Qualifizierungsgeld: Begriff, Zweck und rechtliche Einordnung
Das Qualifizierungsgeld ist eine Leistung der Arbeitsförderung, die Beschäftigte während betrieblich veranlasster Weiterbildung finanziell absichert. Es richtet sich an Unternehmen, die sich im strukturellen Wandel befinden, und soll Arbeitsplätze erhalten, indem Beschäftigte für neue oder veränderte Tätigkeiten qualifiziert werden. Während der Qualifizierung ersetzt das Qualifizierungsgeld einen Teil des entfallenden Arbeitsentgelts, wenn Beschäftigte ganz oder teilweise von der Arbeit freigestellt werden.
Ziel des Instruments ist es, Entlassungen zu vermeiden, Qualifizierungszeiten verlässlich zu finanzieren und den Übergang von Beschäftigten in zukunftsfähige Tätigkeiten innerhalb des Unternehmens zu unterstützen. Es verbindet damit Elemente der Beschäftigungssicherung mit der Weiterbildungsförderung.
Abgrenzung zu anderen Förderinstrumenten
Unterschied zum Kurzarbeitergeld
Das Kurzarbeitergeld gleicht Entgeltausfälle aus, wenn die Arbeit vorübergehend wegen Arbeitsausfalls entfällt. Das Qualifizierungsgeld setzt demgegenüber auf Zeiten, in denen Beschäftigte durch Weiterbildung zeitweise nicht arbeiten, weil Qualifizierung betriebsbedingt erforderlich ist. Beide Leistungen sind für denselben Zeitraum nicht kombinierbar.
Verhältnis zu individuellen Weiterbildungszuschüssen
Individuelle Förderungen für Lehrgangskosten oder Prüfungen können neben dem Qualifizierungsgeld in Betracht kommen, sofern die jeweilige Förderlogik dies zulässt. Während das Qualifizierungsgeld den Entgeltausfall absichert, können Lehrgangs- und Prüfungskosten gesondert förderfähig sein. Die kumulative Förderung hängt von den Förderbedingungen und der Ausgestaltung der Maßnahme ab.
Abgrenzung zu Bildungszeit und Aufstiegsförderungen
Öffentliche Bildungszeitregelungen und aufstiegsorientierte Förderungen folgen anderen Zielsetzungen und Rechtsgrundlagen. Das Qualifizierungsgeld ist betriebsbezogen, an strukturellen Wandel geknüpft und setzt eine betriebliche Qualifizierungsplanung voraus.
Anspruchsvoraussetzungen
Betriebliche Voraussetzungen
- Der Betrieb befindet sich im strukturellen Wandel (z. B. Digitalisierung, Dekarbonisierung, veränderte Geschäftsmodelle) und hat einen in der Belegschaft spürbaren Qualifizierungsbedarf.
- Die Qualifizierung dient der Sicherung von Beschäftigung im Unternehmen; sie ist Bestandteil einer betrieblichen Qualifizierungsplanung.
- Regelmäßig ist eine kollektive Grundlage erforderlich (z. B. betriebliche Vereinbarung oder eine vergleichbare innerbetriebliche Regelung), die Zielgruppen, Inhalte, Umfang und Durchführungsmodalitäten der Qualifizierung festhält.
Persönliche Voraussetzungen der Beschäftigten
- Beschäftigte stehen in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis im von der Maßnahme betroffenen Betrieb.
- Für denselben Zeitraum wird keine andere Entgeltersatzleistung für Arbeitsausfall bezogen, die eine Doppelförderung begründen würde.
- Die Teilnahme erfolgt während der Freistellung von der Arbeit zur Qualifizierung; eine gleichzeitige reguläre Arbeitsleistung für die freigestellten Zeiten findet nicht statt.
- In der Regel ist ein bestehendes, nicht beendetes Arbeitsverhältnis erforderlich.
Qualifizierungsmaßnahme
- Die Maßnahme geht über kurzfristige Einarbeitung oder reine Anpassungsschulungen hinaus und vermittelt verwertbare, arbeitsmarktbezogene Kompetenzen.
