Begriff und Rechtsnatur des Passagiervertrags
Der Passagiervertrag ist ein Vertrag über die entgeltliche Beförderung einer Person von einem Ausgangspunkt zu einem Zielort. Er bildet die rechtliche Grundlage der Personenbeförderung in allen Verkehrsträgern, etwa Luftverkehr, Bahn, Bus sowie See- und Binnenschifffahrt. Inhaltlich verpflichtet er das Beförderungsunternehmen, die sichere und ordnungsgemäße Mitnahme zur vereinbarten Zeit und Strecke zu erbringen, während der Passagier zur Zahlung des Entgelts und zur Einhaltung der Beförderungsregeln verpflichtet ist.
Abgrenzung
Der Passagiervertrag unterscheidet sich von der Güterbeförderung (Fracht) durch den Gegenstand der Beförderung, nämlich die Person. Gegenüber einer Pauschalreise umfasst er typischerweise nur die reine Transportleistung und nicht zusätzlich Unterkunft oder weitere Reisebestandteile. Bei kombinierten Angeboten kann der Passagiervertrag Teil eines umfassenderen Reisevertrags sein.
Zustandekommen
Der Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande, regelmäßig mit der Buchung und deren Bestätigung. Fahrschein, E-Ticket oder Bordkarte dienen als Nachweis. Beförderungsbedingungen und Tarifbestimmungen werden üblicherweise in den Vertrag einbezogen und konkretisieren Rechte und Pflichten beider Seiten.
Vertragsparteien und Vertragsdokumente
Vertragsparteien sind das Beförderungsunternehmen und der Passagier. Buchungen können direkt oder über Vermittler erfolgen. Bei Veranstaltern, die mehrere Leistungen bündeln, kann der Beförderer gleichwohl Vertragspartner für die Transportleistung bleiben.
Fahrschein, Ticket, Buchungsbestätigung
Diese Dokumente belegen den Vertragsinhalt, etwa Strecke, Datum, Tarif, Zusatzleistungen und etwaige Beschränkungen. Elektronische Tickets sind gleichwertig. Sitz- oder Kabinenreservierungen können Bestandteil sein oder gesondert vereinbart werden.
Beförderungs- und Tarifbedingungen
Allgemeine Bedingungen regeln unter anderem Check-in-Fristen, Gepäckgrenzen, Sicherheitsvorgaben, Umbuchungs- und Stornoregeln. Sie sind wirksam einbezogen, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zugänglich und zumutbar zur Kenntnis zu nehmen sind.
Hauptleistungspflichten
Pflichten des Beförderers
Der Beförderer schuldet die sichere, ordnungsgemäße und planmäßige Mitnahme auf der vereinbarten Route. Dazu gehören die Bereitstellung eines geeigneten Transportmittels, Zugang zu den vereinbarten Leistungen (z. B. reservierter Sitzplatz, sofern vereinbart) sowie die Information über relevante Änderungen.
Pflichten des Passagiers
Der Passagier ist zur Zahlung des Entgelts verpflichtet und muss die vertraglich festgelegten Vorgaben einhalten, insbesondere Check-in- und Boardingzeiten, Identitäts- und Dokumentationspflichten, Gepäck- und Sicherheitsregeln, Verhaltensanforderungen an Bord und Anweisungen des Personals.
Leistungsstörungen
Verspätung, Annullierung, Überbuchung
Kommt es zu Verzögerungen, Ausfällen oder Nichtbeförderung aus Kapazitätsgründen, bestehen je nach Verkehrsträger Ansprüche auf Information, Betreuung, alternative Beförderung oder Rückerstattung. Der konkrete Umfang hängt von den zugrunde liegenden Regelwerken und Tarifbedingungen ab.
Rechte bei Abweichungen vom Fahr- oder Flugplan
In Betracht kommen Weiterbeförderung zum frühestmöglichen Zeitpunkt, Umbuchung auf einen späteren Zeitpunkt, Rückbeförderung zum Ausgangspunkt oder Erstattung des Beförderungsentgelts. Betreuungsleistungen können Verpflegung, Kommunikationsmöglichkeiten und gegebenenfalls Unterkunft umfassen.
Nichtbeförderung
Wird ein Passagier trotz gültiger Buchung ohne eigenes Fehlverhalten nicht befördert, greifen besondere Ausgleichs- und Unterstützungsmechanismen, die je nach Verkehrsträger unterschiedlich ausgestaltet sind.
Umleitungen und Fahrplanänderungen
Änderungen der Route oder des Fahr- bzw. Flugplans können zulässig sein, wenn sie vom Vertrag oder den Bedingungen gedeckt sind. Maßgeblich ist, dass die Beförderung zum Zielort in zumutbarer Weise gewährleistet bleibt.
