Nicht-bundeseigene Eisenbahn – Begriff, rechtlicher Rahmen und Bedeutung im deutschen Eisenbahnrecht
Definition und rechtliche Einordnung
Eine Nicht-bundeseigene Eisenbahn (abgekürzt NE-Bahn) bezeichnet im deutschen Eisenbahnrecht eine Eisenbahn, die nicht im Eigentum oder Besitz des Bundes steht und auch nicht vom Bund betrieben wird. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich insbesondere im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG). Nach § 2 Abs. 3 AEG sind nicht-bundeseigene Eisenbahnen alle öffentlichen Eisenbahnen, die nicht bundeseigen sind. Sie bilden das Gegenstück zur Bundeseisenbahn, zu der insbesondere Unternehmen der Deutschen Bahn AG und deren Tochtergesellschaften gehören.
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen spielen eine zentrale Rolle im deutschen Schienenverkehr, insbesondere im Schienengüterverkehr und im regionalen Personenverkehr. Zu den typischen Betreibern zählen Länder, Kommunen, private Unternehmen und andere öffentlich-rechtliche sowie privatwirtschaftliche Körperschaften.
Gesetzliche Grundlagen
Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
Das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) bildet die wesentliche rechtliche Grundlage für Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen in Deutschland. Die Unterscheidung zwischen bundeseigenen Eisenbahnen (§ 2 Abs. 1 AEG) und nicht-bundeseigenen Eisenbahnen (§ 2 Abs. 3 AEG) hat weitreichende Konsequenzen insbesondere für die Aufsichts- und Genehmigungszuständigkeiten sowie für die finanzielle Förderung durch Bund und Länder.
Weitere Rechtsquellen
Neben dem AEG sind zahlreiche weitere Rechtsquellen zu beachten, darunter:
- Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)
- Landeseisenbahngesetze
- Finanzierungsverordnungen und -gesetze (insbesondere hinsichtlich der Förderung)
- Regelwerke der Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder
Abgrenzung: Bundeseigene und nicht-bundeseigene Eisenbahnen
Bundeseigene Eisenbahn
Bundeseigene Eisenbahnen sind Eisenbahnen, deren Infrastruktur oder Betriebseigentum sich im Besitz des Bundes befindet oder mittelbar geführt wird, insbesondere durch die Deutsche Bahn AG und deren Tochtergesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 10 AEG.
Nicht-bundeseigene Eisenbahn
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen unterliegen anders als Bundeseisenbahnen nicht der unmittelbaren Hoheit des Bundes, sondern in der Regel der Aufsicht und Regulierung durch die Länder.
Aufsicht, Zulassung und Genehmigung
Zuständigkeiten
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen unterliegen der Aufsicht der jeweiligen Landesbehörde, sofern nicht ausdrücklich der Bund zuständig ist. Die Zuständigkeit umfasst die Erteilung von Betriebsgenehmigungen, die Sicherheitsüberwachung und die Kontrolle der Einhaltung eisenbahnrechtlicher Vorschriften. Für bundeseigene Eisenbahnen ist demgegenüber das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zuständig.
Genehmigungsverfahren
Die Zulassung als Eisenbahnverkehrsunternehmen oder Eisenbahninfrastrukturunternehmen erfolgt durch die Landesbehörden. Für bestimmte, den grenzüberschreitenden Verkehr betreffende oder sicherheitsrelevante Sachverhalte ist jedoch teilweise auch das Eisenbahn-Bundesamt zuständig.
Wesentliche Rechtsfolgen und Besonderheiten
Förderfähigkeit und Finanzierung
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen fallen in Bezug auf staatliche Investitionsprogramme oder Förderungen in der Regel nicht in den originären Finanzierungsbereich des Bundes. Die Länder oder andere Kommunen können jedoch eigene Förderprogramme für die Modernisierung, Erhaltung oder den Ausbau nicht-bundeseigener Eisenbahninfrastruktur auflegen.
Haftungsfragen
Auch hinsichtlich der Haftung unterliegen nicht-bundeseigene Eisenbahnen gesonderten Regelungen. Maßgeblich sind dabei die Vorschriften des Haftungsrechts für Eisenbahnen nach dem AEG, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sowie untergeordneten Rechtsnormen und Verordnungen.
Überwachung und Betriebspflichten
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen sind verpflichtet, den sicheren, zuverlässigen und diskriminierungsfreien Betrieb ihrer Eisenbahnen zu gewährleisten. Die Kontrolle hierzu obliegt den Landesaufsichtsbehörden, die im Bedarfsfall Betriebsuntersagungen oder Weisungen aussprechen können.
