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Nebenbeschäftigung

Begriff und Abgrenzung der Nebenbeschäftigung

Eine Nebenbeschäftigung ist jede regelmäßige oder gelegentliche Erwerbstätigkeit, die zusätzlich zu einem bestehenden Hauptarbeitsverhältnis ausgeübt wird. Sie kann in Form eines zweiten Arbeitsverhältnisses, als geringfügige Beschäftigung, als kurzfristige Tätigkeit, als selbstständige Tätigkeit oder als entgeltliches Ehrenamt auftreten. Maßgeblich ist, dass neben dem Hauptarbeitsverhältnis weitere Arbeitsleistung gegen Entgelt erbracht wird.

Abgrenzungen

Von der Nebenbeschäftigung zu unterscheiden sind reine Freizeitaktivitäten ohne Entgelt sowie unentgeltliche Ehrenämter ohne arbeitsvertragliche Bindung. Eine Nebenbeschäftigung kann sowohl bei einem weiteren Arbeitgeber als auch in selbstständiger Form erfolgen. Ein Nebenjob in Konkurrenz zum Hauptarbeitgeber unterliegt besonderen Loyalitätsanforderungen und kann untersagt sein.

Rechtsnatur

Rechtlich ist die Nebenbeschäftigung eigenständig zu betrachten. Jede Tätigkeit begründet eigene Rechte und Pflichten, etwa hinsichtlich Vergütung, Arbeitszeit, Unfallversicherung und Haftung. Grundsätzlich besteht Freiheit, mehrere Tätigkeiten zu kombinieren, soweit gesetzliche Vorgaben, arbeitsvertragliche Vereinbarungen und berechtigte Interessen des Hauptarbeitgebers beachtet werden.

Zulässigkeit und Grenzen

Grundsatz und Loyalitätspflichten

Der Grundsatz der Berufsausübungsfreiheit erlaubt die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung. Grenzen ergeben sich aus Treue- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Hauptarbeitgeber. Tätigkeiten, die in unmittelbarem Wettbewerb stehen, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse gefährden oder die Leistungsfähigkeit im Hauptjob erheblich beeinträchtigen, können unzulässig sein. Vertragsklauseln, die Nebenbeschäftigungen generell untersagen, sind regelmäßig nur eingeschränkt wirksam; differenzierende Regelungen mit Anzeige- oder Zustimmungsvorbehalt sind verbreitet.

Arbeitszeit und Gesundheitsschutz

Die Arbeitszeiten aus Haupt- und Nebenbeschäftigung werden zusammen betrachtet. Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagsschutz sind einzuhalten. Eine dauerhafte Überschreitung der zulässigen Höchstarbeitszeit ist unzulässig, auch wenn Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern erfolgen. Ruhezeiten zwischen den Einsätzen und der Schutz vor Überbeanspruchung sind zu wahren.

Urlaub, Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit

Urlaub dient der Erholung. Eine Nebenbeschäftigung während des Urlaubs kann problematisch sein, wenn sie dem Erholungszweck zuwiderläuft. Während einer attestierten Arbeitsunfähigkeit ist eine Nebenbeschäftigung unzulässig, wenn sie die Genesung verzögert oder den Eindruck einer vorgetäuschten Krankheit erweckt. Während Mutterschutzfristen und in der Elternzeit gelten besondere Grenzen; Teilzeitarbeit und Nebenbeschäftigungen können zulässig sein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Minderjährige und Auszubildende

Für Minderjährige und Auszubildende gelten besondere Schutzstandards, insbesondere zu Arbeitszeit, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie zur Vereinbarkeit mit Ausbildung und Schule. Nebenbeschäftigungen sind nur im Rahmen dieser Schutzvorgaben zulässig.

Anzeige- und Genehmigungspflichten

Privatwirtschaft

In vielen Arbeitsverträgen finden sich Klauseln zur Anzeige einer Nebenbeschäftigung und, in bestimmten Fällen, zur vorherigen Zustimmung. Üblich ist die Prüfung, ob betriebliche Interessen berührt sind, insbesondere bei möglicher Konkurrenz, Geheimnisschutz und Arbeitszeitgrenzen. Eine Zustimmung kann versagt werden, wenn berechtigte Interessen entgegenstehen. Pauschale Verbote sind nur begrenzt wirksam.

