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Personensteuern


Begriff und Abgrenzung der Personensteuer

Die Personensteuer ist eine zentrale Kategorie im deutschen Steuerrecht und bezeichnet jene Steuern, bei denen die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen im Mittelpunkt der Besteuerung steht. Im Gegensatz zu den sogenannten Sach- oder Objektsteuern, bei denen ein konkreter Vorgang oder ein Objekt besteuert wird, wird bei der Personensteuer die individuelle Situation des Steuerpflichtigen, beispielsweise das Einkommen, das Vermögen oder der Familienstand, umfassend berücksichtigt.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für Personensteuern finden sich in verschiedenen Gesetzen des deutschen Steuerrechts. Die bedeutendsten Vorschriften sind im Einkommensteuergesetz (EStG), im Körperschaftsteuergesetz (KStG) sowie im Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) enthalten. Auch das Grundgesetz (GG) liefert mit dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (Art. 3 GG) einen maßgeblichen Rahmen. Personensteuern werden typischerweise als direkte Steuern erhoben, bei denen der Steuerträger gleichzeitig der Steuerschuldner ist.

Systematische Einordnung

Das deutsche Steuerrecht unterscheidet grundsätzlich zwischen Personensteuern und Sachsteuern. Personensteuern knüpfen in erster Linie an persönliche Eigenschaften, wie das Einkommen oder Vermögen, an. Folgende Hauptaspekte charakterisieren Personensteuern:

  • Berücksichtigung individueller Verhältnisse (Familienstand, Kinder, Freibeträge)
  • Erhebung beim Steuerschuldner selbst (direkte Steuer)
  • Sicherstellung der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit

Abgrenzung zu Sachsteuern

Sachsteuern (bspw. Grundsteuer, Gewerbesteuer, Kfz-Steuer) werden losgelöst von der persönlichen Situation auf einen konkreten Gegenstand oder einen wirtschaftlichen Vorgang erhoben. Personensteuern hingegen berücksichtigen stets die spezifische Leistungsfähigkeit.

Arten von Personensteuern

Im deutschen Steuerwesen werden verschiedene Steuerarten zu den Personensteuern gezählt. Die wichtigsten sind:

Einkommensteuer

Die Einkommensteuer ist die bedeutendste Personensteuer in Deutschland. Sie wird auf das Einkommen natürlicher Personen erhoben (§ 1 EStG). Entscheidend ist die persönliche Steuerpflicht, die sich nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland richtet. Es gilt das Nettoprinzip, wonach nur das um Freibeträge und zulässige Abzüge geminderte Einkommen besteuert wird. Ergänzend findet die Berücksichtigung von Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und weiteren persönlichen Steuermerkmalen statt.

Körperschaftsteuer

Die Körperschaftsteuer ist das Pendant zur Einkommensteuer für juristische Personen (z. B. Kapitalgesellschaften, Genossenschaften) und wird nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) erhoben. Hierbei handelt es sich um eine Personensteuer, da die Leistungsfähigkeit der jeweiligen juristischen Person maßgeblich ist.

Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Diese Steuern erfassen den unentgeltlichen Erwerb von Vermögen. Die persönliche Steuerpflicht richtet sich nach der verwandtschaftlichen Beziehung und dem Wohnsitz des Erwerbers (§ 2 ErbStG). Die Erbschaft- und Schenkungsteuer stellen somit ebenfalls Personensteuern dar, da persönliche Freibeträge und Steuersätze je nach Verwandtschaftsgrad differenziert angewandt werden.

Kirchensteuer

Die Kirchensteuer ist eine besondere Form der direkten Personensteuer. Sie wird nach dem Einkommen der natürlichen Person berechnet, sofern diese Mitglied einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist (§ 51a EStG).

Bemessungsgrundlage und Erhebung

Die Bemessungsgrundlage von Personensteuern orientiert sich an der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Entscheidende Faktoren sind dabei:

  • Einkommen: Das zu versteuernde Einkommen oder der Gewinn als maßgebliche Grundlage bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer.
  • Vermögen: Erfasste Vermögenswerte bei Erbschaft- und Schenkungsteuer.
  • Familiäre Verhältnisse: Berücksichtigung von Freibeträgen, Kinderfreibeträgen, Ehegattensplitting, etc.

Die Erhebung erfolgt durch Steuerbescheid nach entsprechender Steuererklärung. Natürliche Personen und juristische Personen müssen ihre Einkommen bzw. Gewinne entsprechend deklarieren.

Tarifgestaltung

Personensteuern zeichnen sich häufig durch progressiv gestaltete Steuersätze aus, insbesondere bei der Einkommensteuer. Progressivität bedeutet, dass mit steigendem Einkommen auch der Steuersatz zunimmt. Dieser Mechanismus folgt dem verfassungsrechtlichen Gebot der Leistungsfähigkeit.

