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Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt


Definition und Grundlagen des Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukts (PEPP)

Das Paneuropäische Private Pensionsprodukt (kurz: PEPP) ist ein auf europäischer Ebene eingeführtes, freiwilliges privates Altersvorsorgeprodukt. Es wurde durch die Verordnung (EU) 2019/1238 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 geschaffen. Ziel des PEPP ist es, innerhalb der Europäischen Union (EU) eine zusätzliche private Altersvorsorge zu etablieren, die grenzübergreifend verfügbar, portabel und standardisiert ausgestaltet ist. Das PEPP ergänzt bestehende nationale private Rentensysteme und trägt zur Stärkung des Binnenmarktes sowie des Kapitalmarktes bei.

Rechtsgrundlagen

Europarechtliche Basis

Die maßgebliche Rechtsgrundlage für das PEPP bildet die oben genannte PEPP-Verordnung (EU) 2019/1238. Diese ist seit dem 14. August 2019 in Kraft und findet als Verordnung unmittelbare Anwendung in allen Mitgliedstaaten der EU ohne Umsetzungsbedarf auf nationaler Ebene. Ergänzt und konkretisiert wird die Verordnung durch delegierte Rechtsakte und technische Regulierungsstandards der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA).

Ziele und Gesetzesintention

Die PEPP-Verordnung bezweckt insbesondere, einen europaweit einheitlichen Rahmen für private Altersvorsorgeprodukte zu schaffen, der eine größere Verbraucherauswahl sowie einen höheren Wettbewerb über Ländergrenzen hinweg fördert. Daneben sollen Defizite in der Altersvorsorge abgebaut und die private Vorsorge gestärkt werden.

Struktur und Merkmale des PEPP

Anbieterzulassung und Registrierung

Die Zulassung zur Bereitstellung von PEPP kann von unterschiedlichen Finanzdienstleistern beantragt werden, dazu zählen Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Banken, Pensionskassen und Vermögensverwaltungsgesellschaften. Voraussetzung für das Anbieten von PEPP ist die Zulassung durch die zuständige nationale Aufsichtsbehörde sowie eine Eintragung des jeweiligen Produkts in ein zentrales Register, das von der EIOPA geführt wird.

Produktgestaltung und Portabilität

Das PEPP ist modular aufgebaut und besteht aus einem Basismodell mit möglichen alternativen Anlagesegmenten. Ein zentrales Element ist die garantierte grenzüberschreitende Portabilität: Verbraucher können ihre angesparten PEPP-Guthaben bei einem Umzug innerhalb der EU ohne Verlust von Ansprüchen und ohne Wechsel des Anbieters „mitnehmen“.

Beitragshöhe und Investitionsstrategien

Die Höhe und Frequenz der Beiträge ist grundsätzlich flexibel und an die Bedürfnisse der Sparer anpassbar. Der Anbieter hat dem Sparer mindestens eine sogenannte „Standardanlageoption“ (Basisschutz) mit vorgeschriebenem Risiko- und Kostenniveau anzubieten. Daneben können weitere, risiko- oder renditeorientierte Anlagestrategien vorgesehen werden.

Transparenz und Informationspflichten

Zur Sicherstellung von Transparenz und Verbraucherschutz bestehen weitreichende Informationspflichten. Dazu zählen insbesondere die Bereitstellung eines PEPP-Basisinformationsblatts sowie regelmäßige Produktinformationen über laufende Kosten, Anlagerenditen und Leistungsoptionen.

Vertragsbedingungen und Leistungsphasen

Anspar- und Auszahlungsphase

Das PEPP sieht eine getrennte Ansparphase und Leistungsphase (Auszahlungsphase) vor. Sparer können das angesparte Kapital ab dem gesetzlichen Rentenalter bzw. ab einem im Vertrag definierten Auszahlungszeitpunkt als lebenslange Rente, als periodische Auszahlungen (z. B. monatlich, jährlich) oder einmalig in Kapitalform erhalten. Die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten können hierbei bestimmte Vorgaben zur bevorzugten Auszahlungsart machen.

Wechsel des PEPP-Anbieters

Während der Ansparphase besteht für den Verbraucher das Recht, nach einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren zu einem anderen PEPP-Anbieter zu wechseln. Die Wechselkosten sind gesetzlich auf einen Höchstbetrag gedeckelt, um die Mobilität des Verbrauchers zu gewährleisten.

Aufsicht und Verbraucherschutz

Aufsichtsstruktur

Die Aufsicht über das PEPP erfolgt im Rahmen der bestehenden Aufsichtsarchitektur auf nationaler Ebene, jedoch unter starker Einbindung und zentralem Register der EIOPA. Die einheitlichen Standards und die Beaufsichtigung der Anbieter sollen den Verbraucherschutz, die Solidität der Vermögensanlagen sowie einen fairen Wettbewerb sichern.

