Legal Lexikon

Ortsbezirk


Begriff und rechtliche Einordnung des Ortsbezirks

Der Begriff Ortsbezirk bezeichnet eine besondere Form der kommunalen Gliederung, die in bestimmten Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland verankert ist. Ein Ortsbezirk ist dabei eine Untereinheit einer Gemeinde, meist im Rahmen ihrer Gebietsreform entstanden, und dient sowohl der Wahrung lokaler Interessen als auch der Beteiligung der Einwohnerschaft am kommunalen Geschehen. Rechtlich findet der Ortsbezirk insbesondere in den hessischen und rheinland-pfälzischen Kommunalverfassungen Berücksichtigung.

Entstehung und Bedeutung

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für Ortsbezirke ergeben sich primär aus den Gemeindeordnungen verschiedener Bundesländer. Insbesondere die Hessische Gemeindeordnung (HGO) und die Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz (GemO) sehen die Bildung von Ortsbezirken ausdrücklich vor (§§ 82 ff. HGO; §§ 74 ff. GemO). In Bayern, Baden-Württemberg und anderen Bundesländern existieren ähnliche, wenngleich teils abweichende Regelungen unter anderen Begrifflichkeiten (z. B. Ortschaft in Baden-Württemberg).

Zielsetzung der Einrichtung

Ortsbezirke dienen überwiegend dem Zweck, die Einbeziehung der bisherigen Gemeinden (nach Eingliederungen oder Gebietsreformen) mit ihrer gewachsenen Identität und Mitbestimmung in die neue Gemeindestruktur zu erleichtern. Sie gewährleisten, dass besondere örtliche Interessen und Anliegen Berücksichtigung finden und in die Entscheidungen auf gesamtkommunaler Ebene eingebracht werden.

Bildung und rechtlicher Status

Gesetzliche Voraussetzungen

Die Bildung eines Ortsbezirks erfolgt durch Satzung der Gemeinde, die gemäß den maßgeblichen Bestimmungen der jeweiligen Gemeindeordnung zu beschließen ist. Die Abgrenzung der Ortsbezirke ist dabei so vorzunehmen, dass sie bestehende gewachsene Siedlungs- und Ortseinheiten abbildet und deutlich voneinander unterscheidbar hält.

Beispielsweise regelt § 82 HGO:

Gemeinden mit mehreren räumlich getrennten Ortsteilen können durch Hauptsatzung Ortsbezirke bilden.

Selbstverwaltung und Satzungskompetenz

Die Gemeinde besitzt einen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung von Zahl, Größe und Abgrenzung der Ortsbezirke. Innerhalb der Ortsbezirke kann ein eigenes Vertretungsgremium, meist Ortsbeirat genannt, eingerichtet werden. Zugleich ist die Einrichtung des Amts des Ortsvorstehers oder der Ortsvorsteherin vorgesehen.

Aufgaben und Kompetenzen

Aufgaben des Ortsbezirks

Ortsbezirke besitzen keine originären eigenen Verwaltungsaufgaben, erhalten jedoch durch die Gemeindeordnungen und Satzungen Aufgaben in Angelegenheiten von besonderer Bedeutung für den Bezirk. Sie nehmen Stellung zu wichtigen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und werden insbesondere bei Fragen mit unmittelbarem Einfluss auf den Ortsbezirk beteiligt.

Ortsbeirat und Ortsvorsteher

Zusammensetzung und Wahl

Der Ortsbeirat ist das Vertretungsgremium im Ortsbezirk. Seine Größe, Zusammensetzung und die Wahlmodalitäten bestimmt die Gemeinde durch Hauptsatzung. Die Mitglieder werden in der Regel unmittelbar von der Bevölkerung des entsprechenden Bezirks für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt.

Der Ortsvorsteher wird entweder direkt von den Wahlberechtigten des Ortsbezirks oder vom Ortsbeirat gewählt, je nach kommunaler Satzungslage.

Rechte und Pflichten

Der Ortsbeirat verfügt über ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht in Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen. Obligatorische Beteiligung des Ortsbeirats ist etwa vorgesehen bei:

  • Aufstellung und Änderung von Bebauungsplänen,
  • Planung und Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Erhalt von Versorgungsstrukturen, Straßenbau, Freizeiteinrichtungen),
  • Organisation von örtlichen Veranstaltungen.

In Hessen regelt § 82 Abs. 4 HGO, dass die Zuständigkeiten des Ortsbeirats und des Ortsvorstehers durch die Hauptsatzung bestimmt werden.

Beratung und Entscheidungsfindung

Beschlüsse des Ortsbeirats sind intern bindend und werden in Form von Empfehlungen an die Gemeindevertretung beziehungsweise den Gemeindevorstand weitergeleitet. Eine unmittelbare Entscheidungsbefugnis besteht nur im durch Satzung übertragenen Rahmen.

