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Pflegestützpunkt


Begriff und rechtliche Grundlagen des Pflegestützpunkts

Ein Pflegestützpunkt ist eine rechtlich verankerte, wohnortnahe Beratungs- und Koordinierungsstelle für pflegebedürftige Personen und deren Angehörige in Deutschland. Diese Einrichtungen dient der umfassenden Information, Beratung und Unterstützung zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen und Pflegedienstleistungen und nimmt eine zentrale Stellung im System der gesundheitlichen und sozialen Versorgung ein.

Der Begriff sowie die Aufgaben des Pflegestützpunkts sind primär im Sozialgesetzbuch (SGB), insbesondere im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) geregelt. Ziel der Einrichtung ist die Sicherstellung einer individuellen, wohnortnahen und trägerübergreifenden Versorgungsstruktur für Menschen mit Pflegebedarf.


Rechtsentwicklung und gesetzliche Grundlage

Entstehung und gesetzliche Verankerung

Die gesetzliche Grundlage für Pflegestützpunkte wurde durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28. Mai 2008 geschaffen. Eine entscheidende Rolle spielt hier § 7c SGB XI, der die Einrichtung, Aufgaben und Zusammenarbeit regelt. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) eingeführt.

Regelungen im SGB XI

Gemäß § 7c SGB XI sind die Landesverbände der Pflegekassen in gemeinsamer Verantwortung mit den Landesverbänden der Krankenkassen und weiteren Beteiligten (z. B. Träger der Sozialhilfe) verpflichtet, in den Ländern Pflegestützpunkte aufzubauen und zu betreiben, sofern das jeweilige Land dies verlangt. Die Ausgestaltung kann auf Landesebene durch Vereinbarungen präzisiert werden.


Zielsetzung und Aufgabenbereich

Aufgaben nach § 7c SGB XI

Der Gesetzgeber hat die Aufgaben der Pflegestützpunkte umfassend definiert. Nach § 7c Abs. 1 SGB XI gehören dazu insbesondere:

  • Beratung zu Pflegeleistungen und zu anderen Sozialleistungen (z. B. Sozialhilfe, Hilfsmittel, Rehabilitation)
  • Koordination der verschiedenen Leistungsangebote im Bereich Pflege und Gesundheit
  • Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Leistungen (z. B. Antragstellung, Vermittlung von Pflegediensten)
  • Sicherstellung einer individuellen Versorgungsplanung sowie Hilfe bei der Vernetzung der Leistungen
  • Information über regionale Angebote und Dienste, etwa ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeeinrichtungen

Trägerübergreifende Zusammenarbeit

Charakteristisch für Pflegestützpunkte ist die trägerübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Pflegekassen, Krankenkassen, kommunalen Stellen, Trägern der Sozialhilfe und weiteren Leistungserbringern im Gesundheitssystem. Diese Kooperation gewährleistet eine ganzheitliche Beratung und Koordination bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen.


Rechtsnatur und Organisation

Einrichtung und Betrieb

Pflegestützpunkte werden von den Landesverbänden der Pflegekassen in Kooperation mit weiteren Beteiligten eingerichtet. Die konkrete Organisation und Trägerschaft kann länderspezifisch geregelt sein. Grundsätzlich liegt die Verantwortung bei den Pflegekassen, die jedoch auf Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen angewiesen sind.

Die Ausgestaltung der Beratungsstelle obliegt den Ländern. Diese können bestimmen, in welcher Struktur und in welchem Umfang die Pflegestützpunkte zu errichten sind. Regelungen hierzu können in landesrechtlichen Vorschriften, Landesverträgen oder Verwaltungsvereinbarungen zwischen Krankenkassen, Pflegekassen und Kommunen getroffen werden.

Finanzierung

Die Kosten für Betrieb und Ausstattung der Pflegestützpunkte werden in der Regel von den Pflegekassen getragen. Die Finanzierung kann durch landesrechtliche Regelungen auch durch Beiträge anderer Kostenträger, wie der Ländern oder Kommunen, ergänzt werden.


Zugang, Anspruch und Verfahren

Anspruch auf Beratung

Pflegebedürftige, deren Angehörige sowie weitere nahestehende Personen haben einen Rechtsanspruch auf Beratung und Unterstützung durch einen Pflegestützpunkt. Grundlage ist § 7a und § 7c SGB XI, die sowohl die individuelle Pflegeberatung als auch die Arbeit der Pflegestützpunkte regeln.

Verfahrensweise und Datenschutz

Der Zugang zur Beratungsleistung erfolgt in der Regel durch persönliche Vorsprache, telefonische oder elektronische Kontaktaufnahme. Die Beratung unterliegt den sozialrechtlichen Vorgaben des Datenschutzes gemäß Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Sämtliche personenbezogenen Daten werden nur im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen verarbeitet.


