Legal Lexikon

Open Skies


Begriff und rechtliche Grundlagen von Open Skies

Open Skies ist ein völkerrechtliches und luftverkehrsrechtliches Konzept, das insbesondere die Liberalisierung des internationalen Luftverkehrs durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen zwischen Staaten beschreibt. Ziel ist, durch eine weitgehende Öffnung der Lufträume den Wettbewerb zwischen Luftfahrtunternehmen zu fördern, Markteintrittsbarrieren zu reduzieren und die Effizienz im internationalen Luftverkehr zu stärken. Open Skies findet sich sowohl in internationalen Staatsverträgen als auch in spezifischen Regelwerken einzelner Staaten und Bündnisse wieder.

Historische Entwicklung

Das Open-Skies-Konzept entstand in den 1980er und 1990er Jahren als Antwort auf die bis dahin vorherrschende staatliche Kontrolle und Begrenzung bilateraler Luftverkehrsrechte. Die ersten Vereinbarungen wurden insbesondere zwischen den USA und europäischen Staaten geschlossen, um restriktive Quoten, Kapazitätsbeschränkungen und Preiskontrollen abzuschaffen. Mit dem Open-Skies-Abkommen (Open Skies Agreement) USA-Nordwesteuropa aus dem Jahr 1992 begann eine neue Ära vertraglicher Öffnung des Luftfahrtmarktes.

Grundlagen und Definitionen

Allgemeine Merkmale

Open Skies bezeichnet in der Luftverkehrswirtschaft jede Vereinbarung, welche Anbieter aus den Vertragsstaaten weitreichende Rechte zur Durchführung internationaler Flugverbindungen einräumt. Dies umfasst insbesondere:

  • Das Recht, Flugstrecken frei zwischen Vertragsstaaten zu wählen und zu bedienen
  • Die Möglichkeit, Verbindungen ohne Kapazitätsbeschränkungen und Sitzkontingente zu betreiben
  • Weitreichende Tariffreiheit
  • Zulassung von Code-Share-Vereinbarungen und Joint Ventures
  • Möglichkeit zum Wet-Lease von Flugzeugen

Vertragstypen und rechtlicher Gehalt

Open-Skies-Vereinbarungen sind in der Regel völkerrechtliche Staatsverträge, die sowohl bilateral (zwischen zwei Staaten) als auch multilateral (zwischen mehreren Staaten) abgeschlossen werden. Sie basieren auf dem „Prinzip der Gegenseitigkeit“ und setzen häufig die Einhaltung weiterer internationaler Abkommen, insbesondere des Chicagoer Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt von 1944, voraus.

Bilaterale Open Skies-Abkommen

Bilaterale Open Skies-Abkommen regeln die gegenseitige Gewährung luftverkehrsrechtlicher Freiheiten zwischen den Vertragspartnern. Zum Standardumfang zählen:

  1. Erste bis fünfte Flugverkehrsfreiheit (z. B. Überflug, Zwischenlandung, Start- und Landerechte, Transit- und Durchführungsrechte, Aufnahme und Abgabe von Passagieren und Fracht zwischen Vertragsstaaten und Drittstaaten).
  2. Vielfach Anerkennung und zivilrechtliche Gleichstellung von Luftfahrtunternehmen der Vertragspartner.
  3. Verzicht auf staatliche Preisfestsetzung und Kapazitätskontrolle.
  4. Regelungen zu Sicherheits- und Umweltstandards nach ICAO-Richtlinien.

Multilaterale Abkommen

Infrastrukturen wie die Europäische Union setzen Open Skies im Rahmen internationaler Verkehrsabkommen (z. B. EU-USA-Luftverkehrsabkommen) auch multilateral um. Hierbei werden nicht nur Marktzutrittsrechte geregelt, sondern auch wettbewerbsrechtliche Fragen, Sicherheitsstandards und Fluggastrechte umfassend harmonisiert.

Rechtlicher Rahmen

Völkerrechtliche Grundlagen

Open Skies fußt auf den Grundsätzen des Übereinkommens über die Internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Konvention von 1944), vor allem auf der Bestimmung, dass der Luftraum eines Staates dessen vollständiger und ausschließlicher Hoheit unterliegt. Die Einzelheiten des internationalen Luftverkehrs müssen deshalb durch bilaterale oder multilaterale Abkommen konkret geregelt werden.

