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Ordnungsmittel


Ordnungsmittel im deutschen Recht

Definition und Allgemeines

Ein Ordnungsmittel ist ein im deutschen Recht vorgesehenes Zwangsmittel, das von Gerichten oder Verwaltungsbehörden zur Durchsetzung von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen verhängt werden kann. Ordnungsmittel dienen der Sicherung und Durchsetzung von Verhaltenspflichten und der Gewährleistung des geordneten Ablaufs von Verfahren. Sie sind insbesondere im Zivilprozessrecht, Familienrecht, Strafprozessrecht, Verwaltungsvollstreckungsrecht sowie im Sozial- und Verwaltungsprozessrecht von Bedeutung.

Rechtsgrundlagen der Ordnungsmittel

Die Rechtsgrundlagen für Ordnungsmittel finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verfahrensordnungen, insbesondere:

  • § 890 und § 891 Zivilprozessordnung (ZPO)
  • § 33 und § 178 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)
  • § 89 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
  • § 62 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
  • § 70 Abs. 2 und 3 Strafprozessordnung (StPO)
  • Landesgesetze der Verwaltungsvollstreckung (VwVG, LVwVG)

Arten von Ordnungsmitteln

Ordnungsgeld

Das Ordnungsgeld ist eine finanzielle Sanktion, die gegen eine Partei oder eine andere verfahrensbeteiligte Person wegen Zuwiderhandlung gegen gerichtliche oder behördliche Anordnungen verhängt werden kann. Die Höhe des Ordnungsgeldes wird im Einzelfall durch das Gericht oder die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen festgesetzt. Die Bestimmung erfolgt unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Schwere der Zuwiderhandlung.

Ordnungshaft

Die Ordnungshaft ist ein weiteres Zwangsmittel und kann verhängt werden, wenn dem Ordnungsgeld nicht nachgekommen wird oder dieses nicht beigetrieben werden kann. Die Dauer der Ordnungshaft ist gesetzlich begrenzt und darf bei einer einzelnen Zuwiderhandlung einen Zeitraum von sechs Monaten nicht überschreiten (§ 890 Abs. 2 ZPO). Die Festsetzung der Ordnungshaft erfolgt regelmäßig nach Anhörung der betroffenen Person.

Ordnungsmittel im Kontext von Ordnungsgeld und Ordnungshaft

Im weiteren Sinne werden beide Maßnahmen unter dem Begriff Ordnungsmittel zusammengefasst. Sie dienen dazu, die Wiederholung von Verstößen gegen gerichtliche oder behördliche Anordnungen zu verhindern und so die Autorität der Justiz und Verwaltung zu wahren sowie die Rechtsordnung zu sichern.

Anwendungsbereiche

Zivilprozessordnung (ZPO)

In der ZPO sind Ordnungsmittel insbesondere zur Durchsetzung von Unterlassungs-, Duldungs- und Handlungspflichten vorgesehen. Bei Verstößen gegen vollstreckbare Anordnungen (insbesondere bei Unterlassungstiteln) kann das Gericht auf Antrag des Gläubigers Ordnungsgeld oder bei Uneinbringlichkeit Ordnungshaft festsetzen (§ 890 ZPO).

Familienrecht

Auch im Familienrecht finden Ordnungsmittel Anwendung, beispielsweise bei der Durchsetzung von Umgangsregelungen, Herausgabe von Kindern oder Unterlassungsverfügungen in Kindschaftssachen.

Verwaltungsprozess und Verwaltungsrecht

Im Verwaltungsprozessrecht (VwGO) können Ordnungsmittel eingesetzt werden, um die Befolgung von Anweisungen der Gerichte oder Verwaltungsbehörden sicherzustellen. Die zugrundeliegenden Vorschriften gehen auf das Verwaltungsvollstreckungsrecht zurück.

Sozialgerichtsverfahren

Analog zu anderen Verfahrensordnungen regelt § 62 SGG die Anwendung von Ordnungsmitteln zur Durchsetzung bestimmter gerichtlicher Maßnahmen im Sozialgerichtsverfahren.

Strafprozessordnung (StPO)

Im Strafprozessrecht können Ordnungsmittel gegen Zeugen, Sachverständige oder andere Beteiligte verhängt werden, etwa um die Anwesenheit zu erzwingen oder die Ordnung im Gerichtssaal zu gewährleisten.

