Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Arbeitsrecht»Rassendiskriminierung

Rassendiskriminierung


Begriff und rechtliche Einordnung von Rassendiskriminierung

Rassendiskriminierung bezeichnet jede Benachteiligung, Ungleichbehandlung oder Herabwürdigung von Menschen aufgrund ihrer „Rasse“, ethnischen Herkunft, Hautfarbe oder Abstammung. Menschenrechtlich und rechtlich stellt Rassendiskriminierung eine spezifische Form unzulässiger Diskriminierung dar und ist auf zahlreichen Ebenen – von internationalen Konventionen bis hin zu nationalen Verfassungen und Gesetzen – untersagt sowie unter Strafe gestellt. Der Begriff ist rechtlich klar definiert und regelt das Verbot sowie die Sanktionierung rassistischer Handlungen im öffentlichen und privaten Bereich.

Historische Entwicklung des Begriffs

Der Begriff „Rasse“ gilt heute in der Wissenschaft als überholt und kritisch; er bleibt jedoch aus historischen und rechtlichen Gründen in den Formulierungen vieler Rechtsnormen erhalten. Die internationale Auseinandersetzung mit Rassendiskriminierung wurde insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg intensiviert und durch zahlreiche Übereinkommen völkerrechtlich fixiert.

Internationale Rechtsgrundlagen

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Bereits Artikel 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR, 1948) garantiert den Anspruch auf Freiheit und Gleichheit ohne Differenzierung nach Rasse, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft.

Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD)

Das ICERD ist das zentrale völkerrechtliche Instrument zur Bekämpfung rassistischer Diskriminierung. Es wurde 1965 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und definiert Rassendiskriminierung in Artikel 1 Absatz 1 wie folgt:

„Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet der Ausdruck ‚Rassendiskriminierung‘ jede Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung aufgrund der Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationalen oder ethnischen Herkunft, die zum Ziel oder zur Folge hat, die Anerkennung, den Genuss oder die Ausübung von Menschenrechten und Grundfreiheiten in gleicher Weise zu verhindern oder zu beeinträchtigen.“

Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten zu legislativen, administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen bestehende und potentielle Formen der Rassendiskriminierung.

Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)

Artikel 14 EMRK schützt vor Diskriminierung, auch wegen der Rasse oder ethnischen Herkunft, im Zusammenhang mit der Ausübung der in der Konvention garantierten Rechte.

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Artikel 21 der EU-Grundrechtecharta verbietet ausdrücklich jede Diskriminierung aufgrund der Rasse, ethnischen Herkunft, Hautfarbe, Abstammung oder Sprache.

Rassendiskriminierung im deutschen Recht

Grundgesetz

Das Diskriminierungsverbot ist im Grundgesetz (GG) festgeschrieben. Artikel 3 Absatz 3 GG lautet:

„Niemand darf wegen […] seiner Rasse, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Auch wenn der Begriff „Rasse“ heute als problematisch betrachtet wird, ist er Bestandteil des Wortlauts und daher weiterhin von juristischer Relevanz.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 setzt europäische Vorgaben zum Diskriminierungsschutz um und untersagt ausdrücklich jede Benachteiligung aus Gründen der „Rasse“ oder wegen der ethnischen Herkunft (§ 1 AGG). Das AGG schützt Betroffene vor Diskriminierungen unter anderem

im Arbeitsleben (Beschäftigung, Kündigung, Aufstieg)
im Zivilrechtsverkehr (z.B. bei der Wohnraumvermietung, Zugang zu Dienstleistungen)

Ansprüche und Rechtsfolgen nach dem AGG

Wer durch eine rassendiskriminierende Handlung benachteiligt worden ist, kann zivilrechtliche Ansprüche in Form von Schadensersatz und Entschädigung geltend machen (§§ 15, 21 AGG). Ferner enthält das Gesetz Vorschriften zum Schutz vor erneuten Benachteiligungen sowie Regelungen zur Beweislast und zu Beschwerdemechanismen.

Strafrechtliche Relevanz

Rassendiskriminierung kann zugleich Straftatbestände erfüllen. Das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) stellt insbesondere Volksverhetzung (§ 130 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB) und bestimmte Diskriminierungshandlungen unter Strafe, sofern sie sich gegen einzelne oder Gruppen „wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, einer genannten ethnischen Gruppe, Religion oder Weltanschauung“ richten.

