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Notarielle Beurkundung

Notarielle Beurkundung: Bedeutung, Zweck und Anwendungsbereich

Die notarielle Beurkundung ist ein förmliches Verfahren, bei dem eine Notarin oder ein Notar den Inhalt einer Erklärung oder eines Vertrages rechtlich bedeutsam festhält. Ziel ist es, wichtige Rechtsgeschäfte inhaltlich klar, überprüfbar und dauerhaft beweisbar zu dokumentieren. Die Beurkundung schützt alle Beteiligten vor rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken, indem sie Verständlichkeit, Freiwilligkeit und eindeutige Willensbildung sicherstellt.

Definition

Unter notarieller Beurkundung versteht man die Aufnahme und Protokollierung von Willenserklärungen in einer Urkunde, die von der Notarin oder dem Notar verlesen, erläutert, mit den Beteiligten genehmigt und unterschrieben wird. Die Urschrift verbleibt im Notariat; Ausfertigungen und beglaubigte Abschriften dienen den Beteiligten und Behörden als Nachweis.

Ziele und Schutzfunktionen

  • Klarstellungsfunktion: Präzise Formulierung der Erklärungen, Vermeidung von Missverständnissen.
  • Warnfunktion: Bewusste Entscheidung über weitreichende oder risikobehaftete Rechtsfolgen.
  • Beweisfunktion: Hoher Beweiswert über Inhalt, Zeitpunkt und Identität der Erklärenden.
  • Rechtsdurchsetzung: Möglichkeit einer vollstreckbaren Urkunde, wenn dies vereinbart wird.

Abgrenzung: Beurkundung und Beglaubigung

Bei der einfachen Beglaubigung bestätigt die Notarin oder der Notar lediglich die Echtheit einer Unterschrift oder die Übereinstimmung einer Kopie mit dem Original. Die notarielle Beurkundung geht darüber hinaus: Sie betrifft den gesamten Inhalt des Rechtsgeschäfts, umfasst Beratung zur rechtlichen Gestaltung, das Vorlesen des Textes und die inhaltliche Kontrolle des Erklärten.

Anwendungsbereiche

Immobiliengeschäfte

Kauf, Schenkung oder Übertragung von Grundstücken, Wohnungseigentum oder Erbbaurechten bedürfen in der Regel der notariellen Beurkundung. Gleiches gilt für Grundschulden und Hypotheken nebst zugehörigen Erklärungen.

Gesellschaftsrechtliche Vorgänge

Gründungen, Satzungsänderungen oder bestimmte Anteilsübertragungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften, werden häufig beurkundet. Anmeldungen zum Handelsregister basieren oftmals auf notariell festgehaltenen Erklärungen.

Ehe-, Familien- und Erbrecht

Eheverträge, Scheidungsfolgenvereinbarungen, Erbverträge sowie Testamente in notarieller Form fallen typischerweise in den Bereich der Beurkundung. Sie sollen langfristige und persönliche Angelegenheiten rechtlich klar regeln.

Vorsorge und Vermögensgestaltung

Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen, Schenkungen und komplexe Vermögensübertragungen werden häufig notariell beurkundet, um die spätere Wirksamkeit und Anerkennung sicherzustellen.

Ablauf der notariellen Beurkundung

Vorbereitung

  • Datenerfassung: Personalien, Identitätsprüfung, Beteiligtenstellung, Objekt- oder Unternehmensdaten.
  • Entwurf: Ausarbeitung eines Urkundentextes nach den geäußerten Zielen der Beteiligten.
  • Prüfung: Abgleich des Entwurfs auf Verständlichkeit, Vollständigkeit und Realisierbarkeit.

Beurkundungstermin

  • Verlesen: Die Urkunde wird vollständig vorgelesen; Erläuterungen und Rückfragen sind Bestandteil.
  • Genehmigung: Die Beteiligten bestätigen, dass der Text ihren Erklärungen entspricht.
  • Unterschrift: Unterzeichnung durch Beteiligte und Notarin oder Notar; damit entsteht die notarielle Urkunde.

Nach dem Termin

  • Ausfertigungen: Erteilung von Ausfertigungen oder beglaubigten Abschriften.
  • Vollzug: Soweit vorgesehen, veranlasst das Notariat erforderliche Meldungen, Registeranträge oder Mitteilungen.
  • Aufbewahrung: Langfristige Verwahrung der Urschrift im Notariat; Nachweise sind auch nach Jahren verfügbar.

Form, Sprache und Barrierefreiheit

Sprache und Dolmetscher

Die Urkunde muss verständlich sein. Fehlen ausreichende Sprachkenntnisse, werden Dolmetschende oder zweisprachige Fassungen eingesetzt. Dies wird dokumentiert, um die Verständlichkeit nachzuweisen.

Vertretung und Vollmacht

Erklärungen können durch Vertretende abgegeben werden, wenn eine ausreichende Vollmacht vorliegt. Besteht Unsicherheit über den Umfang, wird der Vertretungsnachweis in die Urkunde aufgenommen oder in geeigneter Form beigebracht.

Geschäftsfähigkeit und Willensbildung

Die Notarin oder der Notar prüft, ob die Beteiligten die Bedeutung des Geschäfts verstehen und freiwillig handeln. Bei erkennbaren Zweifeln wird dokumentiert und der Beurkundungsprozess entsprechend gestaltet.

