Begriff und Bedeutung des Nennkapitals
Das Nennkapital ist der im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise in der Satzung festgelegte, feste Grundbetrag des Eigenkapitals einer Kapitalgesellschaft. Es bildet die rechnerische Basis der Beteiligungen der Gesellschafter oder Aktionäre und ist im Handelsregister eingetragen. Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) wird das Nennkapital als Stammkapital, bei der Aktiengesellschaft (AG) und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) als Grundkapital bezeichnet. Personengesellschaften (etwa OHG, KG) kennen kein Nennkapital.
Das Nennkapital ist eine rechnerische Größe: Es entspricht der Summe aller Geschäftsanteile (GmbH) beziehungsweise der Summe der Nennwerte oder rechnerischen Anteile der Aktien (AG). Es kann nur durch formelle Kapitalmaßnahmen verändert werden und dient insbesondere dem Schutz von Gläubigern sowie der klaren Zuordnung von Beteiligungsquoten.
Funktionen und Rechtszwecke
Haftungs- und Garantie-Funktion
Das Nennkapital markiert die Untergrenze der Kapitalausstattung, an der sich die Außenstehenden orientieren. Es fungiert als haftungsbezogene Zielgröße, indem es Verfügungen zugunsten der Anteilseigner begrenzt, die das Gesellschaftsvermögen in einer Weise mindern könnten, die den Gläubigerschutz beeinträchtigt.
Gläubigerschutz und Kapitalerhaltung
Das Nennkapital ist durch Kapitalerhaltungsvorschriften abgesichert. Unzulässige Rückzahlungen an Anteilseigner, die das Vermögen unter die Grenze des Nennkapitals drücken oder eine bestehende Unterdeckung vertiefen, sind untersagt. Ausschüttungen sind nur aus frei verfügbarem, ausschüttungsfähigem Vermögen zulässig.
Finanzierungs- und Beteiligungsfunktion
Das Nennkapital strukturiert die Beteiligungsverhältnisse: Stimmrechte und Gewinnbezugsrechte knüpfen regelmäßig an die Anteile am Nennkapital an, sofern die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes regelt.
Publizitätsfunktion
Die Höhe des Nennkapitals ist im Handelsregister einsehbar und wird im Jahresabschluss ausgewiesen. Dies ermöglicht es Marktteilnehmenden, die Grundkapitalisierung der Gesellschaft zu erkennen.
Zusammensetzung und Abgrenzung
Nennkapital und Eigenkapital
Das Nennkapital ist ein Teil des Eigenkapitals. Weitere Eigenkapitalbestandteile sind insbesondere Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag/Verlustvortrag und der Jahresüberschuss/-fehlbetrag. Das Nennkapital bleibt als feste Größe bestehen, während andere Eigenkapitalposten durch Geschäftstätigkeit und Beschlüsse variieren.
Nennkapital und Einlage
Die Einlage ist die Vermögensleistung, zu der die Anteilseigner zur Begründung ihrer Beteiligung verpflichtet sind. Sie kann als Bareinlage oder Sacheinlage erfolgen. Das Nennkapital beschreibt demgegenüber die rechnerische Summe der Anteile; ob die Einlagen bereits vollständig erbracht sind, ist eine davon zu trennende Frage. Nicht vollständig eingezahlte Einlagen führen zu ausstehenden Einlagen, die gesondert auszuweisen sind.
Nennwertaktien und Stückaktien
Bei Nennwertaktien hat jede Aktie einen bestimmten Nennbetrag; die Summe aller Nennbeträge ergibt das Grundkapital. Bei Stückaktien ohne Nennwert verkörpert jede Aktie einen gleichen rechnerischen Anteil am Grundkapital; die Zuordnung erfolgt proportional über die Anzahl der Aktien.
Agio (Aufgeld) und Disagio
Werden Anteile über dem Nennbetrag ausgegeben, entsteht ein Aufgeld (Agio), das nicht Teil des Nennkapitals ist und regelmäßig der Kapitalrücklage zugeführt wird. Ein Disagio (Ausgabe unter Nennbetrag) ist rechtlich nur in engen Grenzen zulässig.
Entstehung, Festlegung und Eintragung
Festlegung im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung
Die Höhe des Nennkapitals wird bei Gründung im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise in der Satzung verbindlich festgelegt. Änderungen sind nur durch entsprechende Beschlüsse der Anteilseigner und Eintragung ins Handelsregister wirksam.
