Pflege-Pauschbetrag – Definition und rechtliche Grundlagen
Der Pflege-Pauschbetrag ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Steuerrechts und dient zur steuerlichen Entlastung von Personen, die Angehörige oder nahestehende Personen privat pflegen. Die maßgeblichen Regelungen finden sich insbesondere im Einkommensteuergesetz (EStG). Dieser Artikel erläutert die rechtlichen Voraussetzungen, die Höhe des Pflege-Pauschbetrags, Besonderheiten in der Anwendung sowie relevante Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen.
Gesetzliche Verankerung des Pflege-Pauschbetrags
Rechtsgrundlage im Einkommensteuergesetz
Die rechtliche Grundlage des Pflege-Pauschbetrags ist in § 33b Absatz 6 EStG geregelt. Nach dieser Norm können steuerpflichtige Personen einen Jahresbetrag im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung geltend machen, wenn sie eine hilflose Person in ihrer oder deren Wohnung unentgeltlich pflegen.
Zielsetzung der Regelung
Der Pflege-Pauschbetrag stellt keinen echten Aufwandsersatz dar, sondern soll den besonderen Belastungen Rechnung tragen, die durch die häusliche Pflege entstehen. Er ist als typisierter Freibetrag konzipiert und unabhängig von tatsächlich entstandenen Pflegekosten.
Anspruchsberechtigte und anspruchsberechtigte Personen
Kreis der Pflegepersonen
Anspruchsberechtigt sind alle natürlichen Personen, die unentgeltlich eine nahestehende hilflose Person pflegen. Die Pflege kann sowohl durch Verwandte, Ehegatten oder Lebenspartner sowie durch sonstige Personen erfolgen, sofern eine persönliche Beziehung nachweisbar ist. Ein Anspruch besteht auch bei Pflege durch Pflegegemeinschaften, wobei der Pauschbetrag unter den Pflegepersonen aufzuteilen ist.
Voraussetzungen für den Anspruch
Pflegesituation
Voraussetzung ist, dass die gepflegte Person als hilflos im Sinne des Einkommensteuergesetzes gilt. Die Hilflosigkeit muss durch das Merkzeichen „H“ im Schwerbehindertenausweis oder durch einen entsprechenden Nachweis der Pflegekasse oder eines Amtsärztlichen Gutachtens bestätigt sein.
Umfang und Art der Pflege
Die unentgeltliche Pflege muss regelmäßig und nicht nur gelegentlich erfolgen. Eine Mindestpflegezeit ist nicht explizit festgelegt, doch muss die Pflege in erheblichem Umfang, regelmäßig und überwiegend im Privatbereich geleistet werden.
Ort der Pflege
Die Pflege muss entweder in der Wohnung des Steuerpflichtigen oder der gepflegten Person erfolgen. Für die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags ist eine ausschließliche Pflege im häuslichen Umfeld erforderlich. Eine Pflege in stationären Pflegeeinrichtungen ist ausgeschlossen.
Höhe des Pflege-Pauschbetrags
Pauschbetragsstaffelung seit 2021
Bis Ende 2020 lag der Pflege-Pauschbetrag einheitlich bei 924 Euro pro Jahr und Pflegeperson. Seit dem Veranlagungszeitraum 2021 wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 eine Staffelung eingeführt, die sich nach dem Pflegegrad richtet:
- Pflegegrad 2: 600 Euro
- Pflegegrad 3: 1.100 Euro
- Pflegegrad 4 oder 5 bzw. Merkzeichen „H“: 1.800 Euro
Mehrere anspruchsberechtigte Personen, die eine einzelne hilflose Person pflegen, teilen sich den Pflege-Pauschbetrag anteilig.
Verhältnis zu weiteren steuerlichen Abzugsmöglichkeiten
Abgrenzung zu außergewöhnlichen Belastungen
Der Pflege-Pauschbetrag wird als typisierter Freibetrag unabhängig von den tatsächlichen Kosten gewährt. Ein zusätzlicher Abzug von tatsächlichen Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) ist nur möglich, soweit diese den Pflege-Pauschbetrag übersteigen. Doppelbegünstigungen sind ausgeschlossen.
Keine Anrechnung von Pflegegeld
Etwaige erhaltene Pflegegelder, insbesondere aus der Pflegeversicherung, berühren den Anspruch auf den Pflege-Pauschbetrag nicht, wenn sie in vollem Umfang an die gepflegte Person oder an Dritte weitergegeben werden.
Verfahrensrechtliche Aspekte
Nachweispflichten
Der Steuerpflichtige muss die Pflege und die Hilflosigkeit der gepflegten Person nachweisen. Dies erfolgt in der Regel durch Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen „H“, einen Bescheid der Pflegekasse über einen hochgradigen Pflegegrad oder ein amtärztliches Attest.