- Sie kann voll- oder teilzeitlich erfolgen; Freistellung kann entsprechend anteilig oder vollständig erfolgen.
- Die inhaltliche Eignung, Dauer, Trägerqualität und betriebliche Erforderlichkeit müssen nachvollziehbar dokumentiert sein.
Leistungshöhe, Dauer und Bemessung
Bemessungsgrundlage
Das Qualifizierungsgeld orientiert sich an der Systematik von Entgeltersatzleistungen bei vorübergehendem Entgeltausfall. Die Höhe bemisst sich aus dem ausgefallenen Nettoentgelt für die Zeiten der Qualifizierung. Es gilt regelmäßig ein prozentualer Ausgleich des Nettoentgeltausfalls; für Haushalte mit Kindern gilt ein erhöhter Satz. Die konkrete Berechnung erfolgt nach einheitlichen Vorgaben und wird im Bewilligungsverfahren zugrunde gelegt.
Zahlungsweise und Dauer
- Die Zahlung erfolgt für die Dauer der bewilligten Qualifizierung und für die Zeiten der Freistellung.
- Das Qualifizierungsgeld kann bei teilweiser Freistellung anteilig gewährt werden.
- Unterbrechungen der Maßnahme (z. B. betriebsbedingt oder aus persönlichen Gründen) wirken sich auf die Zahlung entsprechend den Bewilligungs- und Durchführungsregeln aus.
Sozialversicherung und steuerliche Einordnung
- Während des Bezugs bestehen sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten, insbesondere zur Beitragstragung auf Entgeltbestandteile und Entgeltersatzleistungen. Die Abwicklung erfolgt über das Unternehmen und die zuständigen Träger.
- Das Qualifizierungsgeld zählt als Entgeltersatzleistung. Es kann steuerlich dem Progressionsvorbehalt unterliegen, wodurch sich der individuelle Steuersatz auf andere Einkünfte verändern kann.
Verfahren, Zuständigkeiten und Mitwirkung
Antragstellung
Der Antrag auf Qualifizierungsgeld wird grundsätzlich vom Arbeitgeber bei der zuständigen Stelle der Arbeitsförderung gestellt. Beschäftigte beantragen die Leistung nicht selbst. Dem Antrag sind die betriebliche Qualifizierungsplanung, Angaben zur Maßnahme, zum betroffenen Personenkreis und zu den Arbeitszeit- und Entgeltverhältnissen beizufügen.
Bewilligung und Auszahlung
Nach Prüfung der betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen ergeht eine Bewilligung gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser zahlt das Qualifizierungsgeld im Rahmen der Entgeltabrechnung an die Beschäftigten aus; die Erstattung erfolgt nach den hierfür vorgesehenen Verfahren.
Nachweise, Kontrolle und Dokumentation
- Es bestehen Nachweis- und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers hinsichtlich Teilnahme, Umfang und Verlauf der Qualifizierung sowie der Entgelt- und Zeitnachweise.
- Die zuständige Stelle kann die ordnungsgemäße Durchführung prüfen und Unterlagen anfordern. Eine ordnungsgemäße Dokumentation ist erforderlich.
Rechte der Beschäftigten und Mitbestimmung
Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte
Bei kollektiven Regelungen zur Qualifizierung sind betriebliche Interessenvertretungen einzubeziehen. Inhalt, Umfang, Auswahlkriterien und soziale Folgen der Qualifizierung unterliegen Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechten nach den hierfür geltenden Regelungen. Die Ausgestaltung hat transparent und nachvollziehbar zu erfolgen.
Auswahl und Gleichbehandlung
Die Auswahl der teilnehmenden Beschäftigten muss sich an objektiven, mit dem Qualifizierungsziel verknüpften Kriterien orientieren. Benachteiligungen sind zu vermeiden; Schutzvorschriften, etwa aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsrahmen, sind zu beachten.
Kombinationen, Ausschlüsse und Überschneidungen
Kombination mit Lehrgangskostenförderung
Lehrgangs- und Prüfungskosten können ergänzend förderbar sein, sofern die Maßnahme und die betriebliche Situation die Fördervoraussetzungen erfüllen. Der Entgeltausgleich durch das Qualifizierungsgeld und die Übernahme von Maßnahmekosten folgen unterschiedlichen Förderlogiken und werden gesondert geprüft.
