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Projektsteuerung(svertrag)

Projektsteuerung(svertrag): Begriff und rechtliche Einordnung

Die Projektsteuerung bezeichnet die organisatorische, wirtschaftliche und terminliche Steuerung komplexer Vorhaben, häufig im Bau- und Immobilienbereich, gelegentlich auch in Infrastruktur-, IT- oder Anlagenprojekten. Der Projektsteuerer koordiniert im Auftrag des Bauherrn beziehungsweise Auftraggebers Beteiligte, Informationen, Entscheidungen und Prozesse, ohne selbst planende oder ausführende Leistungen zu erbringen. Der Projektsteuerungsvertrag ist die rechtliche Grundlage dieser Tätigkeit.

Rechtlich handelt es sich bei der Projektsteuerung regelmäßig um einen auf Tätigkeits- und Koordinationsleistungen gerichteten Dienstleistungsvertrag. Geschuldet ist typischerweise ein sorgfältiges Vorgehen (Sorgfaltsleistung), nicht ein bestimmter Erfolg oder ein mängelfreies Werk. Je nach Ausgestaltung können einzelne werkartige Elemente hinzutreten, etwa wenn konkrete Ergebnisse oder Meilensteine als Erfolg vereinbart werden. Die Einordnung des Vertrags hängt von Inhalt, Umfang und Zielvereinbarungen ab.

Abgrenzung zu Projektleitung und Bauleitung

Die Projektsteuerung ist von der Projektleitung des Auftraggebers und der Bauleitung zu unterscheiden. Während die Bauleitung die ordnungsgemäße Ausführung vor Ort überwacht und planerische Vorgaben gegenüber Ausführenden durchsetzt, hat die Projektsteuerung eine übergeordnete, koordinierende und controllingorientierte Rolle. Weisungen gegenüber Planern oder ausführenden Unternehmen bestehen nur, wenn eine ausdrückliche Vollmacht erteilt ist. Ohne solche Bevollmächtigung verbleiben Entscheidungen beim Auftraggeber; die Projektsteuerung bereitet diese vor, strukturiert die Informationen und überwacht Termine, Kosten, Qualitäten und Verträge.

Typische Leistungsinhalte

Handlungsbereiche

Die Leistungen der Projektsteuerung gliedern sich regelmäßig in fünf Handlungsbereiche: Organisation, Qualitäten, Kosten, Termine sowie Verträge/Versicherungen. Diese Bereiche können projektphasenbezogen ausgestaltet sein, beginnend bei der Projektvorbereitung über Planung, Ausführungsvorbereitung und -durchführung bis zum Projektabschluss.

Aufgabenbeispiele

Typisch sind die Strukturierung der Projektorganisation, Einrichtung von Kommunikations- und Entscheidungswegen, Termin- und Kostencontrolling, Budget- und Änderungsmanagement, Risikobetrachtungen, Koordination der Beteiligten, Protokollführung, Sitzungs- und Berichtswesen, Unterstützung bei Vergabeprozessen, Prüfung von Nachträgen auf Plausibilität sowie Dokumentationsmanagement. Planungs- oder Ausführungsleistungen werden grundsätzlich nicht erbracht, es sei denn, der Vertrag weist solche ausdrücklich zu.

Vertragsgestaltung und wesentliche Klauseln

Leistungsumfang und Abgrenzung

Zentral ist eine klare Leistungsbeschreibung mit phasen- und aufgabenbezogener Abgrenzung, einschließlich Angaben zu Schnittstellen gegenüber Planung, Bauleitung, Fachgutachtern und Ausführenden. Regelungen zur Priorität von Vertragsbestandteilen und zu Änderungen des Leistungsumfangs (Change-Mechanismus) vermeiden Unklarheiten.

Mitwirkungspflichten des Auftraggebers

Die Vertragspraxis sieht definierte Mitwirkungspflichten vor, etwa die rechtzeitige Bereitstellung von Informationen, Entscheidungen, Zugängen und technischen Grundlagen. Ebenso werden Entscheidungswege, Eskalationsstufen und Zuständigkeiten festgelegt.

Vertretungsmacht und Weisungen

Die rechtliche Vertretungsmacht des Projektsteuerers gegenüber Dritten besteht nur bei ausdrücklicher Bevollmächtigung. Ohne Vollmacht nimmt die Projektsteuerung eine beratende und koordinierende Rolle ein; Entscheidungen verbleiben beim Auftraggeber. Der Umfang einer etwaigen Vollmacht (Umfang, Grenzen, Widerruf, Nachweis) wird vertraglich beschrieben.

