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Probearbeitsverhältnis


Begriff und Wesen des Probearbeitsverhältnisses

Das Probearbeitsverhältnis ist im deutschen Arbeitsrecht eine besondere Form des Arbeitsverhältnisses, die dazu dient, Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, binnen einer bestimmten Zeitspanne die grundsätzliche Eignung des Arbeitnehmers für die jeweilige Tätigkeit und seine Integration in den Betrieb zu erproben. Es unterscheidet sich rechtlich und tatsächlich vom klassischen Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit und von der sogenannten Probezeit innerhalb eines regulären Arbeitsvertrages.

Abgrenzung: Probearbeitsverhältnis, Arbeitsverhältnis auf Probe, Schnuppertag

Zu unterscheiden ist das Probearbeitsverhältnis insbesondere von folgenden Begriffen:

  • Arbeitsverhältnis auf Probe: Hierbei handelt es sich um einen regulären Arbeitsvertrag, der eine Probezeit enthält, während derer Kündigungsfristen verkürzt gelten (§ 622 Abs. 3 BGB).
  • Schnuppertag bzw. Einfühlungsverhältnis: Kurzfristige, meist unbezahlte Tätigkeiten zur reinen Orientierung ohne Pflicht zur Arbeitsleistung und ohne Vergütungspflicht. Ein echtes Probearbeitsverhältnis stellt hingegen ein vergütungspflichtiges Arbeitsverhältnis dar.

Rechtliche Einordnung und Charakteristika

Vertraglicher Charakter des Probearbeitsverhältnisses

Das Probearbeitsverhältnis wird zumeist als befristeter Arbeitsvertrag vereinbart. Im Unterschied zur unbefristeten Anstellung ist der Zweck des Vertrages auf die Erprobung der Arbeitsfähigkeit und sozialen Integration des Arbeitnehmers ausgerichtet. Rechtlich gelten währenddessen grundsätzlich dieselben Regelungen wie für übliche Arbeitsverhältnisse, solange keine spezialgesetzlichen Ausnahmen (etwa aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, TzBfG) greifen.

Befristung und Befristungsgrund

Das Probearbeitsverhältnis ist in der Regel von vornherein befristet. Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; zur Erprobung allerdings ausdrücklich auch mit Sachgrund für angemessene Zeit. Die Angemessenheit der Probezeit richtet sich nach Art der Tätigkeit und kann – je nach Komplexität der Aufgaben – zwischen wenigen Tagen bis maximal sechs Monate betragen.

Rechte und Pflichten während des Probearbeitsverhältnisses

Arbeitsrechtlicher Schutz

Auch während eines Probearbeitsverhältnisses finden zentrale arbeitsrechtliche Schutzvorschriften Anwendung:

  • Entgeltzahlungspflicht: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, eine angemessene Vergütung zu zahlen. Mindestlohnregelungen greifen in aller Regel.
  • Sozialversicherung: Das Probearbeitsverhältnis begründet eine normale Sozialversicherungspflicht, sofern keine kurzfristige Beschäftigung (bis 3 Monate/70 Arbeitstage, § 8 SGB IV) vorliegt.
  • Urlaubsanspruch: Abhängig vom Umfang der vereinbarten Arbeitszeit entsteht grundsätzlich auch hierin ein Urlaubsanspruch anteilig.
  • Kündigungsschutz: Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis mit vereinbarter Probezeit, findet das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten nach Ablauf von sechs Monaten Anwendung. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB) gekündigt werden.

Kündigungsmöglichkeiten

Im Probearbeitsverhältnis haben beide Parteien das Recht, das Arbeitsverhältnis mit kurzer Frist und ohne besondere Angabe von Gründen zu beenden, sofern keine abweichenden Bestimmungen getroffen wurden. Nach Ablauf der Probezeit bedarf es für eine ordentliche Kündigung die regulären Fristen des § 622 BGB. Die ordentliche Kündigung während eines befristeten Probearbeitsverhältnisses ist in der Regel nur möglich, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.