Bedeutung im Steuersystem

Personensteuern haben hohe fiskalische Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland. Sie tragen einen erheblichen Anteil zum Steueraufkommen bei und sichern die Finanzierung staatlicher Aufgaben. Im Rahmen der Finanzverfassung kommen Bund, Ländern und Gemeinden verschiedene Anteile an den Personensteuern zu (Art. 106 GG).

Verfassungsrechtliche Vorgaben

Gleichmäßigkeit und Leistungsfähigkeitsprinzip

Das Grundgesetz verlangt, dass die steuerliche Belastung nach der individuellen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (Art. 3 GG, Art. 106 GG). Daher sind Personensteuern so ausgestaltet, dass sie soziale Unterschiede angemessen berücksichtigen. Dies geschieht beispielsweise durch Ausnahme- und Freibeträge, Abzüge oder die Anwendung des Splittingverfahrens bei Ehegatten.

Schutz persönlicher Verhältnisse

Das Steuerrecht enthält verschiedene Vorschriften, die die besonderen persönlichen Lebensumstände schützen, wie etwa den Ausbildungsfreibetrag, Entlastungsbetrag für Alleinerziehende oder den Kinderfreibetrag. Bei jeder Personensteuer wird geprüft, welche persönlichen Faktoren für die Steuerfestsetzung relevant sind.

Europarechtliche Aspekte

Im Kontext des europäischen Rechtsrahmens sind insbesondere die Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes zu berücksichtigen. Personensteuern dürfen in ihrer Ausgestaltung keine unzulässige Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes verursachen (vgl. EuGH-Rechtsprechung). Grenzüberschreitende Erträge und Vermögensübertragungen können zudem unter das Doppelbesteuerungsrecht zwischen Staaten fallen, wonach zur Vermeidung von Doppelbesteuerung Abkommen abgeschlossen werden.

Bedeutung für die Steuerplanung

Die besondere Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse bei Personensteuern macht eine sorgfältige Steuerplanung erforderlich. Gestaltungsspielräume bestehen beispielsweise bei der Wahl der steuerlichen Zusammenveranlagung, der optimalen Nutzung von Freibeträgen oder der Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen.


Literatur

  • Tipke/Lang: Steuerrecht, aktuelle Auflage
  • Kirchhof: Einkommensteuergesetz, Kommentar
  • Koenig: Abgabenordnung, Kommentar

Weblinks


Häufig gestellte Fragen

Welche Pflichten bestehen bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung?

Natürliche Personen, die im Inland unbeschränkt steuerpflichtig sind, sind grundsätzlich verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Hierzu zählen insbesondere der Bezug von steuerpflichtigen Einkünften oberhalb des Grundfreibetrags, das Vorliegen mehrerer Einkunftsarten oder die Beantragung besonderer Freibeträge. Die Abgabepflicht ergibt sich aus § 25 EStG und ist insbesondere dann zwingend, wenn Nebeneinkünfte von mehr als 410 Euro, Lohnersatzleistungen von mehr als 410 Euro im Jahr oder ein Steuerklassenwechsel erfolgten. Eine besondere rechtliche Rolle spielt auch die Abgabefrist, die sich seit 2019 auf regelmäßig sieben Monate nach Ablauf des Kalenderjahres (31. Juli des Folgejahres) erstreckt, sofern kein Steuerberater beauftragt ist. Eine verspätete Abgabe kann gemäß § 152 AO zu Verspätungszuschlägen führen. Weiterhin besteht eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen, vollständigen und eigenhändigen Unterzeichnung der Steuererklärung, wobei insbesondere bei Ehegatten beide Steuerpflichtige unterzeichnen müssen. Bei elektronischer Abgabe mittels ELSTER reicht die Authentifizierung mittels Zertifikat. Nichtbeachtung kann steuerrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Inwiefern sind außergewöhnliche Belastungen steuerlich anerkennungsfähig und welche Nachweispflichten bestehen?

Außergewöhnliche Belastungen sind nach §§ 33 ff. EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar, sofern sie zwangsläufig entstehen und dem Steuerpflichtigen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht zumutbar waren. Die Zwangsläufigkeit ist im Einzelnen zu prüfen und durch geeignete Nachweise, z. B. Atteste, Rechnungen oder behördliche Bescheide, zu belegen. Über die Zumutbarkeitsgrenze hinausgehende Aufwendungen werden vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fordert eine klare Dokumentation und Beweisführung der entstandenen Kosten sowie gegebenenfalls deren medizinischer Notwendigkeit, etwa durch amtsärztliche Gutachten bei Krankheitskosten. Die Finanzverwaltung prüft diese Nachweise im Einzelfall sehr detailliert und kann diese auch nachfordern. Ferner muss der Steuerpflichtige belegen, dass keine Erstattungsleistungen von Dritten, wie Krankenkassen oder Versicherungen, erbracht wurden, da diese die Abzugsfähigkeit ausschließen.

