Open Skies

Begriff und Doppelbedeutung von Open Skies

Open Skies bezeichnet zwei unterschiedliche, rechtlich eigenständige Konzepte: Zum einen steht es für luftverkehrsrechtliche Liberalisierungsabkommen, die den Markt zwischen Staaten für Fluggesellschaften öffnen. Zum anderen beschreibt es einen sicherheitspolitischen Vertrag, der Beobachtungsflüge zu Transparenz- und Vertrauensbildungszwecken ermöglicht. Beide Bedeutungen teilen den Bezug zum Luftraum, verfolgen jedoch verschiedene Ziele, greifen auf eigene Regelwerke zurück und werden von unterschiedlichen Institutionen getragen.

Open Skies in der Zivilluftfahrt (Liberalisierungsabkommen)

Rechtsnatur und Zielsetzung

Open‑Skies‑Abkommen im Zivilluftverkehr sind bilaterale oder multilaterale völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten oder Staatengruppen. Sie regeln, in welchem Umfang Fluggesellschaften die Territorien der Vertragsstaaten anfliegen und miteinander verbinden dürfen. Ziel ist in der Regel die Öffnung und Flexibilisierung des Marktzugangs, die Förderung des Wettbewerbs sowie die Ausweitung von Flugangeboten unter Wahrung von Sicherheits- und Aufsichtsstandards.

Zentrale Regelungsinhalte

Verkehrsrechte und Freiheiten des Luftverkehrs

  • Überflug und technische Landungen: Erlaubnis, das Hoheitsgebiet zu überfliegen und zu nicht-gewerblichen Zwecken zu landen.
  • Gewerbliche Beförderung zwischen Vertragsstaaten: Beförderung von Personen, Gepäck, Fracht und Post zwischen den Gebieten der Vertragsparteien.
  • Weiterführende Rechte: Je nach Abkommen können Verbindungen zu Drittstaaten einbezogen sein. Inlandsbeförderung innerhalb eines fremden Staates (Kabotage) ist typischerweise ausgeschlossen.

Eigentums- und Kontrollregeln, Betriebszulassungen

  • Designationsmechanismen: Staaten benennen berechtigte Fluggesellschaften; häufig werden „wesentliches Eigentum“ und „tatsächliche Kontrolle“ durch Staatsangehörige des designierenden Staates verlangt.
  • Gegenseitige Anerkennung: Betriebs- und Lufttüchtigkeitszeugnisse werden grundsätzlich anerkannt, vorbehaltlich Aufsichtsbefugnissen des anderen Staates.

Sicherheit, Gefahrenabwehr und Aufsicht

  • Sicherheitsstandards: Verpflichtungen zur Einhaltung internationaler Sicherheits- und Schutzstandards, einschließlich Maßnahmen gegen unrechtmäßige Eingriffe.
  • Aufsichtsrechte: Befugnisse, Audits durchzuführen, Informationen anzufordern und bei Sicherheitsbedenken Maßnahmen bis hin zur Aussetzung von Rechten zu ergreifen.

Verbraucherschutz und Fluggastrechte

Open‑Skies‑Abkommen ersetzen keine verbraucherschützenden Regelungen. Sie bestehen neben allgemeinen und regionalen Normen zu Informationspflichten, Entschädigungen, Betreuung und Barrierefreiheit. Anwendbar sind die jeweils einschlägigen nationalen oder regionalen Vorschriften des Abflug- oder Ankunftsstaates.

Wettbewerb und Subventionen

  • Kartellrechtliche Regeln: Absprachen, Allianzen und Codeshare‑Kooperationen unterliegen der Aufsicht der zuständigen Wettbewerbsbehörden.
  • Staatliche Unterstützungen: Finanzielle Maßnahmen öffentlicher Stellen werden häufig an Transparenz- und Wettbewerbsbedingungen gespiegelt; Missbrauch kann Gegenmaßnahmen auslösen.

Slots und Flughafenzugang

Die Zuteilung von Start- und Landerechten (Slots) sowie der Zugang zu Flughafendiensten werden weiterhin durch nationale und regionale Systeme bestimmt. Open‑Skies‑Abkommen eröffnen Marktchancen, gewähren aber keine automatischen Slot‑Ansprüche.

Datenschutz und Datenübermittlungen

Im Zusammenhang mit der Grenzabfertigung können personenbezogene Fluggastdaten (z. B. API/PNR) übermittelt werden. Dies setzt jeweils eine rechtliche Grundlage, Zweckbindung, Sicherungsmaßnahmen und Aufsicht voraus. Open‑Skies‑Abkommen stehen daneben und regeln Datenfragen nur, soweit ausdrücklich vorgesehen.

