Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Bank- und Kapitalmarktrecht»Öffentliche Pfandbriefe

Öffentliche Pfandbriefe


Begriff und rechtliche Grundlagen der Öffentlichen Pfandbriefe

Öffentliche Pfandbriefe stellen eine spezielle Form von gedeckten Schuldverschreibungen dar, die insbesondere von deutschen Pfandbriefbanken auf der Grundlage des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) begeben werden. Sie dienen in erheblichem Maße der Refinanzierung von Krediten, die an die öffentliche Hand oder diesen rechtlich gleichgestellte Entitäten vergeben wurden. Die Ausgestaltung und der rechtliche Rahmen öffentlicher Pfandbriefe sind in Deutschland umfassend geregelt und unterliegen einer strengen staatlichen Aufsicht.

Definition und Charakteristika

Der Öffentliche Pfandbrief ist eine festverzinsliche Schuldverschreibung, die durch Forderungen gegen die öffentliche Hand oder diese gleichgestellte Schuldner besichert ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 20 ff. PfandBG). Zu den Sicherungswerten zählen insbesondere Forderungen gegenüber Bund, Ländern, Kommunen, anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder bestimmten internationalen Organisationen.

Kerncharakteristika im Überblick:

  • Festverzinslichkeit
  • Besicherung durch staatliche oder gleichgestellte Forderungen
  • Emittenten sind regelmäßig Kreditinstitute mit Pfandbrieflizenz
  • Strenge Regulierung und gesetzliche Sicherungsmechanismen

Gesetzlicher Rahmen und Emission

Das Pfandbriefgesetz (PfandBG)

Das zentrale Regelungswerk ist das Pfandbriefgesetz (PfandBG) vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373), zuletzt geändert durch das Gesetz zur weiteren Ausführung der EU Covered Bonds-Richtlinie (2021). Kernregelungen finden sich insbesondere in:

  • § 1 PfandBG (Begriffsbestimmung)
  • §§ 20 bis 26 PfandBG (besondere Regelungen für Öffentliche Pfandbriefe)
  • § 4 und § 5 PfandBG (Deckungsstock, Deckungsregister)

Das PfandBG definiert die Voraussetzungen zur Emission, die zulässigen Deckungswerte, die Anforderungen an das Deckungsregister und die Rechte der Pfandbriefgläubiger.

Zulässige Deckungswerte

Nach § 20 PfandBG dürfen zur Deckung öffentlicher Pfandbriefe grundsätzlich nur Forderungen verwendet werden, die gegen öffentliche Stellen im Sinne des Gesetzes (z. B. Bund, Länder, Gemeinden, EU-Mitgliedstaaten) bestehen. Hinzu kommen Forderungen gegen gleichgestellte Schuldner, wie etwa internationale Organisationen mit Sitz innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR).

Qualitätsanforderungen an Forderungen

Jede Forderung, die als Deckungswert verwendet wird, muss den gesetzlichen Anforderungen an die Bonität und die Werthaltigkeit gemäß § 21 PfandBG genügen. Dazu zählt insbesondere:

  • Eine rechtlich gesicherte Forderungsposition
  • Ein ordnungsgemäßes Kreditverhältnis
  • Keine wesentlichen Einwendungen gegen die öffentliche Hand als Schuldner

Zusätzlich muss gewährleistet sein, dass die Zahlungsströme aus den Sicherheiten mit den Pfandbriefverbindlichkeiten korrespondieren (Cover-Asset Matching).

Deckungsregister und Registerführung

Alle zur Deckung verwendeten Forderungen werden in einem gesonderten Deckungsregister geführt (§ 5 PfandBG). Die ordnungsgemäße Registerführung unterliegt der laufenden Überprüfung durch einen Treuhänder (Deckungsregistertreuhänder nach § 7 PfandBG), der unabhängig von der Emittentin agiert.

Gläubigerschutz und Besonderheiten im Insolvenzfall

Durch die spezifische Ausgestaltung des Deckungsregisters und die strenge Trennung vom sonstigen Vermögen der Emittentin genießen Gläubiger öffentlicher Pfandbriefe im Insolvenzfall einen besonderen Schutz.

Vorrangige Befriedigung (§ 30 PfandBG)

Im Falle einer Insolvenz der Pfandbriefbank werden die Gläubiger aus den im Deckungsregister gesicherten Forderungen (inklusive Sicherheiten und sonstiger Rechte) vorrangig befriedigt. Dieses Sondervermögen ist nicht Teil der Insolvenzmasse, sondern steht ausschließlich zur Bedienung der Pfandbriefgläubiger zur Verfügung.

Rolle des Treuhänders

Der Deckungsregistertreuhänder überwacht die Registerführung, die ordnungsgemäße Deckung und sorgt für die Einhaltung der gesetzlichen Deckungsgrundsätze. Im Insolvenzfall übernimmt er zudem die Aufgabe, die Deckungsmasse zu verwalten und auszuschütten.

