Begriff und rechtliche Grundlagen der Online-Gründung
Die Online-Gründung bezeichnet den Prozess der rechtlichen Errichtung einer Gesellschaft oder eines Unternehmens unter Nutzung digitaler Technologien, bei dem sämtliche erforderlichen Gründungsakte – von der Planung über die notarielle Beurkundung bis zur Handelsregisteranmeldung – auf elektronischem Wege durchgeführt werden. Diese Form der Unternehmensgründung ist insbesondere durch europäische und nationale Gesetzgebungsreformen möglich geworden, um Verfahren zu vereinfachen und effizienter zu gestalten.
Rechtsrahmen der Online-Gründung in Deutschland und der EU
EU-rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Vorgaben für die Online-Gründung resultieren maßgeblich aus der Richtlinie (EU) 2019/1151 vom 20. Juni 2019, mit der die Digitalisierung des Gründungsprozesses innerhalb der Europäischen Union gefördert werden soll. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, entsprechende Regelungen zu erlassen, die insbesondere die digitale Errichtung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (z.B. GmbH, UG) ermöglichen.
Nationale Umsetzung in Deutschland
In Deutschland erfolgte die Umsetzung dieser Vorgaben insbesondere durch das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) sowie das Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG). Kernpunkt ist die Möglichkeit, die Gründung einer GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG) notariell mittels Videokommunikation zu beurkunden (§ 16a Beurkundungsgesetz [BeurkG], § 2 GmbHG).
Ablauf und Voraussetzungen der Online-Gründung
Schrittweise Durchführung
Der Prozess der Online-Gründung gliedert sich in folgende Schritte:
- Vorbereitung der Gründungsunterlagen
Die Gründungsdokumente, insbesondere der Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafterliste, werden digital erstellt und vorbereitet.
- Identifikation und Beurkundung
Die Identität der Gründer wird im Rahmen eines Video-Ident-Verfahrens mittels eines lizenzierten Anbieters überprüft. Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags erfolgt per Videokonferenz, die rechtlichen Anforderungen an die Authentizität und Vertraulichkeit genügen muss.
- Elektronische Einreichung zum Handelsregister
Nach beurkundeter Gründung übermittelt der Notar die Unterlagen elektronisch zum Handelsregister. Die Kommunikation erfolgt über das besondere elektronische Notarpostfach (beN).
- Eintragung im Handelsregister
Das Registergericht prüft die Unterlagen und trägt die Gesellschaft ein, womit Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit der Firma begründet werden.
Teilnahmeberechtigte Gesellschaftsformen
Die Online-Gründung ist zunächst vorrangig für die GmbH und die UG (haftungsbeschränkt) möglich. Zudem gelten für Aktiengesellschaften (AG) und andere Rechtsformen besondere oder noch eingeschränkte Regelungen, da für sie weitergehende Vorschriften im Hinblick auf Kapitalaufbringung und Gründungsakte bestehen.
Rechtliche Anforderungen und Besonderheiten
Identifikation und Rechtssicherheit
Für die Online-Gründung ist eine sichere Identifikation der Beteiligten zwingend vorgeschrieben. Hierzu werden anerkannte elektronische Identifizierungsmittel gemäß eIDAS-Verordnung verwendet, wie beispielsweise der elektronische Personalausweis. Die Authentizität des Beurkundungsvorgangs wird durch End-zu-End-Verschlüsselung und audiovisuelle Aufzeichnung sichergestellt.
Beurkundung und Formvorschriften
Die digitale Beurkundung ersetzt die physische Anwesenheit der Beteiligten beim Notar. Dieser erhält die Unterlagen in elektronischer Form und führt die Beurkundung im Rahmen einer Videokonferenz gemäß den Anforderungen des Beurkundungsgesetzes (§ 16a BeurkG) durch.
Datenschutz und Datensicherheit
Sämtliche digitale Gründungsakte unterliegen strengen datenschutzrechtlichen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und den sicherheitstechnischen Anforderungen aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sowie spezialgesetzlichen Regelungen für Notare und Registergerichte. Die elektronische Übermittlung erfolgt verschlüsselt und wird protokolliert.
Gebühren und Kosten
Die Kosten für eine Online-Gründung richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und der Notarverordnung (BNotO). Sie unterscheiden sich nicht wesentlich von den Kosten der klassischen Gründung, können jedoch bei der Nutzung rein digitaler Dokumente und Kommunikationswege Effizienzgewinne ermöglichen.
