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Pflichtteil, kleiner

Pflichtteil, kleiner – Begriff und Einordnung

Der Begriff „kleiner Pflichtteil“ bezeichnet eine besondere Ausprägung des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten. Er knüpft an die gesetzliche Erbquote des Ehegatten an, allerdings ohne die pauschale Erhöhung um ein Viertel, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft für den sogenannten großen Pflichtteil in Betracht kommt. Der kleine Pflichtteil ist stets ein reiner Geldanspruch gegenüber den Erben und gewährt keinen Anteil am Nachlass als solcher. Er dient der Mindestabsicherung des Ehegatten, wenn dieser durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurde oder die Erbschaft nicht annimmt.

Der kleine Pflichtteil steht in einem systematischen Zusammenhang mit dem allgemeinen Pflichtteilsrecht: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils der jeweiligen Person. Beim kleinen Pflichtteil des Ehegatten wird diese Halbierung auf die gesetzliche Erbquote ohne pauschale Erhöhung angewendet.

Anspruchsvoraussetzungen und Berechtigte

Anspruchsberechtigt ist der überlebende Ehegatte, wenn er durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde oder die Erbschaft ausschlägt. Der Anspruch setzt voraus, dass ein Pflichtteilsrecht dem Grunde nach besteht, also eine gesetzliche Erbquote vorhanden wäre. Der kleine Pflichtteil ist insbesondere im Güterstand der Zugewinngemeinschaft von Bedeutung, kann aber auch in anderen Güterständen relevant sein, wenn es um die Pflichtteilsquote des Ehegatten ohne pauschale Erhöhung geht.

Berechnungsgrundlagen des kleinen Pflichtteils

Gesetzlicher Erbteil des Ehegatten ohne pauschale Erhöhung

Ausgangspunkt ist der gesetzliche Erbteil des Ehegatten, der sich nach der familiären Situation richtet (zum Beispiel: vorhandene Abkömmlinge oder Verwandte anderer Ordnungen). Beim kleinen Pflichtteil bleibt eine pauschale Erhöhung, wie sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft für den großen Pflichtteil in Ansatz kommen kann, unberücksichtigt. Es wird mithin auf die „ungehobene“ gesetzliche Erbquote abgestellt.

Pflichtteilsquote

Die Pflichtteilsquote beträgt die Hälfte des so ermittelten gesetzlichen Erbteils. Daraus ergibt sich der prozentuale Anspruch, der auf den Nachlasswert bezogen ist.

Nachlasswert und Berücksichtigung von Zuwendungen

Bemessungsgrundlage ist der Reinnachlass, also das Vermögen des Erblassers abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen werden zu Lebzeiten erfolgte unentgeltliche Zuwendungen an Dritte oder an den Ehegatten bei der Berechnung ergänzend berücksichtigt, sofern zeitliche und sachliche Grenzen eingehalten sind. Diese Ergänzung führt zu einer fiktiven Erhöhung der Berechnungsbasis, um den Pflichtteil nicht durch lebzeitige Vermögensverschiebungen zu unterlaufen.

Wahlrecht: kleiner Pflichtteil und großer Pflichtteil

Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft besteht für den Ehegatten ein Wahlrecht: Entweder wird der große Pflichtteil verlangt, der auf dem pauschal erhöhten gesetzlichen Erbteil beruht, oder der kleine Pflichtteil, der auf dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil basiert. Beim kleinen Pflichtteil kann daneben der konkrete Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns in einem gesonderten vermögensrechtlichen Anspruch geltend gemacht werden. Der große Pflichtteil schließt hingegen regelmäßig einen zusätzlichen konkreten Zugewinnausgleich aus, weil die pauschale Erhöhung diesen Aspekt bereits abbildet.

Auswirkungen des Güterstands

Zugewinngemeinschaft

In der Zugewinngemeinschaft ist der kleine Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils des Ehegatten ohne pauschale Erhöhung. Zusätzlich kommt – getrennt vom Pflichtteilsrecht – ein konkreter Zugewinnausgleich in Betracht, der vom während der Ehe erzielten Vermögenszuwachs abhängt.

Gütertrennung

Bei Gütertrennung entfällt eine pauschale Erhöhung. Der Pflichtteil bemisst sich als Hälfte der gesetzlichen Erbquote des Ehegatten. Ein güterrechtlicher Ausgleich wie in der Zugewinngemeinschaft findet nicht statt.

