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Öffentlich-rechtliche Anstalt


Begriff und Einordnung der Öffentlich-rechtlichen Anstalt

Die Öffentlich-rechtliche Anstalt (oft auch als „Anstalt des öffentlichen Rechts“ bezeichnet) ist eine eigenständige Organisationsform im deutschen öffentlichen Recht. Sie stellt eine mit eigenen Aufgaben, eigenen Organen und typischerweise einem bestimmten Mitglieder- oder Benutzerkreis ausgestattete Einrichtung dar, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geschaffen wird. Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist insbesondere im Verwaltungsvollzug, bei der Daseinsvorsorge sowie in den Bereichen Medien, Wissenschaft und Sozialwesen weit verbreitet.

Im Gegensatz zu Körperschaften des öffentlichen Rechts fehlt ihr ein Mitgliederbestand; sie richtet sich primär an Benutzer, denen sie im Rahmen ihres öffentlichen Zwecks Leistungen zur Verfügung stellt.

Rechtsgrundlagen und Rechtsnatur

Gesetzliche Grundlagen

Rechtsgrundlage für die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ist typischerweise ein Gesetz auf Bundes- oder Landesebene. In den meisten Fällen wird der Verwaltungsträger kraft Hoheitsakt errichtet und bedarf dazu eines ausdrücklichen gesetzlichen Auftrages. Häufige Bereiche der Anstalten sind Rundfunk (z.B. ARD, ZDF), soziale Sicherungsträger (wie die Bundesagentur für Arbeit), Hochschulen sowie bestimmte wirtschaftliche oder technische Bereiche (z.B. Straßenbauanstalten).

Rechtsfähigkeit

Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts und mithin rechtsfähig. Sie kann somit selbstständig Träger von Rechten und Pflichten sein, Verträge abschließen, vor Gericht klagen und verklagt werden sowie eigenes Vermögen besitzen.

Träger und Organisationshoheit

Der Träger einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ist oftmals der Staat (Bund, Land oder kommunale Ebene). Die Anstalt verfügt regelmäßig über eine eigene Satzung, welche die interne Organisation, den Tätigkeitsbereich und das Verhältnis zum Träger und den Benutzern regelt. Im Rahmen der Organisationshoheit bestimmt die Anstalt ihre internen Abläufe in erheblichem Umfang selbst, ist jedoch in ihrem Wirkungskreis häufig staatlicher Aufsicht unterworfen.

Aufgaben und Funktionen

Aufgabenbereich

Die wesentlichen Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Anstalt liegen in der Wahrnehmung staatlicher oder gemeinwohlorientierter Aufgaben. Dazu gehören unter anderem:

  • Daseinsvorsorge (z.B. Wasserversorgung, Abfallentsorgung)
  • Bildung und Wissenschaft (z.B. Hochschulen, Universitäten)
  • Soziale Sicherung (z.B. gesetzliche Krankenversicherung, Arbeitsförderung)
  • Information und Medien (z.B. öffentlich-rechtlicher Rundfunk)
  • Technische Dienstleistungen und Infrastruktur

Die Aufgabenübertragung erfolgt jeweils auf gesetzlicher Grundlage und unterscheidet sich hinsichtlich Pflichtaufgaben (obligatorisch) und freiwilligen Aufgaben (fakultativ).

Funktionsweise und Selbstverwaltung

Öffentlich-rechtliche Anstalten besitzen eine ausgeprägte Selbstverwaltung. Sie erfüllen ihre Aufgaben im eigenen Namen und mit eigenen Mitteln, stehen jedoch je nach Aufgabenträgerschaft unter staatlicher Rechtsaufsicht oder Fachaufsicht. Die Selbstverwaltungsrechte ermöglichen ein gewisses Maß an Unabhängigkeit, insbesondere im Bereich des Rundfunks, wo Staatsferne durch die verfassungsrechtlich gebotene Programmfreiheit besonders betont wird.

Organe und organisatorische Struktur

Organe der Anstalt

Die interne Organisation richtet sich nach der jeweiligen Satzung und dem Gründungsgesetz. Typische Organe einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sind:

  • Vorstand, Geschäftsführung oder Direktorium (leitendes Organ zur Geschäftsführung und Vertretung)
  • Verwaltungsrat, Aufsichtsrat, Rundfunkrat oder Senat (Kontroll- bzw. Aufsichtsgremium)
  • Weitere beratende oder entscheidende Gremien, etwa Benutzerausschüsse

Die Zusammensetzung und Zuständigkeiten dieser Organe hängen stark von der Aufgabenstellung und der gesetzlichen Ausgestaltung ab.

Satzungsautonomie

Öffentlich-rechtlichen Anstalten steht grundsätzlich das Recht zu, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eigene Satzungen zu erlassen. Diese Satzungen legen detailliert die interne Verwaltung, Leistungsbeziehungen, Gebührenordnungen und Benutzungsregelungen fest.

