Definition und Grundzüge des pactum de non licitando
Das pactum de non licitando ist ein Begriff aus dem Zivilrecht und bezeichnet eine vertragliche Nebenabrede, mit welcher sich eine Partei verpflichtet, ein bestimmtes Gut, etwa eine Sache oder ein Recht, nicht an Dritte zu verkaufen oder zum Erwerb anzubieten. Wörtlich übersetzt bedeutet der lateinische Ausdruck „Abrede des Nichtanbietens“. In rechtlichen Verträgen begegnet das pactum de non licitando vor allem im Zusammenhang mit Vorverkaufsrechten, Optionsverträgen und gewissen Treuhandkonstruktionen, die dem Schutz bestimmter Erwerbsinteressen dienen.
Rechtsnatur und Abgrenzung
Charakterisierung als schuldrechtliche Nebenabrede
Das pactum de non licitando stellt eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen mindestens zwei Parteien dar. Durch diese wird dem Berechtigten das Recht eingeräumt, vom Verpflichteten zu verlangen, ein bestimmtes Gut Dritten nicht zum Verkauf oder Erwerb anzubieten. Im Gegensatz zu absoluten Rechten wirkt das pactum de non licitando ausschließlich zwischen den vertraglich Beteiligten.
Abgrenzung zu anderen Vertragstypen
Eine Abgrenzung ist insbesondere zum Vorkaufsrecht vorzunehmen. Während beim Vorkaufsrecht dem Berechtigten im Falle eines Verkaufes an Dritte der Vorrang eingeräumt wird, beinhaltet das pactum de non licitando die Verpflichtung, einen Verkauf an Dritte grundsätzlich zu unterlassen. Auch von bloßen Konkurrenzverboten und exklusiven Bezugsrechten unterscheidet sich das pactum de non licitando durch seinen speziellen, auf das Nichtanbieten gerichteten Verpflichtungsinhalt.
Anwendungsbereiche
Grundstücks- und Immobilienrecht
Im Immobilienbereich dient das pactum de non licitando häufig dazu, den Verkauf eines Grundstücks oder einer Immobilie an Dritte zu verhindern, etwa bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung oder zur Erfüllung vereinbarter Nebenpflichten. Es findet insbesondere bei komplexen oder gestuften Erwerbsvorgängen Anwendung, um den Status quo im Interesse des Erwerbers oder eines anderen Vertragspartners zu sichern.
Gesellschaftsrecht und M&A
Auch im Gesellschaftsrecht, etwa im Rahmen von Beteiligungsvereinbarungen oder Unternehmensübernahmen (Mergers & Acquisitions), kommt das pactum de non licitando zum Einsatz. Es kann verhindern, dass Gesellschaftsanteile oder Beteiligungen ohne Zustimmung einer bestimmten Partei zum Erwerb angeboten oder verkauft werden.
Vertriebs- und Lizenzverträge
Im Kontext von Vertriebs- und Lizenzverträgen wird das pactum de non licitando verwendet, um Exklusivität zu sichern und unerwünschte Drittverträge auf Seiten des Verpflichteten zu unterbinden.
Rechtliche Wirksamkeit und Grenzen
Formanforderungen
Für die Wirksamkeit des pactum de non licitando gelten grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beziehungsweise des jeweils anwendbaren nationalen Rechts. Eine besondere Formbedürftigkeit besteht nur, wenn der Hauptvertrag formbedürftig ist, beispielsweise bei Grundstücksgeschäften (§ 311b BGB). In diesen Fällen muss die pactum de non licitando-Vereinbarung gleichfalls der notariellen Beurkundung unterliegen.
Zulässigkeit und Inhaltskontrolle
Rechtlich wirksam ist ein pactum de non licitando grundsätzlich, solange es nicht gegen gesetzliche Verbote, die guten Sitten (§ 138 BGB) oder zwingendes Wettbewerbsrecht verstößt. Vertragliche Absprachen, die einen übermäßigen und unangemessenen Ausschluss des Wettbewerbs bewirken, können nach kartellrechtlichen Vorschriften unwirksam sein.
Bindungsdauer und Missbrauchsverbot
Die zeitliche Begrenzung des pactum de non licitando spielt eine wichtige Rolle bei der rechtlichen Wirksamkeit. Unangemessen lange Bindungen können als sittenwidrig angesehen werden, sofern sie keine angemessene Rechtfertigung aufweisen. Ebenso ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beachten, der missbräuchliche Geltendmachungen ausschließt.
