Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Zivilrecht»Pfändungsakt

Pfändungsakt


Begriff und Bedeutung des Pfändungsakts

Der Pfändungsakt ist ein zentraler Begriff im deutschen Vollstreckungsrecht und bezeichnet die hoheitliche Maßnahme, durch welche ein Gerichtsvollzieher ein oder mehrere Vermögensobjekte des Schuldners zur Sicherung eines Gläubigeranspruchs beschlagnahmt. Der Pfändungsakt dient dazu, dem Gläubiger ein Verwertungsrecht zu verschaffen und gleichzeitig dem Schuldner die Verfügung über den betreffenden Vermögensgegenstand zu entziehen. Hierbei handelt es sich um einen formellen Akt, der sowohl materiell-rechtliche als auch verfahrensrechtliche Folgen zeitigt.


Rechtsgrundlagen des Pfändungsakts

Zivilprozessordnung (ZPO)

Die rechtlichen Grundlagen des Pfändungsakts finden sich überwiegend in der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in § 803 ff. ZPO sowie in den speziellen Vorschriften zu den einzelnen Pfändungsarten, wie etwa § 808 ZPO für die Sachpfändung und § 829 ZPO für die Forderungspfändung.

Weitere einschlägige Gesetze

Weitere Vorschriften zur Pfändung sind in Spezialgesetzen zu finden, darunter die Abgabenordnung (AO) für steuerrechtliche Pfändungen, das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) für öffentlich-rechtliche Forderungen sowie das Sozialgesetzbuch (SGB) im Bereich der Sozialleistungen.


Voraussetzungen des Pfändungsakts

Titel, Klausel und Zustellung

Ein Pfändungsakt setzt grundsätzlich das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels, eine Vollstreckungsklausel und die Zustellung des Titels an den Schuldner voraus (§ 750 ZPO). Ohne diese Voraussetzungen ist eine Zwangsvollstreckung und somit auch der Pfändungsakt unzulässig.

Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers

Die Durchführung des Pfändungsakts obliegt regelmäßig einem Gerichtsvollzieher. Bei besonderen Konstellationen, etwa Kontopfändung oder Lohnpfändung, wird der Pfändungsakt durch das Vollstreckungsgericht initiiert.


Ablauf und Arten des Pfändungsakts

Pfändung körperlicher Sachen

Bei der Pfändung von körperlichen Sachen gem. § 808 ZPO erfolgt der Pfändungsakt durch Inbesitznahme oder Anbringung eines Pfandsiegels (Kuckuck). Die Sache wird damit in den Gewahrsam des Gerichtsvollziehers überführt.

Forderungspfändung

Bei der Pfändung von Forderungen (§ 829 ZPO) – beispielsweise bei Lohn- oder Kontopfändungen – besteht der Pfändungsakt in der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner. Damit wird die Forderung beschlagnahmt, sodass der Schuldner hierüber nicht mehr verfügen kann.

Pfändung anderer Rechte

Der Pfändungsakt kann auch andere Vermögensrechte betreffen, wie beispielsweise Gesellschaftsanteile, Patent- oder Urheberrechte. Die konkrete Durchführung richtet sich nach der Natur des zu pfändenden Rechts.


Rechtsfolgen des Pfändungsakts

Wirkungen gegenüber Schuldner und Dritten

Durch den wirksamen Pfändungsakt wird der Schuldner in seiner Verfügungsmacht über den gepfändeten Gegenstand eingeschränkt (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dritten ist es untersagt, sich den gepfändeten Vermögenswert anzueignen oder diesen an den Schuldner herauszugeben.

Rang und Sicherungswirkung

Der Pfändungsakt begründet vor allem bei der Forderungspfändung auch einen Rang im Sinne des Prioritätsprinzips. Der erste Gläubiger erhält vorrangige Befriedigung aus der Verwertung des gepfändeten Vermögensgegenstands.


Schutzvorschriften und Pfändungsverbote

Unpfändbare Gegenstände

Bestimmte Gegenstände sind von der Pfändung ausgenommen (§ 811 ZPO), insbesondere notwendige Haushaltsgegenstände, Kleidungsstücke, Gegenstände des persönlichen Gebrauchs sowie bestimmte Einkünfte.

Pfändungsschutz bei Forderungen

Auch bei Forderungen bestehen Pfändungsfreigrenzen, etwa beim Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO), um das Existenzminimum des Schuldners zu gewährleisten.


Rechtsbehelfe gegen den Pfändungsakt

Erinnerung (§ 766 ZPO)

Gegen fehlerhafte Maßnahmen des Gerichtsvollziehers kann sich der Schuldner oder ein Dritter mit einer Erinnerung gemäß § 766 ZPO zur Wehr setzen. Dieser Rechtsbehelf prüft die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Zwangsvollstreckungsverfahren.

Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO)

Dritte, die Eigentum oder sonstige Rechte an den gepfändeten Gegenständen geltend machen, können im Wege der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) gegen den Pfändungsakt vorgehen.


Beendigung und Aufhebung des Pfändungsakts

Ein Pfändungsakt kann durch Befriedigung des Gläubigers, Einstellung des Vollstreckungsverfahrens oder durch gerichtliche Entscheidung, beispielsweise nach einer erfolgreichen Erinnerung oder Widerspruchsklage, beendet werden. Die Aufhebung des Pfändungsakts hebt die Beschlagnahme und die Vollstreckungshindernisse auf.


Bedeutung des Pfändungsakts in der Praxis

Der Pfändungsakt bildet das Fundament der Zwangsvollstreckung und ist für die effektive Durchsetzung von Geldforderungen unerlässlich. Er schützt die Interessen des Gläubigers, wahrt aber zugleich die Rechte des Schuldners sowie von Dritten, indem er umfassenden Rechtsschutz und Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Das formalisierte Vorgehen und die damit verbundenen Rechtsfolgen gewährleisten die Rechtssicherheit im Vollstreckungsverfahren.


Literatur und weiterführende Hinweise

  • Stein/Jonas: Kommentar zur Zivilprozessordnung
  • Thomas/Putzo: Zivilprozessordnung
  • Musielak/Voit: ZPO-Kommentar
  • Bundesministerium der Justiz: Satzungen und Richtlinien zur Gerichtsvollzieherordnung (GVO)
  • Weitere Informationen finden sich auf den offiziellen Seiten deutscher Gerichte und Vollstreckungsbehörden.

Hinweis: Dieser Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine individuelle rechtliche Prüfung im konkreten Vollstreckungsfall.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte und Pflichten hat der Schuldner im Rahmen eines Pfändungsakts?

Im Rahmen eines Pfändungsakts ist der Schuldner verpflichtet, die Pfändung zu dulden und den Gerichtsvollzieher oder entsprechende Vollstreckungsbeamte in die Räume einzulassen, in denen gepfändet werden soll. Er hat die Pflicht, Auskünfte über sein Vermögen und dessen Verbleib zu erteilen, insbesondere über den Aufenthaltsort pfändbarer Gegenstände und über bestehende Forderungen gegenüber Dritten (z.B. Gehaltsansprüche). Der Schuldner darf keine pfändbaren Gegenstände oder Forderungen absichtlich beiseiteschaffen oder verschleiern, da dies strafbar sein kann (§ 288 StGB, Vereiteln der Zwangsvollstreckung). Zudem obliegt ihm die Mitwirkung bei der Erstellung des Vermögensverzeichnisses (eidesstattliche Versicherung nach § 802c ZPO). Ihm steht das Recht zu, die Unpfändbarkeit einzelner Gegenstände geltend zu machen sowie gegen unrechtmäßige Maßnahmen des Gerichtsvollziehers oder der Gläubiger gerichtliche Abwehrmaßnahmen (z.B. Vollstreckungserinnerung oder sofortige Beschwerde) einzulegen.

Welche Gegenstände und Forderungen unterliegen typischerweise der Pfändung im Rahmen eines Pfändungsaktes?

Im Rahmen eines Pfändungsakts können grundsätzlich bewegliche Sachen des Schuldners, die sich in dessen unmittelbarem oder mittelbarem Besitz befinden, gepfändet werden. Hierzu zählen insbesondere Wertgegenstände, Fahrzeuge, Bargeld, Schmuck, aber auch Gegenstände des täglichen Gebrauchs, soweit sie nicht dem Schutz nach § 811 ZPO unterliegen. Darüber hinaus können auch Forderungen und Rechte gepfändet werden, insbesondere Arbeitseinkommen, Bankguthaben oder Ansprüche auf soziale Leistungen, allerdings immer unter Berücksichtigung von Pfändungsfreigrenzen und gesetzlichen Beschränkungen (insbesondere nach § 850ff. ZPO). Unpfändbar sind insbesondere Gegenstände, die für eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung notwendig sind, beruflich zwingend benötigtes Arbeitswerkzeug und bestimmte Sozialleistungen.

Wie läuft ein gerichtlicher Pfändungsakt formal ab?

