Begriff und rechtliche Einordnung der Projektsteuerung und des Projektsteuerungsvertrages
Die Projektsteuerung bezeichnet im deutschen Bau- und Projektmanagementwesen die Übernahme delegierbarer Bauherrenaufgaben durch einen beauftragten Dritten. Die Projektsteuerung umfasst dabei insbesondere die Organisation, Koordination und Überwachung von Prozessen und Abläufen in der Planung und Ausführung von Bauvorhaben. Der zugehörige Projektsteuerungsvertrag bildet die rechtliche Grundlage für dieses Tätigwerden. Rechtlich und praktisch nimmt der Projektsteuerer dabei eine besondere Stellung ein, da er originäre Auftraggeberfunktionen, jedoch keine klassischen Planungs- oder Bauleistungen übernimmt.
Der Projektsteuerungsvertrag ist im deutschen Rechtstext nicht explizit geregelt, wird jedoch regelmäßig nach den Vorschriften des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff. BGB) bewertet. Abgrenzungen sind insbesondere zum Werkvertrag und zu Architekten- bzw. Ingenieurverträgen vorzunehmen.
Wesentliche Merkmale des Projektsteuerungsvertrages
Gegenstand des Vertrages
Der Projektsteuerungsvertrag verpflichtet den Projektsteuerer im Wesentlichen, im Interesse des Auftraggebers Steuerungs- und Koordinationsleistungen zu erbringen. Ziel ist die Sicherstellung eines wirtschaftlichen, termingerechten und qualitätsorientierten Projektablaufs. Das Leistungsbild des Projektsteuerers orientiert sich häufig an den „Leistungsbildern Projektsteuerung“ gemäß § 2 AHO-Heft Nr. 9 des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), die sich in fünf Handlungsbereiche gliedern:
- Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
- Qualitäten und Quantitäten
- Kosten und Finanzierung
- Termine, Kapazitäten und Logistik
- Verträge und Versicherungen
Typisierung im Rechtssystem
Bei der Projektsteuerung handelt es sich regelmäßig um eine eigenständige Dienstleistung, die nicht mit Planungs- oder Überwachungsleistungen im Sinne eines Architekten- bzw. Ingenieurvertrages identisch ist. Das wesentliche Kriterium ist das Fehlen eines werkvertraglichen „Erfolgs“, also eines dinglich greifbaren Ergebnisses. Vielmehr schuldet der Projektsteuerer ein Tätigwerden nach bestem Wissen und Gewissen, eine Tätigkeit im Interesse und für das Projekt des Auftraggebers. Übernimmt der Projektsteuerer hingegen über die klassischen Steuerungsleistungen hinaus planerische oder bauüberwachende Aufgaben, sind die werkvertraglichen Regelungen analog anzuwenden.
Inhalt und typische Vertragsklauseln des Projektsteuerungsvertrages
Leistungsumfang
Der Leistungsumfang richtet sich in der Regel nach individuellen Abreden und gliedert sich meist in einzelne Projektstufen (Projektentwicklung, Planung, Ausführungsvorbereitung, Ausführung, Projektabschluss). Übliche Vertragsklauseln betreffen insbesondere:
- Beschreibung der einzelnen vom Projektsteuerer zu übernehmenden Aufgaben
- Präzisierung des Projektziels
- Abgrenzungen zu anderen Beteiligten, insbesondere zur Rolle des Bauherrn, Architekten oder Ingenieurs
- Dokumentationspflichten
Vergütung
Die Vergütung des Projektsteuerers ist grundsätzlich frei vereinbar und wird häufig pauschal oder als Honorar nach Aufwand festgelegt. Mangels gesetzlicher Regelung erfolgt die Orientierung häufig am AHO-Leistungsbild, welches auch Honorarvorschläge enthält. Mangels Erfolgsgarantie handelt es sich hierbei um eine Dienstleistungsvergütung.
Haftung und Haftungsbeschränkungen
Die Haftung des Projektsteuerers richtet sich nach allgemeinem Dienstvertragsrecht (§ 280 BGB ff.). Vertraglich werden häufig Haftungsbeschränkungen, insbesondere eine Haftungsbegrenzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, sowie Haftungshöchstgrenzen (Deckung durch Berufshaftpflichtversicherung) vereinbart. Die Wirksamkeit solcher Klauseln richtet sich nach den Regelungen des AGB-Rechts (§§ 305 ff. BGB).
Mitwirkungspflichten des Auftraggebers
Regelmäßig werden Kooperationspflichten und Informationspflichten des Auftraggebers in den Vertrag aufgenommen. Dazu gehören etwa die pünktliche Zurverfügungstellung relevanter Unterlagen, Einflussnahmen auf Dritte (z.B. Behörden oder ausführende Firmen) und regelmäßige Abstimmungsverpflichtungen.