Schutzmechanismen und Garantien

Obwohl das PEPP keine zwingende Garantie für eingezahltes Kapital vorsieht, muss die sogenannte Standardanlageoption so ausgestaltet sein, dass sie einen hohen Verbraucherschutz im Hinblick auf Anlagerisiken bietet. Zudem werden klare Kostendeckel und Offenlegungspflichten vorgegeben, um Transparenz und Sicherheit der Verbraucheransprüche zu erhöhen.

Steuerrechtliche Behandlung

Die steuerliche Behandlung des PEPP ist nicht EU-weit harmonisiert und obliegt der nationalen Regelungskompetenz. Die Mitgliedstaaten werden jedoch durch die Verordnung angehalten, das PEPP steuerlich nicht ungünstiger zu behandeln als nationale private Altersvorsorgeprodukte. Ziel ist es, Diskriminierungen zu verhindern und die Akzeptanz des Produkts zu fördern.

Abgrenzung zu anderen Altersvorsorgeformen

Das PEPP grenzt sich sowohl von der betrieblichen Altersvorsorge als auch von anderen nationalen privaten Rentenprodukten ab. Während es sich explizit um ein freiwilliges, individuelles Produkt handelt, ist die Paneuropaweite Portabilität das entscheidende Abgrenzungsmerkmal. Auch die strengen Transparenzvorgaben und die Möglichkeit einer zentralen Beaufsichtigung auf EU-Ebene unterscheiden es von vielen nationalen Produkten.

Bedeutung und Entwicklung

Mit der Einführung des PEPP verfolgt die Europäische Union das Ziel, Defizite im Bereich der privaten Altersvorsorge zu adressieren und einen europaweit tragfähigen Rahmen für die private Altersvorsorge bereitzustellen. Der Erfolg des PEPP ist eng an die Akzeptanz durch Verbraucher sowie eine effektive nationale Umsetzung und Steuerförderung gekoppelt. In diesem Zusammenhang steht das PEPP auch im Fokus aktueller Renten- und Kapitalmarktdebatten auf europäischer Ebene.


Quellen:

Häufig gestellte Fragen

Wer ist in der Europäischen Union für die Aufsicht und Registrierung von Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukten (PEPP) zuständig?

Die Registrierung und Beaufsichtigung von Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukten (PEPP) obliegt der Europäischen Versicherungs- und Pensionsaufsichtsbehörde (EIOPA). EIOPA ist dafür verantwortlich, Anbieter und Produkte im zentralen PEPP-Register zu erfassen sowie die Einhaltung der Verordnungsanforderungen (EU-VO 2019/1238) zu überwachen. Nationale Aufsichtsbehörden sind hingegen für die laufende Überwachung zuständig, sobald ein Produkt in ihrem Mitgliedstaat angeboten wird. Diese Doppelstruktur soll die ordnungsgemäße Registrierung neuer Anbieter und Produkte sicherstellen und gewährleisten, dass nationale Besonderheiten und Vorgaben eingehalten werden. Anbieter unterliegen somit sowohl der unionsweiten EIOPA-Aufsicht als auch der jeweiligen nationalen Finanzaufsicht (wie etwa BaFin in Deutschland oder der FMA in Österreich), insbesondere im Hinblick auf Kundenschutz, Produktsicherheit und Anlagevorschriften.

Welche Anforderungen bestehen in Bezug auf Informationspflichten und Transparenz für Anbieter eines PEPP?

Anbieter von PEPP sind rechtlich verpflichtet, umfangreiche und standardisierte Informationsunterlagen bereitzustellen. Zentral ist das sogenannte PEPP-Basisinformationsblatt (PEPP KID), das dem Anleger vor Vertragsabschluss zur Verfügung gestellt werden muss. Dieses muss klar verständliche Angaben zu Kosten, Risiken, jährlichen Leistungen, Garantien, sowie zu etwaigen Einschränkungen bei Auszahlung oder Übertragbarkeit enthalten. Die rechtlichen Vorgaben verlangen zudem jährliche persönliche Standmitteilungen sowie eine laufende Aktualisierung aller wesentlichen Produktinformationen. Ferner sind Anbieter verpflichtet, beim Vertrieb von PEPP stets die Eignung und die persönlichen Verhältnisse des Sparers zu berücksichtigen („Suitability Test“). Die europäische PEPP-Verordnung legt dabei den Mindeststandard für die Offenlegung fest, während ergänzende Regularien durch delegierte EU-Verordnungen und nationale Vorschriften Anwendung finden können.

