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Ortsbeirat


Begriff und rechtlicher Rahmen des Ortsbeirats

Der Ortsbeirat ist ein kommunales Vertretungsgremium, das in Deutschland in Städten und Gemeinden für einzelne Stadtteile, Ortsbezirke oder Ortsteile gebildet werden kann. Die rechtliche Ausgestaltung des Ortsbeirats, seine Aufgaben, Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Wahlmodalitäten werden in den Kommunalverfassungen der Bundesländer sowie in den jeweiligen Hauptsatzungen der Kommunen geregelt. Der Ortsbeirat dient als Bindeglied zwischen den Einwohnern eines Bezirks und dem Hauptorgan der Gemeinde, insbesondere dem Gemeinderat oder der Stadtverordnetenversammlung.

Rechtsgrundlagen des Ortsbeirats

Kommunalrechtliche Grundlagen

Die Einführung und Ausgestaltung von Ortsbeiräten erfolgt durch die Kommunalverfassungen der einzelnen Bundesländer. Die maßgeblichen Regelungen finden sich beispielsweise in den Gemeindeordnungen (GO) oder Kommunalverfassungen der Länder, etwa in § 74 ff. Hessische Gemeindeordnung (HGO), § 45 ff. Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO BaWü) oder § 55 Sächsische Gemeindeordnung (SächsGemO). In der überwiegenden Mehrzahl der Bundesländer steht es den Gemeinden frei, durch eine Bestimmung in ihrer Hauptsatzung Ortsbezirke und damit auch Ortsbeiräte einzurichten.

Entstehung durch Hauptsatzung

Die konkrete Einrichtung eines Ortsbeirats erfolgt in der Regel durch Festlegung in der Hauptsatzung der jeweiligen Kommune. Die Hauptsatzung bestimmt dabei insbesondere den Zuschnitt des Ortsbezirks, die Zahl der Mitglieder des Ortsbeirats sowie Einzelheiten über dessen Aufgaben und Befugnisse.

Aufgaben und Befugnisse des Ortsbeirats

Mitwirkungs- und Anhörungsrechte

Ortsbeiräte verfügen typischerweise über umfassende Mitwirkungs- und Anhörungsrechte. Sie sind von der Gemeindeverwaltung über Angelegenheiten, die den jeweiligen Ortsbezirk betreffen, rechtzeitig und umfassend zu informieren. Zu wichtigen Angelegenheiten des Ortsbezirks ist dem Ortsbeirat Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die abschließende Entscheidung bleibt jedoch dem zuständigen Organ der Gesamtgemeinde vorbehalten.

Zu den Angelegenheiten, in denen eine Anhörung oder Beteiligung des Ortsbeirats erforderlich ist, gehören beispielsweise:

  • Planung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen im Ortsbezirk
  • Entscheidungen über die Unterhaltung und Ausstattung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen im Ortsbezirk
  • Fragen der Verkehrsplanung
  • Benennung von Straßen und Plätzen

Die Einzelheiten der Befugnisse können in der jeweiligen Hauptsatzung konkretisiert und ausgeweitet werden.

Entscheidungsrechte

In einigen Fällen können den Ortsbeiräten durch die Hauptsatzung eigene Entscheidungsbefugnisse übertragen werden. Diese Entscheidungsrechte beziehen sich jedoch ausschließlich auf Angelegenheiten des jeweiligen Ortsbezirks und sind in ihrem Umfang gesetzlich eingeschränkt. Die Übertragung solcher Entscheidungsrechte ist fakultativ und bleibt regelmäßig auf bestimmte Bereiche wie die Verwendung von bereitgestellten Haushaltsmitteln für den Ortsbezirk oder bestimmte örtliche Angelegenheiten beschränkt.

Zusammensetzung und Wahl des Ortsbeirats

Anzahl der Mitglieder

Die Zahl der Mitglieder eines Ortsbeirats wird durch die Hauptsatzung der jeweiligen Kommune festgelegt. Sie richtet sich in der Regel nach der Einwohnerzahl des jeweiligen Ortsbezirks. Häufig sind dem Ortsbeirat zwischen drei und fünfzehn Mitglieder zugeordnet.

Wahl und Amtszeit

Die Mitglieder des Ortsbeirats werden grundsätzlich von den Bürgerinnen und Bürgern des jeweiligen Ortsbezirks in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahlmodalitäten orientieren sich weitgehend an den Regelungen zur Wahl der Gemeindevertretung beziehungsweise des Gemeinderats. Die Amtszeit der Ortsbeiratsmitglieder entspricht häufig derjenigen der kommunalen Vertretungskörperschaften, variiert jedoch je nach kommunalrechtlicher Regelung auf Landesebene.

Vorsitz – der Ortsvorsteher

Der Ortsbeirat wählt aus seiner Mitte eine vorsitzende Person, die häufig die Bezeichnung Ortsvorsteher oder Ortsvorsteherin führt. Diese Person repräsentiert den Ortsbezirk nach außen, leitet die Sitzungen des Ortsbeirats und ist Ansprechpartner für die Verwaltung.