Besonderheiten bei der Kündigung

Bei befristeten Probearbeitsverhältnissen ohne ausdrückliche Kündigungsmöglichkeit endet das Arbeitsverhältnis automatisch mit Zeitablauf. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bleibt aber jederzeit möglich (§ 626 BGB).

Praktische Besonderheiten und Risiken

Gestaltung und transparente arbeitsvertragliche Regelungen

Für die Wirksamkeit eines Probearbeitsverhältnisses ist eine möglichst klare und transparente arbeitsvertragliche Regelung wesentlich. Arbeitgeber sollten die Befristungsdauer, den Probebezug und die jeweils maßgebliche Kündigungsfrist ausdrücklich vereinbaren, um Rechtsunsicherheiten und nachträgliche Streitigkeiten zu vermeiden.

Missbrauchsgefahr und rechtliche Grenzen

Eine Kette befristeter Probearbeitsverhältnisse ist rechtsmissbräuchlich und im Zweifel als unzulässig anzusehen. Der Probegedanke darf nicht zur dauerhaften Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes missbraucht werden. Die Rechtsprechung prüft insbesondere, ob die Dauer der Probezeit im Einzelfall angemessen ist und ob der arbeitsvertragliche Zweck nachvollziehbar auf Erprobung gerichtet ist.

Abgrenzung und Verhältnis zu anderen Tätigkeitsverhältnissen

Das Probearbeitsverhältnis ist von Praktikum, Werkvertrag sowie dem sogenannten Einfühlungsverhältnis (Schnuppertag) klar zu unterscheiden. Während im Probearbeitsverhältnis die Arbeitsleistung erbracht und vergütet wird, handelt es sich bei Praktika in der Regel um Ausbildungs- oder Orientierungsverhältnisse mit unter Umständen abweichenden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Zusammenfassung

Das Probearbeitsverhältnis ist ein eigenständiges, auf Erprobung gerichtetes Arbeitsverhältnis, das im deutschen Arbeitsrecht rechtlich weitgehend wie ein reguläres Arbeitsverhältnis behandelt wird, aber in besonderer Weise die gegenseitige Erprobung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Vordergrund stellt. Die Gestaltung der arbeitsvertraglichen Regelungen, die Einhaltung der befristungsrechtlichen Vorgaben und die Beachtung des arbeitsrechtlichen Schutzes während der Probezeit sind zentrale Aspekte. Die dauerhafte und missbräuchliche Aneinanderreihung von Probearbeitsverhältnissen ist unzulässig und wird vom Gesetzgeber sowie der Rechtsprechung kritisch beurteilt.


Häufig gestellte Fragen

Muss für ein Probearbeitsverhältnis bereits ein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen werden?

Ein Probearbeitsverhältnis stellt rechtlich ein reguläres Arbeitsverhältnis dar, auch wenn es zumeist auf eine kurze Zeit angelegt ist. Grundsätzlich ist im deutschen Arbeitsrecht kein schriftlicher Arbeitsvertrag zwingend erforderlich; ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich wirksam geschlossen werden (§ 611a BGB). Allerdings ist der Arbeitgeber nach dem Nachweisgesetz (NachwG) verpflichtet, spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Dies gilt auch für ein Probearbeitsverhältnis. In der Praxis empfiehlt sich zur Beweisbarkeit und Klarstellung der Rechte und Pflichten aber immer die Erstellung eines schriftlichen Vertrags. Insbesondere sollten dort die Dauer der Probezeit, Vergütung, Einsatzzeiten und ggf. besondere Regelungen zu Kündigung und Beendigung ausdrücklich festgehalten werden.

Unterliegt das Probearbeitsverhältnis besonderen Kündigungsfristen?

Während eines Probearbeitsverhältnisses gelten nicht automatisch andere Kündigungsfristen als im normalen Arbeitsverhältnis. Die gesetzliche Mindestkündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB beträgt während der Probezeit, die höchstens sechs Monate dauern darf, zwei Wochen. Es kann jedoch auch vertraglich eine abweichende – entweder kürzere oder längere – Kündigungsfrist vereinbart werden, sofern sie für beide Parteien gilt (§ 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB). Ist nichts anderes geregelt, ist die Zwei-Wochen-Frist maßgeblich. Darüber hinaus ist während der Probezeit eine Kündigung ohne Angabe von Gründen möglich; der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz greift erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit.