Vorteile und Herausforderungen der Online-Gründung
Vorteile
- Zeit- und Kostenersparnis durch Wegfall physischer Präsenz
- Flexibilität bei der Terminwahl
- Ortsunabhängigkeit (bspw. für im Ausland ansässige Gründer)
- Schnellere Abwicklung durch digitale Prozesse und Übermittlung
Herausforderungen
- Strenge Authentifizierungsanforderungen an Identitätsprüfung und Dokumentensicherheit
- Beschränkung auf bestimmte Gesellschaftsformen
- Technische Ausfälle oder Unterbrechungen während der Videokommunikation
- Akzeptanz von digitalen Signaturen und elektronischen Dokumenten in der Praxis
Ausblick auf die Weiterentwicklung der Online-Gründung
Mit fortschreitender Digitalisierung und weiteren Anpassungen des deutschen und europäischen Gesellschaftsrechts ist eine Ausweitung der Online-Gründungsmöglichkeiten absehbar – beispielsweise auf weitere Gesellschaftsformen und durch verbesserte digitale Infrastruktur. Die konsequente Weiterentwicklung technischer und rechtlicher Standards bleibt ein zentrales Anliegen, um die Sicherheit, Effizienz und Verfügbarkeit von Online-Gründungen nachhaltig zu gewährleisten.
Fazit:
Die Online-Gründung stellt einen modernen, rechtlich regulierten Weg zur Errichtung von Gesellschaften dar. Dank klarer gesetzlicher Regelungen auf nationaler und europäischer Ebene ermöglicht sie eine flexible und sichere Unternehmensgründung, setzt jedoch aufwändige technische und rechtliche Schutzmechanismen zum Schutz aller Beteiligten voraus. Mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung wird die Online-Gründung in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Schritte sind bei der Online-Gründung eines Unternehmens in Deutschland zwingend erforderlich?
Bei der Online-Gründung eines Unternehmens in Deutschland sind mehrere rechtliche Schritte zu beachten. Zunächst muss geprüft werden, welche Rechtsform (z.B. GmbH, UG, Einzelunternehmen) die passende ist, da sich die Abläufe und Anforderungen nach der gewählten Rechtsform unterscheiden. Für Kapitalgesellschaften wie die GmbH oder UG ist eine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags zwingend. Seit dem 1. August 2022 kann diese Gründung auch vollständig online erfolgen, indem die Gründungsdokumente digital signiert und in einer Videokonferenz mit dem Notar beurkundet werden. Im Anschluss ist die Eintragung ins Handelsregister notwendig, die seit 2022 ebenfalls online möglich ist. Gewerbeanmeldungen können meist über das Online-Portal der zuständigen Kommune durchgeführt werden. Zusätzlich gilt es, steuerliche Pflichten zu erfüllen: Die Anmeldung beim Finanzamt (Fragebogen zur steuerlichen Erfassung) lässt sich meist digital erledigen. Auch sollten eventuell notwendige Genehmigungen oder Erlaubnisse vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit eingeholt werden, beispielsweise bei handwerksrechtlichen oder gaststättenrechtlichen Tätigkeiten. Der Ablauf wird von der Verpflichtung zur Einhaltung der Geldwäschevorschriften sowie der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) flankiert, sobald mit personenbezogenen Daten gearbeitet wird.
Welche Dokumente werden für die Online-Gründung eines Unternehmens benötigt und wie müssen diese rechtlich beschaffen sein?
Für eine Online-Gründung sind verschiedene Dokumente notwendig, deren rechtliche Anforderungen strikt einzuhalten sind. Für Kapitalgesellschaften werden beispielsweise ein Gesellschaftsvertrag (bzw. Satzung), die Gesellschafterliste sowie ein Nachweis der Einzahlung des Stammkapitals auf ein vorläufiges Geschäftskonto benötigt. Diese Dokumente müssen in elektronischer Form vorliegen, meist als PDF, und bestimmte Formerfordernisse erfüllen (z.B. Unterschriften, ggf. qualifizierte elektronische Signatur). Beim Einzelunternehmen ist in der Regel der Personalausweis, die Gewerbeanmeldung und ggf. eine Erlaubnis oder Nachweis der fachlichen Qualifikation erforderlich. Bei allen Gründungsunterlagen ist auf Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit zu achten, da Mängel zu Verzögerungen oder gar zur Ablehnung durch die zuständigen Behörden führen können. Für den Handelsregistereintrag benötigen Sie zudem eine notarielle Beurkundung, die online durch ein zertifiziertes Videokonferenzsystem erfolgen muss. Alle eingescannten Nachweise und Unterlagen sollten gut lesbar sein, um rechtlichen Anforderungen zu genügen.
Welche besonderen Pflichten bestehen im Hinblick auf die elektronische Signatur im Rahmen der Online-Gründung?
