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Pensionsanwartschaft


Begriff und rechtliche Grundlagen der Pensionsanwartschaft

Die Pensionsanwartschaft ist ein rechtlicher Begriff aus dem Sozial- und Beamtenrecht sowie aus dem Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Sie bezeichnet das zukünftige, noch nicht fällige Recht einer Person auf den Bezug einer Pension oder Altersrente, welches durch zurückgelegte Dienstzeiten oder geleistete Beiträge in einer Versorgungseinrichtung erworben wurde. Pensionsanwartschaften entstehen insbesondere im Zusammenhang mit Beamtenverhältnissen, der betrieblichen Altersversorgung sowie im System der gesetzlichen Rentenversicherung.

Definition und Abgrenzung

Im rechtlichen Sinne stellt die Pensionsanwartschaft kein bereits voll wirksames Bezugsrecht dar, sondern ein aufschiebend bedingtes eigenes Recht, das mit Eintritt des Versorgungsfalls (Ruhestandsbeginn, Erreichen des Rentenalters oder Eintritt einer Dienstunfähigkeit) in eine Zahlungspflicht umgewandelt wird. Die Anwartschaft grenzt sich somit von der bereits laufenden Pension beziehungsweise Rente ab.

Die Pensionsanwartschaft ist von anderen Formen der Anwartschaft – etwa auf eine einmalige Abfindung oder auf arbeitsrechtliche Abfindungszahlungen – abzugrenzen. Im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge und der Versorgungswerke besteht die Pensionsanwartschaft als gesicherte Rechtsposition, deren Voraussetzungen und Umfang gesetzlich oder durch Satzung geregelt sind.

Rechtlicher Charakter der Pensionsanwartschaft

Anwartschaft als vermögensrechtliche Position

Pensionsanwartschaften sind vermögensrechtlicher Natur und genießen daher besonderen rechtlichen Schutz. Nach allgemeiner Rechtsauffassung wird die Anwartschaft als eigentumsähnliche Rechtsposition angesehen, die unter anderem durch Artikel 14 des Grundgesetzes (Eigentumsgarantie) geschützt ist. Der Gesetzgeber darf Pensionsanwartschaften nur unter Wahrung des Vertrauensschutzes und verhältnismäßiger Eingriffe anpassen.

Entstehung und Voraussetzungen

Die Entstehung von Pensionsanwartschaften erfolgt durch das Erfüllen bestimmter gesetzlicher Voraussetzungen, wie

  • Zurücklegung einer bestimmten Mindestdienstzeit (bei Beamtinnen und Beamten)
  • Erfüllung von Wartezeiten (zum Beispiel in der gesetzlichen Rentenversicherung: § 50 Abs. 1 BeamtVG; § 4 BetrAVG)
  • Leistung von Beiträgen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung oder bei Versorgungswerken

Arten von Pensionsanwartschaften

Es existieren unterschiedliche Arten von Pensionsanwartschaften, je nach Versorgungsbereich:

  • Beamtenrechtliche Pensionsanwartschaften: Entstehen durch das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und richten sich nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG).
  • Betriebliche Pensionsanwartschaften: Werden im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder durch tarifliche Bestimmungen erworben und unterliegen den Regelungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG).
  • Gesetzliche Rentenanwartschaft: Hierbei handelt es sich zwar terminologisch nicht um eine Pensionsanwartschaft, jedoch liegt der Vergleich nahe hinsichtlich des Anwartschaftscharakters.

Schutz und Übertragbarkeit der Pensionsanwartschaft

Unverfallbarkeit

Ein zentrales Schutzprinzip ist die sogenannte Unverfallbarkeit der Anwartschaft. Sie bewirkt, dass die bis zum Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis erworbenen Pensionsanwartschaften unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr entzogen werden können. Im betrieblichen Bereich wird die Unverfallbarkeit insbesondere durch das Betriebsrentengesetz geregelt (§ 1b BetrAVG), im Beamtenrecht durch die einschlägigen Versorgungsgesetze.

Übertragbarkeit von Pensionsanwartschaften

Im Grundsatz sind Pensionsanwartschaften nicht frei übertragbar, da es sich um höchstpersönliche Rechte handelt. Ausnahmen bestehen im Versorgungsausgleich bei Ehescheidungen (§ 1587 ff. BGB a.F.; §§ 9 ff. Versorgungsausgleichsgesetz seit 2009), wonach Pensionsanwartschaften im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden können.

Pfändbarkeit und Beleihbarkeit

Pensionsanwartschaften unterliegen ebenso wie laufende Versorgungsansprüche besonderen Schutzvorschriften hinsichtlich Pfändbarkeit. Während bereits fällige Versorgungsleistungen im Rahmen der amtlichen Pfändungsfreigrenzen grundsätzlich zugänglich sind, gilt für Anwartschaften regelmäßig eine erhöhte Pfändungsgrenze oder sogar Unpfändbarkeit (§ 851 Abs. 1 ZPO). Eine Beleihung ist in aller Regel ausgeschlossen.