Besteht während eines Probearbeitsverhältnisses Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?

Auch während eines Probearbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer ab dem ersten Tag Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber (§ 3 Abs. 3 EFZG). Voraussetzung ist, dass das Arbeitsverhältnis mindestens vier Wochen ununterbrochen besteht (Wartezeit). Wird ein Arbeitnehmer bereits während der Probearbeit arbeitsunfähig, beginnt die sechswöchige Entgeltfortzahlung jedoch erst nach Ablauf der vierwöchigen Wartezeit. Bei kürzeren Probearbeitsverhältnissen kann daher grundsätzlich ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall entfallen, wenn die Erkrankung innerhalb der ersten vier Wochen eintritt.

Können während eines Probearbeitsverhältnisses Urlaubstage beansprucht werden?

Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht grundsätzlich auch während eines Probearbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG). Allerdings entsteht der volle gesetzliche Urlaubsanspruch erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 4 BUrlG). Bei kürzeren Verträgen besteht jedoch für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ein anteiliger Urlaubsanspruch (Teilurlaubsanspruch), der im Zweifelsfall beim Ausscheiden abzugelten ist (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Praktisch bedeutet dies: Selbst bei einem nur einmonatigen Probearbeitsverhältnis ergibt sich ein anteiliger Urlaubsanspruch.

Müssen Sozialabgaben für ein Probearbeitsverhältnis gezahlt werden?

Auch ein Probearbeitsverhältnis gilt arbeitsrechtlich als normales Beschäftigungsverhältnis mit allen gesetzlichen Pflichten. Das bedeutet, es sind regulär Beiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) an die zuständigen Sozialversicherungsträger abzuführen. Eine Ausnahme besteht, wenn es sich um ein kurzfristiges Probearbeiten im Rahmen eines sogenannten „Einfühlungsverhältnisses“ ohne Vergütung handelt; dann liegt kein Arbeitsverhältnis mit Versicherungspflicht vor. Erhält der Arbeitnehmer jedoch Lohn, so ist stets eine Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich, unabhängig von der Dauer des Probearbeitsverhältnisses.

Ist das Probearbeitsverhältnis auf eine bestimmte Höchstdauer begrenzt?

Das Gesetz sieht für die Probezeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach § 622 Abs. 3 BGB eine maximale Dauer von sechs Monaten vor. Ein Probearbeitsverhältnis, das als Befristung oder mit gesondertem Arbeitsvertrag gestaltet wird, kann nach § 14 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) grundsätzlich befristet werden, regelmäßig für bis zu sechs Monate. Eine längere Probezeit ist nicht zulässig; wird sie überschritten, gelten die allgemeinen gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen. Bei fortgesetzter Beschäftigung nach Ablauf der Probezeit geht das Probearbeitsverhältnis automatisch in ein reguläres Arbeitsverhältnis über, sofern arbeitsvertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Welche Besonderheiten gibt es beim Probearbeitsverhältnis im Rahmen von Befristung?

Wird ein Probearbeitsverhältnis befristet geschlossen, findet § 14 Abs. 1 TzBfG Anwendung. Eine sachgrundlose Befristung ist bis zu zwei Jahren zulässig, innerhalb dieser Zeit kann die Probezeit maximal sechs Monate dauern. Während des befristeten Probearbeitsverhältnisses kann das Arbeitsverhältnis in der Regel nur unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen beendet werden, es sei denn, eine ordentliche Kündigung ist arbeitsvertraglich ausgeschlossen. Auch im Rahmen eines befristeten Probearbeitsverhältnisses besteht grundlegend das Recht auf eine ordentliche Kündigung, sofern dies im Vertrag nicht ausgeschlossen ist.