Pflegestützpunkt im Kontext weiterer sozialrechtlicher Beratung

Abgrenzung zur Pflegeberatung (§ 7a SGB XI)

Anders als die individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI, die durch einen Fallmanager (Care Manager) häufig im häuslichen Umfeld durchgeführt wird, stellen Pflegestützpunkte eine institutionalisierte, wohnortnahe Anlaufstelle dar, bei der trägerübergreifende Leistungen koordiniert und Beratungen durchgeführt werden.

Kooperationspflichten und Netzwerkfunktionen

Pflegestützpunkte arbeiten im Rahmen der Regelungen des SGB XI mit weiteren Beratungsstellen zusammen, darunter Beratungsstellen der Sozialhilfe, der Rehabilitationsträger oder der Selbsthilfe. Oberstes Ziel ist die Sicherstellung einer umfassenden und qualitätsgesicherten Unterstützung für Menschen mit Pflegebedarf.


Landesrechtliche Besonderheiten

Die konkrete Ausgestaltung, Anzahl und örtliche Verteilung der Pflegestützpunkte kann durch länderspezifische Rechtsgrundlagen und Vereinbarungen unterschiedlich geregelt sein. Beispielsweise haben einige Bundesländer spezielle Landespflegegesetze oder Landesvereinbarungen zur Einrichtung und zum Betrieb der Pflegestützpunkte erlassen. Diese differenzieren teilweise in den Anforderungen an die Fachlichkeit, Öffnungszeiten oder das Leistungsspektrum der Beratungsstellen.


Auswirkungen und Bedeutung

Bedeutung im Pflegeversicherungssystem

Als zentrale Anlauf- und Koordinierungsstellen leisten Pflegestützpunkte einen wichtigen Beitrag zur Inanspruchnahme und Vernetzung von Pflege- und Gesundheitsleistungen und zur Transparenz im Gesundheitswesen. Sie verbessern die Versorgungsstruktur, fördern die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure und tragen durch umfassende Beratung und Koordination zur Sicherstellung sachgerechter und individueller Hilfe für Pflegebedürftige bei.

Rechtliche Kontrolle und Qualitätssicherung

Die Tätigkeit der Pflegestützpunkte unterliegt regelmäßigen Qualitätskontrollen und Berichterstattungspflichten gegenüber den Trägern sowie gegebenenfalls gegenüber Landesbehörden. Ziel ist die Sicherstellung eines einheitlichen Beratungsangebots und der rechtmäßigen Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben.


Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI): §§ 7a, 7c SGB XI
  • Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (2008)
  • Landespflegegesetze und Landesverträge der Bundesländer
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
  • Sozialgesetzbuch Erstes bis Zwölftes Buch (SGB I bis SGB XII) betreffend Leistungen und Datenschutz

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzliche Grundlage regelt die Einrichtung und Aufgaben von Pflegestützpunkten?

Die rechtlichen Grundlagen für Pflegestützpunkte in Deutschland finden sich insbesondere im § 7c des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie ergänzend im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und weiteren relevanten Vorschriften. Gemäß § 7c SGB XI sind die Pflegekassen und die Träger der Sozialhilfe verpflichtet, gemeinsam und gleichberechtigt regionale Pflegestützpunkte einzurichten und zu betreiben. Ziel dieser gesetzlich verankerten Kooperationspflicht ist die Bereitstellung umfassender, trägerneutraler und wohnortnaher Beratungsangebote für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. Die Aufgaben der Pflegestützpunkte sind in Gesetz und diversen Verwaltungsvorschriften konkretisiert und beziehen sich etwa auf Information, individuelle Beratung, Koordination, Vernetzung und Organisation aller für die Pflege notwendigen Hilfen. Die organisatorische Ausgestaltung, Zuständigkeiten und Finanzierung sind rechtlich klar geregelt, um eine verlässliche, unabhängige und vollständige Unterstützung der Versicherten zu gewährleisten.

Welche Ansprüche haben Bürgerinnen und Bürger gegenüber einem Pflegestützpunkt?

Nach den Vorgaben des § 7c SGB XI haben Versicherte und deren Angehörige einen rechtlich verankerten Anspruch auf neutrale, umfassende und gebührenfreie Beratung in einem Pflegestützpunkt. Dieser Anspruch umfasst die individuelle Beratung zu allen Fragen rund um die Pflege, Unterstützung bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen sowie die gezielte Koordination unterschiedlicher Hilfs- und Versorgungsangebote. Bürger können zudem verlangen, dass Pflegestützpunkte beim Ausfüllen von Leistungsanträgen, bei der Vermittlung an andere Stellen – wie ambulante Pflegedienste, Kurzzeitpflege oder weitere Sozialberater – und bei der Vernetzung verschiedener Versorgungsangebote unterstützen. Die Leistungen sind unabhängig von der Pflegekasse und stehen allen Ratsuchenden offen, unabhängig von ihrem Versicherungsstatus oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krankenkasse.