Öffentlicher Dienst

Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst und für Beamtinnen und Beamte gelten besondere Regelungen. Häufig ist eine vorherige Anzeige oder Genehmigung vorgesehen, etwa zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zur Wahrung des Ansehens der Verwaltung. Umfang, Vergütung und Zeitaufwand können erfasst und begrenzt werden.

Änderung und Widerruf

Eine erteilte Zustimmung kann widerruflich sein, wenn sich die Umstände ändern, etwa bei nachträglicher Beeinträchtigung betrieblicher Interessen oder bei Verstößen gegen Arbeitszeitrecht. Bei genehmigungspflichtigen Tätigkeiten kann das Unterlassen der Anzeige zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen.

Sozialversicherung, Steuern und Meldepflichten

Mehrfachbeschäftigung im Beitragsrecht

Bei mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen werden Arbeitsentgelte zusammengerechnet. Dies kann Auswirkungen auf Beitragspflichten in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung haben. Beschäftigungen oberhalb bestimmter Grenzen sind beitragspflichtig; Überschneidungen werden systematisch berücksichtigt. Für die Einordnung ist die tatsächliche Ausgestaltung der Beschäftigung maßgeblich.

Geringfügige und kurzfristige Beschäftigungen

Geringfügige Beschäftigungen (Minijobs) und kurzfristige Beschäftigungen unterliegen besonderen Regeln zu Beiträgen und Steuern. Mehrere geringfügige Tätigkeiten können zusammengerechnet werden, wodurch sich der Status ändern kann. Bei Kombination mit einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung gelten für den ersten Minijob regelmäßig Sonderregeln, weitere Minijobs können zusammenrechnungspflichtig sein.

Steuerliche Einordnung

Nebenbeschäftigungen unterliegen der Einkommensteuer. Je nach Art der Tätigkeit kommen Lohnsteuerabzug, Pauschalsteuer oder Veranlagung in Betracht. Mehrere Beschäftigungen können die Steuerprogression beeinflussen. Bei selbstständiger Nebentätigkeit sind gesonderte steuerliche Pflichten zu beachten.

Unfallversicherung

Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz knüpft an jede einzelne Beschäftigung an. Unfälle im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit sowie entsprechende Wegeunfälle sind der jeweiligen Tätigkeit zugeordnet. Für selbstständige Nebenbeschäftigungen kann ein eigener Versicherungsschutz in Betracht kommen, teilweise ist er freiwillig, teilweise verpflichtend, abhängig von der Branche.

Datenschutz, Mitbestimmung und Compliance

Datenschutz

Arbeitgeber dürfen Informationen zur Nebenbeschäftigung nur erheben, soweit dies zur Beurteilung möglicher Interessenkonflikte, zur Einhaltung von Arbeitszeitgrenzen oder zur Prüfung vertraglicher Pflichten erforderlich ist. Eine weitergehende Datenerhebung ist unzulässig.

Betriebliche Mitbestimmung

In Betrieben mit Interessenvertretung können Mitwirkungstatbestände berührt sein, etwa beim Erlass allgemeiner Grundsätze zur Anzeige von Nebenbeschäftigungen, bei betrieblichen Regelungen zur Arbeitszeit oder zur Vermeidung von Interessenkonflikten. Konkrete Einzelfallentscheidungen verbleiben regelmäßig im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten.

Interessenkonflikte und Vorteilsannahme

Tätigkeiten, die zu Interessenkonflikten führen können, unterliegen besonderen Anforderungen. Dies betrifft insbesondere die Annahme von Vorteilen, Nebentätigkeiten bei Geschäftspartnern sowie Tätigkeiten mit Einfluss auf Beschaffungs- oder Vergabeentscheidungen. Interne Richtlinien können zusätzliche Grenzen vorsehen.

Selbstständige Nebenbeschäftigung

Gewerbeanzeige und Berufsrecht

Selbstständige Nebentätigkeiten können einer gewerberechtlichen Anzeige oder berufsrechtlichen Zulassung unterliegen. Freiberufliche Tätigkeiten sind davon zu unterscheiden. Je nach Tätigkeit gelten besondere Qualitäts-, Erlaubnis- und Aufzeichnungspflichten.

