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Offshore-Netzumlage

Was ist die Offshore-Netzumlage?

Die Offshore-Netzumlage ist ein gesetzlich veranlasster Bestandteil des Strompreises in Deutschland. Sie dient der Finanzierung des Netzanschlusses von Windenergieanlagen auf See und der damit verbundenen Risiken. Hierzu zählen insbesondere die Errichtung, der Betrieb und die Instandhaltung der Anbindungsleitungen und Konverterplattformen sowie bestimmte Entschädigungen, wenn Einspeisung aus technischen oder zeitlichen Gründen nicht möglich ist. Die Umlage wird von den Übertragungsnetzbetreibern ermittelt, veröffentlicht und über die Stromlieferanten bei den Letztverbrauchern erhoben.

Zweck und Funktionsweise

Kostenarten, die gedeckt werden

Über die Offshore-Netzumlage werden typischerweise folgende Positionen gedeckt:

  • Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Offshore-Netzanbindungen (Seekabel, Landkabel, Konverterplattformen).
  • Kosten aus Verzögerungen, Nichtverfügbarkeiten oder Störungen im Netzanschluss, soweit hierfür gesetzlich vorgesehene Ausgleichsmechanismen bestehen.
  • Finanzierungs- und Steuerungsaufwendungen der Übertragungsnetzbetreiber, die mit den Offshore-Anbindungen in Zusammenhang stehen.

Wer zahlt die Umlage?

Die Umlage wird auf jede Kilowattstunde erhoben, die aus dem öffentlichen Elektrizitätsnetz entnommen wird. Stromlieferanten weisen die Umlage gegenüber Haushalten, Gewerbe und Industrie aus und führen die Beträge an die Übertragungsnetzbetreiber ab. Für bestimmte stromkostenintensive Unternehmen und Schienenbahnen bestehen gesetzlich geregelte Begrenzungsmöglichkeiten.

Abgrenzung zu anderen Preisbestandteilen

Die Offshore-Netzumlage ist keine Steuer, sondern eine zweckgebundene Umlage. Sie ist von Netzentgelten (Entgelte für die Nutzung der Netze) und anderen Umlagen zu unterscheiden. Während Netzentgelte die allgemeine Netzbereitstellung vergüten, finanziert die Offshore-Netzumlage spezifisch die Netzanbindung der Windparks auf See und damit verbundene Ausgleichsmechanismen.

Rechtlicher Rahmen

Grundzüge der Regelung

Die Erhebung, die Verteilung der Kosten sowie die Veröffentlichungspflichten sind in energiewirtschaftlichen Regelungen festgelegt. Kernpunkte sind die Pflicht der Übertragungsnetzbetreiber zur Anbindung geeigneter Offshore-Windparks, die Möglichkeit zur Weitergabe der hieraus entstehenden Aufwendungen als Umlage und die Festlegung transparenter Berechnungs- und Abrechnungsmodalitäten.

Zuständigkeiten und Aufsicht

Die Übertragungsnetzbetreiber berechnen und veröffentlichen die Umlage und führen ein gesondertes Abrechnungskonto. Die staatliche Aufsicht stellt sicher, dass Kosten nur im gesetzlich zulässigen Umfang und nach anerkannten Kalkulationsgrundsätzen weitergegeben werden. Zudem bestehen Berichtspflichten und Prüfmechanismen zur Sicherung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Europarechtliche Bezüge

Die Ausgestaltung der Umlage steht im Einklang mit unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere zu Binnenmarkt, Entflechtung der Netzbereiche und Beihilfekontrolle. Begrenzungsregelungen für bestimmte Unternehmen werden vor diesem Hintergrund so gestaltet, dass Wettbewerbsverzerrungen vermieden und energierechtliche Ziele zugleich erreicht werden.

Ermittlung und Festsetzung

Kalkulationsprinzipien

Die Höhe der Offshore-Netzumlage wird aus einer Prognose der im kommenden Abrechnungsjahr erwarteten Kosten und Erlöse abgeleitet. Maßgeblich sind voraussichtliche Investitions- und Betriebskosten, angesetzte Kompensationszahlungen sowie bereits aufgelaufene Über- oder Unterdeckungen aus Vorjahren. Diese werden in der Folgeperiode saldiert.

Veröffentlichung und Abrechnung

Die Übertragungsnetzbetreiber legen die Umlage jährlich fest und veröffentlichen sie. Stromlieferanten berechnen sie für ihre Kunden und weisen sie in der Abrechnung gesondert oder als Teil der nicht-energetischen Preisbestandteile aus. Differenzen zwischen Prognose und Ist-Werten werden über das Offshore-Umlagekonto erfasst und in den Folgejahren ausgeglichen.