Rechtsstellung und rechtliche Grenzen

Bindungswirkung und Überprüfbarkeit

Die Beschlüsse des Ortsbeirats haben in der Regel empfehlenden Charakter, das heißt, sie sind für die Entscheidungsgremien der Gemeinde nicht bindend. Die Kommune muss den Empfehlungen jedoch angemessen Rechnung tragen und ihre Entscheidung begründen, sofern sie hiervon abweichen möchte. Die Mitwirkungsrechte des Ortsbeirats können nicht durch die Gemeinde eingeschränkt oder aufgehoben werden, sofern sie gesetzlich oder in der Hauptsatzung eingeräumt sind.

Pflichten und Verantwortlichkeiten

Die Mitglieder des Ortsbeirats sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen aufgrund ihrer Tätigkeit im Gremium bekannt geworden sind und deren vertraulicher Charakter sich aus gesetzlichen Vorschriften oder nach Weisung des Bürgermeisters ergibt.

Ausscheiden, Abwahl, Nachfolge

Ein Mitglied des Ortsbeirats scheidet aus dem Amt aus durch Fristablauf, Rücktritt, Tod oder Verlust der Wählbarkeit. Außerdem kann ein Mitglied auf Antrag der Gremiumsmehrheit oder auf Initiative der kommunalen Vertretung abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z. B. grobe Pflichtverletzung). Die Nachfolge regelt sich nach den entsprechenden wahlrechtlichen Vorschriften, oftmals durch Nachrücken der nächsten Personen auf der Liste.

Verhältnis zu anderen Organen der Gemeinde

Der Ortsbeirat steht in einem engen Austausch mit dem Gemeinderat bzw. der Stadtverordnetenversammlung. Seine Stellung erinnert an einen Beirat mit festgelegten Kompetenzen und Rechten. Insbesondere bei Angelegenheiten, die ausschließlich den eigenen Bezirk betreffen, besitzt der Ortsbeirat eine besondere Stellung innerhalb der Gemeindeorganisation.

Bedeutung des Ortsbeirats im Kontext der kommunalen Selbstverwaltung

Der Ortsbeirat leistet einen bedeutenden Beitrag zur demokratischen Legitimation öffentlicher Entscheidungen auf örtlicher Ebene und fördert die bürgernahe Verwaltung durch die unmittelbare Einbindung der Einwohner in die Kommunalpolitik. Er ist Ausdruck des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und dient der Wahrung und Vertretung besonderer örtlicher Interessen, ohne dabei die Gemeinde als einheitliches Ganzes zu spalten.

Unterschiede zum Ortschaftsrat und anderen örtlichen Gremien

Während der Begriff des Ortsbeirats in vielen Bundesländern synonym zu Ortschaftsrat oder Beirat für einen Ortsbezirk verwendet wird, bestehen in gewissen Bundesländern Unterschiede in Hinblick auf Wahl, Aufgaben und Kompetenzen. Insbesondere Ortschaftsräte, wie sie beispielsweise in Baden-Württemberg oder Sachsen bestehen, verfügen teils über weitergehende Rechte und sind fest in der Gemeindeordnung verankert. Der Ortsbeirat hingegen kann teilweise mit geringeren Entscheidungskompetenzen ausgestattet sein; letztlich ist die genaue Zuordnung und Bedeutung stets anhand der jeweils geltenden kommunalrechtlichen Grundlagen zu bestimmen.

Literatur

Weblinks


Hinweis: Dieser Artikel enthält eine umfassende rechtliche Beschreibung und dient als Informationsgrundlage für die Einordnung und Bewertung des Ortsbeirats im kommunalrechtlichen Kontext Deutschlands. Der Inhalt ist mit Stand Juni 2024 aktuell.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann Mitglied im Ortsbeirat werden?

Mitglieder eines Ortsbeirats können gemäß kommunalrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich nur wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger der jeweiligen Ortschaft werden. Die exakten Voraussetzungen richten sich nach den Gemeindeordnungen der jeweiligen Bundesländer. Häufig gilt, dass Personen, die zum Zeitpunkt der Wahl das aktive und/oder passive Wahlrecht zur Kommunalwahl besitzen, für einen Sitz im Ortsbeirat kandidieren dürfen. Dies schließt oft ein Mindestalter (z. B. 18 Jahre), den dauerhaften Wohnsitz im entsprechenden Ortsteil und den rechtlichen Ausschluss von bestimmten beruflichen Tätigkeiten (z. B. bei Beamten, die direkt mit der Kommunalverwaltung befasst sind) ein. Von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sind in der Regel Personen, die infolge strafgerichtlicher Verurteilung das Wahlrecht verloren haben oder unter Betreuung stehen. Zudem können weitere Einschränkungen durch kommunale Satzungen oder Sonderregelungen bestehen.

Welche Rechte und Pflichten hat der Ortsbeirat?