Institutionen, Zuständigkeiten und Kompetenzverteilung

Internationale Ebene

Die internationale Zivilluftfahrt stützt sich auf anerkannte Standards und Empfehlungen sowie die Tätigkeit der einschlägigen Organisationen. Open‑Skies‑Abkommen knüpfen daran an, ohne diese zu ersetzen.

Regionale Ebene (Beispiel: Europäische Union)

In integrierten Binnenmärkten kann die Außenkompetenz zentralisiert sein. Luftverkehrsabkommen werden dann im Namen der Staatengemeinschaft geschlossen. Typisch sind Bezeichnungen, die alle berechtigten Luftfahrtunternehmen des Binnenmarkts erfassen („europäische Fluggesellschaften“), anstatt einzelstaatliche Zugehörigkeit zur Voraussetzung zu machen.

Vertragsgestaltung, Anwendungsbereich und Ausnahmen

  • Geltungsbereich: Definiert sind Territorien, Flughäfen, Verkehrsträger sowie Linien- und Nichtlinienverkehr.
  • Ausnahmen: Sicherheits- und Verteidigungsflüge, Staatsluftfahrzeuge und Katastrophenhilfe werden häufig gesondert behandelt.
  • Tarif- und Kapazitätsfreiheit: Häufig weitgehende Liberalisierung, flankiert durch Transparenz- und Konsultationsklauseln.

Streitbeilegung und Durchsetzung

  • Konsultationen: Erste Stufe sind Informationsaustausch und Verhandlungen in gemeinsamen Ausschüssen.
  • Vorläufige Maßnahmen: Bei Sicherheits- oder Wettbewerbsbedenken können Rechte ausgesetzt werden.
  • Schiedsverfahren: Einige Abkommen sehen strukturierte Verfahren zur verbindlichen Klärung vor.

Abgrenzung zur Kabotage

Open‑Skies‑Abkommen betreffen primär den grenzüberschreitenden Verkehr. Inländische Beförderungen innerhalb eines fremden Staates bleiben in der Regel untersagt, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.

Vertrag über den Offenen Himmel (Sicherheit und Rüstungskontrolle)

Rechtsnatur und Geltungsbereich

Der Vertrag über den Offenen Himmel ist ein multilaterales Abkommen zur Vertrauensbildung und Transparenz im militärischen Bereich. Er erlaubt unbewaffnete Beobachtungsflüge über den Hoheitsgebieten der Vertragsstaaten nach festgelegten Regeln. Teilnehmen können in der Regel Staaten des euro-atlantischen Raums, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Rechte und Pflichten der Vertragsstaaten

Beobachtungsflüge und Verfahren

  • Genehmigungsrahmen: Beobachtungsflüge erfolgen nicht nach Einzelgenehmigung, sondern innerhalb der vertraglich vorgesehenen Voranmelde- und Bestätigungsmechanismen.
  • Routen und Flughöhen: Flugrouten werden angekündigt und können aus Sicherheits- oder Luftraumgründen angepasst werden, ohne den Beobachtungszweck zu unterlaufen.
  • Begleitung: Der überflogene Staat ist berechtigt, den Flug zu begleiten und an Bord zu vertreten.

Sensoren und Datenerhebung

  • Sensorenklassen: Zugelassen sind ausschließlich bestimmte Sensoren (z. B. optische, Infrarot-, Radar-basiert) mit festgelegten Leistungsgrenzen.
  • Datenprodukte: Die gewonnenen Bild- und Messdaten werden den Vertragsstaaten zugänglich gemacht; sie dienen der Transparenz über militärische Aktivitäten.

Quoten und Durchführung

  • Beobachtungsquoten: Jeder Staat verfügt über Kontingente für aktive (durchgeführte) und passive (hingenommene) Beobachtungen.
  • Fluggeräte und Besatzungen: Spezielle Beobachtungsflugzeuge und geschultes Personal werden eingesetzt, die vorab zertifiziert werden.

Institutionelle Struktur und Umsetzung

Die Staaten arbeiten in einem ständigen Gremium zusammen, das die praktische Umsetzung koordiniert, technische Fragen klärt und Streitigkeiten beilegt. Dort werden auch Aktualisierungen technischer Parameter beraten.

Beschränkungen, Aussetzungen und Austritte

Der Vertrag enthält Mechanismen für vorübergehende Aussetzungen einzelner Verpflichtungen aus Sicherheitsgründen sowie für den Austritt mit Frist. Austritte einzelner Staaten verändern die Anzahl der Teilnehmer und damit Reichweite und praktische Nutzung, ohne den Vertrag für die verbleibenden Staaten automatisch außer Kraft zu setzen.

