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Personen, natürliche


Natürliche Personen: Begriff und rechtliche Einordnung

Definition und grundlegende Bedeutung

Die natürliche Person ist ein zentraler Rechtsbegriff, der sämtliche Menschen als Rechtssubjekte bezeichnet. Im Gegensatz zu juristischen Personen umfasst die natürliche Person jede lebende Einzelperson, unabhängig vom Alter, Geschlecht, Stand oder Herkunft. Der Begriff ist in fast allen Rechtsordnungen grundlegend, da er das Ausgangssubjekt von Rechten und Pflichten im Privatrecht sowie im öffentlichen Recht bildet.

Rechtsfähigkeit der natürlichen Person

Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit

Die Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Eine natürliche Person erlangt diese nach deutschem Recht gemäß § 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) mit der Vollendung der Geburt. Jeder Mensch ist damit rechtsfähig. Das Ende der Rechtsfähigkeit tritt mit dem Tod der Person ein. Bereits vor der Geburt besteht ein bedingter Schutz: Das ungeborene Kind (Nasciturus) wird unter bestimmten Voraussetzungen im Sinne des § 1923 Abs. 2 BGB als bereits geboren angesehen, um Vermögensinteressen, etwa Erbrechte, zu sichern.

Rechtsfähigkeit im internationalen Vergleich

Im internationalen Rechtsvergleich beginnt die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen ebenfalls grundsätzlich mit der Geburt und endet mit dem Tod. Einzelne Rechtsordnungen kennen jedoch Sonderregelungen für bestimmte Lebenssituationen, etwa in Bezug auf Hirntoddefinitionen oder Geburt außerhalb des Mutterleibs (z. B. durch Kaiserschnitt).

Handlungsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit

Begriffsabgrenzung

Neben der Rechtsfähigkeit spielen Handlungs- und Geschäftsfähigkeit wesentliche Rollen im Privatrecht. Die Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten zu begründen. Die Geschäftsfähigkeit meint konkret die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte wirksam vorzunehmen. Diese entwickelt sich stufenweise mit dem Lebensalter:

  • Geschäftsunfähigkeit besteht bei Kindern unter sieben Jahren (§ 104 Nr. 1 BGB).
  • Beschränkte Geschäftsfähigkeit besteht bei Minderjährigen zwischen sieben und 18 Jahren (§ 106 BGB).
  • Volle Geschäftsfähigkeit wird mit der Volljährigkeit, regelmäßig mit Vollendung des 18. Lebensjahres, erreicht (§ 2 BGB).

Ausnahmen und Einschränkungen

Eine Einschränkung der Geschäftsfähigkeit kann insbesondere bei dauerhafter Geistesstörung (§ 104 Nr. 2 BGB), vorübergehender Bewusstlosigkeit oder anderen die freie Willensbildung ausschließenden Zuständen bestehen. In solchen Fällen sind rechtliche Betreuer vorgeschrieben (§§ 1896 ff. BGB), welche die Interessen der betroffenen natürlichen Person wahren.

Deliktsfähigkeit der natürlichen Person

Die Deliktsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit, für eigenes unerlaubtes Handeln zivilrechtlich verantwortlich gemacht zu werden. Sie beginnt gemäß § 828 BGB grundsätzlich erst ab dem vollendeten siebten Lebensjahr. Vor Vollendung des siebten Lebensjahres sind Kinder für Schäden aus eigenem Handeln nicht verantwortlich. Für Minderjährige zwischen sieben und 18 Jahren besteht eine eingeschränkte Deliktsfähigkeit, abhängig von der Einsichtsfähigkeit hinsichtlich des eigenen Handelns.

Grundrechte und weitere Rechtspositionen natürlicher Personen

Trägerstatus im Grundgesetz

Natürliche Personen sind als Individuen primäre Träger der im Grundgesetz garantierten Grundrechte. Dies umfasst unter anderem:

  • Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)
  • Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG)
  • Meinungsfreiheit (Art. 5 GG)
  • Glaubens- und Religionsfreiheit (Art. 4 GG)

Die Ausprägung und Reichweite der Grundrechte kann je nach Status der natürlichen Person (z. B. Minderjährigkeit, Staatsangehörigkeit) unterschiedlich gestaltet sein.

Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Name

Eine natürliche Person besitzt regelmäßig eine Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz, durch die sie einem bestimmten staatlichen Rechtsregime unterworfen ist. Name und Familienstand sind weitere rechtliche Kennzeichen, die im deutschen Zivilrecht umfassend geregelt werden (§§ 12, 1303 ff. BGB).