Abgrenzung zu anderen kommunalen Gebilden

Ortsbezirk vs. Ortsteil

Ein Ortsbezirk unterscheidet sich vom Begriff „Ortsteil“. Während Ortsteile als eher statistisch oder traditionell abgegrenzte Bereiche gelten, handelt es sich beim Ortsbezirk um eine formale, rechtsverbindliche Untergliederung mit besonderen Rechten und einer eigenen Mitwirkung der Einwohnerschaft.

Unterschied zu Ortschaften

In anderen Bundesländern existiert mit der Ortschaft ein vergleichbares, jedoch nicht identisches Instrument der kommunalen Gliederung. Die Unterschiede betreffen primär den Umfang der Mitwirkungsrechte und die Verwaltungskompetenzen.

Bedeutung im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung

Ortsbezirke sind Ausdruck der kommunalen Selbstbestimmung und dienen dazu, bürgerschaftliche Beteiligung und demokratische Legitimation auch auf unterer Verwaltungsebene zu ermöglichen. Sie stärken die Identifikation der Einwohnerinnen und Einwohner mit ihrer lokalen Umgebung und fördern die Akzeptanz kommunaler Entscheidungen.

Rechtsquellen und Literaturhinweise

Zentrale Rechtsquellen

  • Hessische Gemeindeordnung (HGO), insbesondere §§ 82 ff.
  • Gemeindeordnung für Rheinland-Pfalz (GemO), §§ 74 ff.
  • Kommunalverfassungen anderer Bundesländer (z. B. § 67 GemO BW)

Weiterführende Literatur

  • Dietlein, Johannes/Burgi, Martin: Kommunalrecht, 17. Auflage, Kapitel: Untergliederung der Gemeinde
  • Jachmann-Michel, Angelika: Kommunalrecht Hessen, 4. Auflage, Kapitel: Organisation der Gemeinde
  • Waldhoff, Christian (Hrsg.): Handbuch Kommunalrecht

Dieser Artikel behandelt den Ortsbezirk als rechtlich definierten Begriff innerhalb der deutschen Kommunalverfassung unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Aspekte. Besonderes Augenmerk liegt auf der gesetzlichen Verankerung, den Aufgaben von Ortsbeirat und Ortsvorsteher sowie der Abgrenzung zu sonstigen kommunalen Organisationsformen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Bildung und Aufgaben von Ortsbezirken?

Die rechtlichen Grundlagen für die Bildung und Aufgaben von Ortsbezirken sind in den jeweiligen Kommunalverfassungen der Bundesländer geregelt. Maßgeblich sind etwa die Gemeindeordnung (GemO) oder die Hessische Gemeindeordnung (HGO), die im jeweiligen Landesrecht verankert sind. Die dort festgelegten Regelungen betreffen sowohl die Voraussetzungen, unter denen Gemeinden in Ortsbezirke eingeteilt werden können, als auch die Mindestanforderungen an deren Verwaltungsorgane und Zuständigkeiten. Häufig ist die Bildung von Ortsbezirken zwingend, wenn zuvor selbstständige Gemeinden im Zuge einer Gebietsreform eingemeindet wurden; dies dient dem Schutz der lokalen Identität und Mitwirkung. Die spezifischen Aufgaben und Befugnisse eines Ortsbezirks sowie seines Ortsbeirates werden üblicherweise in der Hauptsatzung der Gemeinde konkretisiert, wobei die Landesgesetze meist einen Handlungsspielraum eröffnen, aber einige Mindestanforderungen vorschreiben.

Welche rechtlichen Befugnisse hat der Ortsbeirat innerhalb eines Ortsbezirks?

Der Ortsbeirat ist ein Gremium, das innerhalb des Ortsbezirks beratende und teils auch entscheidende Funktionen wahrnimmt. Seine rechtlichen Befugnisse sind durch das Landesrecht, insbesondere durch die Gemeindeordnung, sowie durch die Hauptsatzung der jeweiligen Gemeinde definiert. In den meisten Fällen hat der Ortsbeirat das Recht, zu wichtigen Angelegenheiten, die den Ortsbezirk betreffen, angehört zu werden und Empfehlungen auszusprechen (Beratungsrecht). Dazu gehören unter anderem Fragen der Infrastruktur, örtliche Bauvorhaben oder die Ausgestaltung gemeindlicher Einrichtungen im Bezirk. In spezifisch benannten Angelegenheiten kann dem Ortsbeirat auch ein Entscheidungsrecht eingeräumt werden, das jedoch meist auf Angelegenheiten von ausschließlich örtlicher Bedeutung beschränkt ist. Die konkrete Auflistung dieser Befugnisse befindet sich üblicherweise in der Hauptsatzung.

Wie wird die Wahl des Ortsbeirates rechtlich geregelt?