Pensionsanwartschaften im Versorgungsausgleich

Rechtsrahmen nach Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG)

Im Fall der Scheidung von Ehegatten sind die während der Ehe erworbenen Pensionsanwartschaften gemäß dem Prinzip des Versorgungsausgleichs zwischen den Ehepartnern aufzuteilen. Das Versorgungsausgleichsgesetz verpflichtet die Versorgungsträger, alle Anwartschaften unabhängig vom Versorgungssystem zu bewerten und aufzuteilen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Beamtenversorgungsanwartschaften
  • Betriebliche Pensionsanwartschaften
  • Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Anwartschaften aus berufsständischen Versorgungswerken

Durchführung und Bewertung

Die Bewertung erfolgt nach dem sogenannten „Ehezeitanteil“, wobei nur die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften berücksichtigt werden. Die Zugewinngemeinschaft und besondere Schutzregelungen sind zu beachten. Die Durchführung kann durch interne Teilung (der Versorgungsträger teilt die Anwartschaft intern in zwei Ansprüche auf) oder externe Teilung (Übertragung auf einen anderen Versorgungsträger) erfolgen.

Gesetzliche Regelungen und Rechtsquellen

Wesentliche Gesetze und Vorschriften

  • Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG): Regelt die beamtenrechtlichen Pensionsanwartschaften und Voraussetzungen für ihre Entstehung und den Schutz.
  • Betriebsrentengesetz (BetrAVG): Legt Rahmenbedingungen für die betriebliche Altersversorgung – einschließlich der Unverfallbarkeit von Anwartschaften – fest.
  • Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG): Normiert die Durchführung des Versorgungsausgleichs bei Scheidung.
  • Grundgesetz (GG), insbesondere Artikel 14: Schützt Pensionsanwartschaften als Eigentum.

Wichtige Urteile und Auslegungen

Regelmäßig behandeln Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof, Fragen zum Schutz und zum Inhalt von Pensionsanwartschaften, insbesondere in Bezug auf Eigentumsschutz, Vertrauensschutz und Versorgungsausgleich.

Fazit und Bedeutung der Pensionsanwartschaft

Die Pensionsanwartschaft stellt ein zentrales Element der Altersversorgung dar, indem sie die Ansprüche auf eine zukünftige Leistung definiert und schützt. Sie ist gesetzlich umfassend abgesichert, genießt besonderen Schutz vor Eingriffen und spielt bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen wie Scheidungen eine wichtige Rolle. Die rechtlichen Grundlagen normieren sowohl die Entstehungsbedingungen als auch die Modalitäten der Unverfallbarkeit, Übertragbarkeit und Teilung der Anwartschaft, womit sie einen elementaren Baustein der sozialen Absicherung bildet.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Berechnung der Pensionsanwartschaft nach deutschem Recht?

Die Berechnung der Pensionsanwartschaft in Deutschland richtet sich nach der jeweiligen Versorgungsordnung des Arbeitgebers oder, im Falle der gesetzlichen Rentenversicherung, nach dem Sozialgesetzbuch (insb. SGB VI). Bei der betrieblichen Altersvorsorge werden meist die zurückgelegten Dienstjahre, das zuschussfähige Gehalt sowie der im Arbeitsvertrag vereinbarte Versorgungssatz berücksichtigt. In Pensionszusagen werden oftmals Leistungsformeln verwendet, die beispielsweise eine Jahresanwartschaft von 0,5 bis 1,0 Prozent des pensionierungsfähigen Gehalts pro Dienstjahr vorsehen. Der maßgebliche Stichtag für die Berechnung ist regelmäßig das Beendigungsdatum des Arbeitsverhältnisses oder der Eintritt des Versorgungsfalles (z.B. Ruhestand, Invalidität). Ferner müssen rechtliche Rahmenbedingungen wie die Unverfallbarkeit nach dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) und steuerliche Vorschriften gemäß Einkommensteuergesetz (EStG) beachtet werden.

Wann besteht ein Anspruch auf Unverfallbarkeit der Pensionsanwartschaft?

Der Anspruch auf Unverfallbarkeit richtet sich nach § 1b BetrAVG. Demnach ist eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung für Arbeitnehmer unverfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Eintritt des Versorgungsfalles endet und bestimmte Fristen eingehalten werden. Die Unverfallbarkeit tritt ein, wenn das Arbeitsverhältnis nach Vollendung des 21. Lebensjahres beendet wird und die Zusage mindestens drei Jahre bestanden hat (bei Zusagen ab 2018 verkürzt auf drei Jahre). Für Zusagen vor 2001 gelten längere Fristen. Bei Versorgungszusagen durch Entgeltumwandlung besteht sofortige Unverfallbarkeit. Die Unverfallbarkeit dient dem Schutz des Arbeitnehmers, damit im Falle eines Arbeitgeberwechsels die bis dahin erdienten Ansprüche nicht verloren gehen.