Privilegierungen und Begrenzungen

Für stromkostenintensive Unternehmen und Schienenbahnen können gesetzlich geregelte Begrenzungen der Umlage in Anspruch genommen werden, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Nachweis- und Meldeprozesse sind formalisiert, Fristen sind zu beachten, und die Begünstigungen sind an Transparenz- und Dokumentationspflichten geknüpft.

Historische Entwicklung und aktuelle Tendenzen

Einführung und Weiterentwicklung

Die Offshore-Netzumlage entstand vor dem Hintergrund des zügigen Ausbaus der Windenergie auf See. Zunächst stand die Absicherung von Anschlussrisiken im Vordergrund, anschließend rückte die umfassende Finanzierung der Netzanbindungen in den Fokus. Die Mechanik wurde fortlaufend angepasst, um Investitionssicherheit zu gewährleisten und Kosten transparent zu verteilen.

Temporäre staatliche Entlastungen

In einzelnen Jahren wurden zur Dämpfung der Strompreisbelastung haushaltsfinanzierte Entlastungen beschlossen, die dazu führten, dass die Umlage zeitweise auf null festgesetzt oder teilweise kompensiert wurde. Solche Maßnahmen sind zeitlich befristet und hängen von energie- und haushaltspolitischen Entscheidungen ab.

Transparenz und Verbraucherinformation

Ausweis auf der Stromrechnung

Die Offshore-Netzumlage wird in der Endkundenrechnung als Bestandteil der staatlich veranlassten Preisbestandteile ausgewiesen. Dadurch können Letztverbraucher die Zusammensetzung ihres Strompreises nachvollziehen.

Daten- und Berichtspflichten

Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen jährlich die Höhe der Umlage und stellen ergänzende Informationen zu Berechnungsgrundlagen, Kostenentwicklung und Salden bereit. Diese Veröffentlichungspflichten dienen der Markttransparenz und ermöglichen eine öffentliche Nachprüfung.

Häufig gestellte Fragen zur Offshore-Netzumlage

Was umfasst die Offshore-Netzumlage rechtlich?

Sie umfasst die gesetzlich vorgesehene Weitergabe der Kosten für Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Netzanbindung von Offshore-Windparks sowie bestimmter Ausgleichs- und Entschädigungsmechanismen. Die Umlage wird von Übertragungsnetzbetreibern erhoben und nach einheitlichen Grundsätzen verteilt.

Wie wird die Höhe der Umlage festgelegt?

Die Höhe ergibt sich aus einer jährlichen Prognose der zu erwartenden Kosten und Erlöse. Abweichungen zwischen Prognose und tatsächlichen Werten werden in Folgejahren über ein gesondertes Konto ausgeglichen, sodass Über- und Unterdeckungen zeitversetzt saldiert werden.

Wer ist zahlungspflichtig?

Zahlungspflichtig sind Letztverbraucher für jede aus dem öffentlichen Netz bezogene Kilowattstunde. Stromlieferanten ziehen die Umlage ein und führen sie an die Übertragungsnetzbetreiber ab. Für bestimmte Verbrauchsgruppen sind gesetzlich geregelte Begrenzungen möglich.

Gibt es Ausnahmen oder Begrenzungen?

Ja. Für stromkostenintensive Unternehmen und Schienenbahnen können unter gesetzlich definierten Voraussetzungen Begrenzungen gelten. Sie setzen fristgerechte Nachweise und die Erfüllung materieller Kriterien voraus und unterliegen Kontroll- und Dokumentationspflichten.

Gilt die Umlage auch für Eigenversorgung ohne Netznutzung?

Die Umlage knüpft an die Entnahme von Elektrizität aus dem öffentlichen Netz an. Reine Eigenversorgung ohne Netznutzung fällt grundsätzlich nicht unter die Umlage. Bei teilweiser Netznutzung gelten die gesetzlichen Regelungen zur Abgrenzung und Messung.

Wie wird mit Unter- oder Überdeckungen umgegangen?

Entstehen Differenzen zwischen prognostizierten und tatsächlichen Kosten, werden diese auf dem Offshore-Umlagekonto erfasst und in den Folgejahren bei der Festsetzung berücksichtigt. Dadurch wird ein periodengerechter Ausgleich hergestellt.

Ist die Offshore-Netzumlage eine Steuer?

Nein. Es handelt sich um eine zweckgebundene Umlage, die auf gesetzlicher Grundlage erhoben und zur Finanzierung klar definierter Aufgaben im Zusammenhang mit der Offshore-Netzanbindung verwendet wird. Sie ist von Steuern und allgemeinen Netzentgelten zu unterscheiden.

Welche Rolle spielt das EU-Recht?

Die Ausgestaltung der Umlage berücksichtigt unionsrechtliche Vorgaben zum Binnenmarkt, zur Regulierung der Netze und zum Beihilferecht. Insbesondere bei Begrenzungsregelungen wird auf Vereinbarkeit mit europarechtlichen Anforderungen geachtet.