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Personengesellschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Personengesellschaft

Die Personengesellschaft ist eine im deutschen Zivil- und Wirtschaftsrecht verankerte Gesellschaftsform, bei der sich mindestens zwei Personen durch einen Gesellschaftsvertrag zusammenschließen, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften steht bei Personengesellschaften die persönliche Mitwirkung und Verbundenheit der Gesellschafter im Vordergrund. Die rechtlichen Regelungen finden sich insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), im Handelsgesetzbuch (HGB) sowie in diversen steuerrechtlichen Vorschriften.

Rechtliche Einordnung

Personengesellschaften sind keine juristischen Personen, besitzen jedoch eine teilrechtsfähige oder volle Rechtsfähigkeit, soweit gesetzlich vorgesehen. Sie können unter ihrem Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.

Abgrenzung zu Kapitalgesellschaften

Die Abgrenzung erfolgt vor allem anhand der Haftung, der Leitung und der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen. Während bei Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG) die Haftung meist auf die Einlage beschränkt ist, haften die Gesellschafter einer Personengesellschaft grundsätzlich unbeschränkt, also auch mit ihrem Privatvermögen. Zudem steht bei Personengesellschaften die persönliche Bindung der Mitglieder und deren unmittelbare Einflussnahme im Vordergrund.


Gesellschaftsformen der Personengesellschaft

Personengesellschaften treten in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Die wichtigsten Gesellschaftsformen sind:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die einfachste Form der Personengesellschaft und in den §§ 705 ff. BGB geregelt. Sie eignet sich sowohl für unternehmerische als auch außerunternehmerische Zwecke. Die GbR besitzt seit dem MoPeG (2024) eigene Rechtspersönlichkeit, ist jedoch keine juristische Person.

Merkmale und Rechtsfähigkeit

  • Zusammenschluss von mindestens zwei Personen (natürlich oder juristisch)
  • Gesellschaftszweck kann wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein
  • Beschränkte Rechtsfähigkeit gemäß Gesetzesreform: kann Eigentum erwerben, Verträge abschließen

Haftung

Gesellschafter haften persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.

Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Die offene Handelsgesellschaft ist in den §§ 105 ff. HGB geregelt und dient dem Betrieb eines Handelsgewerbes durch mehrere Gesellschafter.

Merkmale

  • Voraussetzung: Betrieb eines kaufmännischen Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma
  • Eintragung in das Handelsregister zwingend erforderlich
  • Eigene Rechtsfähigkeit

Haftung

Gesellschafter haften für die Gesellschaftsverbindlichkeiten persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch.

Kommanditgesellschaft (KG)

Regelungen zur Kommanditgesellschaft finden sich in den §§ 161 ff. HGB.

Merkmale

  • Zusammenschluss mindestens eines voll haftenden Gesellschafters (Komplementär) und eines beschränkt haftenden Gesellschafters (Kommanditist)
  • Zweck: Betrieb eines Handelsgewerbes
  • Eintragung ins Handelsregister

Haftung

  • Komplementär: Persönliche, unbeschränkte Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten
  • Kommanditist: Beschränkte Haftung auf die Einlage

Sonderformen

Es existieren weitere Sonderformen wie die Partnerschaftsgesellschaft, die stille Gesellschaft und die europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV).


Rechtsfähigkeit und Vertretung

Teilrechtsfähigkeit

Die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft wurde grundlegend durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) erweitert. Der Gesetzgeber gesteht insbesondere der GbR seit 2024 weitgehende Teilrechtsfähigkeit zu.

Vertretung der Gesellschaft

Die Vertretung erfolgt durch die Gesellschafter. Bei OHG und KG gilt grundsätzlich die Einzelvertretungsbefugnis, sie kann jedoch vertraglich eingeschränkt werden. Bei der GbR ist die gemeinschaftliche Vertretung üblich, abweichende Regelungen sind jedoch möglich.


Haftung und Verantwortlichkeit

Unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung

Ein zentrales Merkmal der Personengesellschaften ist die persönliche, unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die durch das Gesamthandsprinzip geprägt ist.

Haftungsbeschränkungen

Durch vertragliche Regelungen kann die Haftung untereinander begrenzt werden; Dritten gegenüber bleibt die unbeschränkte Haftung jedoch bestehen, soweit gesetzlich nicht anders geregelt (z. B. bei Kommanditisten).


Gesellschaftsvertrag und Organisation

Inhalt des Gesellschaftsvertrags

Der Gesellschaftsvertrag bildet die rechtliche Grundlage der Personengesellschaft. Typische Regelungsinhalte sind:

  • Firma und Sitz der Gesellschaft
  • Zweck der Gesellschaft
  • Beiträge der Gesellschafter
  • Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretung
  • Gewinn- und Verlustverteilung
  • Eintritt und Austritt von Gesellschaftern
  • Auflösung und Liquidation

Geschäftsführung und Vertretung

Die Geschäftsführungsbefugnis steht grundsätzlich allen Gesellschaftern zu, kann aber vertraglich abweichend geregelt werden. Die Vertretung richtet sich nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften und den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag.