Haftung und Absicherung

Bei selbstständiger Nebentätigkeit besteht Eigenverantwortung für Haftungsrisiken, Vertragsgestaltung, Steuern und Vorsorge. Eine angemessene Absicherung kann je nach Tätigkeit erforderlich sein, beispielsweise im Bereich der Berufshaftung.

Aufenthalts- und arbeitsrechtliche Besonderheiten

Aufenthaltsstatus

Für Staatsangehörige aus Drittstaaten kann der Aufenthalts- und Arbeitstitel die Ausübung einer Nebenbeschäftigung beschränken. Erlaubnisumfang, Stundengrenzen und Tätigkeitsarten richten sich nach den erteilten Auflagen. Verstöße können aufenthaltsrechtliche Folgen haben.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Arbeitsrechtliche Maßnahmen

Verstöße gegen zulässige Grenzen, etwa bei unerlaubter Konkurrenztätigkeit, Nichtbeachtung von Anzeige- und Genehmigungspflichten oder Missachtung von Arbeitszeitvorgaben, können Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen nach sich ziehen. Die Verhältnismäßigkeit ist dabei maßgeblich.

Rückforderungen und Schadensersatz

Bei unzulässiger Nebenbeschäftigung während attestierter Arbeitsunfähigkeit können Entgeltfortzahlung und Leistungen betroffener Träger in Frage stehen. Zudem können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bestehen, insbesondere bei Geheimnisverstößen oder Wettbewerbsverletzungen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ist eine Nebenbeschäftigung grundsätzlich erlaubt?

Grundsätzlich ist die Ausübung einer Nebenbeschäftigung zulässig. Grenzen ergeben sich aus Arbeitszeitrecht, Treuepflichten gegenüber dem Hauptarbeitgeber, Konkurrenzausschluss sowie aus vertraglichen Anzeige- und Genehmigungsvorbehalten.

Darf eine Nebenbeschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen ausgeübt werden?

Eine Tätigkeit bei einem direkten Wettbewerber kann gegen Loyalitätspflichten verstoßen. Sie ist regelmäßig unzulässig, wenn betriebliche Interessen beeinträchtigt werden, insbesondere durch Nutzung von Insiderwissen, Abwerben von Kunden oder unmittelbare Konkurrenzhandlungen.

Muss eine Nebenbeschäftigung dem Arbeitgeber mitgeteilt oder genehmigt werden?

Arbeitsverträge enthalten häufig Anzeige- oder Genehmigungspflichten. Eine Genehmigung kann erforderlich sein, wenn berechtigte betriebliche Interessen berührt sind. Im öffentlichen Dienst bestehen häufig weitergehende Genehmigungserfordernisse.

Wie wirken sich mehrere Jobs auf die zulässige Arbeitszeit aus?

Die Arbeitszeiten aller Beschäftigungen werden addiert. Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagsschutz gelten beschäftigungsübergreifend. Eine dauerhafte Überschreitung der zulässigen Grenzen ist unzulässig.

Ist eine Nebenbeschäftigung während Krankheit oder Urlaub erlaubt?

Während Krankheit ist eine Nebenbeschäftigung unzulässig, wenn sie die Genesung beeinträchtigt oder Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründet. Im Urlaub kann eine Nebenbeschäftigung problematisch sein, wenn sie dem Erholungszweck widerspricht.

Welche sozialversicherungsrechtlichen Folgen hat eine Nebenbeschäftigung?

Entgelte aus mehreren Beschäftigungen werden für die Sozialversicherung grundsätzlich zusammengerechnet. Je nach Kombination von versicherungspflichtigen und geringfügigen Tätigkeiten ergeben sich unterschiedliche Beitragspflichten und Meldewege.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen Regeln zur Nebenbeschäftigung?

Mögliche Folgen sind Abmahnung, Versetzung, Kündigung, Unterlassungsansprüche sowie Rückforderungen von Leistungen. Bei Wettbewerbs- oder Geheimnisverstößen kommen Schadensersatzansprüche in Betracht.