Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Zivilrecht»Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss: Bedeutung und Funktion

Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist ein gerichtlicher Beschluss, mit dem Geldforderungen des Schuldners gegenüber Dritten gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen werden. Er dient dazu, eine titulierte Geldforderung zwangsweise aus Forderungen des Schuldners zu befriedigen, beispielsweise aus Lohn, Gehalt, Bankguthaben oder anderen Ansprüchen gegen Dritte.

Begriff und Zweck

Der Beschluss verbindet zwei Wirkungen: die Pfändung der Forderung (Sperre für den Schuldner) und die Überweisung an den Gläubiger (Befugnis zur Einziehung). Er richtet sich typischerweise an den Drittschuldner, also die Person oder Institution, die dem Schuldner Geld schuldet (etwa Arbeitgeber oder Bank), und regelt, inwieweit Zahlungen künftig an den Gläubiger zu erfolgen haben.

Rechtsnatur und Stellung im Zwangsvollstreckungsverfahren

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist ein Vollstreckungsakt des Gerichts. Er setzt einen vollstreckbaren Titel voraus und knüpft an das bereits abgeschlossene Erkenntnisverfahren oder einen anderen Vollstreckungstitel an. Er ordnet Eingriffe in bestehende Forderungen an und legt damit verbindlich fest, wie diese im Verhältnis zwischen Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner zu behandeln sind.

Beteiligte und ihre Rollen

Gläubiger

Der Gläubiger beantragt den Erlass des Beschlusses, um seine Forderung durch Zugriff auf Forderungen des Schuldners zu realisieren. Mit der Überweisung erlangt er das Recht, die gepfändete Forderung gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen.

Schuldner

Der Schuldner ist Inhaber der gepfändeten Forderung. Durch die Pfändung unterliegt er einem Verfügungsverbot: Er darf über die gepfändete Forderung nicht mehr verfügen. Zudem gelten Schutzvorschriften, etwa Pfändungsfreigrenzen und Regelungen zu unpfändbaren Forderungen.

Drittschuldner

Der Drittschuldner ist derjenige, der dem Schuldner etwas schuldet (z. B. Arbeitgeber, Bank, Mieter des Schuldners, Versicherung). Ihm gegenüber werden Sperren und Zahlpflichten angeordnet. Er ist verpflichtet, den Beschluss zu beachten, Auskünfte zu erteilen und gegebenenfalls Zahlungen an den Gläubiger zu leisten.

Anwendungsbereiche

Lohn- und Gehaltspfändung

Bei Arbeitseinkommen wird der pfändbare Teil des Nettoeinkommens an den Gläubiger abgeführt. Nicht alles Einkommen ist pfändbar; es gelten abgestufte Freigrenzen und Besonderheiten für Unterhaltsverpflichtungen und Mehrfachbezüge.

Kontopfändung und sonstige Bankguthaben

Bankguthaben des Schuldners können gepfändet werden. Ab Zustellung an das Kreditinstitut sind Verfügungen nur noch im Rahmen der gesetzlichen Freigaben möglich. Es bestehen Mechanismen zum Schutz existenzsichernder Beträge.

Sonstige Forderungen

Auch sonstige Ansprüche des Schuldners gegen Dritte können erfasst sein, beispielsweise Mietkautionen, Auszahlungsansprüche aus Versicherungen, Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen oder Gewinnbeteiligungen. Ob und in welchem Umfang diese pfändbar sind, hängt von ihrer Art und besonderen Schutzvorschriften ab.

Unpfändbare und bedingt pfändbare Forderungen

Bestimmte Forderungen sind ganz oder teilweise unpfändbar, insbesondere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts oder zweckgebundene Sozialleistungen. Andere Forderungen sind nur unter zusätzlichen Voraussetzungen pfändbar. Der Beschluss enthält regelmäßig Vorgaben dazu, was der Drittschuldner trotz Pfändung auszukehren oder freizugeben hat.

Ablauf und formale Anforderungen

Voraussetzungen für den Erlass

Voraussetzung ist ein vollstreckbarer Titel nebst Vollstreckungsreife. Der Antrag des Gläubigers bezeichnet die zu pfändende Forderung, den Drittschuldner und die Art der Überweisung (zur Einziehung oder an Zahlungs statt). Das Gericht prüft die formalen Voraussetzungen und erlässt bei Vorliegen der Voraussetzungen den Beschluss.

Inhalt des Beschlusses

Der Beschluss enthält typischerweise:

  • Bezeichnung von Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner
  • genaue Beschreibung der gepfändeten Forderung
  • Anordnung des Verfügungsverbots für den Schuldner
  • Überweisung der Forderung an den Gläubiger zur Einziehung oder an Zahlungs statt
  • Hinweise zu Freigrenzen und etwaigen Ausnahmen
  • Vorgaben zu Auskunfts- und Erklärungspflichten des Drittschuldners

Zustellung und Wirksamwerden

Die Pfändung wird mit Zustellung an den Drittschuldner wirksam. Ab diesem Zeitpunkt darf der Drittschuldner nicht mehr an den Schuldner leisten, soweit die Pfändung reicht. Zusätzlich erfolgt die Zustellung an den Schuldner, damit er die Sperrwirkung und seine Rechte kennt. Der Zeitpunkt der Zustellung ist maßgeblich für den Rang der Pfändung.