Wie werden Werbungskosten bei Arbeitnehmern rechtlich behandelt und welche Grenzen sind zu beachten?

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und werden nach § 9 EStG vom Arbeitslohn abgezogen. Der Arbeitnehmerpauschbetrag beträgt derzeit 1.230 Euro (Stand: 2024) und wird ohne Nachweis automatisch berücksichtigt. Übersteigen die Werbungskosten diesen Pauschbetrag, sind sie einzeln und nachweispflichtig geltend zu machen. Dazu zählen insbesondere Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Fortbildungskosten und doppelte Haushaltsführung. Eine detaillierte Aufschlüsselung und Belegführung der Kosten ist erforderlich, nur tatsächlich entstandene, nach Maßnahmenprinzip zuordenbare Ausgaben sind abziehbar. Die Finanzbehörden prüfen insbesondere die Angemessenheit, Notwendigkeit und berufliche Veranlassung der Ausgaben im Rahmen der Rechtsauslegung. Nicht abziehbar sind hingegen private Kosten oder gemischt veranlasste Aufwendungen, sofern eine klare Trennung nicht möglich ist.

Wann und wie sind Ehegatten zur Zusammenveranlagung berechtigt?

Gemäß § 26b EStG können Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, die Zusammenveranlagung wählen. Die Zusammenveranlagung führt zum sogenannten Splittingtarif, der häufig zu einer steuerlichen Entlastung gegenüber der Einzelveranlagung führt. Die Wahl erfolgt durch übereinstimmende Erklärung gegenüber dem Finanzamt, üblicherweise im Rahmen der Abgabe der gemeinsamen Steuererklärung. Ein Wechsel der Veranlagungsart ist bis zur Bestandskraft des Steuerbescheides möglich. Rechtlich entscheidend ist der eheliche Status am 31. Dezember des Veranlagungsjahres. Im Falle des Todes eines Ehegatten im Veranlagungsjahr kann für dieses Jahr noch gemeinsam veranlagt werden (§ 26 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Zusammenveranlagung ist nicht möglich, wenn einer der Ehegatten dauernd getrennt lebt oder einer der Partner beschränkt steuerpflichtig ist und keine Option zur unbeschränkten Steuerpflicht ausübt.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten bei der steuerlichen Berücksichtigung von haushaltsnahen Dienstleistungen?

Haushaltsnahe Dienstleistungen werden gemäß § 35a EStG steuerlich gefördert, indem sie direkt von der zu zahlenden Einkommensteuer abgezogen werden können. Voraussetzung ist, dass die Leistungen im eigenen oder im Haushalt eines nahen Angehörigen erbracht und nicht betrieblich oder gewerblich veranlasst sind. Die Leistung muss im räumlich-funktionalen Bereich der Wohnung oder des Haushalts erfolgen – dazu zählen etwa Reinigung, Gartenpflege oder Pflegeleistungen. Zwingend erforderlich ist die unbare Zahlung (z. B. Überweisung), die durch Kontoauszüge und eine Rechnung nachzuweisen ist; Barzahlungen sind ausdrücklich ausgeschlossen (§ 35a Abs. 5 Satz 3 EStG). Der Abzugsbetrag ist betragsmäßig gedeckelt (20 % der Aufwendungen, maximal 4.000 Euro jährlich für Dienstleistungen, 1.200 Euro für Handwerkerleistungen). Die tatsächliche Durchführung und die Anerkennung der Dienstleistungen werden streng von der Finanzverwaltung kontrolliert.

Wie sind ausländische Einkünfte in der Steuererklärung anzugeben und welche Regelungen gelten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung?

Steuerpflichtige mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland sind nach dem Welteinkommensprinzip gemäß § 1 EStG verpflichtet, auch ausländische Einkünfte in der Einkommensteuererklärung anzugeben. Die genaue Deklaration erfolgt in den jeweils einschlägigen Anlagen, wie Anlage AUS. Die Vermeidung einer Doppelbesteuerung wird durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), insbesondere nach OECD-Musterabkommen, sowie gegebenenfalls durch Anrechnungsmethoden nach § 34c EStG vorgenommen. Zunächst wird festgestellt, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht (Ansässigkeitsstaat, Quellenstaat). Bei der Anrechnungsmethode wird die ausländische Steuer auf die deutsche Steuerschuld angerechnet, bei der Freistellungsmethode werden die ausländischen Einkünfte steuerfrei gestellt, aber dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Die Nachweis- und Dokumentationspflicht der Steuerpflichtigen ist hierbei umfassend: Es sind Bescheinigungen über die entrichtete ausländische Steuer sowie relevante Urkunden vorzulegen. Die Finanzverwaltung kann zusätzliche Nachweise fordern und prüft insbesondere die korrekte Anwendung des jeweiligen DBA.