Beantragung im Rahmen der Steuererklärung
Der Pflege-Pauschbetrag wird im Rahmen der Steuererklärung im Mantelbogen beantragt. Eine Einzelaufstellung der entstandenen Kosten ist nicht erforderlich.
Rechtsprechung und Verwaltungspraxis
Bisherige Gerichtsentscheidungen
Die Rechtsprechung bestätigt regelmäßig die restriktive Auslegung bezüglich des Umfangs der unentgeltlichen Pflege und des Begriffs „hilflose Person“. Der Bundesfinanzhof (BFH) präzisiert immer wieder die Voraussetzungen, insbesondere zur Abgrenzung häuslicher und stationärer Pflege.
Verwaltungsanweisungen
Die Finanzverwaltung legt den Pflege-Pauschbetrag durch Anwendungserlasse (EStR, H 33b.4 EStH) aus und stellt insbesondere klar, welche Nachweise zu erbringen sind und welche Ausnahmen im Grenzfall Anwendung finden.
Besondere Konstellationen
Pflege von mehreren Personen
Pflegt eine Person mehrere Anspruchsberechtigte, kann der Pflege-Pauschbetrag für jede Pflegebedürftige Person beantragt werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Pflegegemeinschaften
Pflegen mehrere Personen gemeinsam eine hilflose Person, müssen sie den Pauschbetrag unter Berücksichtigung des jeweiligen Pflegeanteils aufteilen.
Auswirkungen bei unterjährigem Pflegestart oder -ende
Bei unterjährigem Beginn oder Ende der Pflegetätigkeit wird der Pflege-Pauschbetrag zeitanteilig für volle Monate gewährt.
Pflege-Pauschbetrag und Sozialversicherungsrecht
Der Pflege-Pauschbetrag ist ausschließlich steuerrechtlich relevant. Sozialrechtliche Leistungen wie das Pflegegeld, Ansprüche auf Pflegeunterstützung oder Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen bleiben hiervon unberührt.
Literatur und weiterführende Hinweise
Für vertiefende Informationen empfiehlt sich die Lektüre der einschlägigen Kommentare zum Einkommensteuerrecht sowie das Studium aktueller Urteile des Bundesfinanzhofs und Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung. Aktuelle Änderungen sind regelmäßig bei Veröffentlichung neuer Jahressteuergesetze zu beachten.
Zusammenfassung:
Der Pflege-Pauschbetrag ist eine zentrale steuerliche Entlastung für Pflegepersonen, die unentgeltlich eine hilflose Person im häuslichen Umfeld betreuen. Die gesetzliche Regelung setzt präzise Voraussetzungen hinsichtlich Pflegegrad, Pflegeort und Umfang der Pflege voraus. Die Inanspruchnahme bedarf eines entsprechenden Nachweises, eine individuelle Kostenermittlung ist nicht erforderlich. Die aktuelle Staffelung nach Pflegegraden erweitert den Anwendungsbereich und trägt dem gestiegenen Pflegeaufwand Rechnung. Der Pflege-Pauschbetrag bleibt eine maßgebliche Erleichterung für pflegende Angehörige im deutschen Steuerrecht.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist berechtigt, den Pflege-Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen?
Der Pflege-Pauschbetrag steht grundsätzlich einer Person zu, die eine andere Person mit mindestens Pflegegrad 2 (bis 2020: mit Merkzeichen „H“ oder nachgewiesener Hilflosigkeit bzw. Einstufung in die Pflegestufe II oder III) unentgeltlich in ihrer oder in dessen Wohnung persönlich pflegt. Voraussetzung ist, dass für die Pflege keine Einnahmen erzielt werden, abgesehen von Aufwandsentschädigungen (z.B. Pflegegeld der Pflegeversicherung), die ausdrücklich steuerfrei sind. Pflegende Angehörige dürfen nicht berufsmäßig oder gegen Entgelt pflegen, andernfalls entfällt der Anspruch auf den Pauschbetrag. Außerdem darf der Steuerpflichtige nicht gleichzeitig Pflegegeld von dritter Seite (außerhalb der gesetzlichen Pflegeversicherung) beziehen, das höher als die nachgewiesenen Aufwendungen ist.
Welche Nachweise sind für die Inanspruchnahme des Pflege-Pauschbetrags erforderlich?
Um den Pflege-Pauschbetrag geltend machen zu können, müssen Steuerpflichtige den Nachweis der Hilflosigkeit bzw. des Pflegegrades der gepflegten Person bei der Steuererklärung einreichen. Dies erfolgt in der Regel durch eine Kopie des Behindertenausweises mit dem Merkzeichen „H“ oder durch den Feststellungsbescheid über die Einstufung in den Pflegegrad 2 oder höher. Zusätzlich muss eine schriftliche Bestätigung über die persönliche Pflege und deren Dauer vorliegen, beispielsweise durch ein formloses Schreiben oder eine Bescheinigung der Pflegekasse. Auch sollte ggf. belegt werden, dass die Pflege unentgeltlich erfolgt, etwa durch den Verzicht auf ein Entgelt oder eine entsprechende Erklärung.