Typische Beispiele und praktische Relevanz
Zu den nicht-bundeseigenen Eisenbahnen zählen kommunale Straßenbahnbetriebe, regionale Eisenbahninfrastrukturunternehmen, private Betreiber von Güterbahnen, Hafenbahnen sowie touristische Eisenbahnbetriebe (Museumsbahnen). Die rund 170 Unternehmen dieses Bereichs sichern insbesondere die sogenannte „letzte Meile“ im Güterverkehr und gewährleisten die regionale Vernetzung im Schienenpersonennahverkehr.
Bedeutung für die Verkehrspolitik
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen tragen zur Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge und zur Erhöhung des Modal Splits im Umweltverbund maßgeblich bei. Sie fungieren als Wettbewerber zu bundeseigenen Eisenbahnen und stärken so den Wettbewerb im deutschen Schienensektor.
Zusammenfassung
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen sind ein zentrales Element der deutschen Eisenbahninfrastruktur und -verkehrswelt. Sie unterliegen im Unterschied zu bundeseigenen Eisenbahnen den Rechts- und Aufsichtskompetenzen der Länder sowie weiteren eigenständigen Rechtsnormen. Der Betrieb, die Zulassung, die finanzielle Förderung und die behördliche Aufsicht sind im Wesentlichen landesrechtlich geregelt, wobei bundesrechtliche Vorschriften stets ergänzend zur Anwendung kommen. Ihre praktische Bedeutung liegt insbesondere im regionalen Personenverkehr, im Güterverkehr auf Zubringerstrecken sowie bei Sonder- und Museumsbahnen.
Weiterführende Literatur und Quellen
- Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
- Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)
- Informationsportale der Landesaufsichtsbehörden
- Eisenbahnrechtliche Kommentare und Handbücher
Hinweis: Dieser Beitrag beleuchtet umfassend die rechtlichen Rahmenbedingungen, Besonderheiten und die Begrifflichkeit der nicht-bundeseigenen Eisenbahnen im deutschen Recht und dient als kompaktes Nachschlagewerk für den Rechtslexikon-Bereich.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist für die Genehmigung und Beaufsichtigung von nicht-bundeseigenen Eisenbahnen zuständig?
Für die Genehmigung und Beaufsichtigung von nicht-bundeseigenen Eisenbahnen (NE-Bahnen) sind in Deutschland grundsätzlich die Eisenbahnaufsichtsbehörden der Länder zuständig. Grundlage hierfür bilden unter anderem das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) sowie die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften. Die Genehmigung erstreckt sich auf verschiedene Bereiche, wie beispielsweise die Betriebserlaubnis für die Infrastruktur und die Erlaubnis zum Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen. Die Landesbehörden überwachen dabei insbesondere die Einhaltung eisenbahnrechtlicher Vorschriften sowie die Betriebssicherheit. Erst bei länderübergreifenden Sachverhalten, insbesondere bei EVU (Eisenbahnverkehrsunternehmen) und EIU (Eisenbahninfrastrukturunternehmen), kann ausnahmsweise das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zuständig sein, insbesondere wenn der Verkehr über das Netz der bundeseigenen Eisenbahnen hinausgeht. Auch technische und sicherheitsrelevante Standards müssen genehmigungsrechtlich geprüft werden. Die Überwachung umfasst zudem die Kontrolle der Einhaltung arbeitsrechtlicher, umweltrechtlicher und eisenbahnbetriebsrechtlicher Vorgaben.
Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Führung eines Betriebsbuchs für nicht-bundeseigene Eisenbahnen?
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen sind verpflichtet, ein sog. Betriebsbuch zu führen, in dem alle wesentlichen betrieblichen Ereignisse, Maßnahmen und Vorkommnisse dokumentiert werden müssen. Dies umfasst insbesondere sicherheitsrelevante Vorfälle, Betriebsstörungen, Wartungen und Prüfungen der Infrastruktur sowie eingesetzte Fahrzeuge. Die rechtlichen Vorgaben dazu finden sich in der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung (EBO) sowie ergänzend in länderspezifischen Verwaltungsvorschriften. Die Führung dieses Betriebsbuchs dient sowohl der nachträglichen Kontrolle und Nachweisführung im Rahmen von Ermittlungen (z. B. bei Unfällen) als auch der laufenden Überprüfung der Betriebssicherheit. Die Aufbewahrungsfristen für diese Unterlagen sind gesetzlich geregelt und betragen häufig mindestens drei bis fünf Jahre. Eine ordnungsgemäße Dokumentation im Betriebsbuch ist Voraussetzung für die Betriebserlaubnis und wird von der Aufsichtsbehörde regelmäßig kontrolliert.
Welche Haftungsregelungen gelten für nicht-bundeseigene Eisenbahnen bei Personen- oder Sachschäden?
