Begriff und Grundprinzip der Nebenforderung
Eine Nebenforderung ist ein Anspruch, der an eine Hauptforderung anknüpft und diese ergänzend begleitet. Sie entsteht typischerweise aus demselben Rechtsverhältnis wie die Hauptforderung und betrifft vor allem Zinsen, Kosten der Rechtsverfolgung oder Schäden, die durch verspätete oder unterbliebene Erfüllung der Hauptforderung entstehen. Nebenforderungen sollen den wirtschaftlichen Nachteil ausgleichen, der über den bloßen Hauptbetrag hinausgeht.
Definition und Abgrenzung
Definition
Unter einer Nebenforderung versteht man einen zusätzlichen Anspruch, der neben der Hauptforderung geltend gemacht werden kann. Er ist in der Regel von der Existenz der Hauptforderung abhängig und entsteht aus ihr oder in Folge ihrer Nichterfüllung. Häufige Beispiele sind Zinsen, Mahn- und Inkassokosten, Rechtsverfolgungskosten sowie Schadensersatz wegen Verzugs.
Abgrenzung zur Hauptforderung, Nebenpflicht und Nebenleistung
Die Hauptforderung ist der eigentliche Leistungsanspruch (etwa der Kaufpreis oder der Werklohn). Nebenforderungen dienen nicht der Erfüllung dieser Leistung, sondern gleichen Folgekosten oder Nutzungsausfall aus.
Nebenpflichten sind vertragliche Verhaltenspflichten, die die Durchführung des Vertrags unterstützen (z. B. Aufklärungs-, Sorgfalts- oder Schutzpflichten). Sie sind keine Zahlungsansprüche und daher von Nebenforderungen zu unterscheiden.
Nebenleistungen sind zusätzliche, vertraglich vereinbarte Leistungen neben der Hauptleistung (z. B. Montage, Lieferung, Schulung). Auch sie sind keine Nebenforderungen, sondern eigenständige Leistungspflichten.
Typische Arten von Nebenforderungen
Zinsen
Verzugszinsen
Verzugszinsen entstehen, wenn eine fällige Geldschuld nicht rechtzeitig gezahlt wird. Sie sollen den Nachteil ausgleichen, der durch die verspätete Zahlung entsteht. Der Zinssatz ergibt sich aus einer Vereinbarung oder, wenn eine solche fehlt, aus gesetzlichen Vorgaben. Für bestimmte Konstellationen können unterschiedliche Zinssätze gelten.
Prozesszinsen
Prozesszinsen sind Zinsen, die ab dem Zeitpunkt anfallen können, ab dem eine Forderung gerichtlich geltend gemacht wird. Sie bestehen neben oder anstelle von Verzugszinsen, je nach Verlauf des Verfahrens und der vorherigen Umstände.
Vertragszinsen
Vertragszinsen beruhen auf einer Vereinbarung über die Verzinsung einer Geldschuld bereits vor Eintritt des Verzugs (z. B. bei Krediten). Sie sind von Verzugszinsen zu unterscheiden und können parallel zu diesen oder statt dieser gelten, abhängig von der Ausgestaltung.
Schadensersatz wegen Zahlungsverzugs
Entsteht durch verspätete Zahlung ein Vermögensschaden, kann dieser als Nebenforderung verlangt werden. Dazu zählen etwa Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Mehraufwendungen, die unmittelbar durch den Zahlungsverzug verursacht wurden.
Aufwendungs- und Kostenersatz
Ersatzfähig sind regelmäßig nur solche Kosten, die erforderlich und angemessen sind. Dazu können gehören:
- angemessene Mahnkosten,
- notwendige Kosten eines beauftragten Inkassodienstleisters,
- notwendige Rechtsverfolgungskosten (außergerichtlich und gerichtlich),
- Bank- oder Rücklastschriftkosten, soweit sie kausal und erforderlich sind.
Überhöhte Pauschalen oder doppelte Inanspruchnahme verschiedener Dienstleister sind in der Regel nicht ersatzfähig.
