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Öffentliche Lasten


Begriff und rechtliche Einordnung von Öffentlichen Lasten

Der Begriff Öffentliche Lasten bezeichnet im deutschen Recht Verpflichtungen, die den Eigentümern bestimmter Sachen – insbesondere Grundstücken – durch gesetzliche Vorschriften auferlegt werden und die im Interesse der Allgemeinheit dienen. Öffentliche Lasten sind eine von privatrechtlichen Lasten zu unterscheidende Kategorie von Verpflichtungen. Sie sind Bestandteil zahlreicher rechtlicher Regelwerke und prägen u.a. das Grundstücksrecht, das Steuerrecht und das Verwaltungsrecht.

Definition und Allgemeine Abgrenzung

Öffentliche Lasten sind im Wesentlichen Belastungen, die als Geldleistungen oder sonstige Verpflichtungen gesetzlich festgelegt sind und dauerhaft von den Eigentümern bestimmter Sachen zu tragen sind, indem sie der Allgemeinheit oder bestimmten Körperschaften zugutekommen. Typische Beispiele sind Grundsteuern oder bestimmte Beiträge und Abgaben, etwa für die Wasserversorgung, die Entwässerung oder den Straßenbau. Im Gegensatz dazu stehen privatrechtliche Lasten, die zwischen Privatpersonen vereinbart oder von Gerichten festgelegt werden, wie z.B. Dienstbarkeiten oder Reallasten im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Öffentliche Lasten im Grundstücksrecht

Gesetzliche Grundlagen

Im Grundstücksrecht sind öffentliche Lasten insbesondere in § 9 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) sowie in § 10 Abs. 1 Nr. 3 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) und § 1129 BGB geregelt. Nach § 9 Abs. 1 GBO sind die öffentlichen Lasten eines Grundstücks von Amts wegen im Grundbuch in Abteilung II einzutragen, soweit gesetzlich vorgeschrieben und sofern sie der Durchsetzung in einem öffentlichen Register unterliegen.

Arten und Beispiele von Öffentlichen Lasten

Zu den häufigsten öffentlichen Lasten im Zusammenhang mit Grundstücken zählen:

  • Grundsteuer: Die wichtigste und bekannteste öffentliche Last auf Grundstücken.
  • Beiträge und Gebühren: Hierzu zählen Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch (BauGB), Anschlussbeiträge für Wasser und Abwasser, Straßenausbaubeiträge oder Müllgebühren.
  • Baulasten: Verpflichtungen, die sich aus dem öffentlichen Baurecht ergeben, wie z.B. das Dulden bestimmter Nutzungen zugunsten der Allgemeinheit (Wegerechte, Stellplatzverpflichtungen).
  • Denkmalschutzauflagen: Verpflichtungen, die sich aus dem Schutz von Kulturdenkmälern ergeben.

Diese öffentlichen Lasten sind regelmäßig in besonderer Form im Lastenverzeichnis des Grundbuchs vermerkt, damit Erwerber eines Grundstücks rechtzeitig Kenntnis von diesen Belastungen erlangen.

Abgrenzung zu anderen dinglichen Belastungen

Im Unterschied zu Grundpfandrechten (Hypotheken, Grundschulden) und Reallasten sind öffentliche Lasten stets durch Gesetz und nicht durch Rechtsgeschäft begründet. Im Fall der Zwangsversteigerung eines Grundstücks sind sie zudem regelmäßig vorrangig (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG), d.h. sie werden aus dem Versteigerungserlös vorab bedient.

Öffentliche Lasten im Steuerrecht

Steuerliche Relevanz

Im Steuerrecht spielen öffentliche Lasten vor allem bei der Ermittlung der Einkünfte und der steuerlichen Bemessungsgrundlage eine Rolle. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind öffentliche Lasten auf ein Grundstück bei der Einkommensermittlung als Werbungskosten abziehbar.

Darüber hinaus legen mehrere Steuergesetze fest, dass und wie die öffentlichen Lasten bei der Bewertung von Grundstücken und der Fortschreibung des Einheitswerts zu berücksichtigen sind (§§ 93 ff. Bewertungsgesetz).

Beispiele spezieller Abgaben

  • Grundsteuer nach dem Grundsteuergesetz (GrStG)
  • Wasser- und Abwasserbeiträge nach den jeweiligen Kommunalabgabengesetzen der Bundesländer
  • Abgaben zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen

Öffentliche Lasten im Verwaltungsrecht

Bedeutung in der öffentlichen Verwaltung

Im Verwaltungsrecht stellen öffentliche Lasten ein wesentliches Instrument zur Finanzierung kommunaler und überkommunaler Aufgaben dar. Sie sind Ausdruck des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts und dienen in vielen Fällen der Finanzierungspflicht, die sich aus der Erfüllung originärer Aufgaben ergibt, z. B. Bau und Unterhaltung öffentlicher Straßen, Versorgungseinrichtungen und sonstiger Einrichtungen der Daseinsvorsorge.

