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Prozesspartei


Begriff und rechtliche Einordnung der Prozesspartei

Die Prozesspartei ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilprozessrecht. Sie bezeichnet jene natürlichen oder juristischen Personen, die auf Kläger- oder Beklagtenseite eines gerichtlichen Verfahrens beteiligt sind und unmittelbar von einer gerichtlichen Entscheidung betroffen werden. Die Prozesspartei unterscheidet sich somit begrifflich und funktional von weiteren im Verfahren beteiligten Personen, wie beispielsweise Dritten, Zeugen oder Verfahrenshelfern.

Definition und Merkmale der Prozesspartei

Eine Prozesspartei ist jede Person, die formell als Kläger oder Beklagter im gerichtlichen Verfahren auftritt. Im weiteren Sinne zählen auch weitere Beteiligte, insbesondere im Familien- und Arbeitsrecht, zur Gruppe der Prozessparteien, sofern sie nach den einschlägigen Verfahrensnormen als solche bezeichnet werden. Typisch für die Prozesspartei ist die Rechtsmacht, über den Streitgegenstand im Verfahren zu verfügen sowie Verfahrenshandlungen vorzunehmen oder zu unterlassen (z.B. Klagerücknahme, Anerkenntnis, Vergleichsabschluss).

Die Stellung der Prozesspartei ist geprägt durch:

  • Rechtsfähigkeit: Die Partei muss Träger von Rechten und Pflichten sein (z.B. natürlichen Personen, juristische Personen, Handelsgesellschaften).
  • Parteifähigkeit: Die Fähigkeit, in eigenen Namen Partei im Prozess zu sein.
  • Prozessfähigkeit: Die Befugnis, Prozesshandlungen vorzunehmen und zu bestimmen (abhängig von der Geschäftsfähigkeit bzw. gesetzlichen Vertretung).

Arten der Prozesspartei

Natürliche und juristische Personen

Im Zivilprozessrecht können sowohl natürliche als auch juristische Personen Prozessparteien sein. Zu den juristischen Personen zählen unter anderem Kapitalgesellschaften, eingetragene Vereine, Stiftungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Gesamthandsgemeinschaften und sonstige Vereinigungen

Darüber hinaus sind auch Vereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie offene Handelsgesellschaften (OHG), parteifähig, soweit es das Gesetz vorsieht (§ 50 ZPO).

Nebenintervenienten und Streitgenossen

Neben den Hauptparteien können auch Nebenintervenienten (Personen, die mit eigenen Interessen am Verfahren teilnehmen, ohne Hauptpartei zu sein) und Streitgenossen (mehrere Personen auf Kläger- oder Beklagtenseite mit gemeinsamem Interesse am Streitstoff) als Prozessbeteiligte auftreten, was die Struktur des Verfahrens erheblich beeinflussen kann.

Parteistellung im Zivilprozess

Der Kläger

Der Kläger ist die Person, die einen Anspruch gerichtlich geltend macht. Er initiiert das Verfahren durch Klageerhebung und trägt in der Regel die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen.

Der Beklagte

Der Beklagte ist die Partei, gegen die sich die Klage richtet. Ihm obliegt es, auf die Klage zu erwidern und Einwendungen, Einreden oder Gegenansprüche geltend zu machen.

Partei im weiteren Sinne

Im weiteren Sinne wird der Begriff „Partei“ auch im Verwaltungsprozess, im Familiensachen-Verfahren oder im Strafverfahren für bestimmte Beteiligte verwendet, wobei dort häufig unterschiedliche formale und funktionale Anforderungen an die Parteistellung bestehen.

Voraussetzungen der Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit

Parteifähigkeit

Die Parteifähigkeit ist Voraussetzung zur Stellung als Prozesspartei (§ 50 ZPO). Eine Partei ist parteifähig, wenn sie rechtsfähig ist, d.h., wenn sie nach den zivilrechtlichen Vorschriften im eigenen Namen Rechte erwerben und Pflichten übernehmen kann.

Prozessfähigkeit

Prozessfähigkeit regelt die Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter wirksam vorzunehmen (§ 51 ZPO). Minderjährige und geschäftsunfähige Personen sind in der Regel nur durch gesetzliche Vertreter prozessfähig.