Rangfolge und Mehrfachpfändungen

Treffen mehrere Pfändungen dieselbe Forderung, entscheidet grundsätzlich der Zeitpunkt der Zustellung an den Drittschuldner über den Rang. Höherrangige Pfändungen werden vorrangig befriedigt. Der Drittschuldner hat die Rangverhältnisse zu beachten und darf nur entsprechend der Rangfolge leisten.

Dauer, Erledigung und Aufhebung

Der Beschluss wirkt fort, bis die gesicherte Forderung erfüllt ist, der Beschluss aufgehoben wird oder die Pfändung aus anderen Gründen endet. Eine Aufhebung kommt in Betracht, wenn die Vollstreckung erledigt ist, der Titel wegfällt oder sonstige Gründe vorliegen. Der Drittschuldner wird hierüber informiert, damit Sperren aufgehoben und Zahlungen wieder an den Schuldner geleistet werden können.

Wirkungen und Pflichten

Verfügungsverbot für den Schuldner

Der Schuldner darf über die gepfändete Forderung nicht mehr verfügen, sie weder abtreten noch wirksam erlassen oder mit Gegenforderungen aufrechnen, soweit die Pfändung reicht. Zuwiderhandlungen sind dem Gläubiger gegenüber unwirksam.

Einziehungsrecht des Gläubigers

Die Überweisung verschafft dem Gläubiger das Recht, die gepfändete Forderung geltend zu machen. Er kann vom Drittschuldner Zahlung verlangen, soweit die Pfändung reicht und keine Freigaben entgegenstehen. Die Einziehung erfolgt in der Regel in der Höhe der titulierten Forderung zuzüglich laufender Kosten und Zinsen, bis zur vollständigen Befriedigung.

Pflichten des Drittschuldners

Drittschuldnererklärung

Der Drittschuldner hat auf Anfrage oder nach gesetzlicher Anordnung Auskunft über das Bestehen und den Umfang der Forderung zu geben. Die Erklärung dient der Klärung, ob und in welcher Höhe Zahlungen an den Gläubiger zu leisten sind.

Zahlungen und Sperrpflicht

Der Drittschuldner darf nach Wirksamwerden nicht mehr an den Schuldner zahlen, soweit die Pfändung greift. Stattdessen sind Zahlungen entsprechend den Anordnungen des Beschlusses an den Gläubiger zu leisten. Bei Konten trifft das Kreditinstitut die Pflicht, Guthaben zu sperren und nur im Rahmen der Freigaben verfügbar zu machen.

Haftungsrisiken

Leistet der Drittschuldner trotz wirksamer Pfändung an den Schuldner oder missachtet er Sperr- und Auskunftspflichten, kann er gegenüber dem Gläubiger haftbar werden. Die Beachtung des Beschlusses ist daher für ihn rechtlich verbindlich.

Schutzmechanismen für den Schuldner

Pfändungsfreigrenzen

Zur Sicherung des Existenzminimums gelten für Arbeitseinkommen gestaffelte Freigrenzen. Nur der darüber hinausgehende Betrag ist pfändbar. Die Höhe richtet sich nach dem Nettoeinkommen und Unterhaltspflichten.

Besondere Schutzvorschriften

Für Unterhaltsansprüche, bestimmte Sozialleistungen und zweckgebundene Zahlungen bestehen besondere Schutzmechanismen. Solche Beträge sind ganz oder teilweise der Pfändung entzogen oder unterliegen besonderen Voraussetzungen.

Schutzkonten und Freigaben

Für Bankguthaben bestehen gesetzliche Möglichkeiten, grundlegende Lebenshaltungskosten abzusichern. Dazu gehören Mechanismen, mit denen bestimmte Beträge trotz Kontopfändung verfügbar bleiben. Freigaben können auch für einzelne zweckgebundene Zahlungen erteilt werden.

Rechtsbehelfe und Rechtsschutz

Rechtsschutz des Schuldners

Dem Schuldner stehen gegen Maßnahmen der Forderungspfändung Rechtsbehelfe offen, etwa gegen unzulässige oder unzumutbare Vollstreckungsmaßnahmen, gegen ablehnende Entscheidungen über Freigaben oder bei fehlerhafter Behandlung geschützter Beträge. Zuständig ist regelmäßig das Vollstreckungsgericht.

Rechtsschutz des Drittschuldners

Der Drittschuldner kann Rechtsschutz in Anspruch nehmen, wenn er zu Unrecht in Anspruch genommen wird, wenn die gepfändete Forderung nicht besteht oder wenn unklare oder widersprüchliche Anordnungen vorliegen. Zudem kann er sich gegen belastende Entscheidungen wenden, die ihn in seinen Pflichten übermäßig betreffen.

