Definition: Ordentliches Testament
Das ordentliche Testament ist eine im deutschen Erbrecht ausdrücklich geregelte Form der letztwilligen Verfügung (§§ 2231 ff. BGB). Es stellt eine schriftliche Willenserklärung des Erblassers dar, durch die er eigenständig, unter Beachtung gesetzlicher Formvorschriften, die Verteilung seines Nachlasses nach dem Tod regelt. Von besonderer Bedeutung ist die Abgrenzung zum außerordentlichen (Not-)Testament, das nur in Ausnahmefällen zulässig ist. Das ordentliche Testament dient der individuellen Nachlassgestaltung unter der Voraussetzung der Geschäftsfähigkeit und Testierfähigkeit des Erblassers.
Gesetzliche Grundlagen
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das ordentliche Testament finden sich vor allem in den §§ 2229 bis 2273 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die maßgeblichen Vorschriften enthalten Regelungen zu Form, Inhalt, Widerruf und Anfechtung des Testaments. Ziel ist die Sicherstellung der Authentizität und des letzten Willens des Erblassers.
Formen des ordentlichen Testaments
Eigenhändiges Testament
Das eigenhändige Testament ist nach § 2247 BGB die gebräuchlichste Form. Es muss vollständig vom Erblasser handschriftlich verfasst und mit eigenhändiger Unterschrift versehen sein. Die maschinenschriftliche Abfassung oder Verwendung von Schriftstücken Dritter ist nicht zulässig; andernfalls ist das Testament formnichtig. Unabdingbar ist zudem die Angabe von Ort und Datum der Errichtung, wenngleich deren Fehlen nicht per se zur Unwirksamkeit führt, sofern der Wille und die Urheberschaft zweifelsfrei feststehen.
Formvorgaben des eigenhändigen Testaments
- Vollständige Handschriftlichkeit durch den Erblasser
- Eigenhändige Unterschrift, vorzugsweise mit Vor- und Zunamen
- Angabe von Ort und Datum der Errichtung (empfohlen, aber nicht zwingend)
- Klare Erkennbarkeit der Testierabsicht
Öffentliches Testament
Das öffentliche Testament, auch notarielles Testament genannt, wird gemäß § 2232 BGB durch Erklärung des letzten Willens vor einem Notar errichtet. Der Erblasser kann dem Notar seinen Willen mündlich erklären oder eine schriftliche Erklärung übergeben. Der Notar beurkundet die Erklärung bzw. nimmt die Testamentsniederschrift entgegen. Das öffentliche Testament bietet erhöhte Rechtssicherheit und ist insbesondere bei komplexen Vermögens- und Familienverhältnissen ratsam, da der Notar auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften achtet und den Erblasser über die Rechtsfolgen belehrt.
Vorteile des öffentlichen Testaments
- Erweiterte Beweiskraft und erhöhte Fälschungssicherheit
- Zugang zur besonderen amtlichen Verwahrung gemäß § 2258 BGB
- Erleichterung beim späteren Nachweis der Erbfolge (Erbschein)
Wirkung und Reichweite des ordentlichen Testaments
Das ordentliche Testament ermöglicht dem Erblasser, frei über den Nachlass zu verfügen und von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Folgende testamentarische Verfügungen sind zulässig:
- Einsetzung oder Enterbung von Erben (§ 1937 BGB)
- Vermächtnisanordnungen (§ 1939 BGB)
- Auflagen (§ 1940 BGB)
- Anordnung der Testamentsvollstreckung (§ 2197 BGB)
- Vor- und Nacherbfolge (§§ 2100 ff. BGB)
Der Erblasser kann jederzeit ein neues ordentlichen Testament errichten oder frühere Testamente vollständig bzw. teilweise widerrufen. Ein Widerruf kann ausdrücklich mittels Widerrufserklärung oder durch Vernichtung oder Rücknahme aus amtlicher Verwahrung erfolgen (§§ 2253-2258 BGB).
Voraussetzungen und Einschränkungen der Testierfähigkeit
Testierfähigkeit des Erblassers
Voraussetzung für die Errichtung eines ordentlichen Testaments ist die Testierfähigkeit im Sinne des § 2229 BGB:
- Vollendung des 16. Lebensjahres
- Fähigkeit, die Bedeutung und Tragweite der Verfügung zu erkennen
- Ausschluss bei Vorliegen von krankhafter Störung der Geistestätigkeit
Formnichtigkeit und Anfechtbarkeit
Das ordentliche Testament ist formnichtig, wenn die gesetzlichen Formvorgaben nicht eingehalten wurden. Zudem kann eine Anfechtung erfolgen, etwa wegen Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Errichtung (§§ 2078, 2079 BGB).