Verwaltungsverfahren

Die Festsetzung und Erhebung öffentlicher Lasten erfolgt meist durch Verwaltungsakt. Gegen entsprechende Bescheide ist grundsätzlich der Rechtsweg eröffnet, z. B. im Rahmen des Widerspruchsverfahrens und einer etwaigen verwaltungsgerichtlichen Klage.

Öffentliche Lasten im Zusammenhang mit dem Grundbuch

Eintragung und Rangfolge

Im Grundbuch werden öffentliche Lasten, sofern sie eine gesetzliche Grundlage zur Eintragung haben, in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Hierdurch wird sichergestellt, dass Belastungen für etwaige Erwerber von Grundstücken sichtbar sind. Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens werden sie außerdem privilegiert behandelt, indem sie regelmäßig Vorrang gegenüber nachrangigen Belastungen haben.

Haftung und Übertragung

Haftung für öffentliche Lasten

Die Haftung für öffentliche Lasten trifft regelmäßig den Eigentümer einer belasteten Sache, insbesondere eines Grundstücks. Im Falle des Eigentumsübergangs (z.B. durch Kaufvertrag) haftet der neue Eigentümer grundsätzlich für zukünftig entstehende öffentliche Lasten. Bereits fällige, aber noch nicht beglichene Lasten können im Einzelfall auch noch den Voreigentümer betreffen, sofern keine anderweitigen Regelungen getroffen wurden.

Übertragbarkeit und Veräußerung

Bei der Veräußerung eines Grundstücks gehen die öffentlichen Lasten automatisch auf den Erwerber über. Die Kenntnis von bestehenden und künftig entstehenden öffentlichen Lasten ist daher von erheblicher Bedeutung, um Kaufpreisverhandlungen und Haftungsfragen rechtskonform zu klären.

Internationale und historische Aspekte

Auch außerhalb Deutschlands existieren vergleichbare rechtliche Institute. Im internationalen Kontext werden öffentliche Lasten oft als „public burdens“ oder „public charges“ bezeichnet. Historisch entstanden sie besonders ausgeprägt mit der modernen Verwaltungs- und Kommunalfinanzierung im 19. und 20. Jahrhundert.

Fazit

Öffentliche Lasten sind im deutschen Recht ein zentrales Institut, das zahlreiche Rechtsgebiete, insbesondere das Grundstücksrecht, das Steuerrecht sowie das Verwaltungsrecht, miteinander verbindet. Sie gewährleisten die Finanzierung öffentlicher Aufgaben und stellen sicher, dass Eigentümer in die Verantwortung zur Finanzierung von Infrastruktur und Daseinsvorsorge genommen werden. Im Rahmen des Grundstücksverkehrs ist die Berücksichtigung öffentlicher Lasten von entscheidender Bedeutung, da sie die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Eigentümer und Erwerber maßgeblich beeinflussen.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist zur Tragung öffentlicher Lasten verpflichtet?

Zur Tragung öffentlicher Lasten ist im Regelfall derjenige verpflichtet, dem das belastete Grundstück im Grundbuch als Eigentümer zugeordnet ist. Diese Verpflichtung ergibt sich insbesondere aus § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Grundbuchgesetzes sowie entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften und wird durch die Grundsteuer und andere öffentliche Abgaben konkretisiert. In bestimmten Fällen, etwa beim Eigentumswechsel während eines Kalenderjahres, kann die Haftung für öffentliche Lasten aufgrund gesetzlicher Übergangsregelungen sowohl den bisherigen als auch den neuen Eigentümer betreffen. Darüber hinaus können auch Erbbauberechtigte oder Nießbraucher zur Entrichtung öffentlicher Lasten herangezogen werden, sofern dies im jeweiligen Einzelfall vereinbart oder gesetzlich vorgesehen ist.

Wie erfolgt die Eintragung öffentlicher Lasten im Grundbuch?

Die Eintragung öffentlicher Lasten im Grundbuch erfolgt gemäß § 9 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) im sogenannten Bestandsverzeichnis (§ 2 Abs. 2 GBO). Dort wird unter anderem ausdrücklich vermerkt, dass das Grundstück den im Grundbuch nicht näher bezeichneten öffentlichen Lasten unterliegt. Konkrete Lasten, wie eine Grunddienstbarkeit bezüglich einer öffentlich-rechtlichen Baulast, können hingegen an entsprechender Stelle (Abteilung II des Grundbuchs) eingetragen werden. Die Eintragung dient in erster Linie der Information über die Existenz der Belastung und entfaltet keine rechtsbegründende Wirkung für die Entstehung der öffentlichen Last an sich, sondern hat deklaratorischen Charakter.