Fünf Freiheiten des Luftverkehrs

Die Chicagoer Konvention kennt fünf grundlegende Rechte („Freiheiten des Luftverkehrs“):

  1. Überflugfreiheit (erste Freiheit)
  2. Landung zu nichtkommerziellen Zwecken (zweite Freiheit)
  3. Recht auf Entladung von Fracht und Passagieren (dritte Freiheit)
  4. Mitnahme von Fracht und Passagieren bei Rückflug (vierte Freiheit)
  5. Aufnahme und Abgabe in Drittstaaten (fünfte Freiheit)

Open Skies erweitert diese Rechte in der Regel um weitere Freiheiten, insbesondere die sechste, siebte und achte Freiheit, die den Fluggesellschaften noch weiterreichende Verkehrsrechte einräumen.

Luftverkehrsrechtliche Umsetzung

Internationale Abkommen

Wichtige Open-Skies-Abkommen wurden unter anderem zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten, Kanada und anderen Staaten abgeschlossen. Sie bilden die Grundlage für den gegenseitigen Marktzugang und eine weitgehend unregulierte Ausgestaltung des Flugverkehrs.

Europarecht

Auf Ebene der Europäischen Union gelten innerhalb des einheitlichen europäischen Luftverkehrsmarktes (Single European Aviation Market) grundsätzlich Open-Skies-Prinzipien zwischen den Mitgliedstaaten. Die Liberalisierung umfasst:

  • Freien Zugang zu Strecken
  • Anerkennung der Betriebsgenehmigungen für Luftfahrtunternehmen (Community Carrier)
  • Wettbewerbsrechtliche Kontrolle durch die Europäische Kommission

Das EU-USA-Luftverkehrsabkommen („Open Skies Agreement“ von 2007, aktualisiert 2010) ermöglicht es europäischen sowie US-amerikanischen Fluggesellschaften, nahezu ohne Einschränkungen zwischen allen Flughäfen auf beiden Seiten des Atlantiks zu fliegen.

Wirtschaftliche und regulatorische Auswirkungen

Wettbewerb und Marktzugang

Open-Skies-Vereinbarungen führen in der Regel zu verstärktem Wettbewerb, der sich positiv auf Preisniveau, Kundenauswahl und Innovationsfähigkeit der Luftverkehrsbranche auswirkt. Gleichzeitig müssen wettbewerbsbeschränkende Praktiken und Fragen staatlicher Beihilfen regelmäßig mitgeregelt werden.

Verbraucherschutz und Fluggastrechte

Im Rahmen von Open-Skies-Abkommen finden europäische und internationale Regelungen zu Fluggastrechten (insbesondere VO (EG) Nr. 261/2004) auch im grenzüberschreitenden Verkehr Anwendung. Damit wird der Verbraucherschutz bei Verspätungen, Annullierungen und Nichtbeförderung gewährleistet.

Sicherheits- und Umweltregulierung

Open-Skies-Abkommen enthalten üblicherweise Verweise auf anerkannte internationale Mindeststandards in den Bereichen Sicherheit, Flugsicherung und Umwelt (bspw. ICAO-Annexes, EASA-Vorschriften). Vertragspartner behalten sich zudem die Möglichkeit von Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausdrücklich vor.

Sonderfall: Vertrag über den Offenen Himmel (Open Skies Treaty)

Neben dem luftverkehrsrechtlichen Begriff Open Skies existiert der „Vertrag über den Offenen Himmel“ (Open Skies Treaty, 1992), ein sicherheitspolitisches Abkommen zur Rüstungskontrolle und militärischer Transparenz. Dieser regelt Beobachtungsflüge über den Hoheitsgebieten der Vertragsstaaten zur Vertrauensbildung und Konfliktvermeidung und ist nicht mit den luftsverkehrsrechtlichen Open Skies-Vereinbarungen zu verwechseln.

Literatur und Quellen

  • Übereinkommen über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (Chicagoer Abkommen)
  • EU-USA-Luftverkehrsabkommen (Open Skies Agreement, 2007 konsolidiert 2010)
  • Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über Fluggastrechte
  • Vertrag über den Offenen Himmel (Open Skies Treaty, 1992)
  • Internationale und nationale Gesetzestexte und Richtlinien zur Luftfahrt

Open Skies nimmt somit sowohl im internationalen Luftverkehrsrecht als auch in der konkreten nationalen Umsetzung eine zentrale Rolle bei der Liberalisierung, Regulierung und Entwicklung des globalen Luftverkehrssektors ein.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen hat ein Verstoß gegen das Open-Skies-Abkommen für einen Vertragsstaat?