Ausschlüsse und zeitliche Überschneidungen
- Eine gleichzeitige Förderung derselben Ausfallstunden durch Kurzarbeitergeld und Qualifizierungsgeld ist ausgeschlossen.
- Weitere Leistungen, die denselben Entgeltausfall adressieren, sind nicht parallel für identische Zeiträume vorgesehen.
- Besondere Konstellationen wie Beschäftigungsübergänge, Elternzeit, Krankheit oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses beeinflussen Beginn, Ruhen oder Ende der Leistung nach den hierfür geltenden Regeln.
Beendigung, Rücknahme und Rechtsfolgen
Ende des Bezugs
- Der Anspruch endet mit Abschluss oder Abbruch der bewilligten Qualifizierungsmaßnahme oder mit Wegfall der persönlichen oder betrieblichen Voraussetzungen.
- Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet der Anspruch in der Regel mit dem arbeitsvertraglichen Ende.
Rücknahme, Widerruf, Erstattung
Wurde Qualifizierungsgeld ohne Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen gewährt oder entfielen diese nachträglich, kommen Rücknahme- oder Widerrufsentscheidungen sowie Erstattungsansprüche in Betracht. Maßgeblich sind die allgemeinen Regeln der Leistungsverwaltung und des Erstattungsrechts.
Pflichten bei Veränderungen
Wesentliche Änderungen in der Durchführung der Maßnahme, in der Arbeitszeit oder im Arbeitsverhältnis sind anzuzeigen. Die Anzeigepflichten dienen der korrekten Leistungsgewährung und der Vermeidung von Rückforderungen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Qualifizierungsgeld
Was ist das Qualifizierungsgeld in einfachen Worten?
Es handelt sich um eine finanzielle Unterstützung, die Beschäftigte während einer betrieblich veranlassten Qualifizierung erhalten, wenn sie dafür ganz oder teilweise von der Arbeit freigestellt werden. Ziel ist die Sicherung von Arbeitsplätzen im Unternehmen während des strukturellen Wandels.
Wer kann Qualifizierungsgeld erhalten?
Grundsätzlich Beschäftigte in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis, deren Arbeitgeber eine entsprechende Qualifizierungsplanung zur Bewältigung struktureller Veränderungen nachweist und die für die Teilnahme freigestellt werden.
Wie hoch ist das Qualifizierungsgeld?
Die Leistung orientiert sich an einem prozentualen Ausgleich des Nettoentgeltausfalls für die Zeiten der Qualifizierung. Für Haushalte mit Kindern gilt ein erhöhter Satz. Die konkrete Berechnung erfolgt einheitlich im Bewilligungsverfahren.
Wie lange wird Qualifizierungsgeld gezahlt?
Es wird für die Dauer der bewilligten Maßnahme und für die Zeiten der Freistellung gewährt. Bei Teilfreistellung ist eine anteilige Zahlung möglich. Unterbrechungen wirken sich nach den Bewilligungsregeln auf den Leistungszeitraum aus.
Kann Qualifizierungsgeld gleichzeitig mit Kurzarbeitergeld bezogen werden?
Für identische Zeiträume und dieselben Ausfallstunden ist eine Doppelförderung nicht vorgesehen. Eine parallele Gewährung für dieselben Zeiten scheidet aus.
Wer stellt den Antrag auf Qualifizierungsgeld?
Der Arbeitgeber stellt den Antrag bei der zuständigen Stelle der Arbeitsförderung. Die Auszahlung an die Beschäftigten erfolgt im Rahmen der Entgeltabrechnung über den Arbeitgeber.
Welche Qualifizierungen sind förderfähig?
Förderfähig sind Maßnahmen, die über kurzfristige Einarbeitung hinausgehen, arbeitsmarktbezogene Kompetenzen vermitteln und zur Sicherung von Beschäftigung im Unternehmen erforderlich sind. Inhalte, Dauer und Trägerqualität müssen nachvollziehbar belegt sein.