Der gerichtliche Pfändungsakt beginnt in der Regel mit der Beantragung eines Vollstreckungstitels durch den Gläubiger, z.B. durch einen Vollstreckungsbescheid. Liegt der Titel vor, kann der Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragen oder einen Gerichtsvollzieher mit der Sachpfändung beauftragen. Der Gerichtsvollzieher verschafft sich Zutritt zur Wohnung oder zu den Geschäftsräumen des Schuldners, identifiziert pfändbare Gegenstände und nimmt diese als gepfändet in ein Verzeichnis auf. Die gepfändeten Gegenstände bleiben in der Obhut des Schuldners, werden jedoch mit einem Pfandsiegel („Kuckuck“) versehen oder, bei Verwertungsgefahr, sofort entfernt. Über die Pfändung wird ein Protokoll erstellt. Im Falle der Forderungspfändung wird die Pfändung dem Drittschuldner (z.B. Arbeitgeber oder Bank) zugestellt. Der Schuldner erhält regelmäßig eine Abschrift der Pfändungsdokumentation.

Welche rechtlichen Schritte kann der Schuldner gegen eine unrechtmäßige Pfändung einlegen?

Der Schuldner kann gegen eine aus seiner Sicht unrechtmäßige Pfändung verschiedene Rechtsbehelfe einlegen. Zunächst besteht die Möglichkeit der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO), wenn Verfahrensfehler oder unzulässige Maßnahmen des Gerichtsvollziehers vorliegen. Daneben kann die sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) gegen bestimmte Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts eingereicht werden. Bei Pfändungen unpfändbarer Gegenstände kann der Schuldner Widerspruch einlegen und im Wege einer Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) geltend machen, dass die gepfändeten Gegenstände nicht zu seinem Vermögen gehören oder von der Pfändung ausgenommen sind. Außerdem können Härtefallanträge oder Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO gestellt werden, wenn die Maßnahme grob unbillig ist.

Wer trägt die Kosten eines Pfändungsakts und wie setzen sich diese zusammen?

Die Kosten eines Pfändungsakts trägt grundsätzlich zunächst der Gläubiger als Antragsteller, sie werden jedoch durch die Zwangsvollstreckung regelmäßig auf den Schuldner übergewälzt und sind als Vollstreckungskosten erstattungsfähig. Die Kosten setzen sich zusammen aus den Gebühren des Gerichtsvollziehers (z.B. für die Ausführung der Pfändung selbst, die Anfertigung von Protokollen oder das Anbringen des Pfandsiegels), möglichen Auslagen (z. B. Transport- oder Verwahrungskosten), eventuellen Schätzkosten für die Bewertung von Gegenständen sowie den Gerichtskosten für die gerichtliche Pfändung von Forderungen. Die Kosten richten sich nach dem jeweiligen Streitwert und den Vorschriften des Gerichtsvollzieherkostengesetzes (GvKostG) sowie der Gerichtskostenordnung (GKG).

Unter welchen Voraussetzungen ist eine Pfändung unzulässig oder unwirksam?

Eine Pfändung ist unzulässig oder unwirksam, wenn kein vollstreckbarer Titel vorliegt, der die Zwangsvollstreckung rechtfertigt, oder wenn die Pfändung nicht gemäß den gesetzlichen Verfahrensvorschriften (z. B. Zustellung, Formalien) erfolgt. Unzulässig ist auch die Pfändung von Sachen oder Rechten, die gesetzlich als unpfändbar gelten (§ 811 ZPO, § 850ff. ZPO) oder zu Drittvermögen gehören. Wird der Pfändungsakt unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften vollzogen oder werden Schuldnerrechte (z. B. rechtliches Gehör) verletzt, kann die Pfändung auf Antrag aufgehoben werden. Eine weitere Unzulässigkeit besteht, wenn der zu pfändende Gegenstand bereits anderweitig gepfändet wurde und somit ein Vorrang besteht.

Welche Folgen hat die Pfändung für Drittschuldner und wie müssen sie sich verhalten?

Der Drittschuldner (z.B. Arbeitgeber, Bank) ist nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verpflichtet, die gepfändete Forderung nicht mehr an den Schuldner, sondern nur noch an den Gläubiger zu leisten. Kommt der Drittschuldner dieser Verpflichtung nicht nach, macht er sich dem Gläubiger gegenüber schadensersatzpflichtig und muss möglicherweise doppelt leisten. Gleichzeitig ist er zur Abgabe einer sogenannten Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO verpflichtet, in der er Auskunft darüber gibt, ob und in welcher Höhe die gepfändete Forderung besteht und ob sie bereits anderen Pfändungen unterliegt. Unterlässt der Drittschuldner diese Erklärung, kann er auf richterliche Anordnung zur Abgabe verpflichtet werden. Auch strafrechtliche Konsequenzen sind bei absichtlicher Zuwiderhandlung möglich.