Rechtsfolgen der Verletzung
Vertragliche Ansprüche
Wird gegen das pactum de non licitando verstoßen und das Gut dennoch einem Dritten zum Kauf angeboten oder verkauft, stehen dem Berechtigten regelmäßig vertragliche Ansprüche aus dem Hauptvertrag zu. Dazu zählen insbesondere Ansprüche auf Unterlassung künftiger Verstöße sowie gegebenenfalls Schadensersatzansprüche.
Durchsetzbarkeit und praktische Durchsetzung
Die Durchsetzung gestaltet sich unter Umständen schwierig, wenn das Gut trotz Vereinbarung an einen gutgläubigen Dritten weitergegeben wurde. Im Schuldrecht gilt im Regelfall, dass das pactum de non licitando lediglich zwischen den beteiligten Parteien wirkt (relative Wirkung), jedoch keine absolute Rechtswirkung gegenüber Drittkäufern entfaltet. Ausnahmen bestehen nur im Falle bewusster Mitwirkung oder Kenntnis des Drittkäufers hinsichtlich der bestehenden Verpflichtung.
Zusammenhang mit anderen Sicherungsinstrumenten
Das pactum de non licitando lässt sich mit anderen schuldrechtlichen oder sachenrechtlichen Sicherungsinstrumenten kombinieren. Insbesondere in Kombination mit Vorkaufsrechten, Rücktrittsvorbehalten oder mit Hypotheken bzw. Grundschulden ermöglicht es eine abgestufte und differenzierte Gestaltung der Erwerbs- und Absicherungsinteressen.
Internationale Kontexte und Rechtsvergleich
Im internationalen Privatrecht ist zu beachten, dass die Wirksamkeit von pactum de non licitando-Vereinbarungen der jeweiligen nationalen Rechtsordnung unterliegt. Besonders im europäischen Rechtsraum sind Unterschiede hinsichtlich Zulässigkeit, Form und Bindungsdauer zu beachten. Bei grenzüberschreitenden Verträgen empfiehlt sich stets eine gesonderte Regelung zur anwendbaren Rechtsordnung und zur internationalen Zuständigkeit.
Zusammenfassung
Das pactum de non licitando ist ein bedeutendes vertragliches Instrument zur Sicherung exklusiver Erwerbsinteressen. Es verpflichtet den Verpflichteten, einem oder mehreren Dritten das Anbieten bzw. den Verkauf eines Guts zu untersagen. Die Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsinstituten, die sorgfältige Gestaltung sowie die Beachtung rechtlicher Wirksamkeitsvoraussetzungen und Grenzen sind für die praktische Wirksamkeit maßgeblich. In Kombination mit weiteren Sicherungsmechanismen findet das pactum de non licitando breite Anwendung in unterschiedlichen Bereichen des Privatrechts und der Vertragsgestaltung.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Folgen hat ein pactum de non licitando im Rahmen von Versteigerungen?
Das pactum de non licitando – das Versteigerungsverbot oder das Bietungsverbot – kann erhebliche rechtliche Folgen für die Beteiligten einer Versteigerung entfalten. Wird ein solches Abkommen wirksam und rechtlich zulässig zwischen den Vertragsparteien getroffen, verpflichtet sich mindestens eine Partei, bei der Versteigerung nicht mitzubieten oder nicht licitieren zu lassen. Wird gegen das pactum verstoßen, können Unterlassungs- und gegebenenfalls sogar Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Ausgeschlossen ist jedoch regelmäßig die Geltendmachung der Nichtigkeit des Zuschlags oder des gesamten Versteigerungsverfahrens, sofern das pactum nicht im offenen Widerspruch zu gesetzlichen Verboten oder guten Sitten (§ 134, § 138 BGB) steht. In bestimmten Fällen, etwa wenn das pactum de non licitando bewirkt, dass der Auktionator oder die Gläubigerseite wesentlich benachteiligt wird, ist eine Unwirksamkeit nach § 138 BGB (Sittenwidrigkeit) oder § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) möglich.
Inwieweit ist ein pactum de non licitando sittenwidrig oder verstößt gegen gesetzliche Vorschriften?
Sittenwidrigkeit kann insbesondere dann angenommen werden, wenn das pactum dazu dient, den Preis bei einer Zwangsversteigerung oder freiwilligen Auktion künstlich zu manipulieren oder gezielt zum Nachteil eines Beteiligten einzusetzen. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH ist die Sittenwidrigkeit i.d.R. dann gegeben, wenn das pactum de non licitando auf ein kollusives Zusammenwirken zwischen den Beteiligten hinausläuft, das den Ausschluss fairen Wettbewerbs bezweckt, den Erlös drückt oder die Interessen des Eigentümers, Gläubigers oder anderer legitimer Beteiligter unterläuft. Verstößt das pactum gegen zwingendes Recht, insbesondere die Vorschriften zur öffentlichen Versteigerung (§ 1235 BGB, § 817 BGB, § 9 Abs. 2 ZVG), so ist es ebenso nichtig.
