Pendlerpauschale: Begriff, Rechtsgrundlagen und Anwendungsbereich
Die Pendlerpauschale stellt im deutschen Steuerrecht einen wichtigen steuerlichen Abzugsbetrag dar, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zusteht. Sie dient dazu, die Aufwendungen für Arbeitswege steuerlich zu berücksichtigen und die steuerliche Belastung bei berufsbedingten Fahrtkosten auszugleichen. Nachfolgend werden die rechtlichen Aspekte, Voraussetzungen, Berechnungsmethoden sowie aktuelle Entwicklungen umfassend dargestellt.
Begriffsbestimmung und Rechtsgrundlagen
Definition der Pendlerpauschale
Die Pendlerpauschale-auch Entfernungspauschale genannt-ist ein festgelegter Steuerbetrag pro Kilometer der einfachen Entfernung zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte, der als Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden kann. Im Gegensatz zu tatsächlichen Fahrtkosten, die Belege erfordern würden, wird eine pauschale Berechnung zugrunde gelegt.
Gesetzliche Regelung
Die maßgebliche Rechtsgrundlage findet sich in § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dort ist die Entfernungspauschale als Teil der sogenannten Werbungskosten definiert. Die gesetzliche Grundlage regelt sowohl die Anspruchsvoraussetzungen als auch die Höhe der Pauschale und spezielle Ausnahmetatbestände.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
Erste Tätigkeitsstätte
Eine entscheidende Voraussetzung ist das Vorliegen einer sogenannten „ersten Tätigkeitsstätte“ (§ 9 Abs. 4 EStG). Als erste Tätigkeitsstätte gilt die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, bei der der Arbeitnehmer dauerhaft tätig werden soll. Für die Zuweisung ist in erster Linie die arbeits- oder dienstrechtliche Regelung maßgeblich, im Zweifelsfall erfolgt eine Zuordnung anhand quantitativer Kriterien (i.d.R. Zuordnung für mindestens ein Drittel der Arbeitszeit).
Wohnsitz des Steuerpflichtigen
Ausgangspunkt der Entfernungsermittlung ist grundsätzlich die Hauptwohnung des Steuerpflichtigen. Bei mehreren Wohnsitzen entscheidet der Mittelpunkt der Lebensinteressen oder die häufigere Belegung.
Tägliche Hin- und Rückfahrt
Mit der Pauschale werden Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abgedeckt. Für jeden vollen Kilometer der einfachen Wegstrecke kann die Pauschale unabhängig vom jeweiligen Verkehrsmittel beansprucht werden. Unerheblich ist, ob die Fahrten mit dem eigenen Pkw, öffentlichen Verkehrsmitteln, Mitfahrgelegenheiten oder dem Fahrrad zurückgelegt werden.
Höhe der Pendlerpauschale
Gesetzliche Pauschale pro Kilometer
Die Entfernungspauschale beträgt nach aktueller Gesetzeslage 0,30 Euro je Entfernungskilometer. Für Fernpendler (einfache Entfernung ab 21 Kilometer) ist eine gestaffelte Anhebung vorgesehen: Zwischen 2021 und 2026 beträgt die Pauschale ab dem 21. Kilometer 0,35 Euro pro Kilometer, ab 2027 wird sie auf 0,38 Euro erhöht.
Obergrenzen und Sonderregelungen
Maximal kann die Pendlerpauschale für 230 Arbeitstage pro Kalenderjahr geltend gemacht werden. Für Arbeitnehmer im Schichtdienst oder mit versetzten Arbeitszeiten gelten Sonderregelungen bezüglich der Berechnung der regelmäßigen Arbeitstage. Bei mehreren Tätigkeitsstätten ist stets die erste Tätigkeitsstätte maßgeblich.
Anwendungsbereich und Ausnahmen
Einschränkungen
Die Entfernungspauschale kann ausschließlich für Strecken zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte beansprucht werden. Fahrten im Rahmen von Auswärtstätigkeiten-wie Dienstreisen-werden gesondert über Reisekosten abgerechnet.
Sonderregelungen für bestimmte Berufsgruppen
Für Berufskraftfahrer, Außendienstmitarbeiter oder Arbeitnehmer ohne feste erste Tätigkeitsstätte gelten besondere Regeln zur Ermittlung des Werbungskostenabzugs. In diesen Fällen ist die Entfernungspauschale nicht anwendbar, stattdessen können die tatsächlichen Fahrtkosten als Werbungskosten angesetzt werden.
Nachweis- und Mitwirkungspflichten
Anforderungen an die Dokumentation
Es ist keine Einzelbelegpflicht für die Geltendmachung der Entfernungspauschale vorgesehen. Der Steuerpflichtige muss jedoch im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten den täglichen Arbeitsweg, die Anzahl der Arbeitstage sowie die einbezogene Entfernung glaubhaft machen. Das Finanzamt kann in Zweifelsfällen eine Bestätigung des Arbeitgebers verlangen.