Besteuerung der Personengesellschaft

Transparenzprinzip

Personengesellschaften unterliegen in Deutschland dem steuerlichen Transparenzprinzip. Die Gesellschaft selbst ist nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig. Gewinne und Verluste werden den Gesellschaftern zugerechnet und von diesen individuell versteuert.

Gewerbesteuerpflicht

Gewerblich tätige Personengesellschaften sind gewerbesteuerpflichtig. Die Gewerbesteuer wird auf Ebene der Gesellschaft erhoben, jedoch wird sie bei den natürlichen Personen auf deren Einkommensteuer angerechnet.


Auflösung, Liquidation und Nachfolge

Gründe für die Auflösung

  • Ablauf der vereinbarten Dauer
  • Erreichung oder Unmöglichkeit des Gesellschaftszwecks
  • Kündigung durch Gesellschafter
  • Insolvenzeröffnung

Liquidationsverfahren

Nach der Auflösung der Personengesellschaft folgt die Liquidation, bei der das Gesellschaftsvermögen verwertet und die Verbindlichkeiten beglichen werden.


Internationales Gesellschaftsrecht

Im internationalen Kontext werden Personengesellschaften, je nach Land, unterschiedlich behandelt. Relevanz besitzt dabei insbesondere die Anerkennung und Behandlung in grenzüberschreitenden Sachverhalten, etwa bei Sitzverlegungen oder der Anwendung ausländischer Rechtsformen in Deutschland.


Zusammenfassung und Bedeutung im Wirtschaftsleben

Personengesellschaften sind eine zentrale Gesellschaftsform des deutschen Wirtschaftsrechts. Sie bieten eine flexible und häufig unkomplizierte Möglichkeit des wirtschaftlichen Zusammenwirkens, bergen jedoch infolge der unbeschränkten Haftung erhebliche Risiken. Aufgrund ihrer Struktur und einfacheren Gründung sind sie besonders im Mittelstand, bei Freiberuflern sowie in Unternehmensnetzwerken sehr verbreitet.


Weiterführende Regelungen und Literatur

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Körperschaftsteuergesetz (KStG)
  • Gewerbesteuergesetz (GewStG)

Häufig gestellte Fragen

Wie haften die Gesellschafter einer Personengesellschaft rechtlich?

Die Gesellschafter einer Personengesellschaft – etwa einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) – haften grundsätzlich persönlich, unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Das bedeutet, dass die Gläubiger sowohl auf das Gesellschaftsvermögen als auch auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen können. Die Haftung beschränkt sich nicht auf die Einlagen. Im Außenverhältnis können Gläubiger jeweils einen oder mehrere Gesellschafter in voller Höhe der Forderung in Anspruch nehmen (Gesamtschuldnerschaft gemäß § 421 BGB). Der in Anspruch genommene Gesellschafter hat jedoch im Innenverhältnis einen Ausgleichsanspruch gegenüber den Mitgesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung. Lediglich bei der Kommanditgesellschaft (KG) ist die Haftung der Kommanditisten auf ihre Einlage beschränkt (§ 171 HGB); der Komplementär haftet weiterhin unbeschränkt.

Welche Mitbestimmungsrechte haben Gesellschafter in einer Personengesellschaft?

In einer Personengesellschaft haben alle Gesellschafter grundsätzlich ein gleichberechtigtes Mitbestimmungsrecht bezüglich der Führung und Vertretung der Gesellschaft. Entscheidungen, die den gewöhnlichen Betrieb überschreiten, erfordern in der Regel einen einstimmigen Beschluss aller Gesellschafter (§ 709 Abs. 1 BGB für die GbR, § 119 HGB für die OHG). Von dieser gesetzlichen Ausgangslage können die Gesellschafter jedoch abweichende Regelungen im Gesellschaftsvertrag festlegen. In bestimmten Fällen, etwa bei außergewöhnlichen Geschäften, kann das Gesetz individuelle Zustimmungsvorbehalte oder Mehrheitsbeschlüsse verlangen. Darüber hinaus können die Mitbestimmungsrechte durch gesellschaftsvertragliche Modifikationen differenziert ausgestaltet werden, etwa durch Zuweisung besonderer Geschäftsführungsbefugnisse an einzelne Gesellschafter.

Wie erfolgt die Gründung und Eintragung einer Personengesellschaft rechtlich?