Natürliche Person im Zivil- und Strafrecht

Rolle im Zivilrecht

Im Zivilrecht steht die natürliche Person sowohl als Schuldner als auch als Gläubiger von Forderungen im Mittelpunkt. Sie kann Verträge schließen, uneingeschränkt Rechte erwerben (z. B. Eigentum) und wird durch unterhalts- und erbrechtliche Regelungen besonders geschützt. Auch das Familienrecht (Ehe, Verwandtschaft, Vormundschaft) ist vorrangig auf natürliche Personen anwendbar.

Rolle im Strafrecht

Im Strafrecht ist ausschließlich die natürliche Person als handlungsfähiges Subjekt strafbar. Juristische Personen sind im deutschen Recht nicht unmittelbar strafbar; ihre Organe bzw. handelnden natürlichen Personen unterliegen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit.

Schutz der natürlichen Person

Datenschutzrechtliche Aspekte

Der Schutz persönlicher Daten natürlicher Personen ist durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Die Verarbeitung personenbezogener Daten erfordert eine Rechtsgrundlage und unterliegt strengen Transparenz-, Informations- und Dokumentationspflichten.

Menschenrechtlicher Schutz

Internationale Abkommen wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) oder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) gewährleisten den umfassenden Schutz der natürlichen Person, insbesondere hinsichtlich Menschenwürde, persönlicher Freiheit sowie körperlicher und geistiger Unversehrtheit.

Natürliche Personen und juristische Personen im Vergleich

Während die natürliche Person aus Fleisch und Blut besteht, werden juristische Personen durch Rechtsakte geschaffen (z. B. Vereine, Gesellschaften). Beide können Träger von Rechten und Pflichten sein, jedoch gelten für natürliche Personen besondere Bestimmungen, insbesondere im Hinblick auf die Menschenwürde und Schutz der Privatsphäre.


Zusammenfassend ist die natürliche Person der grundlegende Träger aller Rechte und Pflichten des Zivil- und öffentlichen Rechts. Der rechtlichen Behandlung natürlicher Personen kommt eine zentrale Bedeutung im deutschen wie im internationalen Recht zu. Die umfassenden Schutzmechanismen, die ihr zuteilwerden, spiegeln die besondere Stellung des Menschen im Rechtssystem wider.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte besitzen natürliche Personen im deutschen Recht?

Natürliche Personen genießen im deutschen Recht vielfältige Rechte, die durch die Verfassung, insbesondere das Grundgesetz, geschützt sind. Hierzu zählen vor allem die Grundrechte wie die Menschenwürde (Art. 1 GG), die allgemeinen Persönlichkeitsrechte (Art. 2 GG), Meinungsfreiheit (Art. 5 GG), Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) sowie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 GG). Darüber hinaus besitzen natürliche Personen Rechtsfähigkeit, das heißt, sie können Träger von Rechten und Pflichten sein, sie können Verträge abschließen, klagen und verklagt werden sowie Eigentum erwerben und veräußern. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) räumt natürlichen Personen weitreichende Befugnisse ein, etwa das Recht, durch Rechtsgeschäfte am Rechtsverkehr teilzunehmen, testierfähig zu sein und Erben zu berufen. Die Rechte natürlicher Personen sind dabei grundsätzlich unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem Wohnsitz oder ihrem Aufenthaltsstatus. Einschränkungen der Rechte sind nur auf Grundlage eines Gesetzes und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zulässig.

Wie wird die Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen bestimmt?

Die Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen wird in den §§ 104 ff. BGB geregelt. Geschäftsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, rechtsverbindliche Willenserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Grundsätzlich tritt die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Kinder unter sieben Jahren sind gemäß § 104 Nr. 1 BGB geschäftsunfähig, während Minderjährige zwischen dem siebten und dem achtzehnten Lebensjahr beschränkt geschäftsfähig sind (§ 106 BGB). Beschränkt geschäftsfähige Personen können nur im Rahmen des sogenannten „Taschengeldparagraphen“ Rechtsgeschäfte wirksam abschließen (§ 110 BGB) oder mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter. Bestimmte Ausnahmen existieren beispielsweise für dauerhaft Geisteskranke, die gemäß § 104 Nr. 2 BGB ebenfalls als geschäftsunfähig gelten. Die genaue Beurteilung der Geschäftsfähigkeit erfolgt stets bezogen auf die jeweilige Person und das konkrete Rechtsgeschäft.

Welche Pflichten treffen natürliche Personen nach deutschem Recht?