Berichtswesen und Dokumentation

Verbreitet sind Vorgaben zu Berichtsintervallen, Inhalten und Formaten (z. B. Termin- und Kostenberichte, Risikoberichte, Protokolle). Regelungen zur Führung, Aufbewahrung und Herausgabe der Projektdokumentation sorgen für Nachvollziehbarkeit und geordnete Übergaben.

Geheimhaltung und Rechte an Arbeitsergebnissen

Verträge enthalten üblicherweise Vertraulichkeitsklauseln zum Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie Regelungen zu Nutzungsrechten an erstellten Berichten, Modellen, Vorlagen oder Tools, einschließlich etwaiger Beschränkungen und Schutzrechte.

Vergütung und Abrechnung

In der Praxis werden Pauschalhonorare, Zeithonorare oder Mischmodelle vereinbart, teilweise mit Phasen- und Meilensteinlogik. Üblich sind Regelungen zu Nebenkosten, Umsatzsteuer, Abrechnungsintervallen, Nachweisen, Anpassungsmechanismen bei Leistungsänderungen und Indexierungen. Soweit Bezüge zu Honorarordnungen für Planungsleistungen hergestellt werden, ist zu beachten, dass die Projektsteuerung als eigenständige Leistungsart häufig frei vereinbart wird. Bonus- oder Malus-Modelle kommen vor, bedürfen aber klarer und messbarer Kriterien.

Haftung und Versicherung

Die Haftung des Projektsteuerers richtet sich nach den vertraglich übernommenen Pflichten und dem Sorgfaltsmaßstab für dienstleistungsbezogene Koordination. Typische Haftungsfelder sind Termin-, Kosten- und Qualitätssteuerung, Informations- und Hinweispflichten, Auswahl- und Überwachungsfehler bei koordinierenden Aufgaben sowie Dokumentationsmängel. Vertraglich finden sich häufig Haftungsbegrenzungen, etwa betragsmäßige Limits, Ausschlüsse mittelbarer Schäden oder Regelungen zu Verjährungsfristen, soweit zulässig. Berufshaftpflichtversicherungen mit angemessenen Deckungssummen werden vielfach vereinbart; der Deckungsumfang orientiert sich an Projektrisiken und Tätigkeitsbild.

Laufzeit, Beendigung und Herausgabepflichten

Projektsteuerungsverträge sind regelmäßig phasenbezogen befristet oder laufen bis zum Projektabschluss. Kündigungsrechte können ordentlich oder aus wichtigem Grund ausgestaltet sein. Bei Vertragsende bestehen häufig Herausgabepflichten bezüglich der Projektunterlagen, Daten und Modelle. Für bereits erbrachte Leistungen erfolgt eine Abrechnung nach vertraglicher Regelung; Vorschüsse und Teilleistungen werden berücksichtigt. Fortgeltende Bestimmungen (Geheimhaltung, Rechte, Haftung, Streitbeilegung) werden oft über die Laufzeit hinaus vereinbart.

Schnittstellen und Vertretungsmacht

Die Projektsteuerung wirkt an der Koordination zwischen Auftraggeber, Planern, Ausführenden, Behörden und weiteren Beteiligten mit. Ohne ausdrücklich erteilte Vollmachten besteht kein allgemeines Weisungsrecht gegenüber Dritten. Bei eingeräumter Vertretungsmacht ist deren Umfang genau bestimmt, etwa für die Unterzeichnung bestimmter Erklärungen, die Teilnahme an Vergaben oder die Annahme von Erklärungen. Weisungen des Auftraggebers und deren Dokumentation sind für die Abgrenzung von Verantwortlichkeiten bedeutsam.

Datenschutz, Vertraulichkeit und Compliance

Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in Projekten sind vertragliche Zuordnungen von Verantwortlichkeiten, technische und organisatorische Maßnahmen sowie etwaige Auftragsverarbeitungsverhältnisse zu regeln. Vertraulichkeitsklauseln schützen sensible Informationen, insbesondere wirtschaftliche Daten, Planungsdetails und Sicherheitsaspekte. Compliance-Regelungen betreffen Interessenkonflikte, Geschenke, Vergabegrundsätze, Informationssicherheit und Meldesysteme für Unregelmäßigkeiten.