Die elektronische Signatur ersetzt im Rahmen der Online-Gründung an vielen Stellen die eigenhändige Unterschrift. Für bestimmte Dokumente, insbesondere solche, die beim Handelsregister oder Notar einzureichen sind, ist eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne der eIDAS-Verordnung erforderlich. Diese muss von einem akkreditierten Trustcenter ausgegeben werden und ist mit der Sicherheit einer handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt. Fehlt diese Signatur oder wird lediglich eine einfache, nicht qualifizierte elektronische Signatur verwendet, kann das Registergericht die Eintragung verweigern oder der Notar die Bearbeitung ablehnen. Bei Verträgen, Vollmachten oder anderen offiziellen Dokumenten empfiehlt es sich grundsätzlich, eine qualifizierte Signatur zu verwenden, um Rechtsstreitigkeiten im Nachgang vorzubeugen. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist strikt zu prüfen, da formelle Fehler im Zweifelsfall zur Nichtigkeit von Rechtsgeschäften führen können.
Wie wird die Identitätsprüfung der Gründer bei einer Online-Gründung rechtlich sichergestellt?
Für die Online-Gründung ist eine sichere Identitätsfeststellung aller Beteiligten gesetzlich vorgeschrieben, um Missbrauch oder Identitätsdiebstahl vorzubeugen. Dies geschieht in der Regel über ein zertifiziertes Videolegitimationsverfahren, bei dem der Notar oder eine befugte Stelle während einer Videoverbindung die Ausweisdokumente überprüft, ergänzt durch biometrische Prüfungen und Abgleich von Sicherheitsmerkmalen. Alternativ kann der elektronische Personalausweis mit eID-Funktion genutzt werden, sofern die jeweilige Plattform diese unterstützt. Die so gewonnene Identifikation ist rechtlich der persönlichen Vorsprache gleichgestellt und wird protokolliert. Ohne eine solche Identitätsprüfung ist die Zulassung zur digitalen Beurkundung und die Eintragung ins Handelsregister nicht möglich.
Welche Datenschutzvorgaben sind bei der Online-Gründung zu beachten?
Bereits beim Gründungsprozess fallen personenbezogene Daten (z.B. Name, Geburtsdatum, Anschrift, Steuer-ID) an, die streng nach DSGVO zu behandeln sind. Die Übertragung, Verarbeitung und Speicherung dieser Daten muss technisch und organisatorisch geschützt erfolgen, idealerweise per Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gerade bei Videokonferenzen mit dem Notar oder der Übermittlung von Ausweisdokumenten. Alle eingesetzten Online-Portale und Dienstleister müssen DSGVO-konform arbeiten, was durch entsprechende Auftragsverarbeitungsverträge abgesichert werden sollte. Zudem besteht eine Informationspflicht gegenüber den betroffenen Personen über Art, Zweck und Dauer der Datenverarbeitung sowie deren Rechte, etwa auf Auskunft oder Löschung. Werden diese rechtlichen Vorgaben verletzt, drohen empfindliche Bußgelder und unter Umständen die Unwirksamkeit der Gründung oder einzelner Rechtsakte.
Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei der Online-Gründung aus dem Ausland?
Auch bei der Gründung aus dem Ausland, also wenn Gründer nicht in Deutschland ansässig sind, gilt das deutsche Gesellschaftsrecht uneingeschränkt, sofern in Deutschland gegründet wird. Allerdings müssen nicht in Deutschland ansässige Gründer ihre Identität häufig zusätzlich durch öffentliche Beglaubigungen oder konsularische Bescheinigungen nachweisen. Die Online-Gründung ist technisch-mechanisch auch aus dem Ausland möglich, vorausgesetzt die Gründer können die gesetzlichen Anforderungen an die digitale Identitätsprüfung und qualifizierte elektronische Signatur erfüllen. Eventuell sind Vorgaben im internationalen Steuerrecht oder bei der Eröffnung eines Geschäftskontos im Blick zu behalten. Der Notar prüft in diesen Fällen besonders genau die Erfüllung aller Formerfordernisse und kann etwa Übersetzungen oder Apostillen verlangen.
Welche rechtlichen Risiken bestehen bei Fehlern im Rahmen der Online-Gründung?
Werden bei der Online-Gründung rechtliche oder formelle Fehler begangen, drohen schwerwiegende Konsequenzen. Das beginnt bei der Zurückweisung des Handelsregisterantrags, kann aber auch zur Nichtigkeit der Gründung selbst führen. Häufige Fehler sind unvollständige oder fehlerhafte Gründungsunterlagen, fehlende oder mangelhafte Signaturen sowie unzureichende Identitätsprüfung. Auch Fehler im Zusammenhang mit der Zahlung des Stammkapitals oder bei Einhaltung von Genehmigungspflichten können zu erheblichen Verzögerungen oder kostenintensiven Nachbesserungen führen. Darüber hinaus besteht ein Haftungsrisiko für die Gründer, falls die Gründung als nichtig angesehen wird und dennoch schon im Namen der Gesellschaft Verträge abgeschlossen wurden. Im schlimmsten Fall können sich auch strafrechtliche Konsequenzen ergeben, etwa bei unzulässigen Angaben oder Betrug. Eine sorgfältige Beachtung der rechtlichen Anforderungen ist daher unerlässlich.