Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (kurz: PfüB) ist ein im deutschen Zivilprozessrecht vorgesehenes Vollstreckungsinstrument. Er dient dazu, dem Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung Zugriff auf Forderungen oder andere Vermögensrechte des Schuldners gegenüber Dritten (Drittschuldner) zu verschaffen. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich hauptsächlich in den §§ 828 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Begriff und Bedeutung
Mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss können Geldforderungen oder andere vermögenswerte Ansprüche (z. B. Ansprüche auf Herausgabe einer beweglichen Sache oder auf Lieferung von Wertpapieren) des Schuldners, die dieser gegen einen Dritten hat, rechtlich gesichert und auf den vollstreckenden Gläubiger übertragen werden. Das Beschlussverfahren dient der Sicherung und Durchsetzung von Geldforderungen und findet vor allem bei der sogenannten Lohn- und Kontopfändung Anwendung.
Rechtsgrundlagen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
Gesetzliche Regelung
Die maßgeblichen Normen für Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sind §§ 828 bis 863 der ZPO. Zentrale Bedeutung kommt dabei den Vorschriften über die Forderungspfändung (§§ 829 ff. ZPO) sowie den allgemeinen Vollstreckungsvorschriften zu.
Anwendungsbereich
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss kann auf sämtliche Forderungen des Schuldners gegenüber Dritten erstreckt werden, beispielsweise:
- Gehalts- und Lohnansprüche (Lohnpfändung)
- Bankguthaben (Kontopfändung)
- Ansprüche aus Miet- oder Pachtverhältnissen
- Ansprüche auf Herausgabe von Sachen
Voraussetzungen und Ablauf des Verfahrens
Vollstreckungstitel und Vollstreckungsklausel
Voraussetzung für die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels gemäß § 704 ZPO (z. B. Urteil, Vollstreckungsbescheid), der mit einer sogenannten Vollstreckungsklausel und einer Zustellungsbescheinigung versehen ist.
Antragstellung
Der Gläubiger beantragt beim zuständigen Vollstreckungsgericht den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Gemäß § 828 Abs. 2 ZPO muss der Antrag die zu pfändende Forderung sowie den Drittschuldner eindeutig bezeichnen. Dem Antrag beizufügen sind in der Regel:
- Vollstreckungstitel im Original oder in beglaubigter Abschrift
- Vollstreckungsklausel
- Nachweis der Zustellung an den Schuldner
Inhalt des Beschlusses
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthält
- die Pfändung der Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner
- die Überweisung zur Einziehung (bzw. alternativ: zur Auszahlung) an den Gläubiger
Mit Wirksamwerden des Beschlusses darf der Drittschuldner nur noch an den Gläubiger leisten (Leistungsverbot an den Schuldner), § 835 ZPO.
Zustellung und Wirksamwerden
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird sowohl an den Drittschuldner als auch an den Schuldner zugestellt. Die Zustellung an den Drittschuldner (sog. Drittschuldnerzustellung) ist für die Wirksamkeit der Pfändung maßgeblich (§§ 829 Abs. 3, 835 ZPO). Von diesem Zeitpunkt an ist die Forderung für den Schuldner gesperrt.
Wirkung und Rechtsfolgen
Pfändungswirkung
Mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner tritt ein Verfügungsverbot für den Schuldner ein. Ab diesem Zeitpunkt darf an den Schuldner nicht mehr geleistet werden. Der Gläubiger besitzt ein Pfandrecht an der gepfändeten Forderung (§ 804 Abs. 1 ZPO analog).
Überweisungswirkung
Durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung erhält der Gläubiger die Befugnis, die gepfändete Forderung einzuziehen. Der Übergang aller Rechte aus der Forderung auf den Gläubiger ist jedoch nicht automatisch mit der Einziehung verbunden; er erfolgt mithilfe des Überweisungsbeschlusses.
Rechtsstellung des Drittschuldners
Der Drittschuldner, wie etwa ein Arbeitgeber oder ein Kreditinstitut, wird im Rahmen der Zwangsvollstreckung verpflichtet, nur noch an den Gläubiger zu zahlen und nicht mehr an den eigentlichen Schuldner. Bei Verstoß gegen diese Pflicht haftet der Drittschuldner (z. B. Zahlung an den Schuldner trotz bestehender Pfändung) gegenüber dem Gläubiger bis zur gepfändeten Forderungssumme (§ 840 ZPO).