Beweiskraft, Wirksamkeit und Vollstreckung

Beweiswert der Urkunde

Notarielle Urkunden genießen einen hohen Beweiswert über die beurkundeten Tatsachen, die Identität der Erklärenden und den Zeitpunkt der Erklärung. Dies erleichtert die Anerkennung gegenüber Behörden, Registern und Gerichten.

Vollstreckbare Urkunde

Eine notarielle Urkunde kann unmittelbar vollstreckbar sein, wenn eine entsprechende Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung enthalten ist. In solchen Fällen kann ohne vorheriges gerichtliches Urteil vollstreckt werden.

Formmangel und Nichtigkeit

Ist für ein Rechtsgeschäft die notarielle Beurkundung erforderlich und fehlt sie, kann das Geschäft unwirksam sein. Je nach Sachverhalt kommen Korrekturen oder spätere Bestätigungen in Betracht; die Rechtsfolgen hängen vom jeweiligen Vorgang ab.

Kosten und Gebühren

Grundsätze

Die Kosten folgen gesetzlich festgelegten Gebührentatbeständen und richten sich in der Regel nach dem wirtschaftlichen Wert des Geschäfts. Ermäßigungen oder Zuschläge ergeben sich aus der Komplexität und dem Umfang der Tätigkeit.

Auslagen und Abgaben

Neben den Gebühren fallen Auslagen an, etwa für Registerabrufe, Kopien, Zustellungen oder Dolmetschleistungen. In grundstücksbezogenen Vorgängen können Steuern oder Gebühren von Behörden hinzukommen.

Elektronische und digitale Beurkundung

Elektronische Urkunde und Signatur

Notarielle Urkunden können elektronisch erstellt und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Inhalt, Beweiswert und Aufbewahrungspflichten entsprechen dabei der klassischen Papierurkunde.

Online-Verfahren in bestimmten Fällen

Für klar abgegrenzte Sachverhalte, insbesondere in unternehmensbezogenen Vorgängen, sind videounterstützte Verfahren etabliert. Identifizierung und Kommunikation erfolgen über besondere sichere Systeme.

Aufbewahrung und Register

Notarielle Urkunden werden langfristig verwahrt. Ein- und Austragungen in öffentliche Register (z. B. Grundbuch, Handelsregister) stützen sich auf beurkundete Erklärungen und werden dokumentensicher umgesetzt.

Internationale Bezüge

Verwendung im Ausland

Sollen Urkunden außerhalb des Inlandes verwendet werden, können zusätzliche Formen der Bestätigung erforderlich sein, etwa eine übergeordnete Bestätigung der Echtheit. Welche Form benötigt wird, hängt vom Staat der Verwendung ab.

Fremdrecht und Rechtswahl

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten können unterschiedliche Rechtsordnungen betroffen sein. Die Urkunde kann Regelungen zur anwendbaren Rechtsordnung und zu Zuständigkeiten aufnehmen, um spätere Anerkennungsfragen zu erleichtern.

Datenschutz und Vertraulichkeit

Die Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt zweckgebunden. Notarinnen und Notare unterliegen strenger Verschwiegenheit. Zugriff auf Urkunden und Akten erhalten nur berechtigte Personen und Stellen, etwa Beteiligte und zuständige Register.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Worin unterscheidet sich die notarielle Beurkundung von einer Unterschriftsbeglaubigung?

Die Unterschriftsbeglaubigung bestätigt nur die Echtheit einer Unterschrift. Die notarielle Beurkundung umfasst den gesamten Inhalt eines Rechtsgeschäfts, einschließlich Vorlesen, Erläuterung und inhaltlicher Kontrolle sowie die Dokumentation der Willenserklärungen.

Wann ist eine notarielle Beurkundung erforderlich?

Die Beurkundung ist bei bestimmten Rechtsgeschäften vorgeschrieben, etwa häufig bei Immobilienübertragungen, gesellschaftsrechtlichen Grundlagengeschäften, Ehe- und Erbverträgen sowie Vorsorgegestaltungen mit weitreichenden Wirkungen.

Welche Rechtswirkungen hat eine notarielle Urkunde?

Sie besitzt hohen Beweiswert über Inhalt, Beteiligte und Zeitpunkt. Enthält sie eine Unterwerfungserklärung, kann sie unmittelbar vollstreckbar sein. Behörden und Register erkennen notarielle Urkunden regelmäßig als geeigneten Nachweis an.

Kann eine Beurkundung in einer anderen Sprache erfolgen?

Ja, sofern die Verständlichkeit gesichert ist. Üblich sind zweisprachige Urkunden oder die Hinzuziehung von Dolmetschenden. Die getroffenen Sprachregelungen werden in der Urkunde dokumentiert.

Ist eine digitale oder Online-Beurkundung möglich?

Für klar definierte Konstellationen bestehen videounterstützte Verfahren. Identifizierung, Kommunikation und Signaturen erfolgen über besonders gesicherte Systeme. Der Beweiswert entspricht der klassischen Beurkundung.

Was geschieht, wenn die gesetzlich erforderliche Form nicht eingehalten wird?

Fehlt die erforderliche notarielle Beurkundung, kann das Rechtsgeschäft unwirksam sein. Ob und wie ein Formmangel später korrigiert werden kann, hängt vom konkreten Vorgang und dessen rechtlicher Ausgestaltung ab.

Wie werden die Kosten einer Beurkundung bestimmt?

Die Gebühren sind gesetzlich festgelegt und orientieren sich am wirtschaftlichen Wert sowie an Art und Umfang der Tätigkeit. Zusätzlich können Auslagen für Register, Kopien, Zustellungen oder Dolmetschleistungen anfallen.