Abgrenzung zu anderen Vertragsformen
Projektsteuerung und Bauüberwachung
Während die Bauüberwachung (Objektüberwachung) regelmäßig ein Werkvertrag darstellt, der auf einen konkreten Bauerfolg gerichtet ist, ist die Projektsteuerung nicht auf einen bestimmten Erfolg ausgerichtet. Der Projektsteuerer ist nicht für die eigenständige Ausführung der Bauüberwachung verantwortlich und haftet daher nicht in gleichem Umfang für Baumängel.
Projektsteuerung und Generalplanung
Der Generalplanervertrag umfasst sämtliche Planungs- und Koordinationsleistungen zur Errichtung eines Bauwerks und geht regelmäßig über die Projektsteuerung hinaus. Werden projektsteuernde Aufgaben Teil eines Generalplanungsvertrages, sind diese im Rahmen der Gesamtverantwortung des Generalplaners rechtlich entsprechend zu würdigen.
Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB
Der Projektsteuerungsvertrag ist auch als besondere Ausprägung des Geschäftsbesorgungsvertrags zu sehen, wenn Geschäftsführung für den Auftraggeber übernommen wird. Handelt es sich neben rein dienstvertraglichen auch um vermögensbezogene Angelegenheiten (z.B. Steuerung der Projektfinanzierung), sind die weitergehenden Vorschriften des § 675 BGB einschlägig.
Rechtsprechung und Literatur
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Oberlandesgerichte (OLG) bestätigt einzelfallabhängig die Behandlung des Projektsteuerungsvertrages als Dienstvertrag. Als maßgebliches Kriterium für die jeweilige Einordnung wird auf die konkreten vertraglichen Vereinbarungen und die tatsächliche Ausübung der vertraglichen Tätigkeit abgestellt (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2003 – VII ZR 362/01).
Zusammenfassung
Der Projektsteuerungsvertrag bildet die Grundlage für die Übertragung delegierbarer Bauherrenfunktionen auf einen Projektsteuerer und ist als selbstständiger Vertragstyp einzuordnen, der regelmäßig dem Dienstvertragsrecht unterliegt. Seine rechtliche Ausgestaltung und Abwicklung erfordern eine präzise Definition des Leistungsbildes sowie eine klare Abgrenzung zu anderen Vertragsformen und Tätigkeiten im Bau- und Projektmanagement. Besondere Bedeutung kommt der vertraglichen Gestaltung der Haftung, der Vergütung sowie der Mitwirkungspflichten zu. Im Falle der Übernahme zusätzlicher Aufgaben, wie Planungs- oder Überwachungsleistungen, sind die jeweiligen spezialgesetzlichen Vorschriften vorrangig zu berücksichtigen.
Siehe auch:
- Bauvertrag
- Werkvertrag
- Architektenvertrag
- Dienstvertrag
Literaturhinweise:
- AHO Heft Nr. 9: „Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft“
- Werner, H. A.; Pastor, F. M.: „Projektsteuerung im Bauwesen“, Springer
- Locher, T.: „Projektsteuerungsverträge – Rechtliche Einordnung und praktische Ausgestaltung“, in: NZBau
Häufig gestellte Fragen
Ist ein Projektsteuerungsvertrag als Werkvertrag oder als Dienstvertrag einzuordnen?
Die rechtliche Qualifikation eines Projektsteuerungsvertrages ist in der Praxis ein umstrittenes Thema und hängt maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung und den vereinbarten Leistungen ab. Nach herrschender Meinung der Rechtsprechung und Literatur kann ein Projektsteuerungsvertrag sowohl als Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) als auch als Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) einzustufen sein. Maßgeblich ist, ob der Projektsteuerer einen konkreten Erfolg schuldet (Werkvertrag) oder lediglich die Erbringung einer Tätigkeit bzw. eines Bemühens (Dienstvertrag). Typischerweise wird bei der klassischen Projektsteuerung dem Auftragnehmer keine unmittelbare Bauleitung oder Weisungsbefugnis gegenüber den ausführenden Firmen eingeräumt, weshalb meist ein Dienstvertrag angenommen wird. Im Einzelfall kann die Übernahme von Erfolgspflichten – etwa der fristgerechten Fertigstellung eines Projekts – zur werkvertraglichen Einordnung führen. Die richtige Zuordnung ist insbesondere bei Haftungsfragen und der Vergütungsfälligkeit relevant.
Welche wesentlichen Inhalte sollte ein Projektsteuerungsvertrag aus rechtlicher Sicht enthalten?
Ein Projektsteuerungsvertrag sollte aus rechtlicher Sicht insbesondere folgende Regelungspunkte detailliert umfassen: Die genaue Leistungsbeschreibung der vom Projektsteuerer zu erbringenden Leistungen, Festlegungen zur Vergütung (z.B. Pauschale, Stundensätze), Fristen und Meilensteine, vertragliche Organisationsstruktur, Vertretungsrechte und Abgrenzung zu Architekten- und Ingenieurleistungen, Haftung und Versicherung, Mitwirkungspflichten des Auftraggebers, Vertragslaufzeit und Kündigungsregelungen, Geheimhaltungspflichten sowie Regelungen zur Streitbeilegung (Gerichtsstand, Schiedsgericht). Hierdurch werden Missverständnisse vermieden und die Rechtspositionen beider Vertragsparteien von vornherein klar geregelt, was auch einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung vorbeugt.