Hinterlegung und Auffindbarkeit
Aufbewahrung und amtliche Verwahrung
Ordentliche Testamente können privat verwahrt oder zur amtlichen Verwahrung beim Nachlassgericht gegeben werden. Öffentliche Testamente werden grundsätzlich amtlich verwahrt. Vorteil der amtlichen Verwahrung: Nach dem Tod des Erblassers wird das Testament automatisch eröffnet und berücksichtigt.
Registrierung
Die Registrierung des Testaments im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer sorgt für Auffindbarkeit und schützt vor versehentlichem Übergehen der letztwilligen Verfügung.
Abgrenzung: Ordentliches und außerordentliches Testament
Das ordentliche Testament ist die Regelform der letztwilligen Verfügung. Außerordentliche Testamente (Nottestamente) sind nur unter eng begrenzten Ausnahmevoraussetzungen zulässig, etwa bei unmittelbar drohender Todesgefahr (§§ 2249-2251 BGB).
Übersicht: Vorteile und Bedeutung des ordentlichen Testaments
- Rechtssichere Nachlassregelung: Individuelle Gestaltungsmöglichkeit und Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge.
- Beweisfunktion: Klare Dokumentation des letzten Willens.
- Flexibilität: Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs oder der Änderung.
- Schutz vor Fälschung und Manipulation: Insbesondere beim öffentlichen Testament.
Fazit
Das ordentliche Testament bildet das Fundament der Testierfreiheit im deutschen Erbrecht. Es eröffnet dem Erblasser weitgehende Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung der Vermögensweitergabe und gewährleistet gleichzeitig Rechtssicherheit durch klare formale Vorgaben. Die sorgfältige Beachtung der gesetzlichen Formvorschriften ist Voraussetzung für die Wirksamkeit; etwaige Fehler können zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung führen. Das ordentliche Testament ermöglicht eine verlässliche und nachvollziehbare Umsetzung des letzten Willens des Erblassers.
Häufig gestellte Fragen
Welche Formerfordernisse gelten für ein ordentliches Testament?
Ein ordentliches Testament im rechtlichen Sinne unterliegt in Deutschland bestimmten Formerfordernissen, die zwingend einzuhalten sind, damit das Testament wirksam ist. Es gibt zwei Hauptformen des ordentlichen Testaments: das eigenhändige Testament und das notarielle Testament. Das eigenhändige Testament muss vollständig vom Erblasser persönlich handschriftlich geschrieben und eigenhändig unterschrieben werden (§ 2247 BGB). Eine maschinenschriftliche oder getippte Version ist unwirksam, auch wenn der Erblasser sie unterschreibt. Die Unterschrift muss am Ende des Testaments stehen und idealerweise sollte der Erblasser das Datum und den Ort der Errichtung angeben, um spätere Zweifel an der Echtheit und dem Zeitpunkt der Errichtung auszuräumen. Beim notariellen Testament erfolgt die Errichtung durch Erklärung des letzten Willens gegenüber einem Notar oder durch Übergabe einer offenen Schrift an den Notar, der diese dann in die Urkunde aufnimmt (§ 2232 BGB). Werden die Formerfordernisse nicht eingehalten, ist das Testament im Ganzen unwirksam.
Kann ein ordentliches Testament widerrufen oder geändert werden?
Ein ordentliches Testament kann grundsätzlich jederzeit vom Erblasser widerrufen oder geändert werden, solange er testierfähig ist. Der Widerruf kann auf verschiedene Weise erfolgen: Durch Vernichtung des Testaments, durch Errichtung eines neuen Testaments, das ausdrücklich oder konkludent das frühere Testament widerruft, oder durch eine Widerrufserklärung vor einem Notar (§ 2254 BGB ff.). Wird ein neues Testament errichtet, so hebt dieses frühere Verfügungen insoweit auf, als sie mit dem neuen Testament in Widerspruch stehen. Ein Testament kann zudem auch teilweise widerrufen werden, etwa wenn nur bestimmte Regelungen geändert werden sollen. Unabhängig davon bleibt die Testierfreiheit erhalten, d.h., der Erblasser kann beliebig oft neue Testamente errichten oder bestehende widerrufen, solange keine Bindungen aus früheren gemeinschaftlichen oder erbvertraglichen Testamentsformen bestehen.