Gütergemeinschaft

In der Gütergemeinschaft richtet sich die Berechnungsbasis danach, welche Vermögensmassen dem Erblasser zugeordnet sind. Der kleine Pflichtteil bemisst sich auch hier als Hälfte der gesetzlichen Erbquote des Ehegatten, bezogen auf den relevanten Nachlass, der den dem Erblasser zugeordneten Anteil am Gemeinschaftsvermögen umfasst.

Durchsetzung und Auskunft

Der kleine Pflichtteil ist ein Geldanspruch gegen die Erben und entsteht mit dem Erbfall. Zur Bezifferung bestehen Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche, die sich auf den Bestand und Wert des Nachlasses sowie auf berücksichtigungsfähige Zuwendungen beziehen. Der Anspruch unterliegt gesetzlichen Fristen, die ab Kenntnis von Erbfall und beeinträchtigenden Verfügungen zu laufen beginnen können. Die Erfüllung erfolgt in Geld; Teilzahlungen, Sicherheiten oder Stundungen können im Einzelfall vereinbart werden.

Anrechnung, Verzicht und Entziehung

Hat der Ehegatte zu Lebzeiten Zuwendungen vom Erblasser erhalten, kann eine Anrechnung auf den Pflichtteil in Betracht kommen, sofern diese Zuwendungen als anrechnungsfähig bestimmt oder rechtlich entsprechend einzuordnen sind. Ein Verzicht auf den Pflichtteil ist in Form eines vertraglichen Verzichts möglich, der besonderen Formerfordernissen unterliegt. Eine Entziehung des Pflichtteils ist nur aus eng umgrenzten Gründen möglich und muss eindeutig angeordnet sowie begründet sein.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Der kleine Pflichtteil unterscheidet sich vom Erbteil: Der Erbteil vermittelt eine unmittelbare Beteiligung am Nachlass, der Pflichtteil hingegen lediglich einen Geldanspruch. Gegenüber dem großen Pflichtteil fehlt beim kleinen Pflichtteil die pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbteils; dafür bleibt der konkrete güterrechtliche Ausgleich gesondert möglich. Nicht zu verwechseln ist der kleine Pflichtteil mit dem Voraus des Ehegatten, der bestimmte Haushaltsgegenstände oder persönliche Gegenstände betreffen kann und unabhängig vom Pflichtteilsanspruch zu beurteilen ist.

Häufig gestellte Fragen zum kleinen Pflichtteil

Was bedeutet „kleiner Pflichtteil“ beim Ehegatten?

Der kleine Pflichtteil ist der Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehegatten, berechnet als Hälfte seines gesetzlichen Erbteils ohne pauschale Erhöhung. Er ist ein Geldanspruch gegenüber den Erben.

Wer kann den kleinen Pflichtteil verlangen?

Anspruchsberechtigt ist der überlebende Ehegatte, sofern er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen wurde oder die Erbschaft ausschlägt und dem Grunde nach eine gesetzliche Erbquote bestanden hätte.

Worin liegt der Unterschied zum großen Pflichtteil?

Beim großen Pflichtteil wird die Pflichtteilsquote aus dem pauschal erhöhten gesetzlichen Erbteil abgeleitet. Beim kleinen Pflichtteil erfolgt die Berechnung ohne pauschale Erhöhung; dafür kann ein separater konkreter Zugewinnausgleich in Betracht kommen.

Wie wird die Höhe des kleinen Pflichtteils berechnet?

Die Höhe ergibt sich aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote des Ehegatten ohne pauschale Erhöhung, angewendet auf den Reinnachlass unter Berücksichtigung von Verbindlichkeiten und gegebenenfalls relevanten Zuwendungen.

Welche Schenkungen des Erblassers spielen eine Rolle?

Unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers können unter bestimmten Voraussetzungen den Berechnungswert erhöhen, wenn sie in einem rechtlich relevanten Zeitraum erfolgt sind und die gesetzlichen Kriterien erfüllen.

Gegen wen richtet sich der Anspruch auf den kleinen Pflichtteil?

Der Anspruch richtet sich gegen die Erben als Gesamtschuldner. Sie haben Auskunft zu erteilen und den geschuldeten Geldbetrag zu erfüllen.

Welche Fristen sind zu beachten?

Der Anspruch unterliegt gesetzlichen Verjährungsregeln. Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Erbfall und zusätzlicher Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen.

Kann auf den kleinen Pflichtteil verzichtet werden?

Ein Verzicht ist möglich und bedarf einer besonderen Form. Er kann bereits zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden und wirkt dann bei Eintritt des Erbfalls.