Mindestsummen und Währung
Für bestimmte Rechtsformen bestehen Mindestkapitalanforderungen. Übliche Schwellen sind beispielsweise bei der GmbH 25.000 Euro und bei der AG 50.000 Euro. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann bereits ab 1 Euro gegründet werden, unterliegt aber besonderen Rücklagenregeln, bis das Stammkapital der klassischen GmbH erreicht ist. Das Nennkapital wird bei inländischen Gesellschaften grundsätzlich in Euro angegeben.
Registereintragung und Bekanntmachung
Das Nennkapital ist Bestandteil der Registereintragung. Erst durch Eintragung erlangt die Gesellschaft ihre volle Rechtsfähigkeit. Veränderungen des Nennkapitals werden ebenfalls eingetragen und bekannt gemacht.
Einzahlungsmodalitäten
Einlagen können bar oder als Sacheinlagen erbracht werden. Bargründungen erlauben regelmäßig Teilzahlungen bei Eintragung, während Sacheinlagen grundsätzlich vollständig zu erbringen und zu bewerten sind. Bei der GmbH ist bei Bargründung typischerweise ein Teil der Stammeinlagen vor Eintragung zu leisten; bei der AG ist zumindest ein Teil des Ausgabebetrags je Aktie vor Eintragung fällig. Bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) sind die Einlagen bei Gründung vollständig zu erbringen, zudem ist eine gesetzlich vorgesehene Rücklagenbildung bis zur Erreichung des klassischen GmbH-Stammkapitals vorgesehen.
Änderungen des Nennkapitals
Kapitalerhöhung gegen Einlagen
Die Gesellschaft kann ihr Nennkapital durch Aufnahme zusätzlichen Kapitals erhöhen. Dies erfolgt durch Ausgabe neuer Anteile oder Erhöhung der Nennbeträge bestehender Anteile. In der Regel sind Beschlüsse der Anteilseigner erforderlich; bei der AG bestehen außerdem Bezugsrechte zum Schutz vor Verwässerung.
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
Rücklagen können in Nennkapital umgewandelt werden. Bei der AG erfolgt dies oft durch Ausgabe sogenannter Gratisaktien oder durch Erhöhung des rechnerischen Anteils je Aktie; bei der GmbH durch Erhöhung der Nennbeträge der Geschäftsanteile oder Ausgabe neuer Anteile an die bisherigen Gesellschafter.
Kapitalherabsetzung
Das Nennkapital kann herabgesetzt werden, etwa zum Ausgleich von Verlusten oder zur Rückzahlung von Kapital. Kapitalherabsetzungen sind an Schutzmechanismen für Gläubiger gebunden, zu denen insbesondere besondere Bekanntmachungen und Wartefristen gehören. Eine vereinfachte Herabsetzung zum reinen Verlustausgleich folgt erleichterten Regeln, erlaubt aber keine Auszahlung an Anteilseigner.
Kapitalerhaltung und Ausschüttungsregeln
Verbot unzulässiger Rückzahlungen
Leistungen an Anteilseigner, die einer Rückgewähr der Einlagen gleichkommen, sind unzulässig. Hierzu zählen auch verdeckte Ausschüttungen, beispielsweise unangemessene Entgelte für Leistungen, die wirtschaftlich einer Gewinnverwendung gleichstehen.
Gewinnverwendung und Ausschüttungssperren
Gewinnausschüttungen setzen ausreichendes frei verfügbares Eigenkapital voraus. Bestehen Verlustvorträge oder droht eine Unterbilanz, sind Ausschüttungen eingeschränkt oder unzulässig. Eigene Anteile und ausstehende Einlagen beeinflussen die Ausschüttungsbasis.
Bilanzierung und Darstellung
Ausweis im Jahresabschluss
Das Nennkapital wird im Eigenkapital als gezeichnetes Kapital ausgewiesen. Nicht vollständig eingezahlte Beträge sind gesondert zu kennzeichnen. Veränderungen im Nennkapital werden im Anhang erläutert; bei größeren Gesellschaften kann zusätzlich ein Eigenkapitalspiegel Auskunft geben.
Eigene Anteile
Erwirbt eine Gesellschaft eigene Anteile, bleibt das Nennkapital unverändert. Der Erwerb führt jedoch zu Abzügen im Eigenkapital und unterliegt strengen Voraussetzungen. Zudem werden Ausschüttungsspielräume reduziert.