Emissionsvoraussetzungen und Verkehrsfähigkeit

Pfandbriefe dürfen nach deutschem Recht nur von Unternehmen mit entsprechender Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) emittiert werden. Die Emissionsbedingungen unterliegen vorab der aufsichtsrechtlichen Prüfung.

Handelbarkeit

Öffentliche Pfandbriefe zählen zu den am Markt besonders liquiden Wertpapieren. Sie werden sowohl an deutschen als auch internationalen Börsen reguliert gehandelt.

Rating und Bedeutung für Investoren

Sie verfügen in der Regel über ein sehr gutes Rating und werden häufig von institutionellen Anlegern und Finanzinstituten im Sicherheiten- und Refinanzierungsmanagement genutzt, unter anderem im Rahmen der geldpolitischen Offenmarktgeschäfte des Eurosystems.

Internationale Harmonisierung und Entwicklungen

Die EU Covered Bonds-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2162) zielt auf die europaweite Harmonisierung gedeckter Schuldverschreibungen ab und hat insbesondere im deutschen Recht durch das PfandBG Umsetzung gefunden. Die öffentlichen Pfandbriefe gelten nach dieser Richtlinie als „Premium Covered Bonds“.

Steuerrechtliche Aspekte

Öffentliche Pfandbriefe sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 InvStG steuerlich als Forderungswertpapiere qualifiziert. Zinserträge unterliegen der Abgeltungsteuer (§ 43 Abs. 1 EStG). Für institutionelle Anleger können weitere steuerliche Besonderheiten, z. B. im Bereich Investmentsteuerrecht oder Bilanzierung, maßgeblich sein.

Einordnung und Bedeutung im Finanzsystem

Öffentliche Pfandbriefe nehmen im deutschen und europäischen Kapitalmarkt eine herausgehobene Stellung ein. Sie stellen ein zentrales Instrument zur langfristigen Refinanzierung von Krediten an die öffentliche Hand dar. Durch die hohe Sicherheit und Transparenz genießen sie ein besonderes Vertrauen bei Anleiheinvestoren.

Zusammenfassung und Rechtsquellen

Der Öffentliche Pfandbrief ist durch umfangreiche gesetzliche Vorschriften geregelt, die insbesondere im Pfandbriefgesetz niedergelegt sind und sowohl die Rechte der Gläubiger als auch die Anforderungen an die Emittenten umfassend schützen. Wesentliche Primärquellen sind:

  • Pfandbriefgesetz (PfandBG)
  • Gesetz zur Umsetzung der EU Covered Bonds-Richtlinie
  • BaFin-Verlautbarungen und Rundschreiben
  • Anwendungsregelungen der Deutschen Bundesbank

Der Öffentliche Pfandbrief ist damit eines der am stärksten regulierten und sichersten Refinanzierungsinstrumente auf dem europäischen Kapitalmarkt.

Häufig gestellte Fragen

Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten für die Emission öffentlicher Pfandbriefe?

Für die Emission öffentlicher Pfandbriefe sind die Vorschriften des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) maßgeblich, das spezifische Anforderungen an die Deckungswerte, das Deckungsregister, die laufende Überwachung sowie den Insolvenzschutz der Pfandbriefgläubiger regelt. Das Gesetz verlangt, dass ausschließlich Kreditinstitute mit einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) öffentliche Pfandbriefe begeben dürfen. Zudem müssen die zu sichernden Forderungen gegen den öffentlichen Sektor bestimmten Kriterien hinsichtlich Bonität, Laufzeit sowie juristischer und wirtschaftlicher Werthaltigkeit genügen. Die Vorschriften des PfandBG werden durch ergänzende Verordnungen, zum Beispiel die Pfandbrief-Netzregelungsverordnung (PfandBarwertV) und die Deckungsregisterverordnung, konkretisiert. Darüber hinaus sind europäische Vorgaben, insbesondere die Kapitaladäquanzverordnung (CRR) und die Pfandbrief-Richtlinie (Covered Bonds Directive), für deutsche Institute von Bedeutung. Die Einhaltung aller regulatorischen Vorgaben wird durch die BaFin und die deutsche Bundesbank laufend überwacht.

Welche Anforderungen stellt das Pfandbriefgesetz an die Deckungswerte eines öffentlichen Pfandbriefs?

Das PfandBG fordert, dass als Deckungswerte für öffentliche Pfandbriefe grundsätzlich nur Forderungen gegen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder gleichgestellte öffentliche Stellen anerkannt werden, sofern diese rechtlich und tatsächlich bedingungslos und unwiderruflich zur Leistung verpflichtet sind. Weiterhin ist eine laufende Deckungsprüfung zwingend vorgeschrieben; die Summe der ausstehenden Pfandbriefe muss zu jedem Zeitpunkt durch entsprechende Werte gedeckt sein. Ferner hat das Gesetz Vorgaben zur Risikostreuung, zur Laufzeitenstruktur der Deckungsmassen sowie zur Werthaltigkeit und Gültigkeit der Deckungswerte. Forderungen dürfen nur aufgenommen werden, wenn sie in schriftlicher Form bestehen und keine gegenläufigen Verpflichtungen, wie z. B. Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber dem Pfandbriefemittenten, bestehen.