Rechtsbeziehungen und Haftung

Verhältnis zu Dritten

Im Rechtsverkehr agiert die öffentlich-rechtliche Anstalt als eigenständiges Rechtssubjekt. Ihre Handlungen erfolgen in Form von Verwaltungsakten oder öffentlich-rechtlichen Verträgen, gelegentlich auch schlicht-hoheitlich. Gegenüber Privaten kann die Anstalt hoheitlich handeln, aber auch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge abschließen.

Benutzungsverhältnis

Der Zugang zu den Leistungen der öffentlich-rechtlichen Anstalt erfolgt in der Regel auf Grundlage öffentlich-rechtlicher Benutzungsverhältnisse, geregelt durch Satzung oder Gesetz. Die Benutzer erhalten typischerweise Anspruch auf eine öffentliche Leistung, während die Anstalt Gebühren und Beiträge erheben kann.

Haftung

Für Schäden, die im Rahmen der Aufgabenerfüllung entstehen, haftet die öffentlich-rechtliche Anstalt grundsätzlich gemäß den Regeln des Staatshaftungsrechts (insbesondere § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Die Anstalt tritt im Rahmen ihrer Aufgaben als eigenständiger Haftungssubjekt auf. Darüber hinaus unterliegt sie den allgemeinen Regeln der Amtshaftung und (soweit einschlägig) den spezialgesetzlichen Vorschriften.

Besondere Erscheinungsformen

Selbstständige und unselbstständige Anstalten

Bei selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten liegt volle Rechtsfähigkeit und Trägerschaft der Aufgaben bei der Anstalt selbst, während unselbstständige Anstalten als Teil einer übergeordneten Verwaltung agieren und nicht selbstständig im Rechtsverkehr auftreten können.

Anstalt mit Pflichtmitgliedschaft

In Einzelfällen kann die öffentlich-rechtliche Anstalt eine Pflichtmitgliedschaft vorsehen (z.B. Sozialversicherungsträger). In diesen Fällen ist die Zugehörigkeit nicht freiwillig, sondern kraft Gesetzes begründet.

Sonderformen: Universitäten, Rundfunkanstalten, Sozialversicherungsträger

Zu den bedeutendsten Sonderformen zählen Hochschulen als Anstalten des öffentlichen Rechts mit besonderer Autonomie, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit verfassungsrechtlicher Programmautonomie und die verschiedenen Träger der Sozialversicherung, die typischerweise als Anstalten oder Körperschaften ausgestaltet sind.

Abgrenzung zu anderen Verwaltungsträgern

Die öffentlich-rechtliche Anstalt unterscheidet sich insbesondere von folgenden Organisationsformen:

  • Körperschaften des öffentlichen Rechts: verfügen über einen Mitgliederbestand und Selbstverwaltung (z.B. Gemeinden, Kammern).
  • Stiftungen des öffentlichen Rechts: verfolgen einen Stiftungszweck mit einem festgelegten Vermögen und ohne Benutzer- oder Mitgliederkreis.
  • Beliehene Privatpersonen: sind zwar mit hoheitlichen Aufgaben betraut, bleiben aber privatrechtliche Organisationen.

Bedeutung im Rechts- und Staatswesen

Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist ein zentrales Instrument zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben jenseits der klassischen Staatsverwaltung. Sie gewährleistet Flexibilität, Selbstverwaltung und eine dem jeweiligen Zweck angepasste Organisationsstruktur. Im System des öffentlichen Rechts kommt ihr eine besondere Rolle bei der Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge, Transparenz und Demokratie zu.

Ihr Bestand, ihre Organisationsform und die Ausgestaltung ihrer Aufgaben unterliegen jedoch stetigem Wandel und sind Gegenstand fortlaufender rechtspolitischer Diskussionen, insbesondere im Hinblick auf Aufgabenabgrenzung, staatliche Aufsicht und Verselbstständigung öffentlicher Aufgabenbereiche.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Rechtsaufsicht über eine öffentlich-rechtliche Anstalt?

Die Rechtsaufsicht über eine öffentlich-rechtliche Anstalt obliegt in der Regel der zuständigen staatlichen Behörde oder dem jeweils zuständigen Ministerium. Die Rechtsaufsicht bedeutet dabei, dass der Staat lediglich prüft, ob die Anstalt im Rahmen der geltenden Gesetze und ihrer Satzung handelt. Sie ist strikt von der Fachaufsicht zu unterscheiden, da die Aufsichtsbehörde keine inhaltlichen oder fachlichen Weisungen erteilen darf, sondern sich auf die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben beschränkt. Bei Beanstandungen kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen wie z.B. die Beanstandung von Beschlüssen oder die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen ergreifen. Insbesondere im Bereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist die Rechtsaufsicht ein wichtiges Instrument zur Wahrung der Staatsferne und der Funktionsfähigkeit der Anstalten nach dem Grundgesetz.