Die Haftung von nicht-bundeseigenen Eisenbahnen richtet sich in erster Linie nach den speziellen Vorschriften des Haftpflichtgesetzes sowie nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG). Demnach ist ein Eisenbahnunternehmen für Schäden, die durch den Betrieb der Bahn entstehen, verschuldensunabhängig haftbar zu machen. Dies betrifft sowohl Personenschäden (z. B. Verletzungen von Fahrgästen oder Bahnpersonal) als auch Sachschäden an Dritten. Die Höhe der Haftpflichtsummen und die genauen Haftungsrahmen werden durch das Gesetz und ergänzende Verwaltungsvorschriften determiniert. Die Unternehmen sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung mit ausreichender Deckungssumme abzuschließen und deren Bestand kontinuierlich nachzuweisen. In bestimmten Fällen, beispielsweise bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, kann die Haftung jedoch auch erweitert oder Einschränkungen aufgehoben werden.
Unterliegen nicht-bundeseigene Eisenbahnen ebenfalls der Betriebspflicht und Andienungspflicht?
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen unterliegen grundsätzlich der Betriebspflicht, d. h., sie müssen den genehmigten Eisenbahnbetrieb aufnehmen und aufrechterhalten. Die Andienungspflicht ist insbesondere für Eisenbahninfrastrukturunternehmen relevant und bedeutet, dass der Zugang zur Infrastruktur diskriminierungsfrei auch anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen gewährt werden muss, sofern die betrieblichen und technischen Voraussetzungen erfüllt sind. Rechtsgrundlage hierfür ist insbesondere das AEG in Verbindung mit der Eisenbahn-Infrastrukturbenutzungsverordnung (EIBV). Verstöße gegen diese Pflichten können von den zuständigen Behörden mit Zwangsmaßnahmen oder Bußgeldern sanktioniert werden. In Ausnahmefällen, z. B. bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit, kann eine Befreiung von der Betriebspflicht beantragt werden, worüber die zuständige Aufsichtsbehörde entscheidet.
Welche Vorschriften gelten für die Sicherheit und den Arbeitsschutz bei nicht-bundeseigenen Eisenbahnen?
Für nicht-bundeseigene Eisenbahnen gelten in Hinblick auf Sicherheit und Arbeitsschutz neben den allgemeinen Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes insbesondere das AEG, die EBO sowie einschlägige Richtlinien und Verordnungen, die Sicherheitsstandards für Bahnanlagen und Betriebsvorgänge festlegen. Dazu zählen Vorschriften zur regelmäßigen Instandhaltung, technischen Überprüfung von Schienenfahrzeugen und Anlagen, zum Erstellen von Notfallkonzepten sowie zur Schulung und ärztlichen Untersuchung des Personals. Die Umsetzung dieser Regelungen wird durch interne Sicherheitsmanagementsysteme sichergestellt und unterliegt der Überprüfung durch die Landesaufsichtsbehörden. Bei Verstößen drohen empfindliche Sanktionen bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis.
Welche Zulassung benötigen Fahrzeuge, die auf nicht-bundeseigenen Eisenbahnen eingesetzt werden?
Alle Fahrzeuge, die auf nicht-bundeseigenen Eisenbahnen zum Einsatz kommen, benötigen eine Betriebsgenehmigung bzw. Zulassung nach den technischen und betrieblichen Regelwerken, in der Regel nach den Vorgaben der EBO oder ggf. speziellen landesrechtlichen Regelungen. Das Zulassungsverfahren umfasst u. a. die technische Prüfung (Bauart, Sicherheitseinrichtungen, Umweltaspekte) und ggf. Prüf- und Inbetriebsetzungsfahrten. Die zuständige Aufsichtsbehörde prüft die Einhaltung sämtlicher notwendiger Sicherheitsstandards, bevor eine unbefristete oder befristete Zulassung erteilt wird. Änderungen an bestehenden Fahrzeugen, insbesondere bauliche oder sicherheitstechnische Modifikationen, bedürfen ebenfalls der erneuten Genehmigung.
Wie werden nicht-bundeseigene Eisenbahnen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz rechtlich bewertet?
Nicht-bundeseigene Eisenbahnen müssen zahlreiche umwelt- und naturschutzrechtliche Vorgaben erfüllen, die sich aus dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) sowie weiteren spezialgesetzlichen Regelungen ergeben. Vor jeder Neuerrichtung oder wesentlichen Änderung von Bahnanlagen ist zumeist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Es gelten strenge Regelungen zu Lärmschutz, Erschütterungen, Gewässerschutz, Immissionskontrolle und zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen auf Flora und Fauna. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist eine Voraussetzung für die Erteilung von Planfeststellungsbeschlüssen und Betriebszulassungen. Verstöße werden kontrolliert und können zu erheblichen Sanktionen oder Betriebseinschränkungen führen.