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Prozesskostenvorschuss


Definition und Begriff des Prozesskostenvorschusses

Der Prozesskostenvorschuss ist ein im deutschen Recht fest verankerter Anspruch, der darauf abzielt, einen Beteiligten zur Leistung eines Vorschusses für die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu verpflichten. Der Vorschuss dient dazu, die finanziellen Lasten eines Prozesses zunächst zu sichern und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu ermöglichen, insbesondere sofern einer der Beteiligten ohne Unterstützung nicht in der Lage wäre, die notwendigen Kosten für einen Rechtsstreit aufzubringen.

Rechtliche Grundlagen des Prozesskostenvorschusses

Gesetzliche Verankerung

Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss findet sich im Wesentlichen in den Vorschriften des Familienrechts, insbesondere in § 1360a Abs. 4 BGB sowie § 1361 Abs. 4 S. 4 und 5 BGB für Ehegatten, und in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB für Verwandte in gerader Linie. Daneben kommen prozessuale Vorschriften, etwa in der Zivilprozessordnung (ZPO), ergänzend zur Anwendung.

Wichtige Normen:

  • § 1360a Abs. 4 BGB: Regelt den Anspruch auf Vorschussleistung zwischen miteinander verheirateten Personen.
  • § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB: Statuiert den Anspruch zwischen Verwandten in gerader Linie.
  • Zivilprozessordnung (ZPO): Enthält prozessuale Rahmenbedingungen zur Kostentragung im Zivilverfahren.

Inhalt und Reichweite des Anspruchs

Der Prozesskostenvorschuss umfasst sämtliche zur ordnungsgemäßen Durchführung des Prozesses notwendigen Kosten. Hierzu gehören insbesondere:

  • Gerichtskosten
  • Kosten der Rechtsvertretung (Rechtsanwaltskosten)
  • Kosten für eventuelle Sachverständige
  • Auslagen im Zusammenhang mit dem Verfahren

Der Vorschuss ist in angemessener Höhe zu leisten und bemisst sich nach den voraussichtlichen Kosten der jeweiligen Instanz.

Voraussetzungen für den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss

Bedürftigkeit der antragstellenden Person

Ein zentraler Aspekt des Prozesskostenvorschussanspruchs ist die Vermögenssituation der antragstellenden Person. Der Vorschuss kann nur verlangt werden, wenn der Anspruchsinhaber außerstande ist, die Prozesskosten selbst zu tragen und auch keine anderweitige Unterstützung – etwa durch Prozesskostenhilfe – erlangt werden kann.

Prüfungsschritte:

  1. Feststellung der eigenen Bedürftigkeit (keine Mittel zur Prozessführung vorhanden)
  2. Überprüfung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten (z.B. Möglichkeit der Prozesskostenhilfe)
  3. Nachrangiges Einfordern der Unterstützung von Angehörigen oder Ehepartnern

Leistungsfähigkeit des Verpflichteten

Derjenige, von dem der Prozesskostenvorschuss verlangt wird, muss wirtschaftlich in der Lage sein, den Vorschuss zu leisten. Die Leistungsfähigkeit ist im Einzelfall unter Berücksichtigung vorhandener Verpflichtungen und unterhaltsrechtlicher Grenzen zu bestimmen. Die Zahlung des Vorschusses darf nicht zu einer eigenen wirtschaftlichen Überforderung führen.

Prozessuale Anforderungen

Der Anspruch ist gegenüber dem Verpflichteten geltend zu machen und kann – falls dieser nicht freiwillig leistet – vor Gericht eingeklagt werden. In der Regel wird der Vorschuss vor Einreichung der Klage gefordert, um die finanzielle Basis der Prozessführung zu gewährleisten.

Rechtsfolgen des Prozesskostenvorschusses

Zweckbindung

Der geleistete Vorschuss ist zweckgebunden und darf ausschließlich zur Finanzierung der tatsächlich anfallenden Prozesskosten verwendet werden. Eine anderweitige Verwendung ist unzulässig.

Rückforderungsansprüche

Sofern der Prozess erfolgreich verläuft und eine Kostenerstattung durch die gegnerische Partei erfolgt, ist der erhaltene Prozesskostenvorschuss anteilig oder vollständig an den Vorschussgeber zurückzuzahlen. Dies gilt ebenfalls bei teilweiser Kostenerstattung oder bei einem Vergleich, sofern hieraus Ersatzleistungen zur Verfügung stehen.

Abgrenzung zu Prozesskostenhilfe und weiteren Kostenhilfen

Der Prozesskostenvorschuss ist von der Prozesskostenhilfe (PKH) zu unterscheiden. Während PKH vom Staat bei Bedürftigkeit gewährt wird, handelt es sich beim Prozesskostenvorschuss um einen zivilrechtlichen Anspruch gegen unterhaltsverpflichtete Personen. Die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, ist vorrangig zu prüfen; der Anspruch auf Vorschuss besteht nur subsidiär.