Nutzungsentschädigung und sonstige Nebenforderungen
In Einzelfällen kommen weitere Nebenforderungen in Betracht, etwa für die Nutzung einer Sache oder den Ausgleich eines zeitweisen Entzugs wirtschaftlicher Vorteile. Maßgeblich ist der Bezug zur Hauptforderung und die sachliche Rechtfertigung des Ausgleichs.
Entstehung und Voraussetzungen
Vertragliche Grundlage
Nebenforderungen können ausdrücklich vereinbart werden (z. B. Zinsabreden, Pauschalen für Mahnungen). Solche Vereinbarungen müssen klar und verständlich sein und dürfen nicht unangemessen benachteiligend sein.
Gesetzliche Grundlage
Fehlt eine vertragliche Regelung, können Nebenforderungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen entstehen, insbesondere bei Verzug oder bei notwendigen Maßnahmen zur Durchsetzung einer berechtigten Hauptforderung.
Erforderlichkeit und Angemessenheit
Bei Kostenpositionen ist entscheidend, ob sie zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und dem Umfang nach angemessen sind. Nur dann werden sie als Nebenforderung anerkannt.
Durchsetzung und Geltendmachung
Gestaltung von Forderungsaufstellungen
In der Praxis werden Nebenforderungen gesondert ausgewiesen, etwa als Positionen für Zinsen, Mahnkosten, Inkassokosten oder sonstige Schäden. Eine transparente Aufschlüsselung erleichtert die Prüfung und Durchsetzung.
Gerichtsverfahren und Titel
In Klagen und Mahnverfahren werden Nebenforderungen regelmäßig neben der Hauptforderung beantragt. Werden sie zugesprochen, erscheinen sie im Titel meist mit Formulierungen wie „nebst Zinsen seit … sowie den Kosten der Rechtsverfolgung“ und sind damit vollstreckbar.
Zwangsvollstreckung
Im Rahmen der Zwangsvollstreckung werden titulierte Nebenforderungen zusammen mit der Hauptforderung beigetrieben. Vollstreckungskosten selbst können wiederum als zusätzliche Kosten entstehen, die die Schuld erhöhen.
Verhältnis zur Hauptforderung
Akzessorietät
Viele Nebenforderungen sind akzessorisch: Ohne eine bestehende Hauptforderung entstehen sie nicht. Entfällt die Hauptforderung, wirkt sich das grundsätzlich auch auf akzessorische Nebenforderungen aus.
Verselbständigung bereits entstandener Nebenforderungen
Sobald Nebenforderungen entstanden und beziffert sind (etwa aufgelaufene Zinsen oder angefallene Kosten), können sie rechtlich eigenständig bestehen. Die spätere Zahlung der Hauptforderung beendet zwar das weitere Entstehen, lässt bereits entstandene Nebenforderungen aber nicht automatisch entfallen, sofern nichts anderes vereinbart wird.
Verjährung und Erlöschen
Beginn und Lauf der Verjährung
Nebenforderungen verjähren grundsätzlich eigenständig. Der Lauf der Verjährung knüpft an die Entstehung und Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände an. Zinsen können als wiederkehrende Leistungen gesondert verjähren.
Hemmung und Neubeginn
Gerichtliche Geltendmachung, Verhandlungen oder Anerkenntnisse können die Verjährung hemmen oder zu einem Neubeginn führen. Dies gilt auch für Nebenforderungen.
Wirkung der Erfüllung der Hauptforderung
Die Zahlung der Hauptforderung beendet das weitere Anfallen laufender Nebenforderungen, berührt aber bereits entstandene Nebenforderungen grundsätzlich nicht. Diese erlöschen durch Zahlung, Verzicht, Vergleich, Aufrechnung, Verjährung oder andere Erlöschensgründe.
Sicherheiten und Nebenforderungen
Erfassung durch Sicherheiten
Sicherheiten, die eine Hauptforderung absichern (z. B. Garantieversprechen oder andere Sicherungsinstrumente), können Nebenforderungen mit umfassen. Ob und in welchem Umfang dies der Fall ist, hängt von der jeweiligen Ausgestaltung der Sicherheit ab.
Abtretung und Übergang
Wird eine Hauptforderung wirksam übertragen, gehen regelmäßig auch die zugehörigen Nebenforderungen auf den Erwerber über, soweit sie mit der Hauptforderung verbunden sind.