Welche Haftungsrisiken bestehen für den Projektsteuerer?
Der Projektsteuerer unterliegt grundsätzlich einer Haftung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften wie etwa § 280 BGB für Pflichtverletzungen. Besonderheiten ergeben sich aus dem Umstand, dass der Projektsteuerer keine Bauleitung ausübt und keine Weisungen unmittelbar den bauausführenden Firmen erteilen darf, sodass seine Haftung regelmäßig auf Schäden beschränkt ist, die auf Beratungs-, Koordinations- oder Organisationsfehler zurückzuführen sind. Wichtig ist, dass er für eine fehlerhafte Steuerung haftet, etwa wenn Fristen versäumt, Kosten überschritten oder Risiken nicht rechtzeitig erkannt und kommuniziert werden. In der Praxis werden häufig Haftungsbeschränkungen (z.B. betragsmäßig) vereinbart, die aber sitten- und AGB-rechtlichen Kontrollen unterliegen. Zudem sollte eine angemessene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden, um etwaige Risiken abzusichern.
Wie kann der Projektsteuerungsvertrag wirksam gekündigt werden?
Die Kündigung eines Projektsteuerungsvertrages richtet sich grundsätzlich nach den gesetzlichen Vorschriften für Dienst- bzw. Werkverträge, es sei denn, vertraglich wurden abweichende Regelungen getroffen. Bei Dienstverträgen ist eine Kündigung jederzeit möglich (§ 627 BGB), bei Werkverträgen gelten die Kündigungstatbestände der §§ 648, 649 BGB. Oftmals werden für die ordentliche Kündigung vertraglich bestimmte Fristen vereinbart, während die außerordentliche Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sofort möglich ist. Zu beachten ist bei einer ordentlichen Kündigung, dass bereits erbrachte (Teil-)Leistungen abzurechnen und zu vergüten sind. Zudem sollte im Vertrag geregelt werden, was im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung mit den Arbeitsergebnissen, Unterlagen und etwaigen offenen Vergütungsansprüchen geschieht.
Kann die Haftung im Projektsteuerungsvertrag individualvertraglich beschränkt werden?
Eine individualvertragliche Haftungsbeschränkung ist im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich möglich, allerdings unterliegt sie strengen gesetzlichen Grenzen. Insbesondere für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit kann die Haftung nicht ausgeschlossen werden (§ 309 Nr. 7 BGB). Für einfache Fahrlässigkeit kann eine Haftungsbegrenzung (z.B. auf einen Höchstbetrag) wirksam vereinbart werden, soweit diese nicht überraschend oder unangemessen benachteiligend ist (§ 307 BGB). Enthält der Vertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen zugunsten des Projektsteuerers, gelten noch weitergehende Einschränkungen, insbesondere das Transparenzgebot und die Unwirksamkeit bei inhaltlicher Unangemessenheit. In jedem Fall ist eine sorgfältige und klar verständliche vertragliche Regelung erforderlich.
Welche Mitwirkungspflichten treffen den Auftraggeber nach Abschluss eines Projektsteuerungsvertrags?
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Projektsteuerungsleistungen erforderlichen Informationen, Unterlagen und Entscheidungen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Unterlässt der Auftraggeber dies, kann dies sowohl zu einer Verzögerung des Projekts als auch zu einer Haftungsfreistellung des Projektsteuerers führen. Es besteht die Pflicht zur aktiven Zusammenarbeit, insbesondere bei der Klärung von Projektzielen, der Genehmigung von Vorschlägen oder der Zuarbeit notwendiger Planungs- und Vertragsunterlagen. Für den Fall von Leistungsverzögerungen oder -störungen infolge mangelnder Mitwirkung sollte dies im Vertrag ausdrücklich geregelt sein, um ein faires Risikomanagement für beide Seiten zu gewährleisten.
Wie wird die Vergütung des Projektsteuerers rechtlich behandelt und wann ist sie fällig?
Mangels gesetzlicher Regelung für die Vergütung von Projektsteuerungsleistungen ist die vertragliche Gestaltung maßgebend. Die Vergütung kann als Pauschalhonorar, Zeitvergütung (auf Basis von Stunden- oder Tagessätzen) oder als erfolgsabhängige Komponente vereinbart werden. Die Fälligkeit der Vergütung bestimmt sich nach dem Vertrag; bei Fehlen einer Regelung gelten die allgemeinen Vorschriften: Bei Dienstverträgen mit Befristung grundsätzlich zum vereinbarten Zeitintervall nach Ablauf der Leistung, bei Werkverträgen nach erfolgter (Teil-)Abnahme. Besonderheiten bestehen bei Leistungsänderungen oder Nachtragsleistungen, die gesondert zu vereinbaren und zu vergüten sind. Eine detaillierte Regelung im Vertrag wird dringend empfohlen, um späteren Streit über die Abrechnung vorzubeugen.