Kontrolle durch die Finanzverwaltung
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfolgt eine Plausibilitätsprüfung durch das zuständige Finanzamt. Falschangaben können als Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung geahndet werden.
Sozial- und Lohnsteuerrechtliche Aspekte
Lohnsteuerabzugsverfahren
Arbeitnehmer können die Entfernungspauschale bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren durch einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung (Faktorverfahren, ELStAM) berücksichtigen lassen. Hierdurch vermindert sich monatlich die Steuerlast bereits im laufenden Jahr.
Auswirkung auf Sozialabgaben
Die Pendlerpauschale reduziert das steuerpflichtige Einkommen, hat jedoch keinen Einfluss auf die Berechnungsgrundlagen von Sozialabgaben (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung).
Entwicklung, Kritik und Reformbestrebungen
Historische Entwicklung
Die Pendlerpauschale wurde im Laufe der Jahre mehrfach angepasst. Änderungen betrafen vor allem die Höhe, die Anwendbarkeit auf verschiedene Verkehrsmittel sowie gerichtliche Entscheidungen, wie etwa das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008 zur Verfassungsgemäßheit der damaligen Rechtslage.
Aktuelle Reformen und ökologische Debatte
Im Zusammenhang mit aktuellen Klimaschutzdebatten wird die Entfernungspauschale regelmäßig politisch diskutiert. Kritisiert wird insbesondere ihre verkehrsmittelneutrale Ausgestaltung, die möglichen Anreize für längere Arbeitswege sowie die ökologische Wirkung. Gleichzeitig ist sie für viele Pendler ein bedeutender Ausgleichsfaktor bei gestiegenen Mobilitätskosten.
Internationaler Vergleich
Einige Länder in der EU kennen vergleichbare steuerliche Regelungen für Pendler, jedoch unterscheiden sich Höhe, Anwendungsbereich und Nachweispflichten teils erheblich. In Österreich beispielsweise existiert ergänzend zur Pauschale das sogenannte „Pendlerpauschale“ mit zusätzlichen Beihilfen.
Fazit
Die Pendlerpauschale ist im deutschen Steuerrecht ein zentrales Instrument zur steuerlichen Berücksichtigung berufsbedingter Fahrtkosten. Ihre rechtliche Ausgestaltung folgt klaren gesetzlichen Vorgaben, erlaubt einen pauschalierten Abzug und findet breite Anwendung. Regelmäßige Anpassungen und politische Diskussionen zeigen die Relevanz und den fortwährenden Reformbedarf dieser Regelung. Für Arbeitnehmer stellt sie einen wichtigen steuerlichen Ausgleich bei täglichen Arbeitswegen dar, dessen Geltendmachung jedoch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben voraussetzt.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist aus rechtlicher Sicht berechtigt, die Pendlerpauschale in Anspruch zu nehmen?
Aus rechtlicher Sicht sind alle unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen berechtigt, die Pendlerpauschale – im steuerlichen Kontext auch als Entfernungspauschale bezeichnet – bei der Einkommensteuer geltend zu machen, sofern sie im Rahmen ihrer nichtselbständigen Beschäftigung eine regelmäßige Arbeitsstätte oder erste Tätigkeitsstätte aufsuchen. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Pauschale für jeden vollen Kilometer der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte anwendbar. Voraussetzung ist hierbei, dass der Steuerpflichtige die Strecke tatsächlich zurücklegt. Der Anspruch besteht unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel, wobei auch Fahrgemeinschaften, Fahrten mit dem Fahrrad oder zu Fuß begünstigt sind. Nicht anwendbar ist die Pendlerpauschale jedoch bei ausschließlich im Homeoffice tätigen Arbeitnehmern oder bei Dienstreisen, da hierfür andere Regelungen greifen.
Welche Einschränkungen bestehen rechtlich bei der maximal abzugsfähigen Pendlerpauschale?
Die Pendlerpauschale ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG grundsätzlich auf die Entfernung zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte beschränkt. Für die Berechnung ist stets die kürzeste Straßenverbindung maßgeblich, es sei denn, eine längere Strecke wird regelmäßig genutzt und ist verkehrsgünstiger. Die steuerliche Absetzbarkeit ist zudem auf maximal 4.500 Euro pro Jahr begrenzt, falls der Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird. Wird der Arbeitsweg jedoch mit dem eigenen oder einem zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug zurückgelegt, entfällt diese Begrenzung; in diesen Fällen können auch höhere Beträge steuerlich geltend gemacht werden, sofern entsprechend nachgewiesen werden kann, dass die Fahrten tatsächlich durchgeführt wurden.