Besonderheiten im Familienrecht

Anspruch zwischen Ehegatten

Im Rahmen familienrechtlicher Verfahren (z.B. Ehescheidung, Unterhaltsstreitigkeiten) besteht zwischen Ehegatten ein besonderer Schutzmechanismus, um die Chancengleichheit im Prozess zu gewährleisten. Ein Ehegatte kann verlangen, dass der andere, sofern wirtschaftlich in der Lage, die Prozesskosten vorstreckt. Das Ziel ist, keine Partei aus finanziellen Gründen von der Wahrnehmung ihrer Rechte auszuschließen.

Anspruch zwischen Verwandten

Auch zwischen Eltern und Kindern, beispielsweise bei Unterhalts- oder Sorgeverfahren, kann ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss bestehen, sofern die Voraussetzungen der Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit gegeben sind.

Rechtsdurchsetzung und Verfahren

Anspruchsdurchsetzung

Kommt der Verpflichtete seiner Pflicht zur Leistung des Vorschusses nicht nach, kann der Anspruch durch Klage oder im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden. Die Gerichte prüfen dabei die oben genannten Voraussetzungen detailliert.

Verfahrensrechtliche Besonderheiten

Im Rahmen von Prozesskostenvorschussverfahren sind die Parteien verpflichtet, umfassende Auskünfte über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen. Dies dient der Feststellung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit.

Rechtsprechung und Praxis

Die Gerichte haben im Zusammenhang mit dem Prozesskostenvorschuss wiederholt betont, dass der Anspruch einen hohen Stellenwert im Familienrecht genießt. Die Prüfung erfolgt stets einzelfallbezogen. Die Rechtsprechung legt Wert auf konkrete Nachweise zu Einkommen, Vermögen und bestehenden Verpflichtungen beider Seiten.

Zusammenfassung

Der Prozesskostenvorschuss ist ein im deutschen Recht etabliertes Instrument zur Sicherstellung der Prozessführung insbesondere im Familienrecht und in verwandtschaftlichen Verhältnissen. Er dient dem Schutz des Anspruchstellers vor einer Benachteiligung aufgrund fehlender finanzieller Mittel und ersetzt subsidiär die staatliche Prozesskostenhilfe. Die Durchsetzung setzt stets eine genaue Prüfung von Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit voraus und stärkt die verfassungsrechtlich garantierte Rechtsschutzgleichheit vor Gericht.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet?

Im rechtlichen Kontext ist in der Regel nach deutschem Familienrecht insbesondere ein unterhaltspflichtiger Ehegatte, Lebenspartner oder auch Elternteil zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses verpflichtet. Die Verpflichtung ergibt sich aus § 1360a Abs. 4 BGB sowie § 1361 Abs. 4 BGB (bei getrennt lebenden Ehegatten), aber auch aus § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB bei Verwandten in gerader Linie, etwa Eltern gegenüber ihren Kindern. Der Vorschuss verpflichtet die zahlungspflichtige Person, die erforderlichen Mittel für die Prozessführung bereitzustellen, sobald abzusehen ist, dass ein Prozess geführt werden muss und die antragstellende Person ansonsten nicht in der Lage ist, die Kosten hierfür selbst zu tragen. Dabei wird im Regelfall verlangt, dass die Durchsetzung eines Anspruchs – beispielsweise Kindesunterhalt oder Trennungsunterhalt – ohne diese Hilfe unmöglich wäre. Der Prozesskostenvorschussanspruch geht dem Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich vor; das Gericht prüft daher stets, ob ein solcher Anspruch besteht, bevor Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird.

Welche Kosten deckt der Prozesskostenvorschuss ab?

Der Prozesskostenvorschuss umfasst sämtliche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlichen Kosten. Dazu zählen insbesondere die Gerichtskosten, die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des eigenen Rechtsanwalts sowie möglicherweise auch Kosten für Sachverständigengutachten oder Zeugen – solange diese für den konkreten Rechtsstreit notwendig sind. Nicht enthalten sind hingegen freiwillig übernommene Mehrkosten (wie etwa besonders kostspielige Privatgutachten ohne gerichtliche Anordnung) oder nicht erforderliche Wahlleistungen. Die Höhe des Vorschusses richtet sich nach einer Prognose der voraussichtlich entstehenden Kosten, wobei gegebenenfalls auch ein Nachschuss gefordert werden kann, sollte sich im Verlauf des Verfahrens herausstellen, dass die ursprünglich veranlassten Mittel nicht ausreichen. Zudem ist der Vorschuss zunächst auf die Kosten des ersten Rechtszugs und regelmäßig nicht auf Berufungs- oder Beschwerdeverfahren beschränkt, sofern deren Notwendigkeit von Beginn an absehbar ist.

Wie wird die Bedürftigkeit im Zusammenhang mit dem Prozesskostenvorschuss geprüft?