Verbraucher- und Unternehmensbezüge
Unterschiede und Grenzen
Je nach Beteiligten können unterschiedliche Zinssätze, Kostenmaßstäbe und Transparenzanforderungen gelten. Pauschalen und Standardklauseln unterliegen in Verbraucherverhältnissen besonderen Grenzen. Auch im Geschäftsverkehr sind Angemessenheit und Erforderlichkeit maßgeblich.
Typische Missverständnisse
- Nebenforderungen sind nicht dasselbe wie Nebenpflichten oder Nebenleistungen.
- Die Zahlung der Hauptforderung beseitigt nicht automatisch bereits entstandene Nebenforderungen.
- Nicht jede veranschlagte Mahn- oder Inkassogebühr ist ersatzfähig; es kommt auf Erforderlichkeit und Angemessenheit an.
- Zinsen können aus unterschiedlichen Gründen anfallen und unterscheiden sich nach Grundlage und Zeitraum.
Beispiele aus der Praxis
- Ein Kaufpreis ist fällig, wird jedoch nicht bezahlt: Es entstehen Verzugszinsen und angemessene Mahnkosten.
- Zur Beitreibung wird ein Inkassodienstleister beauftragt: Notwendige und angemessene Kosten können als Nebenforderung verlangt werden.
- Eine Forderung wird eingeklagt: Neben dem Hauptbetrag werden Zinsen und Verfahrenskosten tituliert und sind vollstreckbar.
Häufig gestellte Fragen
Was zählt rechtlich als Nebenforderung?
Als Nebenforderungen gelten insbesondere Zinsen, angemessene Mahn- und Inkassokosten, notwendige Rechtsverfolgungskosten sowie Schadensersatzpositionen, die im Zusammenhang mit der Hauptforderung oder deren Verzögerung stehen.
Entstehen Nebenforderungen auch ohne Verzug?
Ja, sofern sie vertraglich vereinbart sind, etwa Vertragszinsen. Ohne Vereinbarung entstehen Nebenforderungen häufig erst mit Eintritt bestimmter Voraussetzungen, typischerweise des Verzugs oder der gerichtlichen Geltendmachung.
Bleiben bereits aufgelaufene Zinsen geschuldet, wenn die Hauptforderung bezahlt wird?
Bereits entstandene Zinsen bleiben grundsätzlich geschuldet. Die Zahlung der Hauptforderung beendet nur das weitere Anfallen, nicht aber bereits entstandene Nebenforderungen, sofern nichts anderes vereinbart ist.
Verjähren Nebenforderungen getrennt von der Hauptforderung?
In der Regel ja. Nebenforderungen haben einen eigenen Verjährungslauf. Zinsen können als wiederkehrende Leistungen gesondert verjähren. Beginn und Dauer richten sich nach Entstehung und Kenntnis der Umstände.
Welche Mahn- und Inkassokosten sind ersatzfähig?
Ersatzfähig sind regelmäßig nur notwendige und angemessene Kosten, die zur Durchsetzung der berechtigten Hauptforderung erforderlich waren. Überhöhte Pauschalen oder doppelte Kostenpositionen sind in der Regel nicht erstattungsfähig.
Können Nebenforderungen ohne die Hauptforderung geltend gemacht werden?
Ist die Hauptforderung erfüllt oder erloschen, können bereits entstandene Nebenforderungen eigenständig bestehen und geltend gemacht werden. Ohne eine (bestehende oder ehemals bestehende) Hauptforderung entstehen Nebenforderungen jedoch grundsätzlich nicht.
Erfassen Sicherheiten Nebenforderungen mit?
Häufig ja. Ob Nebenforderungen von einer Sicherheit erfasst sind, hängt von der jeweiligen Vereinbarung und Ausgestaltung ab. Üblich ist, dass Zinsen und notwendige Kosten mit umfasst werden.
Wie erscheinen Nebenforderungen in Urteilen oder Mahnbescheiden?
Sie werden regelmäßig gesondert neben dem Hauptbetrag ausgewiesen, etwa als Zinsen ab einem bestimmten Datum und als Kosten der Rechtsverfolgung. Damit sind sie Bestandteil des Titels und vollstreckbar.