Wie werden aus rechtlicher Sicht Homeoffice- oder Telearbeitszeiten bei der Pendlerpauschale berücksichtigt?
Arbeitsrechtlich und steuerrechtlich gilt: Pendlerpauschalen können ausschließlich für tatsächlich zurückgelegte Arbeitstage zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt werden. Für Tage, an denen der Arbeitnehmer ausschließlich im Homeoffice oder im Rahmen von Telearbeit seine Tätigkeit ausübt, besteht kein Anspruch auf die Entfernungspauschale. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG kommt hier ausschließlich die Möglichkeit des Ansatzes einer Homeoffice-Pauschale in Betracht, wobei ein doppelter Abzug ausgeschlossen ist. Es ist erforderlich, dass eine genaue tageweise Aufteilung erfolgt, um eine sachgerechte steuerliche Behandlung sicherzustellen. Nur tatsächliche Fahrten zur Arbeitsstätte können für die Entfernungspauschale geltend gemacht werden.
Welche Nachweispflichten bestehen rechtlich für die Geltendmachung der Pendlerpauschale?
Der Steuerpflichtige ist verpflichtet, dem Finanzamt im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung die tatsächliche Anzahl der zurückgelegten Fahrten sowie die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte schlüssig darzulegen. In der Regel genügt die glaubhafte Angabe im Mantelbogen der Steuererklärung, jedoch ist das Finanzamt berechtigt, Belege, Dienstpläne, Fahrtenbücher oder andere geeignete Nachweise zu verlangen. Besonders in Fällen mit häufigen Homeoffice-Tagen, sogenannter doppelter Haushaltsführung oder bei besonders langen Anfahrtswegen kann das Finanzamt nähere Erläuterungen fordern. Arbeitgeberbescheinigungen, Arbeitsverträge bzw. Bestätigungen zu Arbeitszeiten können ebenfalls angefordert werden. Die Mitwirkungspflicht ergibt sich aus § 90 AO (Abgabenordnung).
Wie wird die Entfernung aus rechtlicher Sicht ermittelt?
Rechtlich maßgeblich für die Pendlerpauschale ist die Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Dabei ist grundsätzlich die kürzeste verkehrsübliche Straßenverbindung zu wählen. Eine längere Strecke kann nur dann angesetzt werden, wenn sie regelmäßig benutzt wird und verkehrsgünstiger ist, was nachzuweisen ist (z. B. geringere Fahrzeit, weniger Stauanfälligkeit). Für Arbeitnehmer, die mehrere erste Tätigkeitsstätten haben, gilt jeweils die Entfernung zu der am jeweiligen Tag aufgesuchten Arbeitsstätte. Bei Umzügen im Laufe des Jahres ist eine zeitanteilige Berechnung auf Basis der jeweiligen Entfernungen vorzunehmen.
Welche Ausnahmen und Besonderheiten gelten im rechtlichen Kontext für bestimmte Berufsgruppen?
Es gibt besondere Regelungen für bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel für Außendienstmitarbeiter, Baustellenarbeiter oder Arbeitnehmer ohne dauerhafte erste Tätigkeitsstätte. In solchen Fällen greift nicht die Pendlerpauschale, sondern vielmehr die Reisekostenregelung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4a EStG, welche höhere steuerliche Abzüge für die tatsächlichen Fahrtkosten zugesteht. Auch bei mehreren Arbeitsverhältnissen mit unterschiedlichen Arbeitsstätten oder bei Tätigkeiten an ständig wechselnden Einsatzstellen gelten gesonderte steuerliche Regelungen, die abweichende Nachweise und Berechnungsmethoden erfordern. Bei behinderten Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung kann auf Antrag die tatsächliche Anzahl der Fahrten zur Hin- und Rückfahrt angesetzt werden.
Welche Rechtsfolgen drohen bei falscher oder unrechtmäßiger Beantragung der Pendlerpauschale?
Die unrechtmäßige Beantragung der Pendlerpauschale, z. B. durch Angabe einer längeren als der tatsächlich zurückgelegten Strecke oder durch Vortäuschung von mehr Arbeitstagen, stellt eine Steuerverkürzung dar und kann gem. §§ 370, 378 AO steuerstrafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Neben einer Nachforderung der zu Unrecht erstatteten Steuervergünstigungen drohen Zinsen, Bußgelder und im schwerwiegenden Fall auch strafrechtliche Sanktionen bis hin zur Freiheitsstrafe. Das Finanzamt ist berechtigt, im Rahmen seiner Prüfungspflicht alle relevanten Nachweise einzufordern und bei Verdacht auf Steuerhinterziehung eine strafrechtliche Ermittlung einzuleiten.