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Nebenintervenient


Nebenintervenient – Definition und rechtliche Bedeutung

Der Begriff Nebenintervenient bezeichnet im deutschen Zivilprozessrecht eine Person, die als Dritter einem laufenden Rechtsstreit zwischen zwei Hauptparteien beitritt, um eine dieser Parteien zu unterstützen. Die Nebenintervention dient dazu, rechtliche oder wirtschaftliche Interessen des Nebenintervenienten zu wahren, die von der Entscheidung des Prozesses berührt werden. Die §§ 66 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) regeln die Voraussetzungen, Rechte und Pflichten der Nebenintervention.


Grundlagen und gesetzliche Regelung der Nebenintervention

Allgemeine Definition

Ein Nebenintervenient (auch: Nebenintervenor) ist ein dritter Beteiligter, der selbst kein Hauptpartei des Prozesses ist, jedoch ein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Nebenintervention ist von einer Hauptintervention (Streitverkündung, § 64 ZPO) abzugrenzen, bei der der Dritte dem Prozess mit eigenen Ansprüchen beitritt.

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtlichen Regelungen zur Nebenintervention finden sich insbesondere in den §§ 66 bis 71 ZPO. Hierbei werden die Voraussetzungen für die Zulässigkeit, die formalen Anforderungen an den Beitritt sowie die Wirkungen des Beitritts näher bestimmt.


Arten der Nebenintervention

Einfache Nebenintervention

Die einfache Nebenintervention nach § 66 ZPO liegt vor, wenn der Nebenintervenient lediglich eine Partei unterstützt, ohne einen eigenen Anspruch am Streitgegenstand geltend zu machen. Das Beitrittsinteresse muss rechtlich geschützt und von der gerichtlichen Entscheidung berührt sein. Typische Beispiele sind Haftpflichtversicherungen oder Gesamtschuldner.

Streitgenössische Nebenintervention

Die streitgenössische Nebenintervention (§ 69 ZPO) unterscheidet sich von der einfachen Nebenintervention dadurch, dass der Nebenintervenient und die unterstützte Partei auf derselben Seite stets gemeinsam zur Hauptsache streiten. Sie liegt insbesondere dann vor, wenn mehrere Personen auf der gleichen Seite durch denselben Lebenssachverhalt verbunden sind (bspw. mehrere Erben).


Voraussetzungen der Nebenintervention

Rechtliches Interesse

Eine zentrale Voraussetzung ist das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten am Ausgang des Rechtsstreits. Dieses Interesse liegt vor, wenn die Entscheidung unmittelbar oder mittelbar rechtliche, wirtschaftliche oder tatsächliche Auswirkungen auf den Dritten haben kann.

Zulässigkeitserfordernisse

Der Beitritt zur Nebenintervention kann grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erfolgen. Eine spätere Intervention ist ausgeschlossen, es sei denn, der Prozess ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Zudem benötigt der Nebenintervenient eine wirksame Beitrittserklärung, die beim erkennenden Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzureichen ist.


Stellung und Rechte des Nebenintervenienten im Verfahren

Verfahrensrechte

Der Nebenintervenient erlangt im Verfahren eine sogenannte akzessorische Nebenrolle. Er darf die Prozesshandlungen der unterstützten Partei unterstützen, insbesondere:

  • Beweisanträge stellen,
  • Sach- und Rechtsausführungen tätigen,
  • Rechtsmittel einlegen (allerdings nur beschränkt im Rahmen der Unterstützung, § 67 ZPO).

Er hat jedoch kein eigenes Klagerecht und kann den Prozess nicht anstelle oder gegen die unterstützte Partei weiterführen.

Bindungswirkung für den Nebenintervenienten

Das Urteil entfaltet gemäß § 68 ZPO auch gegenüber dem Nebenintervenienten Bindungswirkung. Er ist bezüglich des Streitgegenstandes in einem späteren eigenen Prozess grundsätzlich an die Feststellungen des Ausgangsurteils gebunden, es sei denn, der Beitritt war rechtsmissbräuchlich oder eine wirksame Prozessführung wurde dem Nebenintervenienten von vornherein unmöglich gemacht.


Pflichten und Haftung

Kostenhaftung

Der Nebenintervenient kann nach § 101 ZPO für Prozesskosten mithaften, soweit sein Tätigwerden zu zusätzlichen Kosten geführt hat. Im Regelfall trägt er die eigenen Kosten selbst, verpflichtet sich aber nicht zur Übernahme der Kosten der Hauptpartei.


Beispiele für Nebenintervention aus der Praxis

  1. Haftpflichtversicherung: Ein Versicherungsunternehmen tritt auf Seiten des Versicherten bei, um Einfluss auf den Prozessverlauf zu nehmen und seine Regressmöglichkeiten zu sichern.
  2. Gesamtschuldner: Einer von mehreren Gesamtschuldnern unterstützt seine Mitschuldnerin im Rechtsstreit, da eine negative Entscheidung ihn ebenfalls betreffen könnte.
  3. Grundbuchangelegenheiten: Dritte, deren Recht durch eine Änderung im Grundbuch betroffen wäre, treten dem Prozess als Nebenintervenienten bei.

Unterschied

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte stehen dem Nebenintervenienten im Prozess zu?