Welche rechtlichen Möglichkeiten existieren, sich gegen eine fehlerhafte Festsetzung öffentlicher Lasten zu wehren?

Gegen die fehlerhafte Festsetzung öffentlicher Lasten stehen dem Betroffenen verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung. Im Regelfall handelt es sich bei der Festsetzung beispielsweise der Grundsteuer um einen Verwaltungsakt, gegen den innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden kann, sofern dies im jeweiligen Landesrecht vorgesehen ist. Nach erfolglosem Widerspruch besteht die Möglichkeit der Anfechtungsklage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. In bestimmten Fällen kommt auch eine Überprüfung durch Aufsichtsbeschwerden, Anträge auf Berichtigung oder Einwendungen im Festsetzungsverfahren in Betracht. Es ist ratsam, hierbei sorgfältig die jeweiligen Rechtsmittelfristen und erforderlichen Formerfordernisse zu beachten.

Wie wirken sich öffentliche Lasten auf den Grundstücksverkehr aus?

Öffentliche Lasten haben direkten Einfluss auf den Grundstücksverkehr, insbesondere im Rahmen von Kauf, Verkauf oder Belastung eines Grundstücks. Die Belastung mit öffentlichen Lasten stellt kein Hindernis für den Eigentumsübergang dar, bedeutet jedoch, dass der Erwerber mit dem Eigentumserwerb in die Verpflichtung zur Tragung dieser Lasten eintritt, es sei denn, im Kaufvertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart. Unbezahlte öffentliche Lasten haften grundsätzlich dem Grundstück und können zu Zwangsmaßnahmen wie der Zwangsvollstreckung oder Zwangsversteigerung führen, um rückständige Beträge einzutreiben. Es ist daher üblich, im Rahmen des Erwerbs eine aktuelle Lastenfreistellungsklausel zu vereinbaren.

In welchem Verhältnis stehen öffentliche Lasten zu sonstigen Grundbucheintragungen?

Öffentliche Lasten stehen kraft Gesetzes im Rang vor sämtlichen privatrechtlichen Grundpfandrechten und Dienstbarkeiten; sie wirken als sogenannte dingliche Lasten unmittelbar gegen jeden Eigentümer und gehen im Rang regelmäßig allen später eingetragenen Belastungen vor. Zwar werden öffentliche Lasten im Grundbuch regelmäßig nur allgemein vermerkt, ihre Rechtswirkung ist jedoch unabhängig von etwaigen weiteren Eintragungen oder Belastungen. Eine spätere Grundschuldbestellung oder Eintragung einer Hypothek beeinflusst die Vorrangstellung öffentlicher Lasten nicht, sodass beispielsweise die Gemeinde vorrangig befriedigt wird, sollten Rückstände mittels Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden.

Können öffentliche Lasten nachträglich entfallen oder beschränkt werden?

Öffentliche Lasten können grundsätzlich entfallen, wenn der zugrundeliegende öffentlich-rechtliche Anspruch (wie etwa durch Begleichung der betreffenden Steuerschuld) erloschen ist. Ein formloser Ausschluss im privaten Rechtsverkehr ist dagegen nicht möglich; es bedarf vielmehr einer Aufhebung oder Befreiung durch die zuständige Behörde. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn das Gesetz eine Befreiung oder Ausnahme vorsieht (zum Beispiel bei gemeinnützigen Zwecken oder im Rahmen von Sanierungsgebieten nach dem Baugesetzbuch). Eine Beschränkung ist nur im Rahmen der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen möglich und regelmäßig an behördliche Genehmigungsverfahren oder Antragsfristen gebunden.

Welche Rolle spielen öffentliche Lasten im Zwangsversteigerungsverfahren?

Im Zwangsversteigerungsverfahren kommt den öffentlichen Lasten eine vorrangige Bedeutung zu, da sie unabhängig von sonstigen im Grundbuch eingetragenen Rechten bestehen bleiben und gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz) aus dem Versteigerungserlös vorab zu befriedigen sind. Rückständige öffentliche Lasten werden daher vor Hypotheken-, Grundschuld- oder sonstigen Gläubigern getilgt. Die Übernahme in das geringste Gebot ist vorgeschrieben und kann maßgeblichen Einfluss auf den Zuschlagswert und damit auf das Versteigerungsergebnis haben. Erwerber im Rahmen einer Zwangsversteigerung übernehmen die fortdauernden öffentlichen Lasten des Grundstücks, es sei denn, sie werden ausnahmsweise mitversteigert und erlöschen durch Befriedigung der Gläubiger.