Die Bedürftigkeit richtet sich danach, ob die antragstellende Partei außer Stande ist, die Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus eigenen Mitteln und Vermögen zu tragen. Das Gericht prüft ähnlich wie bei der Verfahrenskostenhilfe, ob eigenes Vermögen eingesetzt werden kann und ob eventuell ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen einen Dritten besteht. Die Bedürftigkeit ist durch Vorlage von Unterlagen zu Einkommen, Vermögen und bestehenden Verpflichtungen lückenlos nachzuweisen. Bei Ehegatten und Eltern werden bei der Prüfung zusätzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten berücksichtigt, wobei dieser verpflichtet ist, Auskunft zu erteilen und die entsprechenden Belege vorzulegen. Das Gericht wägt zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und der Bedürftigkeit des Antragstellers ab. Kann der Verpflichtete den Vorschuss ohne Gefährdung seines angemessenen eigenen Unterhalts leisten, ist der Vorschuss in voller Höhe zu zahlen.

In welchem Verfahren wird der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss geltend gemacht?

Der Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss kann sowohl im Hauptsacheverfahren (etwa Unterhaltsverfahren) als auch im selbständigen Verfahren auf Zahlung eines Vorschusses geltend gemacht werden, letzteres vor allem im Wege des einstweiligen Anordnungsverfahrens (§ 246 FamFG). Der Antragsteller muss nachweisen, dass die Prozessführung notwendig ist, eigene Mittel fehlen und der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach besteht. Sobald ein entsprechender Antrag gestellt wurde, prüft das Gericht die Voraussetzungen, verlangt gegebenenfalls die Stellungnahmen bzw. Einlassungen der Beteiligten, und entscheidet durch Beschluss darüber, ob der Vorschuss zu leisten ist. In Eilsachen ist zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes ggf. auch eine vorläufige Anordnung möglich, um eine Verzögerung der Prozessführung zu vermeiden.

Kann der Unterhaltsverpflichtete einen Einwand gegen die Zahlung erheben?

Dem zur Zahlung verpflichteten Unterhaltsverpflichteten stehen gegen den geltend gemachten Anspruch verschiedene Einwendungen offen. Zunächst kann er geltend machen, dass der Prozess nicht notwendig ist oder aussichtslos erscheint, etwa bei offensichtlich unbegründeten Forderungen. Weiterhin kann er mit fehlender Leistungsfähigkeit argumentieren, was detailliert durch Offenlegung der eigenen Einkommens- und Vermögenssituation zu belegen ist. Auch eine zeitweilige Unzumutbarkeit bzw. Überlastung durch bestehende eigene Verpflichtungen kann geltend gemacht werden. Liegen bereits andere Ansprüche auf Prozessfinanzierung (etwa durch einen weiteren Verpflichteten oder im Rahmen verfügbarer Prozesskostenhilfe) vor, können auch diese gegen den Vorschussanspruch sprechen. Letztlich ist jedoch zu beachten, dass der Einwand der fehlenden Leistungsfähigkeit im Sinne des Unterhaltsrechts geprüft wird; ein Verweis auf geringes Einkommen allein genügt in der Regel nicht, sofern der angemessene Eigenbedarf nicht gefährdet ist.

Was geschieht, wenn der Vorschuss nicht rechtzeitig gezahlt wird?

Wird der zugesprochene Prozesskostenvorschuss nicht fristgerecht gezahlt, kann der Anspruchsberechtigte die Zahlung gerichtlich im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Die Nichtzahlung kann – abhängig von der Dringlichkeit der Prozessführung – dazu führen, dass dem Antragsteller vorläufig keine Klageeinreichung, -vertretung oder Rechtsverteidigung möglich ist. In solchen Fällen prüft das Gericht, wie dringend die Prozessführung ist, und kann gegebenenfalls eine einstweilige Anordnung zur Zahlung erlassen. Notfalls steht dem Antragsteller die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe offen, wobei die Aussicht auf tatsächlichen Vorschusserhalt bei der Bewilligung berücksichtigt wird. Das Gericht wird sodann prüfen, ob es dem Antragsteller zumutbar ist, auf den Vorschussanspruch zurückzugreifen, oder ob der Zugang zur Rechtspflege anderenfalls vereitelt wird.

Wie wirkt sich die Zahlung des Prozesskostenvorschusses auf einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe aus?

Die Auszahlung eines Prozesskostenvorschusses hat im Familienrecht unmittelbare Auswirkungen auf das Verfahren zur Erlangung von Verfahrenskostenhilfe: Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss schließt in der Regel den Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe aus, da diese subsidiär ist. Nur wenn sich der Vorschussanspruch als nicht realisierbar herausstellt (z. B. wenn der Verpflichtete zahlungsunfähig oder die Realisierung langwierig ist) oder die Höhe nicht ausreicht, kann Verfahrenskostenhilfe in Betracht kommen. Im Rahmen der Antragstellung auf Verfahrenskostenhilfe ist explizit anzugeben, ob ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss geprüft, geltend gemacht oder bereits durchgesetzt wurde – erst wenn dies gescheitert ist, prüft das Gericht eine (ergänzende) Bewilligung der staatlichen Hilfe. Das Verfahren ist daher voneinander abzugrenzen und in der Praxis ist dem Antragsteller bis zur Klärung seines Vorschussanspruchs die Weiterverfolgung eines Antrags auf Verfahrenskostenhilfe regelmäßig nicht möglich.