Der Nebenintervenient besitzt im Zivilprozessrecht eine Reihe von Rechten, die ihm ermöglichen, die Hauptpartei zu unterstützen und aktiv Einfluss auf das Verfahren auszuüben. Zu den wichtigsten Rechten zählen insbesondere die Befugnis, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen (§ 67 ZPO), Beweisanträge zu stellen, Rechtsmittel, wie etwa Berufung oder Revision, einzulegen (§ 67, § 73 ZPO), sowie Teilnahme- und Rederecht in mündlichen Verhandlungen. Allerdings ist der Nebenintervenient in seinem Prozessverhalten grundsätzlich an den Willen der unterstützten Hauptpartei gebunden; das heißt, handelt die Hauptpartei nicht oder zieht einen Antrag zurück, kann dies auch Einfluss auf die Rechte des Nebenintervenienten haben. Der Hauptpartei steht zudem das Recht zu, auf bestimmte Angriffe und Verteidigungen des Nebenintervenienten zu verzichten. Der Nebenintervenient ist jedoch vor nachteiligen Prozesshandlungen der Hauptpartei, die ihn eindeutig benachteiligen könnten, nicht vollständig geschützt.

Welcher Unterschied besteht zwischen einfacher und streitgenössischer Nebenintervention?

Der wesentliche Unterschied zwischen einfacher (§ 66 ZPO) und streitgenössischer Nebenintervention (§ 69 ZPO) liegt im Ausmaß der Beteiligungsrechte des Nebenintervenienten. Bei der einfachen Nebenintervention unterstützt der Nebenintervenient lediglich eine Partei, ohne eigenständige prozessuale Rechte über die der unterstützten Partei hinaus zu besitzen. Dagegen steht dem streitgenössischen Nebenintervenienten weitgehende Eigenständigkeit zu, da er wie ein weiterer Hauptpartei beteiligt wird und selbstständige Prozesshandlungen, sogar widersprüchlich zur unterstützten Partei, vornehmen kann. Eine streitgenössische Nebenintervention liegt vor, wenn das streitige Rechtsverhältnis so beschaffen ist, dass die Entscheidung unmittelbar auch gegenüber dem Nebenintervenienten wirkt.

Welche formellen Voraussetzungen sind bei einem Beitritt als Nebenintervenient zu beachten?

Der Beitritt als Nebenintervenient erfordert laut § 70 ZPO eine Beitrittserklärung, die gegenüber dem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen muss. Die Beitrittserklärung muss den Willen zum Nebenbeitritt eindeutig erkennen lassen und die Partei benennen, deren Seite der Nebenintervenient unterstützen möchte. In der Erklärung ist zudem das rechtliche Interesse am Ausgang des Prozesses darzulegen, das sich typischerweise aus einer mittelbaren Betroffenheit vom Urteil ergibt. Eine ausdrückliche Zustimmung der Hauptpartei ist nicht nötig, doch kann das Gericht nach eigenem Ermessen prüfen, ob die Voraussetzungen für eine zulässige Nebenintervention tatsächlich erfüllt sind.

In welchen Verfahrensarten ist eine Nebenintervention zulässig?

Die Nebenintervention ist grundsätzlich in allen gerichtlichen Verfahren zulässig, in denen sich eine Hauptpartei durch eine weitere, durch das Urteil (mittelbar) betroffene Person unterstützen lassen kann. Besonders relevant ist sie im Zivilprozess (u.a. Klageverfahren, Berufung, Revision), kann aber auch im Verwaltungsverfahren (§ 66 VwGO), sozialgerichtlichen Verfahren (§ 75 SGG) und in bestimmten Konstellationen vor den Arbeits- und Finanzgerichten Anwendung finden. In Strafverfahren existiert hingegen kein dem Zivilprozess entsprechendes Institut der Nebenintervention.

Wie ist das Risiko der Kostentragung für den Nebenintervenienten geregelt?

Der Nebenintervenient trägt grundsätzlich das Kostenrisiko gemäß § 101 ZPO, nach dem er die Kosten des Nebeninterventionsverfahrens zu tragen hat, wenn und soweit seine Intervention ohne Erfolg bleibt. Daneben kann das Gericht im Kostenfestsetzungsbeschluss auch anordnen, dass die unterliegende Hauptpartei dem Nebenintervenienten seine Kosten zu erstatten hat. Die Einschätzung des Risikos sollte daher vor Prozessbeitritt sorgfältig erfolgen, insbesondere hinsichtlich der Erfolgsaussichten und der damit verbundenen finanziellen Belastung.

Besteht Bindungswirkung des Urteils auch für den Nebenintervenienten?

Nach § 68 ZPO entfaltet das Urteil grundsätzlich Bindungswirkung gegenüber dem Nebenintervenienten, soweit dieser im Verfahren beigezogen war und ein rechtliches Interesse am Ausgang des Prozesses bestand. Dies bedeutet, dass der Nebenintervenient an die Feststellungen und die Entscheidung des Gerichts gebunden ist, sofern er nicht glaubhaft macht, dass die Sache schlechter betrieben oder Verteidigungsmittel nicht geltend gemacht wurden, die bei rechtzeitigem Vortrag zur Vermeidung der Bindungswirkung geführt hätten. Diese Regelung dient dem Schutz des Vertrauens und der Rechtssicherheit im Prozess.

Kann der Nebenintervenient den Rechtsstreit eigenständig fortführen, wenn die Hauptpartei in den Prozesshandlungen untätig bleibt?

Im Grundsatz ist der Nebenintervenient hinsichtlich aktiver Prozesshandlungen von der Hauptpartei abhängig, das heißt, er kann das Verfahren nicht alleine und eigenständig fortführen, wenn die unterstützte Partei selbst untätig bleibt oder das Verfahren nicht weiter betreibt. Allerdings kann der Nebenintervenient eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen, solange dies im Rahmen der Prozessförderung für die unterstützte Partei bleibt. Verzichtet die Hauptpartei jedoch auf einen bestimmten Antrag oder nimmt sie diesen zurück, kann der Nebenintervenient hieraus keine eigenständigen, fortführenden Ansprüche geltend machen.