Antidiskriminierungsstellen und Rechtsdurchsetzung

In Deutschland wurde zur Durchsetzung des Diskriminierungsschutzes die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ins Leben gerufen (§§ 25 ff. AGG). Sie nimmt Beschwerden entgegen, berät Betroffene und führt Öffentlichkeitsarbeit durch.

Begriffliche Abgrenzung und Praxisbeispiele

Abgrenzung zu anderen Diskriminierungsmerkmalen

Nicht jede Benachteiligung mit Bezug zu einem Menschenrechtsmerkmal ist automatisch eine Rassendiskriminierung. Abzugrenzen sind beispielsweise Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts (Sexismus), der Religion oder Weltanschauung sowie der sexuellen Identität.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung hat Rassendiskriminierung unter anderem in Fällen festgestellt, in denen Menschen aufgrund ihres Namens, Aussehens oder ihrer Herkunft bei der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche benachteiligt wurden.

Diskriminierung im Arbeitsleben

Die Ablehnung eines Bewerbers mit ausländisch klingendem Namen ohne sachlichen Grund stellt nach ständiger Rechtsprechung eine Indizwirkung für eine unzulässige Benachteiligung dar.

Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen

Verweigerung des Zugangs zu einer Diskothek oder Diskriminierung bei der Vermietung von Wohnungen aus Gründen der ethnischen Herkunft sind nach eindeutiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässig und verpflichten regelmäßig zur Zahlung von Entschädigung.

Maßnahmen zur Verhinderung und Beseitigung von Rassendiskriminierung

Prävention und Sensibilisierung

Bildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen sind zentrale Elemente im Kampf gegen Rassendiskriminierung. Rechtliche Vorgaben zielen darauf ab, struktureller Diskriminierung entgegenzuwirken und Chancengleichheit zu gewährleisten.

Konsequenzen bei Verstößen

Neben zivil- und strafrechtlichen Sanktionen drohen bei institutioneller Diskriminierung auch aufsichtsrechtliche und bußgeldrechtliche Maßnahmen, etwa gegen Arbeitgeber oder Dienstleistungsanbieter.

Zusammenfassung

Rassendiskriminierung umfasst sämtliche Formen der Benachteiligung aufgrund rassistischer oder ethnischer Zuschreibungen und ist in internationalen Übereinkommen sowie nationalen Gesetzen und Verfassungen verboten. Der rechtliche Schutz gegen Rassendiskriminierung ist umfassend ausgestaltet und umfasst Prävention, Sanktionierung und den individuellen Ausgleich von Nachteilen. Betroffene haben vielfältige Möglichkeiten, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen und Unterstützung bei staatlichen Stellen oder Hilfsorganisationen zu erhalten. Das Ziel der gesetzlichen Regelungen ist die umfassende Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Grundlagen bestehen gegen Rassendiskriminierung in Deutschland?

In Deutschland wird der Schutz vor Rassendiskriminierung auf verschiedenen Rechtsgrundlagen gewährleistet. Zentrale Norm ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das 2006 in Kraft trat und insbesondere für den Bereich des Arbeitslebens sowie den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen gilt. Es verbietet eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft (§ 1 AGG). Darüber hinaus schützt das Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 3 jedes Individuum davor, „wegen seiner Rasse oder wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt oder bevorzugt zu werden“. Auch das Strafgesetzbuch enthält mit § 130 StGB (Volksverhetzung) und weiteren Tatbeständen Regelungen, die rassistisch motivierte Straftaten unter Strafe stellen. Zudem ist Deutschland durch internationale Abkommen, wie die UN-Anti-Rassismus-Konvention (ICERD), verpflichtet, rassistische Diskriminierung zu bekämpfen. Zusammen bilden diese Regelungen ein umfassendes Schutzsystem gegen rassistische Diskriminierung im deutschen Recht.

Welche rechtlichen Schritte können Betroffene von Rassendiskriminierung ergreifen?

Betroffene von Rassendiskriminierung können verschiedene rechtliche Schritte einleiten. Im zivilrechtlichen Bereich, insbesondere bei Diskriminierung im Arbeitsleben oder beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, können sie sich auf das AGG berufen und beim jeweiligen Arbeitgeber bzw. Dienstanbieter eine Beschwerde einreichen. Diese muss zeitnah, regelmäßig innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis des Diskriminierungsvorfalls, erfolgen. Parallel können Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden (§ 15 AGG). Bei schweren Fällen besteht die Möglichkeit, sich an das Arbeitsgericht bzw. Zivilgericht zu wenden. Im strafrechtlichen Bereich können Betroffene Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erstatten, zum Beispiel bei rassistisch motivierter Beleidigung (§ 185 StGB), Körperverletzung (§ 223 StGB) oder Volksverhetzung (§ 130 StGB). Ergänzend bieten spezialisierte Beratungsstellen und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Unterstützung bei der Durchsetzung der Rechte.