Welcher Betrag steht pro Kalenderjahr als Pflege-Pauschbetrag zur Verfügung?
Der Pflege-Pauschbetrag beträgt bei Pflegegrad 2 600 Euro, bei Pflegegrad 3 1.100 Euro und bei Pflegegrad 4 oder 5 sowie für hilflose Personen 1.800 Euro jährlich (§ 33b Abs. 6 EStG, Neuregelung ab Steuerjahr 2021). Der Pauschbetrag wird unabhängig von der tatsächlichen Höhe der Aufwendungen gewährt, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Wichtig: Werden im Kalenderjahr mehrere pflegebedürftige Personen gepflegt, kann der Pflege-Pauschbetrag für jede Person gesondert beansprucht werden. Pflegen mehrere Personen (z. B. Geschwister) gemeinsam einen Pflegebedürftigen, wird der Pauschbetrag anteilig aufgeteilt.
Kann der Pflege-Pauschbetrag neben anderen steuerlichen Erleichterungen für Pflege geltend gemacht werden?
Grundsätzlich wird der Pflege-Pauschbetrag anstelle des tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Pflegeaufwands gewährt. Steuerpflichtige müssen sich daher entscheiden, ob sie den Pauschbetrag geltend machen oder höhere nachgewiesene Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG steuerlich absetzen. Eine zeitgleiche Inanspruchnahme beider Vorteile für dieselbe Pflegeperson ist nicht möglich. Der Behinderten-Pauschbetrag für dieselbe Person kann jedoch zusätzlich beansprucht werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind.
In welchen Fällen verfällt der Anspruch auf den Pflege-Pauschbetrag?
Der Anspruch auf den Pflege-Pauschbetrag entfällt, wenn die Pflege nicht im eigenen oder im Haushalt des Pflegebedürftigen, sondern stationär (z. B. im Pflegeheim) erfolgt und der Pflegende lediglich gelegentliche Betreuung leistet. Auch bei Pflege gegen Bezahlung, z. B. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, entfällt die Berechtigung für den Pauschbetrag. Gleiches gilt, wenn der Pflegebedürftige im betreffenden Kalenderjahr nur zeitweise pflegebedürftig war und die Mindestvoraussetzungen – wie Pflegegrad oder Hilflosigkeit – nicht für mindestens sechs Monate erfüllt waren (maßgeblich ist hierbei der Nachweiszeitraum). Ein weiterer Ausschlussgrund liegt vor, wenn bereits andere steuerpflichtige Vergütungen oder Entschädigungen für die Pflege bezogen wurden, die nicht ausdrücklich steuerfrei gestellt sind.
Wie ist der Pflege-Pauschbetrag im Rahmen einer Steuererklärung zu beantragen?
Der Pflege-Pauschbetrag wird im Rahmen der Einkommensteuererklärung, meist in der Anlage „Außergewöhnliche Belastungen“, geltend gemacht. Hier gibt der Steuerpflichtige die Daten der gepflegten Person, den Pflegegrad sowie die Art und Dauer der Pflege an. Die entsprechenden Nachweise (Pflegegrad, eigener Pflegeeinsatz, gegebenenfalls Verzicht auf Entgelt) sind auf Verlangen des Finanzamtes vorzulegen. Es empfiehlt sich, diese Nachweise gleich beizufügen, da sie die Bearbeitung der Steuererklärung beschleunigen und eventuelle Nachfragen vermeiden helfen. Die Berücksichtigung erfolgt dann im Einkommensteuerbescheid auf Basis der eingereichten Unterlagen.
Gibt es Besonderheiten beim Pflege-Pauschbetrag für Kinder oder Ehepartner?
Besondere Regelungen gelten bei der Pflege von Kindern oder Ehepartnern. Bei Kindern unter 18 Jahren mit Anspruch auf das Merkzeichen „H“ gilt der Pflege-Pauschbetrag unabhängig davon, ob das Kind in einem Heim oder zu Hause lebt, da bei minderjährigen Kindern eine stationäre Heimunterbringung die Eltern in der Regel nicht vollständig von der Pflege entlastet. Bei Ehepartnern ist entscheidend, dass die Pflege unentgeltlich und nicht aufgrund eines berufsmäßigen Pflegeverhältnisses geleistet wird. Auch hier gilt, dass der Pflege-Pauschbetrag für jede gepflegte Person – unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis – nur von einer Person beansprucht werden kann, bei mehreren pflegenden Personen wird er anteilig verteilt.