Voraussetzungen und Verfahren zur Anordnung von Ordnungsmitteln

Antrag und Festsetzung

Die Anordnung eines Ordnungsmittels setzt typischerweise einen Antrag der Partei voraus, die die Durchsetzung des titulierten Anspruchs begehrt. Das Gericht prüft, ob der Verstoß nachweisbar und die Voraussetzungen für die Verhängung des Ordnungsmittels erfüllt sind.

Rechtsschutz gegen Ordnungsmittel

Betroffene Personen können gegen die Anordnung eines Ordnungsmittels Rechtsmittel einlegen. Über die Zulässigkeit und den Weg des Rechtsmittels (z.B. Beschwerde) entscheiden die entsprechenden Prozessordnungen. Dabei wird das Interesse an effektiver Durchsetzung mit dem Rechtsschutzinteresse der betroffenen Person abgewogen.

Unterschiede zu anderen Zwangsmaßnahmen

Ordnungsmittel unterscheiden sich von den sogenannten Zwangsmitteln (wie Ersatzvornahme, Zwangsgeld, unmittelbarer Zwang), die im Vollstreckungsrecht, vor allem bei der Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Forderungen, zur Anwendung kommen. Ordnungsmittel haben als Repressionsmittel eine disziplinierende und präventive Funktion, während Zwangsmittel primär auf die unmittelbare Herbeiführung des geschuldeten Zustands gerichtet sind.

Wirkung und Bedeutung

Ordnungsmittel haben eine große praktische Bedeutung für die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, da sie die Befolgung von gerichtlichen und behördlichen Anordnungen notfalls mit empfindlichen Sanktionen absichern. Sie sind unerlässlich, um die Rechtsstaatlichkeit und Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu gewährleisten.

Literatur und weiterführende Hinweise

Für vertiefende Informationen zu Ordnungsmitteln sind allgemein Kommentare zur Zivilprozessordnung sowie einschlägige Werke über Verwaltungsvollstreckung und Verfahrensrecht hilfreich. Gesetzestexte und höchstrichterliche Rechtsprechung bilden die Grundlage für die praktische Anwendung und Auslegung der Ordnungsmittel.


Durch diese umfassende Darstellung werden sämtliche rechtlichen Aspekte des Begriffs Ordnungsmittel systematisch und tiefgehend abgedeckt.

Häufig gestellte Fragen

Wann kommen Ordnungsmittel im Zivilprozessrecht zur Anwendung?

Ordnungsmittel werden im Zivilprozessrecht zur Durchsetzung gerichtlicher Anordnungen eingesetzt, insbesondere wenn eine Partei einer richterlichen Verfügung, einem Beschluss oder einer einstweiligen Verfügung nicht nachkommt. Sie dienen als Zwangsmittel zur Sicherstellung der Wirksamkeit gerichtlicher Entscheidungen ohne direkten Zugriff auf das Hauptverfahren. Die gesetzlichen Grundlagen sind primär in § 890 ZPO (Ordnungsgeld, Ordnungshaft bei Unterlassungsanordnungen) und § 888 ZPO (Zwangsgeld, Zwangshaft zur Erzwingung unvertretbarer Handlungen) zu finden. Anders als im Strafrecht verfolgen Ordnungsmittel keinen Sanktionszweck, sondern zielen ausschließlich auf die Durchsetzung des materiellen Rechts sowie der Anordnungen des Gerichts ab. Klassische Anwendungsfälle sind Verstöße gegen Unterlassungsverpflichtungen, Anordnungen zur Handlungs- oder Duldungspflicht oder den Zwang zur Herausgabe bestimmter Sachen. Die Anordnung setzt in der Regel einen vollstreckbaren Titel und die Zustellung an die verpflichtete Partei voraus. Erst wenn ein Verstoß gegen die titulierte Verpflichtung vorliegt, kann das Gericht auf Antrag des Gläubigers Ordnungsmittel verhängen.

Wie erfolgt das Verfahren zur Verhängung von Ordnungsmitteln?

Das Verfahren zur Verhängung von Ordnungsmitteln wird durch einen Antrag beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingeleitet, wobei der Gläubiger die Verletzung der titulierten Pflicht nachweisen muss. Das Gericht prüft zunächst, ob ein vollstreckbarer Titel existiert und ob dem Schuldner die Verpflichtung unmissverständlich auferlegt wurde. Ist dies der Fall, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen durch Beschluss, ob und welches Ordnungsmittel verhängt wird. Dem betroffenen Schuldner wird in der Regel rechtliches Gehör gewährt, bevor die Entscheidung ergeht (§ 891 ZPO). Gegen die Anordnung kann der Schuldner das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen. Die Durchführung und Vollstreckung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft obliegt den zuständigen Vollstreckungsorganen bzw. der Justizverwaltung.