Besondere Konstellationen
Umwandlungen und Konzernstrukturen
Bei Verschmelzungen, Spaltungen oder Formwechseln kommt es zu Umtauschverhältnissen, die das Nennkapital der beteiligten Gesellschaften betreffen. Konzernrechtliche Maßnahmen berühren die Kapitalstruktur und erfordern eine klare Zuordnung der Anteile zum Nennkapital.
Internationale Bezüge
In anderen Rechtsordnungen entspricht das Nennkapital dem share capital. Je nach System sind Nennwertaktien oder Aktien ohne Nennwert verbreitet; maßgeblich bleibt die feste, registrierte Grundkapitalgröße, die einer Kapitalerhaltung unterliegt.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
Stammkapital, Grundkapital, gezeichnetes Kapital
Stammkapital (GmbH/UG) und Grundkapital (AG/KGaA) sind Rechtsform-spezifische Bezeichnungen des Nennkapitals. In der Bilanz wird hierfür regelmäßig der Posten gezeichnetes Kapital verwendet.
Kapitalrücklage und Gewinnrücklagen
Kapitalrücklagen entstehen zum Beispiel aus Aufgeldern bei Anteilsausgaben; Gewinnrücklagen aus thesaurierten Gewinnen. Beide erhöhen das Eigenkapital, sind aber nicht Teil des Nennkapitals.
Nominalbetrag und rechnerischer Anteil
Der Nominalbetrag ist der Nennwert eines Anteils. Bei Stückaktien ohne Nennwert entspricht der rechnerische Anteil dem Verhältnis des Grundkapitals zur Anzahl der ausgegebenen Aktien.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Nennkapital
Was ist der Unterschied zwischen Nennkapital und Eigenkapital?
Das Nennkapital ist der feste, registrierte Grundbetrag und Teil des Eigenkapitals. Eigenkapital umfasst darüber hinaus Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Gewinn-/Verlustvorträge und den Jahresüberschuss oder -fehlbetrag. Das Nennkapital bleibt als Zahl konstant, bis es durch formelle Kapitalmaßnahmen geändert wird.
Darf Nennkapital an Anteilseigner ausgezahlt werden?
Rückzahlungen, die das Nennkapital unmittelbar oder mittelbar antasten, sind unzulässig. Auszahlungen an Anteilseigner sind nur im Rahmen ausgeschüttungsfähiger Gewinne oder bei zulässiger Kapitalherabsetzung unter Beachtung der Schutzmechanismen erlaubt.
Wie wird Nennkapital bei Gründung eingebracht?
Einlagen können als Bareinlagen oder Sacheinlagen geleistet werden. Bargründungen erlauben je nach Rechtsform teilweise Einzahlungen vor Eintragung; Sacheinlagen sind grundsätzlich vollständig zu erbringen und zu bewerten. Die genauen Modalitäten sind in Gesellschaftsvertrag/Satzung festgelegt und gesetzlich vorgegeben.
Gibt es Nennkapital bei Personengesellschaften?
Personengesellschaften wie OHG oder KG haben kein Nennkapital. Bei ihnen stehen die Haftung der Gesellschafter und die vertragliche Kapitalausstattung im Vordergrund, ohne eine fest registrierte Grundkapitalgröße.
Wie wirken sich eigene Anteile auf das Nennkapital aus?
Der Erwerb eigener Anteile ändert das Nennkapital nicht. Er mindert jedoch das frei verfügbare Eigenkapital und unterliegt besonderen rechtlichen Grenzen sowie bilanzrechtlichen Abbildungsvorgaben.
Welche Mindesthöhen gelten für das Nennkapital?
Übliche Mindesthöhen sind bei der GmbH 25.000 Euro und bei der AG 50.000 Euro. Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) ist ab 1 Euro möglich, unterliegt aber einer verpflichtenden Rücklagenbildung, bis das Stammkapital der klassischen GmbH erreicht ist.
Wie verändert eine Kapitalerhöhung die Beteiligungsverhältnisse?
Bei Kapitalerhöhungen durch Ausgabe neuer Anteile kann es zu Verwässerungen kommen, wenn bisherige Anteilseigner nicht entsprechend teilnehmen. Schutzmechanismen wie Bezugsrechte sollen proportional gleiche Beteiligungen ermöglichen.