Die Wahl des Ortsbeirates erfolgt nach dem jeweiligen Kommunalwahlrecht des Bundeslandes, das im Kommunalwahlgesetz und der Kommunalwahlordnung geregelt ist. Dabei werden die Mitglieder des Ortsbeirates von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern des jeweiligen Ortsbezirks direkt gewählt. Die Zahl der zu wählenden Mitglieder richtet sich in der Regel nach der Hauptsatzung der Gemeinde, die auf Grundlage landesrechtlicher Vorgaben ausgestaltet ist. Die Wahlen folgen meist den Grundsätzen der Verhältniswahl, wobei auch Elemente der Mehrheitswahl möglich sind, sofern dies in den einschlägigen Vorschriften vorgesehen ist. Die Amtszeit des Ortsbeirats ist an die Wahlperiode der Gemeindevertretungen gekoppelt.

Inwieweit hat der Ortsbeirat Einfluss auf den Haushaltsplan der Gemeinde?

Rechtlich steht dem Ortsbeirat kein selbstständiges Haushaltsrecht zu, allerdings sieht das Kommunalverfassungsrecht in der Regel die Beteiligung des Ortsbeirates am Haushaltsverfahren vor, sofern Belange des Ortsbezirks betroffen sind. Der Ortsbeirat wird in Haushaltsberatungen einbezogen, insbesondere zur Mitwirkung an der Priorisierung und Festlegung von Ausgaben, die die Infrastruktur oder örtliche Projekte im Bezirk betreffen. Seine Stellungnahmen sind von der Gemeindevertretung bei der Beschlussfassung über den Haushalt zu berücksichtigen, jedoch nicht bindend. Die abschließende Entscheidung obliegt stets den übergeordneten Gemeindeorganen, insbesondere der Gemeindevertretung oder dem Stadtrat.

Gibt es rechtliche Möglichkeiten für die Auflösung oder Änderung von Ortsbezirken?

Die Änderung oder Auflösung eines Ortsbezirks ist rechtlich möglich und wird durch die Gemeindeordnung sowie gegebenenfalls durch besondere Gesetze zur Neugliederung des Gemeindegebiets geregelt. Die Hauptsatzung der Gemeinde bestimmt die Zahl und die Abgrenzung der Ortsbezirke. Für deren Änderung ist in aller Regel ein entsprechender Satzungsbeschluss der Gemeindevertretung notwendig, in vielen Bundesländern unterliegen diese Beschlüsse zusätzlichen Anforderungen oder dem Zustimmungsvorbehalt der Genehmigungsbehörde. In Fällen, in denen ein Ortsbezirk infolge von Eingemeindungen entstanden ist, kann eine Änderung unter Umständen auch die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung erfordern, zum Beispiel durch eine Bürgerbefragung oder sogar einen Bürgerentscheid, sofern dies das Landesrecht vorsieht.

Welche rechtlichen Unterschiede bestehen zwischen einem Ortsbezirk und einer Ortschaft?

Ortsbezirke und Ortschaften unterscheiden sich rechtlich insbesondere im Hinblick auf ihren Ursprung und den Grad ihrer Eigenständigkeit. Ortsbezirke sind im Regelfall durch die Hauptsatzung einer Gemeinde definiert und dienen der Gliederung größerer Kommunen, wobei ihnen ein beratender (und in Ausnahmefällen entscheidungsbefugter) Ortsbeirat zur Seite gestellt wird. Ortschaften hingegen sind in einigen Bundesländern (z.B. Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt) eigene Verwaltungseinheiten mit teils weitreichenderen Befugnissen, einschließlich eines eigenen Ortschaftsrates und eines Ortschaftsbudgets. Die rechtliche Ausgestaltung richtet sich nach Landesrecht, wobei Ortschaftsräte häufig mehr Mitbestimmungsrechte und teilweise auch ein eigenes Vorschlags- oder Vetorecht besitzen.

Welche Rechtsmittel stehen Ortsbeiräten bei Streitigkeiten mit der Gemeinde zu?

Ortsbeiräte haben grundsätzlich nur eingeschränkte Rechtsmitteljurisdiktion gegenüber Beschlüssen und Maßnahmen der Gemeindevertretung oder Verwaltung, da sie im Allgemeinen lediglich beratende Funktion haben und keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. Wurden jedoch durch die Gemeinde bei einem bestimmten Vorgang die gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsrechte des Ortsbeirates verletzt (z. B. unterbliebene Anhörung bei einer Angelegenheit des Bezirks), kann dies als Verstoß gegen höherrangige Rechtsnormen geltend gemacht werden. Eine Anfechtung im Klagewege ist dem Ortsbeirat selbst zumeist nur in den Fällen möglich, in denen ihm ausdrücklich eigene Rechte durch Gesetz oder Satzung eingeräumt wurden. Ansonsten obliegt es einzelnen Beiratsmitgliedern oder betroffenen Bürgern, Rechtsschutz, etwa durch Kommunalverfassungsstreitigkeiten, zu suchen.