Der Ortsbeirat besitzt insbesondere im rechtlichen Sinne ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht zu Angelegenheiten, die den jeweiligen Ortsteil betreffen. Je nach Landesgesetzgebung steht dem Ortsbeirat zudem ein eigenes Beschlussrecht in den durch Hauptsatzung oder Gemeindeordnung festgelegten Angelegenheiten zu. Hierzu gehören klassischerweise Themen wie die Entwicklung des Ortsteils, die Pflege öffentlicher Grünanlagen oder kulturelle und soziale Maßnahmen. Der Ortsbeirat ist verpflichtet, die örtlichen Interessen zu vertreten und kann hierzu Initiativen ergreifen, Anträge stellen, Empfehlungen aussprechen und Beratungstätigkeiten leisten. Die Sitzungsöffentlichkeit – und damit das Recht auf Öffentlichkeit von Beratungen und Beschlüssen – ist regelmäßig durch Gemeindeordnungen geregelt. Pflichten umfassen unter anderem die Teilnahme an Sitzungen, die Beachtung der Verschwiegenheitspflichten bei vertraulichen Angelegenheiten, sowie etwaige Mitwirkungspflichten in den von der Hauptsatzung oder Geschäftsordnung festgelegten Gremien.

Wie erfolgt die Wahl des Ortsbeirats?

Die Wahl der Ortsbeiratsmitglieder erfolgt im Regelfall parallel zu den allgemeinen Kommunalwahlen, nach den allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Grundsätzen. Je nach Landesrecht kommt entweder das Mehrheitswahlrecht (Personenwahl) oder das Verhältniswahlrecht (Listenwahl) zur Anwendung. Die maßgeblichen Bestimmungen hierzu sind in der jeweiligen Gemeindeordnung oder in ergänzenden Kommunalwahlgesetzen geregelt. Einzelne Bundesländer sehen vor, dass die Amtszeit des Ortsbeirats sich an die Wahlperiode der Gemeindevertretung anlehnt, so dass regelmäßige Neuwahlen gemeinsam stattfinden. Das Wahlverfahren, etwa hinsichtlich Stimmabgabe, Sitzzuteilung und Listenaufstellung, erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben. Nach der Wahl wird die Rechtsgültigkeit des Wahlergebnisses in förmlichen Bekanntmachungsverfahren überprüft, inklusive der Möglichkeit, Wahleinsprüche rechtlich geltend zu machen.

Wie bindend sind Beschlüsse des Ortsbeirats?

Die Beschlüsse des Ortsbeirats haben in der Regel empfehlenden oder beratenden Charakter, sofern nicht durch Hauptsatzung oder spezielle gesetzliche Vorschriften ausdrücklich andere Rechte bestimmt sind. Das jeweilige Vertretungsorgan (Gemeinderat, Stadtverordnetenversammlung) oder die Verwaltung sind verpflichtet, die Beschlüsse des Ortsbeirats in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und bei Nichtberücksichtigung gegebenenfalls zu begründen. In bestimmten Bereichen kann dem Ortsbeirat aufgrund kommunalrechtlicher Regelungen ein selbstständiges Beschlussrecht (z. B. für Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaftseinrichtungen) eingeräumt werden. Die Bindungswirkung ergibt sich immer aus dem Zusammenspiel von Gemeindeordnung, Hauptsatzung und Geschäftsordnung der jeweiligen Kommune.

Wie ist die Finanzierung und Kostentragung von Ortsbeiräten geregelt?

Für die Tätigkeit von Ortsbeiräten werden in der Regel Haushaltsmittel im kommunalen Haushalt bereitgestellt. Die konkrete Höhe und Zweckbindung dieser Mittel ist Gegenstand der kommunalen Haushaltsplanung und richtet sich nach der jeweiligen Hauptsatzung sowie speziellen Beschlüssen des Gemeinderats. Darüber hinaus können Mitglieder des Ortsbeirats nach Maßgabe der Entschädigungssatzung der jeweiligen Gemeinde Anspruch auf Sitzungsgelder oder Aufwandsentschädigungen haben. Die ordnungsgemäße Verwendung der bereitgestellten Mittel unterliegt den allgemein geltenden haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Kommunen und wird regelmäßig durch die örtlichen Rechnungsprüfungsorgane kontrolliert.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Ortsbeirat und Gemeindevertretung?

Die Gemeindeordnung sieht eine enge Zusammenarbeit zwischen Gemeindevertretung, Verwaltung und Ortsbeirat vor. Formell ist der Ortsbeirat zu bestimmten, den Ortsteil betreffenden Angelegenheiten zu hören; häufig besteht für die Verwaltung sogar eine Pflicht zur frühzeitigen und umfassenden Information. Anträge und Beschlüsse des Ortsbeirats müssen der Gemeindevertretung beziehungsweise dem zuständigen Ausschuss oder Bürgermeister vorgelegt werden. Die Anliegen des Ortsbeirats werden dort behandelt und sind umfassend zu erörtern sowie im Falle einer Ablehnung zu begründen. Die Geschäftsordnung beziehungsweise die Hauptsatzung regeln im Detail das Verfahren der Zusammenarbeit, insbesondere Informationsflüsse, Fristen und Meldewege.