Welche Organe besitzt eine öffentlich-rechtliche Anstalt üblicherweise und wie werden diese rechtlich bestimmt?

Eine öffentlich-rechtliche Anstalt verfügt in der Regel über bestimmte Organe, die durch das jeweilige Errichtungsgesetz oder die Satzung verbindlich festgelegt werden. Typische Organe sind etwa der Verwaltungsrat, der Vorstand und häufig auch ein oder mehrere Aufsichtsgremien wie z.B. ein Rundfunkrat bei Rundfunkanstalten. Die Rechte und Pflichten der Organe, ihre Zusammensetzung, Wahlverfahren sowie Amtszeiten werden detailliert in den einschlägigen Rechtsnormen geregelt. Die genaue Ausgestaltung hängt vom Zweck der Anstalt sowie landesrechtlichen Vorgaben ab. Die Organmitglieder nehmen ihre Ämter in der Regel als Organwalter wahr und handeln im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnisses.

Wie erfolgt die Haftung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt im Außenverhältnis?

Im Außenverhältnis, das heißt gegenüber Dritten, ist die öffentlich-rechtliche Anstalt eigenständig rechtsfähig und haftet für eigenes Handeln sowie für das ihrer Organe und Bediensteten unmittelbar mit ihrem eigenen Vermögen. Anders als bei Körperschaften öffentlichen Rechts haftet nicht das Trägerorgan (zum Beispiel der Staat oder die jeweilige Gebietskörperschaft), sondern ausschließlich die Anstalt selbst für Schäden, die sie im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung verursacht. Geregelt ist diese Haftung grundsätzlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie im jeweiligen Spezialgesetz. Die Haftung richtet sich dabei nach den allgemeinen zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Vorschriften.

Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Errichtung und Auflösung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt?

Die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt erfolgt ausschließlich durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes. Dieses sogenannte Errichtungsgesetz bestimmt u.a. die Aufgaben, die Organisation, die Organe sowie die Finanzierung der Anstalt. Eine Änderung, Umstrukturierung oder gar Auflösung einer solchen Anstalt kann ebenfalls nur durch Gesetz erfolgen. Zusätzlich müssen dabei regelmäßig Übergangsregelungen getroffen werden, um bestehende Rechte und Pflichten ordnungsgemäß zu beenden oder zu übertragen. Insbesondere bei der Übertragung von Personal und Vermögenswerten sind die Grundsätze des öffentlichen Dienstrechts und des Haushaltsrechts zu beachten.

Wie wird die Finanzierung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt rechtlich sichergestellt?

Die Finanzierung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ist gesetzlich festgelegt und erfolgt in der Regel entweder durch Gebühren, Beiträge oder durch Zuweisungen öffentlicher Haushalte. Das jeweilige Errichtungsgesetz oder zugehörige Spezialgesetze (etwa der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bei Rundfunkanstalten) regeln die Einzelheiten der Finanzierungsmodalitäten. Die Verwendung der Mittel unterliegt der gesetzlichen Zweckbindung und ist meist einer staatlichen oder unabhängigen Prüfung (z.B. durch Rechnungshöfe) unterworfen. Dies dient der Sicherstellung von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und der Einhaltung des gesetzlichen Auftrags.

Welche Möglichkeiten der rechtlichen Kontrolle durch Dritte gibt es gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Anstalt?

Dritte, insbesondere betroffene Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen, können gegenüber einer öffentlich-rechtlichen Anstalt grundsätzlich die Einhaltung geltenden Rechts auch gerichtlich überprüfen lassen. Rechtsakte einer Anstalt, etwa Verwaltungsakte oder Satzungen, unterliegen der Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte mittels der allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrens. Darüber hinaus können auch disziplinar- und strafrechtliche Kontrollen bei Fehlverhalten von Organmitgliedern greifen. Zudem gibt es je nach Anstalt und Rechtsgebiet spezifische Ombudsstellen oder Beschwerdemechanismen.

Welche besonderen Anforderungen gelten für die Satzung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt?

Die Satzung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ist ein wesentliches Regelungsinstrument, das innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmenbedingungen die interne Organisation, Aufgabenverteilung und Zuständigkeitsordnung festlegt. Rechtlich muss die Satzung durch das zuständige Organ der Anstalt beschlossen und zumeist der Rechtsaufsichtsbehörde zur Genehmigung oder Anzeige vorgelegt werden. Sie wird in der Regel im Amtsblatt veröffentlicht und entfaltet damit Rechtswirkung auch gegenüber außenstehenden Dritten, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist. Die Satzung muss dem Grundsatz der Normenklarheit sowie höherrangigem Recht entsprechen und darf den gesetzlichen Auftrag der Anstalt nicht einschränken oder erweitern.