Gibt es Fristen, die bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Rassendiskriminierung zu beachten sind?

Ja, das AGG sieht bestimmte Fristen vor, die zwingend eingehalten werden müssen, um Ansprüche wegen Diskriminierung durchzusetzen. Nach § 21 und § 15 AGG muss der Betroffene die Diskriminierung innerhalb von zwei Monaten, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, beim Arbeitgeber oder der zuständigen Stelle geltend machen. Wird diese Frist versäumt, können Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung regelmäßig nicht mehr durchgesetzt werden. Nach erfolgter Geltendmachung bleibt es dem Betroffenen unbenommen, Klage einzureichen, worauf ab dem Zeitpunkt der Ablehnung oder Nichterledigung eine Frist von drei Monaten für die gerichtliche Geltendmachung besteht. Im Strafrecht gelten die allgemeinen Verjährungsfristen des StGB, die je nach Straftatbestand unterschiedlich lang ausfallen.

In welchen Lebensbereichen gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gegen Rassendiskriminierung?

Das AGG gilt insbesondere im Zivilrecht und Arbeitsrecht, also in nahezu allen Lebensbereichen, in denen sogenannte Massengeschäfte abgewickelt werden. Das betrifft vor allem das Arbeitsverhältnis inklusive Bewerbungsphase, die Arbeitsbedingungen, den beruflichen Aufstieg und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Außerdem findet das AGG Anwendung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, Bildung, Banken, Versicherungen, Gastronomie oder Einzelhandel. Ausgenommen sind Bereiche des familiären und privaten Zusammenlebens, etwa das Mietverhältnis bei engster Wohnungsvermietung (z. B. Vermietung eines Zimmers in einer selbst bewohnten Wohnung). Das AGG dient damit dem Schutz vor Diskriminierung in zahlreichen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Lebenssituationen.

Welche Beweismöglichkeiten bestehen für Betroffene von Rassendiskriminierung?

Für Betroffene ist der Nachweis einer rassistischen Diskriminierung oftmals schwierig, da die Motivation häufig verdeckt erfolgt. Das AGG erleichtert jedoch die Beweisführung durch die sogenannte Beweislastumkehr (§ 22 AGG). Es genügt, dass der/die Betroffene Indizien vorträgt und ggf. beweist, die eine Benachteiligung wegen eines nach dem Gesetz verbotenen Grundes (wie Rasse oder ethnische Herkunft) vermuten lassen. Der Beschuldigte, etwa ein Arbeitgeber oder Vermieter, muss dann seinerseits beweisen, dass keine Benachteiligung vorlag oder andere sachliche Gründe maßgeblich waren. Beweismittel können Zeugen, schriftliche Unterlagen, Emails oder auch statistische Daten sein, die eine systematische Benachteiligung plausibel machen. Zudem können verdeckte Tests („Testing“) als Beweis eingesetzt werden, etwa bei der Wohnungssuche.

Welche besonderen Rechtsfolgen drohen Unternehmen oder Arbeitgebern bei festgestellter Rassendiskriminierung?

Wird einem Unternehmen oder Arbeitgeber eine Diskriminierung nachgewiesen, können verschiedene Rechtsfolgen eintreten. Neben der Verpflichtung zur Unterlassung und ggf. zur Beseitigung der diskriminierenden Situation stehen vor allem Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz im Vordergrund. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem individuellen Einzelfall und kann bspw. bei diskriminierender Ablehnung einer Bewerbung bis zu drei Monatsgehältern betragen (§ 15 Abs. 2 AGG). Auch ein Schadensersatz für materielle Schäden ist möglich. Darüber hinaus kann ein mehrfaches oder wiederholtes Diskriminierungsverhalten die Reputation erheblich schädigen und bußgeld- oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, insbesondere wenn weitere Schutzgesetze verletzt wurden. Auf organisatorischer Ebene kann das Unternehmen zur Einführung bzw. Verbesserung von Antidiskriminierungsmaßnahmen verpflichtet werden.