Rechte und Pflichten der Prozesspartei

Verfahrensrechte

Prozessparteien besitzen umfassende prozessuale Rechte, darunter:

  • Anspruch auf rechtliches Gehör
  • Recht zur Stellung von Anträgen
  • Recht zur Teilnahme an mündlichen Verhandlungen
  • Möglichkeit, Beweismittel vorzubringen und zu beantragen

Prozessuale Pflichten

Den Prozessparteien obliegen unter anderem:

  • Förderungspflicht (§ 139 ZPO)
  • Wahrheitspflicht sowie Pflicht zur vollständigen und ehrlichen Darlegung des Sachverhalts
  • Pflicht zum Erscheinen zu bestimmten Terminen (z.B. in der mündlichen Verhandlung)

Parteifähigkeit und subjektive Klagehäufung

Parteifähigkeit ist auch Voraussetzung für spezielle Konstellationen wie die subjektive Klagehäufung (Mehrheit von Klägern oder Beklagten im selben Verfahren), wobei sämtliche Parteien parteifähig sein müssen.

Wechsel und Ausscheiden von Prozessparteien

Parteiwechsel

Ein Parteiwechsel (z.B. durch Rechtsnachfolge im Wege der Singular- oder Universalsukzession) führt zur Änderung der Parteistellung und muss den Vorgaben der §§ 263 ff. ZPO genügen.

Streitverkündung

Eine Partei kann durch die sogenannte Streitverkündung andere Beteiligte förmlich in das Verfahren einbeziehen (§§ 72 ff. ZPO).

Besonderheiten und Abgrenzungen

Abgrenzung zu Nebenbeteiligten

Prozessparteien sind klar von sonstigen Beteiligten, wie Zeugen, Sachverständigen oder Nebenintervenienten, abzugrenzen. Prozessparteien sind am materiellen Ergebnis des Rechtsstreits unmittelbar beteiligt, während andere Verfahrensbeteiligte nur unterstützend oder informativ einbezogen werden.

Prozesskosten

Prozessparteien sind grundsätzlich Kostenschuldner im Falle der Prozesskosten, wobei die Kostenregelung im Urteil festgesetzt wird (§§ 91 ff. ZPO).

Prozesspartei im internationalen Kontext

Auch in anderen Rechtsordnungen existiert das Konzept der Partei im Zivilprozess, wobei Definition, Rechte und Pflichten im Detail variieren können. Im europäischen und internationalen Privatrecht stimmen die Grundsätze überwiegend, insbesondere hinsichtlich Parteifähigkeit und Prozessvertretung, mit den Regelungen der deutschen ZPO überein.


Zusammenfassung:
Die Prozesspartei ist Trägerin entscheidender Rechte und Pflichten im Zivilverfahren. Durch die präzise Bestimmung von Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit, aber auch durch Abgrenzung zu anderen Beteiligten, wird eine ordnungsgemäße Durchführung von Gerichtsverfahren gewährleistet. Die prozessuale Rolle der Partei bleibt ein unverzichtbares Element zur Durchsetzung von Rechten und zur Sicherung rechtsstaatlicher Prinzipien.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann Prozesspartei im Zivilprozessrecht sein?

Im Zivilprozessrecht können grundsätzlich natürliche Personen (also Menschen), juristische Personen (wie GmbHs, Aktiengesellschaften, Vereine) sowie rechtsfähige Personengesellschaften (zum Beispiel eine Offene Handelsgesellschaft (OHG) oder eine Kommanditgesellschaft (KG)) als Prozessparteien auftreten. Die Parteifähigkeit ist in § 50 ZPO geregelt und setzt die Fähigkeit voraus, im eigenen Namen vor Gericht zu klagen oder verklagt zu werden. Neben diesem „klassischen“ Personenkreis können in bestimmten Fällen auch sog. parteifähige Vereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (wie z.B. Wohnungseigentümergemeinschaften nach § 10 Abs. 6 WEG) sowie Nachlass- und Insolvenzverwalter prozessparteifähig sein, wenn sie als Träger der fraglichen Rechte und Pflichten anzusehen sind. Minderjährige oder geschäftsunfähige Personen können nicht selbst Prozesspartei sein, sondern werden durch gesetzliche Vertreter, typischerweise die Eltern oder einen Vormund, vertreten.

Welche Rechte und Pflichten haben Prozessparteien vor Gericht?

Prozessparteien besitzen eine Vielzahl an prozessualen Rechten und Pflichten. Sie haben das Recht, Anträge zu stellen, Beweise zu erheben, Stellungnahmen abzugeben und Rechtsmittel einzulegen. Sie sind befugt, den Prozess abzuschließen, etwa durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder durch einen Vergleich. Zu den Pflichten gehört insbesondere die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO), nach der sie zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Angabe der für die Entscheidung erheblichen Tatsachen verpflichtet sind. Außerdem müssen sie bestimmten prozessualen Handlungen, wie zum Beispiel Ladungen oder Gerichtsbeschlüssen, Folge leisten und etwaige gerichtliche Fristen beachten. Verletzen sie diese Pflichten, können prozessuale Nachteile wie Präklusion oder Kostensanordnungen folgen.