Rechtsmittel und Schutzvorschriften
Einwendungen und Rechtsschutz
Gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss können Schuldner und Drittschuldner Einwendungen erheben, etwa wenn die gepfändete Forderung nicht besteht (§ 836 ZPO) oder Einreden (wie eine bereits erfolgte Zahlung) vorliegen.
Schutzbestimmungen für Schuldner
Die Zivilprozessordnung sieht zahlreiche Schutzvorschriften zugunsten des Schuldners vor, insbesondere im Zusammenhang mit der Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen (§§ 850 ff. ZPO: Pfändungsfreigrenzen, Kontopfändungsschutzkonto). Diese Vorschriften sollen den Schuldner vor einer Existenzgefährdung schützen.
Drittwiderspruchsklage
Glaubt ein Dritter, dass die gepfändete Forderung (ganz oder teilweise) ihm zusteht, steht ihm die sogenannte Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO zu.
Besondere Einzelfälle
Kontopfändung
Eine weit verbreitete Anwendung ist die Pfändung des Bankguthabens bei Kreditinstituten. Hierbei wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der kontoführenden Stelle (Drittschuldner) zugestellt, welche das Konto bis zur Höhe der Forderung sperrt und entsprechende Beträge nach Maßgabe des Beschlusses an den Gläubiger auskehrt.
Lohnpfändung
Bei der Lohnpfändung richtet sich der Beschluss direkt an den Arbeitgeber, der sodann verpflichtet ist, den pfändbaren Teil des Einkommens an den Gläubiger abzuführen.
Internationaler Bezug
Im Rahmen des internationalen Rechtsverkehrs bestehen besondere Vorschriften und internationale Übereinkommen, die die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse im Ausland regeln. Innerhalb der Europäischen Union existieren Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung und Zwangsvollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.
Zusammenfassung
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Vollstreckungsrechts und ermöglicht es Gläubigern, Forderungen des Schuldners bei Dritten effektiv zu sichern und einzuziehen. Er ist an strikte formale und materielle Voraussetzungen geknüpft und unterliegt vielfältigen Rechtschutz- und Schutzmechanismen zugunsten aller beteiligten Parteien. Seine praktische Bedeutung zeigt sich vor allem im Bereich der Konten- und Lohnpfändung, aber auch bei der Durchsetzung sonstiger zahlungs- oder vermögensbezogener Ansprüche.
Häufig gestellte Fragen
Welche Rechtsmittel stehen gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zur Verfügung?
Gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (kurz: PfüB) kann grundsätzlich das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO (Zivilprozessordnung) eingelegt werden. Die sofortige Beschwerde ist an das zuständige Vollstreckungsgericht innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses einzureichen. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, was bedeutet, dass der Beschluss bis zur Entscheidung über die Beschwerde nicht vollstreckt werden darf. Zur Begründung der Beschwerde müssen konkrete Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des PfüB geltend gemacht werden, etwa Fehler bei der Bezeichnung der Forderung, Unzuständigkeit des Gerichts oder das Fehlen der Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung. Neben dem Schuldner sind auch Dritte, die durch den Beschluss betroffen sind (z.B. der Drittschuldner), beschwerdeberechtigt. Im Übrigen kann auch eine Erinnerung gemäß § 766 ZPO gegen Vollstreckungsmaßnahmen außerhalb des eigentlichen Titels eingelegt werden, sofern sich die Beschwerde gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung richtet. Beide Rechtsmittel sind eigenständig und schließen sich nicht gegenseitig aus.
Was sind die Wirkungen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf die gepfändete Forderung?
Mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner tritt ein sog. Verfügungsverbot bezüglich der gepfändeten Forderung gemäß § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Kraft. Das bedeutet, dass der Schuldner ab diesem Moment nicht mehr über die gepfändete Forderung verfügen, also diese einziehen oder abtreten darf. Der Drittschuldner ist verpflichtet, ab Zustellung des Beschlusses keine Zahlungen mehr an den Schuldner zu leisten, sondern muss diese gegebenenfalls an den Gläubiger nach dessen Weisung abführen. Der Gläubiger erlangt durch den Überweisungsbeschluss ein Pfändungspfandrecht an der Forderung und ist berechtigt, diese im Rahmen der Zwangsvollstreckung einzuziehen. Darüber hinaus ist der Schuldner verpflichtet, zu erklären, ob und welche Einwendungen gegen die Forderung bestehen (§ 840 ZPO).