Welche Vorgaben sieht die PEPP-Verordnung bezüglich der Portabilität vor?

Gemäß der PEPP-Verordnung haben Sparer das gesetzlich verankerte Recht, ihr PEPP-Konto innerhalb der gesamten EU ohne Nachteile oder steuerliche Verluste im Vergleich zur fortlaufenden Beitragszahlung zu übertragen. Anbieter müssen technische wie rechtliche Voraussetzungen schaffen, um es Sparern zu ermöglichen, Teilkonten („Sub-Accounts“) in anderen Mitgliedstaaten zu eröffnen, wenn diese (z. B. durch Umzug oder Arbeitsaufnahme) den Wohnsitz wechseln. Die Übertragbarkeit muss diskriminierungsfrei erfolgen und darf nicht mit Zusatzkosten oder Nachteilen verbunden sein. Bislang ist geregelt, dass Steuerliche Vergünstigungen eines Mitgliedsstaates an die PEPP-Beiträge nur dann anwendbar sind, wenn ein Sub-Account gemäß den jeweiligen nationalen Vorgaben in diesem Staat eröffnet wird.

Welche Anlegerschutzmechanismen sind für PEPP im rechtlichen Rahmen verpflichtend vorgesehen?

PEPP-Anbieter sind gesetzlich verpflichtet, einen Basis-PEPP mit Kapitalgarantie (mindestens nominaler Kapitalschutz) anzubieten. Nur wenn der Sparer diesen Basisschutz explizit ablehnt, kann er alternative PEPP-Varianten mit anderen Risikoprofilen wählen. Zusätzlich bestehen strenge Vorgaben zur Anlagestrategie, Diversifikation und Risikobegrenzung. Die Anlagepolitik muss regelmäßig durch unabhängige Instanzen überwacht werden. Weiterhin bestehen europaweit einheitliche Regeln zur Beschwerde- und Streitbeilegung, unter anderem durch Schlichtungsstellen und den Zugang zu gerichtlicher Überprüfung. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird durch nationale wie europäische Aufsichtsbehörden laufend kontrolliert, wodurch eine robuste rechtliche Grundlage für den Schutz der Verbraucher gewährleistet wird.

Wie ist die Auszahlung und Leistungsphase eines PEPP rechtlich geregelt?

Die Verordnung sieht vor, dass die Auszahlung eines PEPP flexibel gestaltet werden kann und eröffnet dem Anbieter verschiedene Auszahlungsmodelle, wie etwa Kapitalauszahlung, Rentenzahlung oder eine Kombination. Allerdings muss mindestens eine lebenslange Rentenoption angeboten werden. Die gewählte Auszahlungsform bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Sparers, wobei alle Bedingungen, Kosten und steuerlichen Auswirkungen rechtzeitig und transparent mitzuteilen sind. Die Mitgliedstaaten können eigene Bestimmungen bezüglich Steuervergünstigungen und Altersvorgaben für die Leistungsphase anwenden, solange diese im Einklang mit den PEPP-Grundsätzen stehen und die europäische Portabilität nicht verhindern.

Welche aufsichtsrechtlichen Pflichten treffen Vermittler und Vertriebseinheiten von PEPP?

Vermittler und zur Vermittlung berechtigte Vertriebseinheiten müssen besondere Qualifikationsanforderungen erfüllen und unterliegen der Kontrolle sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene. Sie müssen Interessenkonflikte offenlegen, umfassende Beratungspflichten einhalten und die sogenannte Angemessenheits- sowie Geeignetheitsprüfung (Suitability und Appropriateness Test) durchführen. Verstöße gegen diese Pflichten können zu Bußgeldern, Entzug der Vermittlungserlaubnis und weiteren rechtlichen Sanktionen führen. Vermittler sind zudem verpflichtet, die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sicherzustellen, da im Rahmen der Beratung und Antragsannahme sensible personenbezogene Daten verarbeitet werden.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen PEPP-rechtliche Vorschriften?

Verstöße gegen die PEPP-Verordnung können auf verschiedenen Ebenen geahndet werden. Die EIOPA sowie die jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden sind befugt, Verwarnungen, Bußgelder, Vertriebsverbote oder sogar den Widerruf der Zulassung auszusprechen. Darüber hinaus können individuelle Kunden bei Verstößen Schadenersatzansprüche gegenüber Anbietern geltend machen. Schwere Verletzungen der Transparenz-, Informations- oder Anlegerschutzpflichten werden dabei besonders streng sanktioniert, um das Vertrauen in die PEPP-Produkte unionsweit und nachhaltig zu sichern.