Verhältnis zu Souveränität und anderem Recht

Die Lufthoheit verbleibt bei den Staaten. Der Vertrag schafft jedoch eine spezielle Rechtsgrundlage, die Beobachtungsflüge innerhalb bestimmter Grenzen zulässt. Er steht neben allgemeinen Regeln der Luftsicherheit und der zivilen Luftraumverwaltung.

Sicherheits- und Datenschutzaspekte

Die Erhebung und Weitergabe von Daten unterliegt vertraglichen Zweckbindungen und technischen Begrenzungen. Personenbezug ist nicht Ziel der Datenerhebung; im Vordergrund stehen großräumige, sicherheitsrelevante Beobachtungen. Schutzinteressen werden durch Sensorbegrenzungen, Begleitrechte und Verfahrenskontrollen berücksichtigt.

Begriffliche Abgrenzung und praktische Relevanz

Verwechslungsgefahren und Klarstellung

„Open Skies“ im Zivilluftverkehr betrifft Marktzugang, Aufsicht und Wettbewerb zwischen Fluggesellschaften. Der „Vertrag über den Offenen Himmel“ dient dem sicherheitspolitischen Vertrauensaufbau durch Beobachtungsflüge. Beide Instrumente sind unabhängig voneinander; Regelungen des einen gelten nicht automatisch für das andere.

Typische Dokumente und Nachweise

  • Im Luftverkehr: Betriebs- und Verkehrsgenehmigungen, Sicherheitsnachweise, Designationsschreiben, Slot‑Zuteilungen, Kooperationsanzeigen.
  • Im Beobachtungsvertrag: Vorankündigungen, Flugpläne, Zertifizierungen von Fluggerät und Sensoren, Datenpakete und Protokolle der Durchführung.

Häufig gestellte Fragen

Was bedeutet Open Skies im Luftverkehr?

Es handelt sich um zwischenstaatliche Abkommen, die Fluggesellschaften eines Vertragsstaats den Marktzugang im anderen Vertragsstaat erleichtern. Dazu gehören Verkehrsrechte, Anerkennung von Zulassungen, Sicherheitsauflagen sowie Regeln zu Wettbewerb und Aufsicht.

Worin unterscheidet sich das zivile Open‑Skies‑Konzept vom Vertrag über den Offenen Himmel?

Das zivile Konzept betrifft wirtschaftliche Rechte im Linien- und Charterverkehr. Der Vertrag über den Offenen Himmel ist ein sicherheitspolitisches Instrument und erlaubt unbewaffnete Beobachtungsflüge zwischen Staaten zur Transparenz und Vertrauensbildung.

Gewährt ein Open‑Skies‑Luftverkehrsabkommen automatisch Inlandsflüge in fremden Staaten?

Nein. Kabotage, also Inlandsbeförderung in einem anderen Staat, bleibt grundsätzlich ausgeschlossen, sofern sie nicht ausdrücklich vereinbart wurde.

Wer kontrolliert die Einhaltung von Open‑Skies‑Luftverkehrsabkommen?

Zuständig sind die Luftfahrt- und Wettbewerbsbehörden der beteiligten Staaten sowie gemeinsame Ausschüsse der Vertragsparteien. Sie überwachen Sicherheit, Marktzugang und Kooperationen und können bei Verstößen Maßnahmen ergreifen.

Wie werden Streitigkeiten aus Open‑Skies‑Abkommen beigelegt?

Vorgesehen sind in der Regel Konsultationen zwischen den Vertragsparteien, gegebenenfalls mit Unterstützung eines gemeinsamen Ausschusses. Einige Abkommen sehen zusätzliche Schiedsmechanismen vor.

Wer überwacht die Durchführung des Vertrags über den Offenen Himmel?

Die Vertragsstaaten koordinieren sich in einem ständigen Gremium. Dort werden Flüge notifiziert, technische Standards betreut und Fragen der Umsetzung sowie Auslegungsfragen behandelt.

Welche Folgen hat der Austritt eines Staates aus dem Vertrag über den Offenen Himmel?

Die Rechte und Pflichten zwischen dem austretenden und den verbleibenden Staaten entfallen nach Ablauf der Austrittsfrist. Der Vertrag besteht für die übrigen Vertragsparteien fort, seine praktische Reichweite kann sich jedoch verringern.

Wie verhält sich Open Skies zu Datenschutzanforderungen?

Im Luftverkehr gelten für die Übermittlung von Fluggastdaten gesonderte Rechtsgrundlagen mit Regeln zu Zweckbindung, Sicherheit und Aufsicht. Im Beobachtungsvertrag sind Datenverarbeitung und -weitergabe auf sicherheitspolitische Zwecke beschränkt und durch technische Grenzen abgesichert.