wenn der Berechtigte zustimmt oder
  • bei Zeitablauf, falls sie befristet war,
  • oder durch Erfüllung sämtlicher Leistungen.

Es bedarf eines Löschungsantrags und der Zustimmung des Berechtigten, sofern die Reallast nicht bereits untergegangen ist.

Besonderheiten: Reallast zur Sicherung von Unterhaltsansprüchen

Eine besondere Bedeutung kommt der Reallast bei der Sicherung von Unterhaltsansprüchen zu. So kann z. B. im Rahmen eines Erbvertrags oder einer Schenkung zur Absicherung des lebenslangen Unterhalts eine Reallast zugunsten des Berechtigten bestellt werden.

Abgrenzung zu verwandten Rechten

Die Reallast unterscheidet sich von anderen Grundpfandrechten wie Grundschuld und Hypothek durch die Art der gesicherten Ansprüche (nicht auf Geld beschränkt), die Möglichkeit zur Vereinbarung von Dienstleistungen und die unmittelbare Verpflichtung des Eigentümers zu wiederkehrenden Leistungen. Von der Dienstbarkeit unterscheidet sich die Reallast dadurch, dass sie auf Leistung und nicht nur auf Dulden oder Unterlassen gerichtet ist.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfälle

Die Reallast ist in der Praxis insbesondere im Zusammenhang mit der Altersvorsorge (z. B. Altenteil), der Sicherung von Unterhalt, Pflege oder Wohnrechten von Bedeutung, sowie im landwirtschaftlichen Bereich zur Versorgung ausgeschiedener Hoferben.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1105 ff.
  • Grundbuchordnung (GBO)
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Reallast

Die Reallast bleibt aufgrund ihrer flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten ein wesentliches Instrument im deutschen Grundstücksrecht, das bei sorgfältiger Ausgestaltung ein effektives Mittel zur Absicherung wiederkehrender Leistungen darstellen kann.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Bestellung einer Reallast berechtigt?

Zur Bestellung einer Reallast berechtigt sind in der Regel nur die Eigentümer des belasteten Grundstücks. Die Reallast wird durch Einigung und Eintragung im Grundbuch begründet. Die Bestellung kann auch durch Nießbraucher erfolgen, sofern ihnen nach § 1069 BGB das Recht zur Bestellung eingeräumt wurde. Eventuell müssen Mitberechtigte wie Erbbauberechtigte oder Wohnungseigentümer zustimmen, wenn das Grundstück mehreren Personen gehört. Die Bestellung durch Minderjährige oder Geschäftsunfähige bedarf regelmäßig einer familiengerichtlichen Genehmigung. Weiterhin ist darauf zu achten, dass eine wirksame dingliche Einigung nach §§ 873, 876 BGB Voraussetzung ist und die genaue Bestimmung des Anspruchs aus der Reallast im Grundbuch erforderlich ist, damit sie Dritten gegenüber wirkt.

Wie kann eine Reallast im Grundbuch gelöscht werden?

Die Löschung einer Reallast aus dem Grundbuch erfolgt grundsätzlich durch Antrag des Eigentümers des belasteten Grundstücks und Zustimmung des Berechtigten, dessen Recht gelöscht werden soll. Die Zustimmung muss durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen werden. Außerdem sind in vielen Fällen Nachweise über das Erlöschen der Reallast vorzulegen, zum Beispiel durch Vorlage eines Erfüllungsnachweises beim Erlöschen durch Zeitablauf oder Erfüllung der gesicherten Ansprüche. Der Grundbuchführer prüft dann die formellen Voraussetzungen für die Löschung gemäß §§ 19, 20 GBO und vollzieht die Löschung nach positiver Prüfung.

Sind Reallasten vererblich und übertragbar?

Reallasten sind grundsätzlich vererblich, d. h. beim Tod des Berechtigten geht das Recht an dessen Erben über, sofern aus der Grundbucheintragung nichts anderes hervorgeht oder sich nicht aus dem Zugrundeliegenden Schuldverhältnis eine Einschränkung ergibt. Reallasten können auch abgetreten werden, beispielsweise durch Abtretung der gesicherten Forderung (§ 398 BGB i.V.m. § 1154 BGB), insofern die persönliche Berechtigung übertragbar ist. Einschränkungen ergeben sich dann, wenn die Reallast ausdrücklich als höchstpersönliches Recht bestellt wurde, etwa für Unterhaltsansprüche, die mit dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten erlöschen.

Welche rechtlichen Ansprüche kann der Berechtigte aus einer Reallast geltend machen?

Der Berechtigte einer Reallast kann vom Grundstückseigentümer regelmäßig wiederkehrende Leistungen verlangen, die im Grundbuch genau bestimmt sind. Bei Nichtleistung stehen ihm neben dem Anspruch auf die Leistung selbst regelmäßig auch schuldrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz zu. Außerdem hat er gemäß § 1101 BGB ein gesetzliches Recht auf Absicherung durch Eintragung der Reallast und unter Umständen ein Zwangsvollstreckungsrecht gegen das Grundstück (§ 1105 BGB), sodass bei Nichtleistung eine Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück möglich ist.

Kann eine Reallast auf Teilflächen eines Grundstücks beschränkt werden?

Ja, es ist möglich, eine Reallast nur auf eine bestimmte Teilfläche eines Grundstücks zu beschränken. Dies setzt jedoch eine genaue und eindeutige Bezeichnung dieser Teilfläche in der Eintragungsbewilligung und im Grundbuch voraus, wobei in der Regel ein amtlicher Aufteilungsplan oder eine entsprechende grundbuchmäßige Umschreibung erforderlich ist. Ohne eine präzise Definition besteht die Gefahr der Unwirksamkeit der Belastung hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes des Grundbuchrechts.

Was passiert mit der Reallast bei Verkauf des belasteten Grundstücks?

Die Reallast bleibt beim Verkauf des Grundstücks als ein dingliches Recht bestehen und geht gemäß § 1120 BGB auf den Erwerber über. Der neue Eigentümer tritt somit in die Verpflichtungen aus der Reallast ein, unabhängig davon, ob er diese bei Vertragsschluss kannte. Allerdings können etwaige schuldrechtliche Aspekte, die nicht im Grundbuch ersichtlich und vereinbart wurden, zwischen Verkäufer und Erwerber abweichend geregelt werden. Der berechtigte Gläubiger kann weiterhin die Erfüllung seiner Forderung gegen den neuen Eigentümer geltend machen.

Können mehrere Reallasten auf einem Grundstück bestehen und wie ist ihre Rangfolge geregelt?

Es ist rechtlich möglich, mehrere Reallasten auf ein und demselben Grundstück zu bestellen. Deren Rangfolge bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch; ältere Eintragungen genießen grundsätzlich Vorrang vor jüngeren (Rangprinzip nach § 879 BGB). Die Rangfolge ist von erheblicher Bedeutung für den Fall der Zwangsversteigerung: Bei unzureichendem Erlös werden zuerst die vorrangigen Rechte bedient. Eine im Grundbuch dokumentierte Rangänderung ist möglich, bedarf aber der ausdrücklichen Bewilligung aller davon betroffenen Berechtigten.