Höhere Gewalt und betriebliche Gründe
Ereignisse außerhalb der Kontrolle des Beförderers können Haftung und Leistungsansprüche begrenzen. Betriebliche Ursachen führen hingegen regelmäßig zu weitergehenden Passagierrechten. Die Einordnung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und den anwendbaren Regelungen.
Haftung und Schadenersatz
Personenschäden
Bei Verletzung oder Tod eines Passagiers haftet der Beförderer nach verschuldensabhängigen oder -unabhängigen Grundsätzen, die je nach Verkehrsträger variieren. Üblich sind Haftungshöchstgrenzen und Beweislastverteilungen, die eine abgestufte Verantwortung vorsehen.
Gepäckschäden und -verlust
Für aufgegebenes Gepäck bestehen eigenständige Haftungsregeln, häufig mit Höchstbeträgen und Ausschlüssen für bestimmte Gegenstände. Handgepäck liegt überwiegend im Verantwortungsbereich des Passagiers, es sei denn, der Schaden ist auf Handlungen des Beförderers zurückzuführen. Schäden sind innerhalb vorgesehener Fristen anzuzeigen.
Verspätungsschäden
Reine Vermögensfolgen aus Verspätungen sind häufig nur eingeschränkt ersatzfähig. Entscheidend sind Nachweisbarkeit, Kausalität und etwaige Haftungsbegrenzungen.
Mitverantwortung des Passagiers
Verstöße gegen Sicherheits- oder Mitwirkungspflichten können Ansprüche mindern oder ausschließen. Dazu zählen unzulässige Gegenstände, fehlende Reisedokumente oder Nichtbeachtung von Anweisungen.
Melde- und Fristvorgaben
Ansprüche bei Gepäck- oder Personenschäden und bei Leistungsstörungen sind in der Regel innerhalb kurzer Fristen geltend zu machen. Zudem bestehen zeitliche Grenzen für die gerichtliche Durchsetzung.
Besonderheiten nach Verkehrsträger
Luftverkehr
Regelungen betreffen unter anderem Check-in-Deadlines, Sicherheitskontrollen, Sitzplatzsysteme, Codesharing und Anschlussflüge. Mehrteilige Tickets können als zusammenhängende Beförderung behandelt werden.
Eisenbahn
Wesentlich sind Zugbindung, Platzreservierung, Anschlussgewährleistung und Erstattungsmodalitäten bei nicht genutzten Fahrkarten. Bei verpassten Anschlüssen kommen Unterstützungsleistungen in Betracht.
Bus- und Fernbusverkehr
Maßgeblich sind festgelegte Haltestellen, Mitnahmeregeln, Sitzplatzsysteme und Gepäckvorgaben. Für längere Strecken gelten erweiterte Informations- und Unterstützungsstandards.
See- und Binnenschifffahrt
Bei Fähr- und Kreuzfahrten bestehen Besonderheiten zu Kabinenkategorien, Hafenänderungen, Landgängen und medizinischer Versorgung an Bord. Witterungs- und Sicherheitslage können die Durchführung beeinflussen.
Preis, Tarife und Vertragsänderungen
Tarifmodelle
Preise können dynamisch sein und variieren nach Buchungszeitpunkt, Flexibilität und Zusatzleistungen. Tarifbedingungen bestimmen Umbuchbarkeit, Erstattungsfähigkeit und Mitnahmeregeln.
Umbuchung, Stornierung, No-Show
Änderungen durch den Passagier richten sich nach den vereinbarten Bedingungen und können Entgelte auslösen. Nichtantritt einzelner Streckenabschnitte kann verbleibende Segmente beeinflussen.
Zusatzleistungen
Leistungen wie zusätzliches Gepäck, Sitzplatzwahl, Mahlzeiten oder Internetzugang sind gesondert vereinbar und unterliegen eigenen Bedingungen.
Datennutzung und Identitätsprüfung
Angaben des Passagiers
Zur Vertragserfüllung werden personenbezogene Daten verarbeitet, etwa Identitäts-, Kontakt- und Zahlungsdaten. Je nach Route können Vorabdaten an Behörden übermittelt werden.
Datenschutzgrundsätze
Erforderlich sind Zweckbindung, Transparenz, Datensicherheit und begrenzte Aufbewahrung. Rechte auf Auskunft und Berichtigung bestehen nach den jeweils anwendbaren Datenschutzvorgaben.
Minderjährige, mobilitätseingeschränkte Personen und Tiere
Minderjährige
Besondere Mitnahmevoraussetzungen können gelten, etwa Begleitpflichten, Altersnachweise oder Zustimmungserklärungen der Sorgeberechtigten.
Mobilität und Barrierefreiheit
Es bestehen Regelungen zur Unterstützung, etwa Hilfe beim Ein- und Aussteigen, Sitzplatzzuweisung und Zugang zu Informationen. Ankündigungsfristen und technische Grenzen des Verkehrsmittels können eine Rolle spielen.