Die Gründung einer Personengesellschaft erfordert mindestens zwei Gesellschafter, die sich durch einen Gesellschaftsvertrag zusammenschließen. Rechtliche Formvorschriften bestehen grundsätzlich nicht; ein mündlicher oder sogar konkludenter Vertrag ist ausreichend, außer das Gesetz verlangt ausnahmsweise Schriftform (etwa bei Grundstückseinlagen). Die Gesellschaft entsteht durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags – bei der GbR durch Aufnahme der gemeinschaftlichen Tätigkeit, bei der OHG und KG zusätzlich durch Aufnahme des Handelsgewerbes und gegebenenfalls Eintragung ins Handelsregister (§ 123 HGB). Während die GbR keiner Registerpflicht unterliegt, müssen sich OHG und KG zur Erlangung des Status als Handelsgesellschaft ins Handelsregister eintragen lassen, wobei die Eintragung deklaratorische Wirkung (OHG) oder konstitutive Wirkung (KG, soweit kein Handelsgewerbe betrieben wird) haben kann.

Welche gesetzlichen Vorschriften sind auf Personengesellschaften anwendbar?

Das rechtliche Gerüst der Personengesellschaften fußt auf den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie des Handelsgesetzbuches (HGB). Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gelten §§ 705 ff. BGB, ergänzt durch allgemeine Grundsätze des Zivilrechts. Die Vorschriften der OHG (§§ 105 ff. HGB) und der Kommanditgesellschaft (KG, §§ 161 ff. HGB) sind vorrangig gegenüber dem BGB, soweit sie Spezialregelungen enthalten. Im Übrigen werden sie durch die Regelungen der GbR ergänzt, wenn entsprechende Themen im HGB nicht eigenständig geregelt sind (§ 105 Abs. 3 HGB für die OHG). Daneben gelten spezielle steuerliche Vorschriften, arbeitsrechtliche Normen sowie Wettbewerbs- und Kartellrecht, sofern die jeweilige Gesellschaft davon betroffen ist.

Wie werden Gesellschafterwechsel rechtlich vollzogen und welche Auswirkungen haben sie?

Ein Gesellschafterwechsel, etwa durch Eintritt oder Austritt eines Gesellschafters, erfordert in der Regel die Zustimmung sämtlicher verbleibender Gesellschafter, sofern der Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Bestimmungen vorsieht. Rechtlich führt der Austritt oder Tod eines Gesellschafters bei der GbR grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft (§ 727 BGB), es sei denn, der Gesellschaftsvertrag regelt Fortsetzungsklauseln oder Nachfolgeregelungen. Bei der OHG und KG sieht das Gesetz in der Regel die Fortsetzung der Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern vor (§§ 131 ff. HGB). Beim Wechsel eines Gesellschafters haftet der neue Gesellschafter grundsätzlich auch für die Altverbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 130 HGB), was im Gesellschaftsvertrag modifiziert werden kann, aber nicht den Gläubigerschutz berührt.

Welche Regelungen gelten für die Beendigung und Liquidation einer Personengesellschaft?

Die Beendigung einer Personengesellschaft kann durch Zeitablauf, Erreichen des Gesellschaftszwecks, einstimmigen Beschluss oder durch gerichtliche Entscheidung (§ 736 BGB, §§ 131 ff. HGB) erfolgen. Mit Eintritt des Auflösungsgrundes tritt die Gesellschaft in die Liquidationsphase (Abwicklung). Die Liquidatoren, in der Regel die bisherigen Gesellschafter, regeln die laufenden Geschäfte, veräußern das Gesellschaftsvermögen, begleichen Verbindlichkeiten und verteilen den etwa verbleibenden Überschuss unter den Gesellschaftern (§ 730 ff. BGB, §§ 145 ff. HGB). Die Liquidation endet mit vollständiger Auseinandersetzung, danach erlischt die Gesellschaft. Für eingetragene Gesellschaften ist zudem die Löschung im Handelsregister erforderlich.

Inwieweit ist der Austritt oder Ausschluss eines Gesellschafters rechtlich möglich?

Der Austritt eines Gesellschafters kann jederzeit erfolgen, sofern der Gesellschaftsvertrag dies zulässt oder wichtige Gründe – etwa grobe Pflichtverletzungen der Mitgesellschafter – vorliegen (§ 737 BGB). Der Ausschluss eines Gesellschafters ist grundsätzlich nur aus wichtigem Grund und oft nach gerichtlicher Entscheidung möglich (§ 140 HGB für OHG/KG; § 736 BGB für GbR). Einvernehmliche Regelungen oder vorausschauende gesellschaftsvertragliche Klauseln zur Austrittsmodalität sind üblich und rechtlich anerkannt. Nach dem Austritt haftet der ehemalige Gesellschafter für zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits begründete Verbindlichkeiten noch fünf Jahre nach seinem Ausscheiden (§ 160 HGB für OHG/KG), um den Gläubigerschutz zu gewährleisten.