Besondere Konstellationen

Öffentliche Auftraggeber

Bei öffentlichen Auftraggebern unterliegt die Beauftragung regelmäßig vergaberechtlichen Grundsätzen wie Transparenz und Gleichbehandlung. Eignungsanforderungen, Zuschlagskriterien und Vertragsmuster prägen die Ausgestaltung. Dokumentations- und Berichtspflichten sind häufig erweitert.

Internationale Projekte

In grenzüberschreitenden Vorhaben treten Rechtswahl, Gerichtsstand, Sprache, Compliance-Anforderungen und unterschiedliche Standards in den Vordergrund. Kollisionen technischer und organisatorischer Regelwerke werden vertraglich adressiert. Regelungen zur Zusammenarbeit in internationalen Teams und zur Datenübertragung gewinnen an Bedeutung.

Typische Risiken und Streitpunkte

Streitigkeiten ergeben sich häufig aus unklarer Leistungsabgrenzung, fehlender oder verspäteter Mitwirkung, strittigen Weisungslagen, unzureichender Dokumentation, unklaren Erfolgskriterien bei Bonus-/Malus-Regelungen, Änderungsmanagement, Budget- und Terminabweichungen sowie aus konfligierenden Schnittstellen zu Planung und Bauleitung. Eine präzise Beschreibung der Rollen, Berichtspflichten und Entscheidungswege mindert Auslegungsspielräume.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Projektsteuerung(svertrag)

Was ist ein Projektsteuerungsvertrag und worin liegt sein Zweck?

Der Projektsteuerungsvertrag regelt die Koordinations- und Controllingtätigkeiten eines Projektsteuerers für ein Vorhaben. Zweck ist die geordnete Steuerung von Terminen, Kosten, Qualitäten, Organisation und Verträgen sowie die Aufbereitung von Entscheidungen für den Auftraggeber.

Worin unterscheidet sich die Projektsteuerung von der Bauleitung?

Die Bauleitung überwacht die Ausführung auf der Baustelle und setzt planerische Vorgaben um. Die Projektsteuerung koordiniert übergeordnet, bereitet Entscheidungen vor und führt Controlling durch. Weisungsrechte gegenüber Ausführenden bestehen nur, wenn diese vertraglich oder durch Vollmacht eingeräumt sind.

Handelt es sich bei der Projektsteuerung um einen Dienst- oder Werkvertrag?

Regelmäßig steht die Sorgfalts- und Koordinationsleistung im Vordergrund, weshalb die Einordnung als Dienstvertrag überwiegt. Werkvertragliche Elemente können vorliegen, wenn konkrete Erfolge verbindlich vereinbart werden.

Welche Haftung trifft den Projektsteuerer?

Haftungsmaßgeblich sind die vertraglich übernommenen Pflichten. Typische Haftungsfelder betreffen Steuerungs-, Hinweis- und Dokumentationspflichten sowie Auswahl- und Überwachungsaufgaben. Haftungsbegrenzungen und Versicherungspflichten werden häufig vertraglich geregelt, soweit zulässig.

Welche Vergütungsmodelle sind üblich?

Verbreitet sind Pauschalhonorare, Zeithonorare oder Mischformen mit phasenbezogener Staffelung. Nebenkosten, Abrechnungsintervalle und Anpassungen bei Leistungsänderungen werden vertraglich festgelegt. Bonus-/Malus-Regelungen kommen vor, wenn messbare Kriterien vereinbart sind.

Darf der Projektsteuerer den Auftraggeber rechtsverbindlich vertreten?

Eine rechtsverbindliche Vertretung gegenüber Dritten ist nur bei ausdrücklicher Vollmacht möglich. Ohne Vollmacht beschränkt sich die Tätigkeit auf Koordination, Beratung und Berichtswesen; Entscheidungen trifft der Auftraggeber.

Gilt die HOAI für Projektsteuerungsleistungen?

Projektsteuerung wird häufig als eigenständige Leistung außerhalb der klassischen Planungsleistungen behandelt. Honorare werden daher vielfach frei vereinbart; vertragliche Bezugnahmen auf Honorarregelwerke sind möglich.

Was passiert bei Vertragsende mit Unterlagen und Daten?

Üblicherweise bestehen Herausgabepflichten für Projektdokumentationen und Datenträger. Fortgeltende Regelungen, etwa zu Vertraulichkeit oder Nutzungsrechten, bleiben vielfach nach Vertragsende wirksam.