Welche Rolle spielt die Testierfähigkeit beim ordentlichen Testament?
Die Testierfähigkeit ist eine essentielle Voraussetzung für die Wirksamkeit eines ordentlichen Testaments. Testierfähig ist grundsätzlich jede natürliche Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat (§ 2229 Abs. 1 und 2 BGB) und die in der Lage ist, die Bedeutung ihrer Willenserklärung und deren Tragweite zu erkennen sowie nach dieser Einsicht zu handeln. Personen, die dauerhaft wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder ähnlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage sind, ein Testament zu errichten, sind nicht testierfähig. Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung kann das Nachlassgericht ein Sachverständigengutachten einholen. Stellt sich heraus, dass der Erblasser testierunfähig war, ist das Testament nichtig.
Wer muss das ordentliche Testament aufbewahren und wie erfolgt die Eröffnung?
Die Aufbewahrung des ordentlichen Testaments erfolgt im Falle eines notariellen Testaments stets beim zuständigen Amtsgericht (Nachlassgericht). Eigenhändige Testamente können der sicheren amtlichen Verwahrung beim Nachlassgericht übergeben werden (§ 2248 BGB), sind aber oft in privater Hand und bergen daher das Risiko des Verlusts oder der Manipulation. Nach dem Tod des Erblassers muss das Testament dem Nachlassgericht unverzüglich übergeben werden (§ 2259 BGB). Das Gericht eröffnet daraufhin das Testament formell, d.h. es verliest den Inhalt im Kreis der Erben und sonstigen Beteiligten und gibt diesen eine Ausfertigung. Die Eröffnung ist ein wichtiger Akt zur Sicherstellung der Umsetzung des letzten Willens des Erblassers.
Kann das ordentliche Testament angefochten werden?
Ein ordentliches Testament unterliegt gesetzlichen Anfechtungsregeln. Die Anfechtung kann etwa erfolgen, wenn der Erblasser bei Errichtung des Testaments einem Irrtum unterlag, bedroht oder arglistig getäuscht wurde (§ 2078 BGB). Im Fall einer Anfechtungserklärung muss diese beim Nachlassgericht eingereicht werden, und zwar innerhalb eines Jahres ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes (§ 2082 BGB). Die Anfechtungsberechtigung steht denjenigen Personen zu, denen die Anfechtung unmittelbar zugutekommt, also insbesondere enterbten gesetzlichen Erben oder pflichtteilsberechtigten Personen. Wird die Anfechtung erfolgreich durchgeführt, ist die betreffende testamentarische Verfügung von Anfang an (ex tunc) unwirksam.
Welche gesetzlichen Beschränkungen bestehen bezüglich des Inhalts eines ordentlichen Testaments?
Obwohl eine weitreichende Testierfreiheit besteht, sind bestimmte gesetzliche Schranken zu beachten. So kann der Erblasser zwar frei über seinen Nachlass verfügen, darf dabei aber den Pflichtteil nicht umgehen. Nahen Angehörigen, wie Ehegatten, Kindern und eventuell Eltern, steht unabhängig von der testamentarischen Verfügung ein Pflichtteilsrecht am Nachlass zu (§§ 2303 ff. BGB). Testamentsanordnungen, die sittenwidrig oder gesetzeswidrig sind, etwa wegen Verstoßes gegen das Verbot von Auflagen mit sittenwidrigem Zweck (§ 138 BGB), sind unwirksam. Auch das Verbot der sogenannten Kettenschenkung (§ 2109 BGB) und die Vorschriften des internationalen Privatrechts können Beschränkungen begründen.
Gilt ein gemeinschaftliches Testament auch als ordentliches Testament?
Ein gemeinschaftliches Testament, das von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern errichtet wird, ist eine Sonderform des ordentlichen Testaments (§ 2265 BGB). Die wohl bekannteste Form ist das sogenannte „Berliner Testament“, in welchem sich die Eheleute gegenseitig als Erben einsetzen und bestimmen, wie der Nachlass nach dem Tod des Letztversterbenden verteilt werden soll. Das gemeinschaftliche Testament muss von einem Ehepartner eigenhändig niedergeschrieben und von beiden Ehepartnern unterschrieben werden. Sonst gelten die gleichen Formerfordernisse wie beim Einzeltestament. Zu beachten ist, dass bindende wechselbezügliche Verfügungen nur gemeinsam geändert oder widerrufen werden können. Nach dem Tod eines Ehegatten ist der überlebende Ehegatte vielfach in seiner Testierfreiheit beschränkt (§ 2271 BGB).