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Pfändungsgläubiger


Begriff und Rechtsnatur des Pfändungsgläubigers

Der Pfändungsgläubiger ist eine zentrale Figur im deutschen Zwangsvollstreckungsrecht. Er bezeichnet die Person oder Stelle, zu deren Gunsten eine Zwangsvollstreckung – insbesondere eine Pfändung – durchgeführt wird. Der Pfändungsgläubiger besitzt eine vollstreckbare Forderung gegen den Schuldner und betreibt auf Grundlage eines Vollstreckungstitels das gerichtliche Verfahren der Pfändung, um die eigene Forderung durch Zugriff auf das Vermögen des Schuldners durchzusetzen. Rechtlich gesehen ist der Pfändungsgläubiger Inhaber des materiellen Anspruchs, dessen Erfüllung durch hoheitlichen Zugriff auf das Schuldnervermögen erzwungen werden soll.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Vollstreckungstitel und Vollstreckungsklausel

Voraussetzung für das Handeln als Pfändungsgläubiger ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels. Dies kann unter anderem ein Urteil, Vollstreckungsbescheid, gerichtlicher Vergleich oder eine sonstige Vollstreckungsurkunde sein (§ 704 ZPO). Weiter benötigt der Titel eine Vollstreckungsklausel sowie in der Regel die Zustellung an den Schuldner (§ 750 Abs. 1 ZPO).

Forderung und Anspruch

Die Stellung als Pfändungsgläubiger setzt weiterhin das Bestehen einer durchsetzbaren Geldforderung oder eines vollstreckbaren Anspruchs gegen den Schuldner voraus. Der Gläubiger kann nur bezüglich der titulierten Forderung als Pfändungsgläubiger auftreten.

Die Rolle des Pfändungsgläubigers im Pfändungsverfahren

Antragstellung und Durchführung der Pfändung

Die Einleitung einer Pfändung erfolgt auf Antrag des Pfändungsgläubigers (§ 753 Abs. 1 ZPO). Zu unterscheiden ist zwischen der Sachpfändung (z.B. Fahrnisgegenstände in der Wohnung des Schuldners) und der Forderungspfändung (z.B. Pfändung von Arbeitseinkommen, Kontopfändung). Zuständig ist das Vollstreckungsgericht beziehungsweise der Gerichtsvollzieher.

Pfändung und Überweisungsbeschluss

Im Rahmen einer Forderungspfändung beantragt der Pfändungsgläubiger beim Vollstreckungsgericht den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (§§ 828 ff. ZPO). Der Beschluss bewirkt, dass der Schuldner beziehungsweise der Drittschuldner (z.B. Arbeitgeber, Bank) nur noch an den Pfändungsgläubiger leisten darf.

Rechtsstellung und Rechte des Pfändungsgläubigers

Absonderungsrecht und Rangfolge

Durch die wirksame Pfändung und Überweisung erlangt der Pfändungsgläubiger ein Absonderungsrecht an den gepfändeten Gegenständen oder Forderungen (§ 804 ZPO). Im Falle mehrerer Gläubiger richtet sich die Befriedigung nach dem Rang der Pfändung beziehungsweise nach Rang der Zustellung der Beschlüsse (§ 804 Abs. 3 ZPO).

Informationsrechte

Dem Pfändungsgläubiger stehen verschiedene Auskunftsrechte zu. Beim Gerichtsvollzieher kann er Auskunft über Vermögensverhältnisse des Schuldners verlangen (§ 802l ZPO). Bei der Forderungspfändung muss der Drittschuldner auf Anfrage Angaben zur Forderung machen (§ 840 ZPO).

Verwertungsbefugnis

Im Fall der Sachpfändung kann der Pfändungsgläubiger nach Abschluss der Pfändung die Verwertung (z.B. durch öffentliche Versteigerung) verlangen. Der Erlös wird sodann zur Befriedigung der Forderung verwendet.