Ein Verstoß gegen das Open-Skies-Abkommen zieht für den betroffenen Vertragsstaat erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich, welche sowohl im Text des Vertrags als auch im Völkerrecht verankert sind. Zunächst sieht das Abkommen die Möglichkeit vor, Streitigkeiten zunächst auf diplomatischer Ebene zu lösen. Sollte eine Einigung hier scheitern, steht der Weg zum sogenannten Konsultationsmechanismus offen, der ein spezielles Konsultationsverfahren unter Beteiligung aller Vertragsparteien vorsieht (Artikel XV). Falls eine Vertragspartei wiederholt oder gravierend gegen die Abkommensbestimmungen verstößt, haben die übrigen Vertragsstaaten das Recht, als Kollektiv vorzugehen, etwa durch zeitweilige Suspendierung von Überflugsrechten oder die Einberufung einer außergewöhnlichen Versammlung. In Extremfällen, wenn der Zweck und die Sicherheit des Abkommens wesentlich beeinträchtigt werden, kann das Vertragsverhältnis einseitig nach Artikel XV Abs. 5 gekündigt werden. Außerdem bestehen Haftungsfragen gemäß internationalem Recht, insbesondere wenn durch einen Verstoß Schäden an anderen Vertragsstaaten oder deren Objekten entstehen. Die betroffene Partei könnte dann verpflichtet sein, Wiedergutmachung zu leisten. Zudem kann eine Nichteinhaltung eines durch das Abkommen entstandenen völkerrechtlichen Vertrauens die bilateralen und multilateralen Beziehungen stark belasten und diplomatische Konsequenzen nach sich ziehen. Insgesamt sind Verstöße gegen das Open-Skies-Abkommen nicht ausschließlich mit unmittelbaren Sanktionen, sondern auch mit weitreichenden politischen und rechtlichen Folgen verbunden.

Welches Recht findet auf Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten im Rahmen des Open-Skies-Abkommens Anwendung?

Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten unterliegen primär den Regelungen des Open-Skies-Abkommens selbst sowie dem allgemeinen Völkergewohnheitsrecht. Ein zentrales Element ist der in Artikel XV des Abkommens normierte Mechanismus zur Streitbeilegung. Demnach sind die Vertragsparteien zunächst verpflichtet, Streitigkeiten durch Konsultationen oder Vermittlung zu lösen. Falls dies fehlschlägt, sieht das Abkommen die Möglichkeit vor, durch das sogenannte Depositar- oder Exekutivorgan einen Schlichtungsprozess einzuleiten. Sollte eine Streitigkeit nicht einvernehmlich geregelt werden können, kann diese einer ad hoc eingesetzten Schiedskommission oder – falls vereinbart – dem Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden. Das Abkommen steht damit in Einklang mit grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts, wie dem Vorrang der friedlichen Streitbeilegung. In Ermangelung spezifischer Abkommensregelungen kommen völkerrechtliche Grundsätze, insbesondere das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge (WVRK), zur Anwendung.

Welche Protokollierungs- und Dokumentationspflichten bestehen im Rahmen des Open-Skies-Abkommens?

Das Open-Skies-Abkommen sieht umfassende Protokollierungs- und Dokumentationspflichten vor, die aus rechtlicher Sicht der Nachvollziehbarkeit, Transparenz und Überprüfbarkeit von Überwachungsflügen dienen. Jede Vertragspartei ist verpflichtet, genehmigte Überflüge und deren Ergebnisse ordnungsgemäß zu dokumentieren, hierzu zählen Flugpläne, Aufzeichnungen über verwendete Sensoren und mitgeführte technische Ausrüstung sowie Protokolle zu besonderen Vorkommnissen oder Abweichungen vom genehmigten Flugprofil. Zusätzlich müssen die Vertragspartner sogenannte Missionsberichte an das gemeinschaftliche Untersuchungsgremium oder den Depositarstaat übermitteln. Diese Dokumente gelten als völkerrechtliche Urkunden, die bei Streitigkeiten oder Untersuchungen als Beweismittel herangezogen werden können. Die Protokolle sind über einen im Vertrag festgelegten Zeitraum aufzubewahren und auf Verlangen allen anderen Vertragsstaaten zugänglich zu machen.

Welche rechtlichen Bestimmungen gelten für den Einsatz von Sensoren und Bildaufnahmetechnik bei Open-Skies-Flügen?