Wie werden Pensionsanwartschaften im Falle einer Scheidung aufgeteilt?

Im Falle einer Scheidung erfolgt der Ausgleich der Pensionsanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs gemäß §§ 1587 ff BGB und des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG). Dabei wird untersucht, welche während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften beiden Ehegatten zustehen und wie diese aufzuteilen sind. Jede Rentenanwartschaft – unabhängig davon ob aus gesetzlichen, betrieblichen oder privaten Versorgungssystemen – wird vom Familiengericht in sogenannte Ehezeitanteile aufgeteilt. Der jeweilige hälftige Ausgleichsanspruch wird entweder intern (d.h. durch Übertragung von Rentenanwartschaften innerhalb des Versorgungsträgers) oder extern (durch Auszahlung an einen anderen Träger) durchgeführt. Sonderregelungen gibt es für bestimmte Berufsgruppen (zum Beispiel Beamte).

Welche Besonderheiten gelten bei der Bewertung von Pensionsanwartschaften im Arbeitsrecht?

Im Arbeitsrecht ist die Bewertung von Pensionsanwartschaften insbesondere bei Beendigung von Arbeitsverhältnissen und bei Abfindungsverhandlungen relevant. Die Berechnung des Barwerts erfolgt dabei auf Basis versicherungsmathematischer Grundsätze unter Berücksichtigung von Rechnungszins, biometrischen Wahrscheinlichkeiten und Gehaltserwartungen. Für die arbeitsrechtliche Bewertung sind die Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes sowie steuerrechtliche Vorschriften maßgeblich. Besonders relevant ist die Abfindungsregelung nach dem BetrAVG, wonach Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen eine Kapitalabfindung ihrer unverfallbaren Anwartschaft verlangen können. Daneben spielt die Rechtsprechung, etwa zur vorzeitigen Inanspruchnahme oder zur Mitnahmemöglichkeit (Portabilität) bei Arbeitgeberwechsel, eine zentrale Rolle.

Welche steuerlichen Aspekte sind bei der Pensionsanwartschaft zu beachten?

Pensionsanwartschaften unterliegen verschiedenen steuerlichen Regelungen. Während der Anwartschaftsphase bleiben Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich steuerfrei, solange keine Auszahlung stattfindet. Erst mit Eintritt des Versorgungsfalls (Rentenbezug oder Kapitalauszahlung) wird die Leistung als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 5 EStG besteuert. Bei der Entgeltumwandlung gelten besondere steuerfreie Höchstbeträge (§ 3 Nr. 63 EStG). Auch die Sozialversicherungspflicht ist zu beachten: Während der Anwartschaftsphase fallen meistens keine Beiträge an, bei Auszahlung unterliegen die Leistungen – insbesondere in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung – oftmals der Beitragspflicht. Für Arbeitgeber bestehen steuerliche Sonderregelungen hinsichtlich der Dotierung von Rückstellungen nach § 6a EStG.

Was passiert mit der Pensionsanwartschaft im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers?

Im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers sind die Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung regelmäßig über den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) abgesichert, sofern es sich um eine Direktzusage, Unterstützungskasse oder eine Pensionsfondszusage handelt (nicht jedoch bei Direktversicherungen oder Pensionskassen in vollem Umfang). Der PSVaG tritt dann für die Erfüllung der unverfallbaren und laufenden Ansprüche ein. Die Sicherung umfasst sowohl den Rentenbezug als auch gegebenenfalls eine Kapitalabfindung. Ansprüche aus Direktversicherungen oder Pensionskassen werden im Umfang der Versorgungszusage und je nach Ausgestaltung über den jeweiligen Versicherungsträger gedeckt. Detaillierte Regeln ergeben sich aus dem Betriebsrentengesetz und den Statuten des Sicherungssystems.

Welche Melde- und Informationspflichten bestehen bezüglich Pensionsanwartschaften?

Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Arbeitnehmer regelmäßig und anlassbezogen über bestehende und erworbene Anwartschaften aus der betrieblichen Altersversorgung zu informieren. Diese Informationspflichten ergeben sich aus § 4a BetrAVG und betreffen sowohl die Ausgestaltung der Versorgung (Art, Umfang, Voraussetzungen) als auch Änderungen und Wertentwicklungen der Anwartschaften. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten Arbeitnehmer eine schriftliche Mitteilung über den Stand ihrer unverfallbaren Anwartschaften („Unverfallbarkeitsmitteilung“). Zudem bestehen weitere Meldepflichten gegenüber Versicherungsträgern und Aufsichtsbehörden, insbesondere bei Portabilität, Versorgungsausgleich und Insolvenzfällen. Verstöße gegen diese Pflichten können arbeitsrechtliche und ggf. bußgeldrechtliche Folgen haben.