Inwieweit unterliegt die Beratung im Pflegestützpunkt dem Datenschutzrecht?

Die Beratung und Datenverarbeitung im Pflegestützpunkt unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben, insbesondere jenen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie den spezialgesetzlichen Regelungen im SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz). Alle im Rahmen der Beratung erhobenen personenbezogenen und gesundheitsbezogenen Daten dürfen ausschließlich zweckgebunden verarbeitet werden, das heißt, sie dürfen nur für den Beratungsprozess und die Versorgungsklärung verwendet werden. Die Berater des Pflegestützpunkts sind zur Verschwiegenheit verpflichtet; eine Weitergabe von Daten an Dritte, etwa Leistungsträger oder Kooperationspartner, ist nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Einwilligung der betroffenen Person zulässig. Eine unabhängige und diskrete Bearbeitung der Anliegen wird somit rechtlich sichergestellt.

Welche Mitwirkungspflichten bestehen für die Beteiligten, insbesondere für Pflegekassen und Sozialhilfeträger?

Die gesetzliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit zwischen Pflegekassen und Trägern der Sozialhilfe ist innerhalb des § 7c SGB XI sowie ergänzend in verschiedenen Verwaltungsvorschriften explizit geregelt. Beide Parteien müssen sachlich, organisatorisch und finanziell gemeinsam für die Einrichtung und dauerhafte Funktionsfähigkeit des Pflegestützpunkts sorgen. Sie sind verpflichtet, ihr Fachpersonal abzustellen und die benötigten Ressourcen (Räumlichkeiten, IT-Systeme, Verwaltung) bereitzustellen. Außerdem umfasst die Mitwirkung auch den regelmäßigen Austausch von Informationen und die Abstimmung gemeinsamer Vorgehensweisen, um eine einheitliche, qualitätsgesicherte Beratung sicherzustellen. Die Beteiligten haben dabei auf den Grundsatz der Neutralität und Unabhängigkeit der Beratung besonders zu achten.

Gibt es rechtliche Vorgaben zur Barrierefreiheit von Pflegestützpunkten?

Ja, die Barrierefreiheit von Pflegestützpunkten ist gesetzlich gefordert. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie landesrechtliche Vorschriften verpflichten dazu, dass die Beratungsstellen grundsätzlich für alle Menschen, unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen, zugänglich und nutzbar sein müssen. Dazu gehören unter anderem stufenfreie Zugänge, barrierefreie Sanitäranlagen, visuelle und akustische Hilfsmittel, und gegebenenfalls der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern oder spezieller Technik. Auch die Informationen und Beratungsmaterialien sollen in barrierearmer Form bereitgestellt werden. Erfüllt ein Pflegestützpunkt diese Vorgaben nicht, können Betroffene auf Nachbesserung klagen oder sich an die zuständigen Beschwerdestellen wenden.

Wie ist die Finanzierung von Pflegestützpunkten gesetzlich geregelt?

Die Finanzierung der Pflegestützpunkte ist ausdrücklich im § 7c Abs. 6 SGB XI geregelt. Demnach tragen die an der Einrichtung und dem Betrieb beteiligten Träger – in erster Linie die Pflegekassen sowie die Träger der Sozialhilfe – die Kosten gemeinschaftlich und nach einem sachgerechten Schlüssel. Der genaue Verteilschlüssel wird lokal durch Verträge zwischen den Beteiligten festgelegt und kann je nach Region variieren. Ergänzend können die Länder an der Finanzierung beteiligt werden, wenn sie dies für notwendig erachten. Die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung ist eine gesetzliche Dauerverpflichtung und unterliegt einer kontinuierlichen Überprüfung, etwa durch die zuständigen Aufsichtsbehörden.

Welche Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung bestehen, wenn die Leistungen des Pflegestützpunktes mangelhaft oder nicht erreichbar sind?

Berechtigte, die Ansprüche gegenüber einem Pflegestützpunkt geltend machen wollen, können sich auf ihre gesetzlichen Rechte gemäß § 7c SGB XI berufen. Bei mangelhafter Beratung, unzureichender Erreichbarkeit oder Verstößen – etwa gegen den Datenschutz oder die Barrierefreiheit – besteht zunächst die Möglichkeit, eine förmliche Beschwerde bei der Pflegekasse, beim Träger der Sozialhilfe oder bei der zuständigen Aufsichtsbehörde (zum Beispiel Landesaufsicht für die Sozialversicherung) einzureichen. Bleiben diese Maßnahmen erfolglos, ist der Weg zu den Sozialgerichten eröffnet. Im Klageverfahren können Anspruchsberechtigte auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Ansprüche auf neutrale, wohnortnahe und umfassende Beratung bestehen. Gegebenenfalls ist auch die Anrufung der jeweiligen Datenschutzbehörde oder der Behindertenbeauftragten möglich, wenn spezifische Rechtsverletzungen im Raum stehen.