Rechtsschutz des Gläubigers

Der Gläubiger kann gegen ablehnende oder beschränkende Entscheidungen des Gerichts vorgehen, etwa wenn der Erlass des Beschlusses verweigert wird oder die Überweisung nicht den beantragten Umfang hat. Auch bei Verstößen des Drittschuldners gegen seine Pflichten stehen ihm Rechtsbehelfe offen.

Kosten, Zuständigkeit und praktische Aspekte

Zuständiges Gericht und Verfahrensform

Zuständig ist in der Regel das Vollstreckungsgericht am Wohnsitz des Schuldners oder das Gericht, an dem sich das Konto bzw. der Drittschuldner befindet, je nach Art der Forderung. Das Verfahren ist formalisiert, schriftlich geprägt und kann standardisierte Formulare und elektronische Kommunikationswege vorsehen.

Gebühren und Kostentragung

Für den Erlass des Beschlusses fallen gerichtliche Gebühren an. Kosten der Zustellung, Auskunftseinholung und Einziehung können hinzukommen. Grundsätzlich werden die notwendigen Kosten dem Schuldner auferlegt; die endgültige Kostentragung kann von der Vollstreckungslage und dem Verfahrensausgang abhängen.

Elektronische Kommunikation und Datenschutz

Die Übermittlung von Anträgen und Beschlüssen kann elektronisch erfolgen. Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gelten Anforderungen an Vertraulichkeit, Zweckbindung und Datensparsamkeit. Beteiligte erhalten nur die Informationen, die zur Durchführung der Vollstreckung erforderlich sind.

Abgrenzungen und Sonderkonstellationen

Abtretung vs. Pfändung

Die Abtretung ist eine freiwillige Übertragung einer Forderung, während die Pfändung ein hoheitlicher Eingriff ist. Bei Kollisionen zwischen Abtretung und Pfändung entscheidet die zeitliche Reihenfolge und die Wirksamkeit gegenüber dem Drittschuldner.

Vorläufige Sicherung vs. Einziehung

Vorläufige Maßnahmen dienen der Sicherung, während die Überweisung dem Gläubiger die Einziehung ermöglicht. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zielt auf Realisierung ab, nicht nur auf Sicherung.

Grenzüberschreitende Konstellationen

Bei ausländischen Drittschuldnern oder Forderungen mit Auslandsbezug können Zuständigkeits-, Zustellungs- und Anerkennungsfragen auftreten. In solchen Fällen sind internationale Regeln zur Durchsetzung und Zusammenarbeit maßgeblich.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss?

Es handelt sich um einen gerichtlichen Beschluss, mit dem eine Forderung des Schuldners gegen einen Dritten gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen wird. Er sperrt die Verfügungsmacht des Schuldners und berechtigt den Gläubiger zur Einziehung.

Ab wann wirkt der Beschluss?

Die Pfändung wird mit Zustellung an den Drittschuldner wirksam. Ab diesem Zeitpunkt darf der Drittschuldner nicht mehr an den Schuldner zahlen, soweit die Pfändung reicht. Der Rang der Pfändung bestimmt sich nach dem Zeitpunkt dieser Zustellung.

Welche Pflichten hat der Drittschuldner?

Er muss die Pfändung beachten, Zahlungen an den Gläubiger leisten, soweit angeordnet, und Auskunft über das Bestehen und den Umfang der Forderung erteilen. Zudem hat er gepfändete Beträge zu sperren und darf nicht an den Schuldner leisten, soweit die Pfändung reicht.

Welche Forderungen sind unpfändbar oder besonders geschützt?

Bestimmte Sozialleistungen, zweckgebundene Zahlungen und Teile des Arbeitseinkommens sind ganz oder teilweise geschützt. Für Arbeitseinkommen gelten Freigrenzen, die das Existenzminimum sichern.

Wie lange gilt ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss?

Er gilt grundsätzlich fort, bis die titulierte Forderung erfüllt ist, der Beschluss aufgehoben wird oder die Pfändung aus anderen Gründen endet. Eine gesonderte Befristung enthält der Beschluss in der Regel nicht.

Was passiert bei mehreren Pfändungen derselben Forderung?

Es gilt das Prioritätsprinzip: Der früher zugestellte Beschluss hat Vorrang. Zahlungen erfolgen in der Rangfolge der Pfändungen, bis der vorrangige Anspruch gedeckt ist.

Welche Möglichkeiten des Rechtsschutzes bestehen?

Schuldner, Drittschuldner und Gläubiger können gerichtliche Entscheidungen überprüfen lassen. In Betracht kommen Rechtsbehelfe gegen unzulässige, fehlerhafte oder unverhältnismäßige Maßnahmen sowie gegen ablehnende Entscheidungen.