Wer ist durch ein pactum de non licitando begünstigt und wer trägt Risiken?
Begünstigt durch ein pactum de non licitando ist in der Regel derjenige, der das pactum initiiert oder von der Ausschaltung potenzieller Mitbieter profitiert, etwa der Käufer oder ein verbündeter Bieter. Die Risiken trägt primär derjenige, der durch das pactum an seinem Bietverhalten gehindert wird; er kann sich unter Umständen schadensersatzpflichtig machen, sollte er das pactum brechen, und riskiert zusätzlich rechtliche Konsequenzen, sofern das pactum als sittenwidrig (und damit nichtig) eingestuft wird. Für den Veräußerer bestehen Risiken dahingehend, dass der Kaufgegenstand unter Wert veräußert wird und somit ein wirtschaftlicher Schaden eintritt.
Wie verhält sich das pactum de non licitando zu kartellrechtlichen Bestimmungen?
Das pactum de non licitando ist unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten von großer Relevanz, insbesondere im Kontext von Auktionen, bei denen mehrere relevante Marktteilnehmer beteiligt sind. Nach deutschem und europäischem Kartellrecht (§§ 1 GWB, Art. 101 AEUV) sind Absprachen, die den Wettbewerb verhindern, beschränken oder verfälschen, grundsätzlich verboten. Ein pactum de non licitando, das dazu dient, bestimmte Teilnehmer zum Nichtbieten zu bewegen und so den Preis künstlich zu senken oder einzelne Anbieter zu bevorzugen, kann einen Verstoß gegen diese Regelungen darstellen. Kartellbehörden verfolgen solche Absprachen konsequent; Sanktionen reichen von der Nichtigkeit der Abrede bis hin zu erheblichen Bußgeldern.
Ist ein pactum de non licitando im Rahmen von Zwangsversteigerungen zulässig?
Im Rahmen von Zwangsversteigerungen ist die Zulässigkeit eines pactum de non licitando besonders kritisch, da das Versteigerungsverfahren streng formalisiert und auf Transparenz sowie fairen Wettbewerb ausgelegt ist. Nach § 9 Abs. 2 ZVG sind Nebenabreden, die auf eine Ausschaltung von Bietern zielen, grundsätzlich unzulässig, da sie dem Grundsatz der Bestbieterhaftigkeit zuwiderlaufen und somit den Interessen der Gläubiger und der Öffentlichkeit schaden. Verstöße können sowohl die Nichtigkeit der Abrede als auch die Nichtbeachtung durch das Vollstreckungsgericht zur Folge haben. In krassen Fällen kann sogar eine strafrechtliche Relevanz nach § 263 StGB (Betrug) gegeben sein.
Welche prozessrechtlichen Möglichkeiten bestehen zur Durchsetzung oder Abwehr eines pactum de non licitando?
Prozessrechtlich kann die Durchsetzung der Unterlassungs- oder ggf. der Schadensersatzansprüche aus einem pactum de non licitando mittels Zivilklage erfolgen. Die klagende Partei muss das Bestehen und den Inhalt des pactum beweisen, ebenso wie die Verletzungshandlung und den daraus entstandenen Schaden. Umgekehrt kann sich der in Anspruch Genommene auf die Nichtigkeit der Vereinbarung berufen, insbesondere unter den Gesichtspunkten der Sittenwidrigkeit oder eines Verstoßes gegen zwingende Rechtsnormen. Das Gericht prüft dann im Einzelfall die Wirksamkeit des pactum und die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch.
Gilt ein pactum de non licitando auch gegenüber Dritten oder nur zwischen den vertragsschließenden Parteien?
Rechtsgrundsätzlich wirkt ein pactum de non licitando als schuldrechtliche Verpflichtung lediglich inter partes, also zwischen den unmittelbar Vertragsbeteiligten. Dritte sind rechtlich nicht gebunden und können weder verpflichtet noch daran gehindert werden, an einer Versteigerung teilzunehmen. Allerdings kann eine mittelbare Wirkung eintreten, sofern Dritte mit den Parteien kollusiv zusammenwirken oder von der Abrede Kenntnis und Vorteil erlangen. Öffentlich-rechtlich – etwa im Rahmen gerichtlicher Zwangsversteigerungen – ist ein pactum de non licitando für das Gericht und die anderen Verfahrensbeteiligten nicht bindend und kann daher in der Praxis auch durchbrochen werden.