Natürliche Personen unterliegen vielfältigen Pflichten nach deutschem Recht. Diese resultieren entweder unmittelbar aus Gesetzen oder aus von ihnen geschlossenen Verträgen. Gesetzliche Pflichten sind etwa die Pflicht zur Zahlung von Steuern und Abgaben (Steuerpflicht, § 33 AO), die Gehorsamspflicht gegenüber rechtmäßigen Verwaltungsakten, die Einhaltung von Gesetzen und Rechtsverordnungen (z. B. StVO, BGB, StGB) sowie die Meldepflicht nach dem Bundesmeldegesetz. Vertragsrechtliche Pflichten entstehen aus rechtmäßigen vertraglichen Vereinbarungen, etwa Zahlungspflichten aus Kaufverträgen oder mietvertragliche Verpflichtungen. Auch besondere Schutzpflichten, etwa für Kinder, Ehepartner oder hilfebedürftige Personen, können nach Familienrecht bestehen. Bei Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten drohen Sanktionen wie Schadensersatzansprüche, Zwangsvollstreckung oder Strafverfahren.

Wie und wann endet die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person?

Die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB) und endet mit dem Tod. Während der Zeitraum nach Eintritt des Todes (Postmortale Phase) keinen zivilrechtlichen Status mehr begründet, können Rechte und Pflichten des Verstorbenen beispielsweise im Wege der Erbfolge auf andere Personen (Erben) übergehen. Der Zeitpunkt des Todes ist dabei rechtlich relevant, etwa für erbrechtliche Ansprüche und die Verteilung des Nachlasses. In besonderen Fällen, z. B. bei Zweifeln an Tod oder Verschollensein, finden die Regelungen des Verschollenheitsgesetzes (VerschG) Anwendung. Hierbei kann eine Person auf Antrag gerichtlich für tot erklärt werden, was Rechtsfolgen wie beim tatsächlichen Tod nach sich zieht.

Welche besonderen Regelungen gelten für natürliche Personen im Bereich der Haftung?

Im deutschen Zivilrecht haften natürliche Personen grundsätzlich unbegrenzt mit ihrem gesamten gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen für die von ihnen verursachten Schäden, sofern ein Verschulden oder eine entsprechende Haftungsgrundlage gegeben ist (§§ 823 ff. BGB). Eine Begrenzung der Haftung kann nur durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, kraft Gesetzes (z. B. durch das Produkthaftungsgesetz oder durch Haftungsfreizeichnungen) oder im Minderjährigenrecht eintreten. Besondere Haftungsprivilegien bestehen für Minderjährige, beschränkt Geschäftsfähige sowie in bestimmten Fällen für Personen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig werden (z. B. bei leichter Fahrlässigkeit im Arbeitsverhältnis). Im Strafrecht wiederum haften natürliche Personen persönlich für von ihnen begangene Straftaten und Ordnungswidrigkeiten und können Sanktionen wie Geld- oder Freiheitsstrafen, Verwarnungen oder Bußgelder auferlegt bekommen.

Können natürliche Personen durch rechtliche Betreuung in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden?

Ja, eine natürliche Person kann durch rechtliche Betreuung teilweise oder vollständig in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Dies ist in den §§ 1814 ff. BGB geregelt. Ein Betreuer wird durch das Betreuungsgericht bestellt, wenn ein volljähriger Mensch aufgrund einer Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr regeln kann. Der Aufgabenkreis des Betreuers kann individuell bestimmt werden und reicht von der Vermögensverwaltung bis zur Gesundheitsfürsorge. Die betreute Person bleibt grundsätzlich im Rahmen ihrer noch vorhandenen Geschäftsfähigkeit handlungsfähig, bei besonders weitgehender Betreuung (z. B. mit Einwilligungsvorbehalt, § 1825 BGB) kann die Fähigkeit zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte weiter eingeschränkt sein. Ziel ist stets der Schutz der betreuten Person unter Achtung ihres Selbstbestimmungsrechts.

Welche Bedeutung hat der Wohnsitz für natürliche Personen im deutschen Recht?

Der Wohnsitz einer natürlichen Person ist zentral für viele Rechtsfragen, etwa die Zuständigkeit von Gerichten, die Steuerpflicht und die Meldepflicht. Nach § 7 BGB hat eine natürliche Person ihren Wohnsitz dort, wo sie sich ständig niederlässt. Eine Person kann mehrere Wohnsitze, aber nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 7 Abs. 2 BGB). Der Wohnsitz bestimmt unter anderem, welches Gericht bei zivilrechtlichen Streitigkeiten zuständig ist (§ 13 ZPO), und hat Einfluss auf steuerliche Anknüpfungspunkte (§ 8 AO). Die Anmeldung und Abmeldung des Wohnsitzes ist nach dem Bundesmeldegesetz (BMG) verpflichtend. Der Wohnsitz ist ebenfalls für familien- und erbrechtliche Fragen erheblich, etwa bei der Durchführung von Vormundschaften, Betreuungen oder Nachlassverfahren.