Rechte und Pflichten im Verhältnis zu Schuldner und Drittschuldner

Beteiligungsrechte

Der Pfändungsgläubiger ist berechtigt, das Versteigerungsverfahren zu steuern, beispielsweise durch Antrag auf Einstellung oder Fortsetzung. Im Falle der Forderungspfändung kann er nach Überweisung die Forderung unmittelbar gegen den Drittschuldner geltend machen.

Aufklärungspflichten

Dem Pfändungsgläubiger obliegt die Pflicht, alle zur Durchführung der Pfändung notwendigen Angaben korrekt zu tätigen. Bei unberechtigten oder falschen Pfändungsanträgen entstehen mögliche Haftungsfolgen.

Besonderheiten bei mehreren Pfändungsgläubigern

Kommt es zur Mehrfachpfändung ein und derselben Forderung oder Sache, entscheidet die Rangfolge der Pfändungsmaßnahmen über die Befriedigung der Gläubiger (§ 804 Abs. 3 ZPO). Nach erfolgreicher Durchführung wird der Erlös quotal verteilt, sofern mehrere Gläubiger gleichen Rang haben.

Beendigung der Stellung als Pfändungsgläubiger

Die Rechtsstellung als Pfändungsgläubiger erlischt, sobald die titulierte Forderung vollständig befriedigt wurde, entweder durch Zahlung, Verteilung des Erlöses oder Einstellung der Zwangsvollstreckung. Auch durch Rücknahme der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kann die Rolle als Pfändungsgläubiger enden.

Pfändungsgläubiger im Insolvenzverfahren

Im eröffneten Insolvenzverfahren verliert ein einzelner Pfändungsgläubiger grundsätzlich seine Einzelzwangsvollstreckungsbefugnis. Vielmehr wird die Forderung in die Insolvenztabelle aufgenommen und nach Maßgabe der Insolvenzordnung (InsO) quotal bedient (§§ 87, 88 InsO).

Zusammenfassung

Der Pfändungsgläubiger ist die Partei, die im Wege der Zwangsvollstreckung Zugriff auf das Schuldnervermögen nimmt, um eine titulierte Forderung durchzusetzen. Seine Rechte und Befugnisse sind gesetzlich eng geregelt und bedingen sowohl übergeordnete als auch spezielle Verfahrensregeln, die insbesondere dem Schutz des Schuldners, aber auch der effizienten Forderungsdurchsetzung dienen. Die Rolle des Pfändungsgläubigers endet mit der Befriedigung der Forderung oder deren Untergang.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Pfändungsgläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner einleiten darf?

Ein Pfändungsgläubiger darf erst dann Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner ergreifen, wenn mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Zunächst muss ein vollstreckbarer Titel vorliegen, der den Anspruch des Gläubigers auf eine bestimmte Leistung (z. B. Geldzahlung, Herausgabe einer Sache) rechtsverbindlich feststellt. Typische Titel sind gerichtliche Urteile, Vollstreckungsbescheide oder notarielle Urkunden mit Vollstreckungsklausel. Darüber hinaus muss dem Gläubiger für diesen Titel eine sogenannte Vollstreckungsklausel erteilt worden sein, die die Zwangsvollstreckung ausdrücklich zulässt. Schließlich ist die Zustellung des vollstreckbaren Titels an den Schuldner zwingende Voraussetzung. Erst mit Vorliegen dieser Voraussetzungen kann der Gläubiger entsprechende Vollstreckungsorgane, beispielsweise Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht, mit der Durchsetzung seines Anspruchs beauftragen. Die Einhaltung dieser formellen Vorgaben dient dem Schutz des Schuldners vor unberechtigten Vollstreckungsmaßnahmen und sichert die Rechtsstaatlichkeit auch im Vollstreckungsverfahren.

Welche Rechte und Pflichten hat der Pfändungsgläubiger im Rahmen des Pfändungsverfahrens?