Was bedeutet Prozessführungsbefugnis und wie hängt sie mit der Prozesspartei zusammen?

Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen bestimmten Anspruch im eigenen Namen im Prozess geltend zu machen, unabhängig davon, ob der Anspruch „im Verhältnis der Beteiligten zur Sache“ (materiell-rechtlich) beim Kläger liegt. Typischerweise fallen Aktivlegitimation (Rechtsinhaberschaft) und Prozessführungsbefugnis zusammen. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie die gewillkürte Prozessstandschaft (§ 265 ZPO) oder die gesetzliche Prozessstandschaft (beispielsweise § 1629 BGB für Eltern). In solchen Fällen tritt die Prozesspartei als Vertreter oder Berechtigter im fremden Interesse auf. Die Abgrenzung ist insbesondere bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Klage essentiell und wird vom Gericht im Rahmen der Prozessvoraussetzungen geprüft.

Wie wirkt sich die Parteistellung auf die Kostentragung im Zivilprozess aus?

Die Kostentragungspflicht im Zivilprozess orientiert sich in erster Linie an der Parteirolle: Nach § 91 ZPO hat grundsätzlich die unterliegende Partei die Prozesskosten (Gerichts- und Anwaltskosten) zu tragen. Das Gericht entscheidet im Urteil über die Kostentragung, wobei im Einzelfall auch eine Kostenteilung nach dem Umfang des Obsiegens oder Unterliegens erfolgen kann. In Fällen, in denen mehrere Personen als Streitgenossen auftreten (z.B. bei Haupt- und Nebeninterventionen), können sie gesamtschuldnerisch zum Kostenersatz verpflichtet werden. Die Kostentragungspflicht ist eine unmittelbare Folge der Parteistellung und betrifft auch die vorprozessualen Kosten, wenn diese adäquat mit dem Streit zusammenhängen.

Kann die Parteistellung im Laufe des Prozesses wechseln und wenn ja, wie?

Ein Wechsel der Parteistellung (Parteienwechsel) im Sinne eines Parteiwechsels (Streitverkündung, Parteiänderung nach § 263 ZPO) ist grundsätzlich möglich, aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Der Parteiwechsel kann entweder durch Auswechslung einer Partei (Substitution) oder durch Eintritt einer neuen Partei (Intervention) erfolgen. Gesetzliche Grundlagen sind die §§ 263 ff. ZPO, wobei in der Regel die Einwilligung der Gegenseite sowie die Zustimmung des Gerichts erforderlich ist. Typische Fälle sind der Tod einer Partei und die Verfahrensübernahme durch Erben oder die Übertragung von streitbefangenen Rechten. Die Wirksamkeit des Parteiwechsels wird durch das Gericht geprüft, da sie erhebliche Auswirkungen auf den Prozessverlauf und die Entscheidungskompetenz hat.

Welche Rolle spielt die Parteifähigkeit im Hinblick auf die Wirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen?

Die Parteifähigkeit ist eine zwingende Prozessvoraussetzung (sog. „Sachurteilsvoraussetzung“), d.h. ohne sie kann das Gericht nicht zur Hauptsache entscheiden. Fehlt sie, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (§ 50 ZPO). Dies betrifft beispielsweise Klagen gegen nicht rechtsfähige Gruppen oder Klagen von geschäftsunfähigen Personen ohne gesetzliche Vertretung. Auch die Zustellung gerichtlicher Entscheidungen, der Zugang zu Rechtsmitteln und die Zwangsvollstreckung hängen an der Parteifähigkeit, da sie die Adressierung wirksamer gerichtlicher Handlungen erst ermöglicht. Das Gericht prüft daher zu Beginn und fortlaufend, ob die prozessuale Parteifähigkeit bei allen Beteiligten gegeben ist.

Gibt es Sondervorschriften für die Prozesspartei im arbeitsgerichtlichen Verfahren?

Im Arbeitsgerichtsverfahren gelten in Bezug auf die Prozesspartei weitgehend die gleichen Regeln wie im allgemeinen Zivilprozess. Aufgrund des besonderen Schutzes der Arbeitnehmer gibt es aber Ausnahmen, etwa bei der Vertretungsmöglichkeit durch Gewerkschaften (§ 11 ArbGG), der erweiterten Prozesskostenhilfe oder bei der Beteiligung von Betriebsräten. Darüber hinaus sind bestimmte Verfahren kraft Gesetzes auf einen Personenkreis beschränkt (zum Beispiel sogenannte Beschlussverfahren). Die Parteistellung ist hier oftmals enger gefasst, etwa beim kollektivrechtlichen Anerkennungsverfahren, in dem auch die Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen als Partei auftreten können.