Tiere
Die Mitnahme ist abhängig von Art, Größe und Zweck. Assistenztiere unterliegen besonderen Schutz- und Mitnahmeregeln, während Haustiere zumeist an Transportbehälter und Gewichtsgrenzen gebunden sind.
Vertragsende, Kündigung und Rücktritt
Erfüllung
Der Vertrag endet mit Ankunft am Zielort und Erbringung der vereinbarten Leistung.
Beendigung durch den Beförderer
Eine vorzeitige Beendigung kann in Betracht kommen, wenn Sicherheitsvorgaben verletzt werden, erforderliche Nachweise fehlen oder Entgelte nicht bezahlt wurden.
Beendigung durch den Passagier
Ein Rücktritt ist im Rahmen der vereinbarten Bedingungen möglich. Erstattungen oder Entgelte richten sich nach Tarif und Zeitpunkt der Erklärung.
Internationale Bezüge
Anwendbares Recht und Zuständigkeit
Bei grenzüberschreitenden Beförderungen bestimmen internationale und nationale Regelungen das anwendbare Recht und die gerichtliche Zuständigkeit. Maßgeblich sind Start- und Zielort sowie der Sitz des Beförderers.
Mehrgliedrige Beförderung
Durchgangs- und Interline-Beförderungen können als einheitlicher Vertrag behandelt werden, auch wenn mehrere Unternehmen beteiligt sind. Zu klären ist, welches Unternehmen für welche Teilstrecke Verantwortung trägt.
Sprache und Auslegung
Mehrsprachige Bedingungen können divergieren. Verbindlich ist häufig die im Vertrag festgelegte Fassung.
Durchsetzung von Ansprüchen
Unternehmensinterne Verfahren
Ansprüche werden regelmäßig zunächst gegenüber dem Beförderer geltend gemacht. Die Kommunikation erfolgt anhand der Buchungsdaten und Nachweise.
Schlichtung
Außergerichtliche Streitbeilegung durch Schlichtungsstellen ist in vielen Bereichen vorgesehen und kann die Einigung erleichtern.
Verjährung
Ansprüche unterliegen zeitlichen Grenzen. Die Fristen unterscheiden sich nach Anspruchsart und Verkehrsträger.
Häufig gestellte Fragen zum Passagiervertrag
Was ist ein Passagiervertrag?
Es handelt sich um die Vereinbarung zwischen einem Beförderungsunternehmen und einer Person über die entgeltliche Mitnahme von einem Ausgangspunkt zu einem Zielort. Er regelt Rechte und Pflichten beider Seiten, etwa Leistungserbringung, Zahlung und Beförderungsbedingungen.
Wie kommt der Passagiervertrag zustande?
Der Vertrag entsteht durch Buchung und Annahme durch das Unternehmen, dokumentiert durch Ticket, Fahrschein oder Buchungsbestätigung. Beförderungs- und Tarifbedingungen werden dabei Vertragsbestandteil.
Welche Rechte bestehen bei Verspätung oder Annullierung?
Je nach Verkehrsträger bestehen Ansprüche auf Information, Betreuung, alternative Beförderung oder Erstattung. Der konkrete Umfang richtet sich nach den einschlägigen Regelungen und den vereinbarten Bedingungen.
Wer haftet für beschädigtes oder verlorenes Gepäck?
Grundsätzlich haftet der Beförderer für aufgegebenes Gepäck nach festgelegten Regeln und häufig mit Höchstgrenzen. Handgepäck fällt überwiegend in den Verantwortungsbereich des Passagiers, es sei denn, der Schaden ist dem Beförderer zurechenbar.
Welche Fristen gelten für Reklamationen?
Schäden und Fehlmengen an Gepäck sind zeitnah anzuzeigen; auch für die gerichtliche Geltendmachung bestehen zeitliche Grenzen. Die konkreten Fristen variieren nach Verkehrsträger und Anspruchsart.
Gilt der Passagiervertrag bei Umstiegen oder Codesharing fort?
Bei durchgehenden Buchungen kann eine einheitliche Beförderung vorliegen, auch wenn mehrere Unternehmen beteiligt sind. Verantwortlichkeiten für Teilstrecken ergeben sich aus den Vertragsunterlagen und Vereinbarungen der beteiligten Unternehmen.
Welche Regelungen gelten für Minderjährige und Personen mit eingeschränkter Mobilität?
Es bestehen besondere Mitnahme- und Unterstützungsregelungen, etwa Begleitpflichten, Hilfestellungen und Sitzplatzzuweisungen. Voraussetzungen und Ankündigungsfristen sind verkehrsträgerabhängig.
Wie werden Streitigkeiten aus dem Passagiervertrag beigelegt?
Vorgesehen sind zunächst unternehmensinterne Verfahren, anschließend Möglichkeiten der außergerichtlichen Schlichtung. Eine gerichtliche Klärung ist innerhalb der maßgeblichen Verjährungsfristen möglich.