In welcher Form erfolgt die Überwachung der Deckungsregister und welche rechtlichen Anforderungen sind zu beachten?

Das PfandBG schreibt vor, dass für jede Emissionsart, unter anderem für öffentliche Pfandbriefe, ein separates Deckungsregister zu führen ist. In diesem müssen alle Deckungswerte, die den jeweiligen Pfandbriefen zugrunde liegen, vollständig, aktuell und fortlaufend eingetragen werden. Eine unabhängige, von der BaFin bestellte Deckungsregisterprüferin bzw. ein Deckungsregisterprüfer überprüft regelmäßig die Richtigkeit und Ordnungsgemäßheit der Einträge sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Veränderungen im Register sind unverzüglich zu dokumentieren. Die Deckungsregister sind darüber hinaus gegen unbefugten Zugriff zu sichern und haben im Insolvenzfall Vorrang vor anderen Gläubigern, was einen besonderen Pfändungsschutz garantiert. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann aufsichtsrechtliche Maßnahmen und zivilrechtliche Haftung nach sich ziehen.

Welche Schutzmechanismen bestehen für Pfandbriefgläubiger im Insolvenzfall des Emittenten?

Das Pfandbriefgesetz gewährt Pfandbriefgläubigern einen bevorzugten rechtlichen Schutz im Insolvenzfall des Emittenten. Insbesondere sind die im Deckungsregister erfassten Aktiva als Sondervermögen vom restlichen Vermögen der Bank getrennt; sie dienen ausschließlich der Befriedigung der Pfandbriefgläubiger. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die Zahlungsverpflichtungen gegenüber Pfandbriefgläubigern aus der Deckungsmasse weiterhin bedienen, bevor andere Gläubiger berücksichtigt werden dürfen. Zudem besteht ein gesetzliches Nachschussrecht: Sind die Deckungswerte zur vollständigen Bedienung nicht ausreichend, müssen weitere Ansprüche der Gläubiger aus der Insolvenzmasse bedient werden. Diese umfassende rechtliche Absicherung der Gläubiger ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Pfandbriefrechts und wird durch eine laufende behördliche Aufsicht flankiert.

Welche Offenlegungspflichten und Berichtspflichten müssen Emittenten öffentlicher Pfandbriefe einhalten?

Das Pfandbriefgesetz und die darauf basierenden Verordnungen verlangen eine weitgehende Transparenz gegenüber Anlegern und Aufsichtsbehörden. Emittenten müssen regelmäßig – mindestens quartalsweise – detaillierte Berichte über die Zusammensetzung der Deckungsmasse, die Höhe der ausstehenden Pfandbriefe sowie eventuelle Risiken veröffentlichen. Zudem besteht eine Pflicht zur Offenlegung von Informationen über Laufzeitstrukturen, geografische Verteilung und Bonitätsrisiken der Deckungswerte. Diese Berichte werden sowohl an die BaFin als auch an das Institut der Wirtschaftsprüfer übermittelt und teilweise auf den Internetseiten der Emittenten veröffentlicht. Verstöße gegen die Offenlegungspflichten können aufsichtsrechtliche Sanktionen sowie eine Beschränkung der Emissionstätigkeit nach sich ziehen.

Gibt es besondere Vorschriften zur internationalen Anerkennung von öffentlichen Pfandbriefen?

Deutsche öffentliche Pfandbriefe genießen aufgrund der strengen gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Aufsicht durch die BaFin ein besonderes Ansehen und werden von vielen europäischen und internationalen Regulatoren als sichere, besonders privilegierte Schuldverschreibungen anerkannt. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die Kompatibilität des PfandBG mit der EU-Covered-Bond-Richtlinie. Emittenten müssen sicherstellen, dass ihre Pfandbriefe auch den jeweiligen nationalen Vorschriften potenzieller Investorenländern entsprechen, insbesondere was Transparenz- und Offenlegungspflichten betrifft. Für eine europaweite Zulassung als Covered Bond nach CRR müssen weitere Anforderungen erfüllt sein, beispielsweise in Bezug auf Risikostreuung und Nachdeckungsmöglichkeiten.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen das Pfandbriefgesetz im Zusammenhang mit öffentlichen Pfandbriefen?

Verstöße gegen die Vorschriften des Pfandbriefgesetzes, insbesondere im Hinblick auf Deckungsregisterführung, Informationspflichten oder Überwachungspflichten, können weitreichende rechtliche Konsequenzen haben. Die BaFin ist gemäß § 38 KWG in Verbindung mit dem PfandBG berechtigt, gegen betroffene Institute aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu verfügen, darunter die Einschränkung oder den Entzug der Erlaubnis zur Emission weiterer Pfandbriefe. Darüber hinaus sind zivilrechtliche Haftungsansprüche durch Anleger möglich, sollte ein Schaden infolge einer Pflichtverletzung entstehen. In gravierenden Fällen kann eine strafrechtliche Verfolgung nach den einschlägigen Vorschriften des Strafgesetzbuchs oder des Kreditwesengesetzes eingeleitet werden.