Die Benutzung von Sensoren und Bildaufnahmetechnik während Open-Skies-Flügen unterliegt strengen technischen und rechtlichen Vorgaben. Das Abkommen legt genau fest, welche Sensortypen (z.B. optisch, Infrarot, Radar) und welche Auflösungsstandards zulässig sind. Jede neue Sensorentechnologie muss vor der Einführung von sämtlichen Vertragsstaaten überprüft und genehmigt werden. Die rechtliche Grundlage hierzu findet sich insbesondere in Anhang D des Abkommens, in dem technische Spezifikationen und Zulassungsverfahren detailliert beschrieben sind. Eine unautorisierte Veränderung oder Aufrüstung der Sensortechnik verstößt gegen die Vertragsbestimmungen und kann als schwerer Rechtsbruch gewertet werden, mit entsprechenden diplomatischen, politischen und rechtlichen Folgen. Die Integrität und Vergleichbarkeit der aufgenommenen Daten wird ebenfalls rechtlich geregelt, um eine einheitliche Umsetzung und Auswertung zu garantieren.

Inwiefern unterliegt die Auswertung und Weitergabe der während Open-Skies-Flügen gewonnenen Daten rechtlichen Beschränkungen?

Die Auswertung und Weitergabe der im Rahmen des Open-Skies-Abkommens gewonnenen Daten ist durch spezifische rechtliche Schranken reguliert. Grundsätzlich steht allen Vertragsstaaten das Recht zu, Zugang zu den Bild- und Messdaten zu erhalten, um eine gleichberechtigte Informationsbasis zu schaffen. Die Nutzung der Daten ist jedoch ausschließlich auf die im Vertrag vorgesehenen friedlichen und sicherheitsrelevanten Zwecke beschränkt. Eine Weitergabe an Drittstaaten oder eine kommerzielle Verwertung ist nicht vorgesehen und könnte eine Vertragsverletzung darstellen. Zudem verpflichtet das Abkommen dazu, bei der Verwahrung, Archivierung und dem Schutz der sensiblen Daten angemessene Datenschutz- und Sicherheitsstandards anzuwenden. Die rechtliche Überprüfung dieser Pflichten obliegt einem Kontrollgremium, das Verstöße ahnden und deren Beseitigung verlangen kann.

Wie ist im Falle des Austritts eines Vertragsstaates aus dem Open-Skies-Abkommen die Rechtslage bezüglich bereits gesammelter Daten und laufender Verfahren?

Tritt ein Vertragsstaat aus dem Open-Skies-Abkommen aus, so regelt das Abkommen in Artikel XVI explizit die Modalitäten eines solchen Austritts. Bereits erhobene Daten und abgeschlossene Missionen bleiben dem abtretenden Staat sowie den anderen Vertragsparteien gemäß bisherigen rechtlichen Bestimmungen zugänglich und nutzbar. Laufende Verfahren, insbesondere bei ungeklärten Zwischenfällen oder ausstehenden Konsultationen, müssen auch nach dem formellen Austritt zu Ende geführt werden, wobei der ausscheidende Staat zur Kooperation verpflichtet bleibt. Die Verpflichtung, im Rahmen des Abkommens gewonnene und bereits geteilte Daten nicht für unautorisierte Zwecke zu verwenden, besteht auch nach dem Austritt fort (sogenannte Nachwirkungsklausel). Das Recht auf Durchführung weiterer Überflüge und auf Erhalt zukünftiger Daten erlischt hingegen mit Inkrafttreten des Austritts.

Welche rechtlichen Vorgaben gelten für den Schutz personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Open-Skies-Überwachungsflügen?

Obwohl das Open-Skies-Abkommen primär dem zwischenstaatlichen Informationsaustausch im Bereich der militärischen Sicherheit dient, finden auch datenschutzrechtliche Aspekte Anwendung. Insbesondere dürfen sensible personenbezogene Daten, welche durch Überflüge erfasst werden könnten, nur im strengen Rahmen der jeweiligen nationalen Datenschutzgesetze und internationaler Menschenrechtsabkommen verarbeitet werden. Sollte ein Flug personenbezogene Daten generieren (z.B. bei Aufnahmen ziviler Einrichtungen oder zufällig erfasster Personen), ist der jeweiligen Vertragspartei die Nutzung dieser Daten zu ausschließlich legitimen und im Vertrag festgelegten Zwecken gestattet. Eine darüberhinausgehende Verarbeitung oder Weitergabe – insbesondere in Länder außerhalb des Vertragsregimes – ist untersagt und kann völkerrechtlich sanktioniert werden. Eventuelle Datenschutzverletzungen unterliegen den nationalen Kontrollinstanzen sowie gegebenenfalls dem Konsultationsmechanismus, wie er im Abkommen festgelegt ist.