Der Pfändungsgläubiger hat im Rahmen des Pfändungsverfahrens sowohl weitreichende Rechte als auch spezielle Pflichten. Zu seinen wichtigsten Rechten zählt die Möglichkeit, die Pfändung von Vermögensgegenständen des Schuldners oder von Forderungen (z. B. Arbeitseinkommen, Kontoguthaben) zu beantragen. Ihm steht das Recht zu, nach der Pfändung die Verwertung der gepfändeten Gegenstände oder Forderungen zu betreiben. Gleichzeitig ist der Pfändungsgläubiger verpflichtet, den Vollstreckungsauftrag korrekt und wahrheitsgemäß gegenüber den zuständigen Stellen zu formulieren. Er muss insbesondere angeben, welche Ansprüche geltend gemacht werden und gegen wen sich die Vollstreckung richtet. Der Gläubiger ist außerdem verpflichtet, unverzüglich Auskunft darüber zu geben, wenn der titulierte Anspruch zwischenzeitlich erledigt ist, etwa durch Zahlung des Schuldners, da sonst Schadensersatzansprüche drohen können. Zudem ist er verpflichtet, bei der Verwertung von Gegenständen oder Forderungen mit Rücksicht auf die Interessen des Schuldners und eventueller Drittschuldner zu handeln und gesetzliche Grenzen, wie etwa das Verbot, unpfändbare Gegenstände oder Beträge zu vollstrecken, zu beachten.

Welche Rangfolge gilt bei mehreren Pfändungsgläubigern im Falle einer Vermögensverwertung?

Im Falle mehrerer Pfändungsgläubiger wird die Rangfolge grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder der tatsächlichen Pfändung bestimmt („Prioritätsprinzip“). Der Gläubiger, der zuerst wirksam vollstreckt hat, erhält aus der Verwertung zuerst Befriedigung. Sollte der Erlös nicht zur vollständigen Tilgung aller Forderungen ausreichen, werden nachfolgende Gläubiger nachrangig berücksichtigt. Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich beispielsweise bei Gesamtpfändungen oder bei der Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen ergeben, wo gesetzliche Rangklassen bestehen. Auch im Insolvenzverfahren verliert der einzelne Gläubiger häufig seine bevorzugte Stellung; dann gilt das Prinzip der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger, und die Befriedigung erfolgt im Verhältnis der Forderungshöhe zueinander.

Was kann der Pfändungsgläubiger tun, wenn der Schuldner Vermögenswerte verschweigt oder beiseiteschafft?

Wenn der Schuldner versucht, Vermögenswerte zu verschleiern oder beiseitezuschaffen, hat der Pfändungsgläubiger verschiedene rechtliche Handhabe. Er kann beim Vollstreckungsgericht die Abgabe der Vermögensauskunft (eidesstattliche Versicherung, früher Offenbarungseid) beantragen. Verweigert oder erschleicht der Schuldner diese Aussage, macht er sich strafbar (§ 156 StGB, Meineid; § 288 StGB, falsche Versicherung an Eides statt). Im Falle offensichtlicher Gläubigerbenachteiligung, etwa einer Schenkung oder einer sogenannten „unentgeltlichen Verfügung“ über pfändbares Vermögen zugunsten eines Dritten, kann der Gläubiger nach den Vorschriften der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) oder der sogenannten Gläubigeranfechtung (§§ 3 ff. AnfG – Anfechtungsgesetz) den Rückgewähranspruch geltend machen. In besonders schweren Fällen drohen dem Schuldner zudem strafrechtliche Konsequenzen, beispielsweise wegen Bankrott (§ 283 StGB).

Welche Möglichkeiten hat der Pfändungsgläubiger zur Informationsbeschaffung über das Vermögen des Schuldners?

Der Pfändungsgläubiger kann verschiedene gesetzliche Möglichkeiten nutzen, um Informationen über das Vermögen und die Einkommensverhältnisse des Schuldners zu erlangen. Neben der Zwanganordnung zur Abgabe der Vermögensauskunft (§§ 802c ff. ZPO) kann der Gläubiger Auskünfte bei Dritten einholen, etwa bei Banken oder Arbeitgebern, wenn zuvor eine fruchtlose Vollstreckung durchgeführt wurde und dies gerichtsfest belegt wird. Außerdem besteht die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis sowie das zentrale Vollstreckungsportal, in dem erteilte Vermögensauskünfte und offene Haftanordnungen registriert sind. Ebenso kann der Gläubiger auf das Grundbuch und das Handelsregister zugreifen, um Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen des Schuldners zu ermitteln. Darüber hinaus können im Rahmen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses spezifische Auskünfte zu Forderungen gegenüber Dritten, wie Banken oder Versicherungen, beantragt werden.