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen werden?
Voraussetzung für die Erteilung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels gegen den Schuldner (z. B. rechtskräftiges Urteil, Vollstreckungsbescheid) und die Zustellung einer Vollstreckungsklausel sowie der Nachweis der Zustellung des Titels an den Schuldner. Ferner muss der Gläubiger beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen entsprechenden Antrag stellen, in dem die zu pfändende Forderung (z. B. Lohn, Kontoguthaben) genau bezeichnet wird (§ 829 ZPO). Die Forderung muss zudem rechtlich bestehen und darf nicht von vorneherein offensichtlich undurchsetzbar sein. Das Verfahren ist grundsätzlich schriftlich und erfordert keine mündliche Anhörung des Schuldners. Das Gericht prüft die formellen Voraussetzungen, nicht jedoch die materielle Berechtigung der Forderung.
Welche Informationen muss der Drittschuldner nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erteilen?
Nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist der Drittschuldner gemäß § 840 ZPO verpflichtet, dem Gläubiger Auskunft darüber zu erteilen, ob und inwieweit er die gepfändete Forderung anerkennt und zu zahlen bereit ist, ob andere Personen Ansprüche auf die Forderung erheben oder bereits eine andere Pfändung vorliegt. Weiterhin muss er angeben, ob und welche Einreden oder Einwendungen gegen die Forderung bestehen. Die Auskunft ist unverzüglich, normalerweise innerhalb von zwei Wochen zu erteilen. Kommt der Drittschuldner dieser Auskunftspflicht nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nach, kann er dem Gläubiger für daraus entstehende Schäden haften und sich zudem schadensersatzpflichtig machen.
Kann eine bereits ergangene Pfändungsverfügung nachträglich geändert oder aufgehoben werden?
Eine nachträgliche Änderung oder Aufhebung eines bereits erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist möglich, wenn sich die zugrunde liegenden Voraussetzungen geändert haben oder wenn berechtigte Einwendungen erhoben werden. Sowohl der Schuldner als auch der Drittschuldner und weitere betroffene Dritte können beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung stellen, zum Beispiel wenn die gepfändete Forderung zwischenzeitlich erloschen ist, der Gläubiger befriedigt wurde oder ein sonstiger Härtegrund vorliegt (§ 766, § 775, § 778 ZPO). Das Gericht prüft dann die materiellen und formellen Voraussetzungen und entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen.
Was geschieht, wenn mehrere Gläubiger gegen dieselbe Forderung einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirken?
Im Falle mehrerer Gläubiger, die bezüglich derselben Forderung jeweils einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirken, entscheidet der Prioritätsgrundsatz. Es gilt das Prioritätsprinzip des § 804 Abs. 3 ZPO, wonach der Gläubiger, dem der Beschluss zuerst zugestellt wurde, vorrangig befriedigt wird. Nachrangige Gläubiger werden erst berücksichtigt, wenn der vorrangige Anspruch vollständig gedeckt wurde. Der Drittschuldner muss daher exakt beachten, in welcher Reihenfolge die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bei ihm eingegangen sind, da unrichtige Auszahlungen zu Haftungsrisiken führen können.
Welche Rolle spielt das Vollstreckungsgericht im Pfändungs- und Überweisungsbeschlussverfahren?
Das Vollstreckungsgericht ist die zuständige Instanz für die Bearbeitung, Erteilung und ggf. Aufhebung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen. Es überprüft die formellen Voraussetzungen des Antrags, insbesondere das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels, den ordnungsgemäßen Antrag sowie die genaue Bezeichnung der zu pfändenden Forderung. Das Gericht ist zudem für die Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner und den Schuldner verantwortlich. Im Falle von Einwendungen, Beschwerden oder Anträgen auf Änderung/Aufhebung trifft das Gericht die erforderlichen Entscheidungen. Darüber hinaus informiert das Vollstreckungsgericht alle Beteiligten über den Fortgang des Verfahrens und wacht über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der Zwangsvollstreckung.