Welche Arten von Ordnungsmitteln gibt es und wie unterscheiden sie sich voneinander?

Im deutschen Recht werden insbesondere Ordnungsgeld, Ordnungshaft und gelegentlich auch Ordnungsmittel in Form von Zwangsgeld unterschieden. Das Ordnungsgeld (§ 890 ZPO) ist eine Geldzahlung, die für jeden Einzelfall des Verstoßes festgesetzt werden kann. Ordnungshaft ist die Freiheitsstrafe, die anstelle des nicht beigetriebenen Ordnungsgeldes verhängt wird, oder direkt bei besonders schwerwiegenden oder beharrlichen Verstößen in Betracht kommt. Im Verwaltungsrecht gibt es im Rahmen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VwVG) analog Zwangsgeld und unmittelbaren Zwang, wobei sich Begrifflichkeit und Anwendungsbereich hier überschneiden können. Die Wahl des konkreten Ordnungsmittels hängt vom Einzelfall, insbesondere von der Art der zu erfüllenden Pflicht und dem Gewicht des Verstoßes ab.

Was ist bei der Bestimmung der Höhe des Ordnungsgeldes oder der Dauer der Ordnungshaft zu beachten?

Die Höhe des Ordnungsgeldes ist im § 890 Abs. 1 ZPO mit einem Rahmen von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, bei mehreren Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, gesetzlich bestimmt. Die konkrete Festsetzung richtet sich nach Schwere und Dauer des Verstoßes, Grad des Verschuldens sowie nach wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners. Das Gericht muss bei der Bemessung das Übermaßverbot beachten, das heißt, das Ordnungsmittel darf nicht außer Verhältnis zur Pflichtverletzung stehen, muss aber zugleich so fühlbar sein, dass es einen wirksamen Anreiz zur künftigen Befolgung der gerichtlichen Anordnung darstellt. Zum Schutz der Verhältnismäßigkeit können Gerichte in Einzelfällen das Ordnungsgeld niedriger oder gestaffelt festsetzen oder bei geringfügigen Verstößen auf dessen Verhängung verzichten.

Können Ordnungsmittel mehrfach verhängt werden?

Ja, Ordnungsmittel können bei wiederholtem oder andauerndem Verstoß mehrfach verhängt werden, solange die zu vollstreckende Handlung oder Unterlassung nicht ordnungsgemäß erfüllt wurde. Für jedes neue Zuwiderhandeln besteht die Möglichkeit, das Ordnungsgeld oder die Ordnungshaft erneut zu verhängen und je nach Fortdauer oder Schwere des Verstoßes auch der Höhe nach zu steigern. Die Möglichkeit der wiederholten Verhängung stellt sicher, dass der Schuldner bei andauernder Uneinsichtigkeit keinen dauerhaften Vollstreckungsschutz genießt und gerichtliche Anordnungen effektiv durchgesetzt werden können.

Wer trägt die Kosten für die Verhängung und Vollstreckung von Ordnungsmitteln?

Die Kosten für die Verhängung und Vollstreckung von Ordnungsmitteln trägt in der Regel der Verpflichtete, also die Partei, gegen die sich das Ordnungsmittel richtet. Dies ergibt sich aus dem im Zivilprozessrecht geltenden Grundsatz, dass derjenige, der Anlass für das Verfahren gegeben hat, auch dessen Kosten zu tragen hat (§ 91 ZPO analog). Dazu gehören Gerichtsgebühren für das Antragsverfahren sowie Kosten für die Durchführung der Vollstreckung, beispielsweise Auslagen für Gerichtsvollzieher oder Kosten des Freiheitsentzugs bei Anordnung von Ordnungshaft.

Sind gegen die Anordnung von Ordnungsmitteln Rechtsmittel möglich?

Gegen die Verhängung von Ordnungsmitteln kann der Schuldner das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO) einlegen, das binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses einzulegen ist. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung bezüglich der Durchführung des Ordnungsmittels, bis über sie entschieden ist. Das Beschwerdegericht prüft, ob die Voraussetzungen für die Verhängung und die Auswahl sowie Bemessung des Ordnungsmittels zutreffend waren und kann die Entscheidung abändern oder aufheben. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist ein weiteres Rechtsmittel regelmäßig nicht eröffnet, es sei denn, es handelt sich um eine grundrechtsrelevante Frage, die letztinstanzlich vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden könnte.