Unter welchen Umständen haftet der Pfändungsgläubiger für Schäden, die im Rahmen der Zwangsvollstreckung entstehen?

Der Pfändungsgläubiger kann für Schäden haftbar gemacht werden, wenn er bei der Zwangsvollstreckung unrechtmäßig oder schuldhaft handelt. Beispielsweise haftet er, wenn er trotz vollständiger Befriedigung der Forderung weitere Vollstreckungsmaßnahmen betreibt und dabei Vermögensnachteile für den Schuldner verursacht (§ 788 ZPO). Auch wenn er eine offensichtlich nicht bestehende oder bereits erloschene Forderung vollstreckt oder wenn er Angaben im Vollstreckungsantrag absichtlich falsch darstellt, kann eine Haftung ausgelöst werden. Kommt es im Zuge der Pfändung zu rechtswidrigen Eingriffen in Rechte Dritter, wie zum Beispiel bei falscher Pfändung fremden Eigentums, kann ebenfalls ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Pfändungsgläubiger bestehen. Die Haftung setzt in der Regel ein Verschulden voraus, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit seitens des Gläubigers.

Welche gesetzlichen Beschränkungen muss der Pfändungsgläubiger im Hinblick auf unpfändbare Gegenstände und Forderungen beachten?

Der Pfändungsgläubiger unterliegt bei der Auswahl des Pfändungsguts strengen gesetzlichen Beschränkungen. Nach § 811 ZPO sind bestimmte Gegenstände, die dem Schuldner zur Aufrechterhaltung seiner Lebensführung oder seiner Berufsausübung unbedingt notwendig sind (z. B. Kleidung, Hausrat, Arbeitsmittel), von der Pfändung ausgenommen. Im Bereich der Forderungspfändung sind nach § 850 ZPO insbesondere Teile des Arbeitseinkommens unpfändbar oder nur eingeschränkt pfändbar. Die Höhe des unpfändbaren Einkommens richtet sich nach dem sogenannten Pfändungsfreibetrag, der je nach Unterhaltsverpflichtungen des Schuldners gesetzlich festgelegt wird. Auch bestimmte Sozialleistungen, wie Grundsicherung oder Kindergeld, sind unpfändbar (§ 54 SGB I). Der Gläubiger ist verpflichtet, diese Beschränkungen bereits bei der Antragstellung zu beachten, da rechtswidrige Pfändungen zur Unwirksamkeit führen und Schadensersatzpflichten auslösen können.

Wie kann der Pfändungsgläubiger nach einer erfolgreichen Pfändung die Auszahlung erhalten?

Nach erfolgreicher Durchführung der Pfändung und Verwertung des gepfändeten Gegenstands oder der gepfändeten Forderung wird der Erlös durch das Vollstreckungsorgan dem Pfändungsgläubiger ausgezahlt. Dies erfolgt bei körperlichen Gegenständen typischerweise durch eine öffentliche Versteigerung, bei der der Erlös nach Abzug von Vollstreckungskosten an den Gläubiger überwiesen wird (§ 817 ZPO). Im Falle der Forderungspfändung, etwa bei Lohn- oder Kontopfändung, erfolgt die Überweisung direkt durch den Drittschuldner (z. B. Arbeitgeber, Bank) an den Gläubiger, sobald ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss rechtskräftig wurde. Der Gläubiger muss hierfür einen schriftlichen Auszahlungsantrag stellen. Bestehen mehrere Gläubiger, erfolgt die Verteilung nach dem beschriebenen Prioritätsprinzip oder durch ein Verteilungsverfahren nach § 873 ZPO. Bei Unklarheiten oder Widersprüchen entscheidet das zuständige Vollstreckungsgericht.