Begriff und rechtliche Einordnung der Nebenbeschäftigung
Die Nebenbeschäftigung bezeichnet jede entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit, die neben einem Hauptarbeitsverhältnis ausgeübt wird. Sie umfasst jegliche Erwerbstätigkeit oder Mitwirkung an Tätigkeiten außerhalb des Hauptarbeitsverhältnisses und ist aufgrund ihres Potenzials, das Hauptarbeitsverhältnis beziehungsweise gesetzliche Vorgaben zu berühren, sowohl arbeitsrechtlich als auch sozialversicherungsrechtlich und steuerrechtlich von besonderer Bedeutung.
Abgrenzung zur Hauptbeschäftigung
Definition Haupt- und Nebenbeschäftigung
Hauptbeschäftigung ist regelmäßig dasjenige Arbeitsverhältnis, das den wirtschaftlichen Mittelpunkt des Erwerbslebens einer Person darstellt und mit dem überwiegenden Teil der Arbeitszeit verbunden ist. Tätigkeiten, die daneben ausgeübt werden, gelten als Nebenbeschäftigung, unabhängig von ihrer zeitlichen Lagerung oder Höhe der Vergütung.
Formen der Nebenbeschäftigung
Zu den Nebenbeschäftigungen zählen unter anderem:
- Minijob (geringfügige Beschäftigung)
- Teilzeit- oder Aushilfsjobs neben einem Hauptarbeitsverhältnis
- Selbstständige Tätigkeiten
- Ehrenamtliche Tätigkeiten und Engagements
- Mitwirkung bei Familienunternehmen
Arbeitsrechtliche Aspekte der Nebenbeschäftigung
Allgemeines arbeitsrechtliches Verbot
Ein generelles Verbot für Nebenbeschäftigungen existiert im deutschen Arbeitsrecht nicht. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich einer Nebenbeschäftigung nachgehen. Allerdings ergeben sich aus dem Arbeitsverhältnis sowie aus gesetzlichen Regelungen verschiedene Einschränkungen.
Nebentätigkeitsklauseln im Arbeitsvertrag
Im Arbeitsvertrag können Klauseln enthalten sein, die die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung reglementieren. Dabei ist zu unterscheiden:
- Anzeigepflicht: Häufig ist vorgesehen, dass die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung dem Arbeitgeber angezeigt werden muss.
- Genehmigungsvorbehalt: Teilweise wird eine ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers verlangt.
Beides unterliegt der Kontrolle auf Angemessenheit und ist unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitnehmers an Erwerb und Freizeit sowie des Arbeitgebers an Loyalität und Leistungsfähigkeit auszulegen.
Unzulässigkeit und Ablehnungsgründe
Der Arbeitgeber kann die Ausübung einer Nebenbeschäftigung aus sachlichen Gründen ablehnen oder untersagen, insbesondere wenn:
- die Leistungsfähigkeit im Hauptarbeitsverhältnis beeinträchtigt wird,
- die Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht eingehalten werden,
- eine unmittelbare Konkurrenztätigkeit zum Arbeitgeber erfolgt,
- betriebsinterne Interessen, Geschäftsgeheimnisse oder Loyalitätspflichten verletzt werden,
- ein Verstoß gegen tarifliche, betriebsverfassungsrechtliche oder gesetzliche Vorschriften vorliegt.
Mitteilungspflicht und Genehmigung
Die Erfordernis einer Mitteilung oder Genehmigung ist oft arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, müssen Arbeitnehmer ihre Nebenbeschäftigung nicht offenlegen, sofern keine Beeinträchtigung des Hauptarbeitsverhältnisses anzunehmen ist.
Gesetzliche Bestimmungen und tarifliche Regelungen
Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden nicht regelmäßig überschritten werden. Die Gesamtarbeitszeit umfasst alle Beschäftigungen, also Haupt- und Nebenbeschäftigung. Bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz sind sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der Höchstgrenzen zu treffen.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) kann die Ausgestaltung von Nebentätigkeiten mitbestimmungspflichtig sein, falls kollektive Regelungen zu Nebentätigkeiten bestehen oder eingeführt werden sollen.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte der Nebenbeschäftigung
Versicherungspflicht und beitragsrechtliche Folgen
Die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Nebenbeschäftigungen richtet sich nach der Art und dem Umfang der Tätigkeit. Maßgeblich ist, ob es sich um eine geringfügige Beschäftigung (450-Euro-Job, ab 2022: 520-Euro-Job) handelt oder die Nebenbeschäftigung versicherungspflichtig ist.
Geringfügige Beschäftigung (Minijob)
- Sozialversicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherungspflicht mit Befreiungsmöglichkeit
- Bei mehreren Minijobs werden die Entgelte zusammengerechnet; Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze führt zur Versicherungspflicht
Mehrfachbeschäftigung
- Bei mehreren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen erfolgt die Beitragserhebung zur Sozialversicherung aus allen Beschäftigungsverhältnissen
- Beitragsbemessungsgrenzen sind einzuhalten
Meldung und Dokumentationspflichten
Arbeitgeber sind im Rahmen der Anmeldung von Nebenbeschäftigten oder bei Überschneidungen zur Erstattung von Beiträgen verpflichtet, dies korrekt zu dokumentieren und zu melden.
Steuerrechtliche Aspekte der Nebenbeschäftigung
Einkommensteuerliche Behandlung
Einkünfte aus Nebenbeschäftigungen unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuerpflicht. Der konkrete Steuersatz richtet sich nach der Höhe des Gesamteinkommens und der Einkunftsart der Nebentätigkeit.
Pauschalversteuerung
Für bestimmte geringfügige Beschäftigungsverhältnisse können Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal abführen.
Selbstständige Nebenbeschäftigungen
Sofern eine nebenberufliche selbstständige Tätigkeit betrieben wird, sind die Einnahmen im Rahmen der Steuererklärung als entsprechende Einkunftsarten anzugeben.
Steuerliche Freibeträge
Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Freibetrag (z.B. Übungsleiterpauschale, Ehrenamtspauschale) geltend gemacht werden, sofern die Tätigkeit gemeinnützig oder im öffentlichen Interesse ausgeübt wird.
Wettbewerbsrechtliche Aspekte und Verschwiegenheitspflichten
Nebenbeschäftigungen dürfen nicht gegen das Wettbewerbsverbot (§§ 60 ff. HGB) und die Verschwiegenheitspflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) verstoßen. Insbesondere das Verbot der Konkurrenztätigkeit besteht während des laufenden Arbeitsverhältnisses und ist auch einer nebenberuflichen Unternehmung vorgehalten.
Folgen unerlaubter Nebenbeschäftigungen
Arbeitsrechtliche Sanktionen
Verstößt die Nebenbeschäftigung gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder gesetzliche Bestimmungen, kann dies zu Abmahnung, Unterlassungsforderung oder sogar fristloser Kündigung führen.
Schadensersatzpflicht
Im Falle von Pflichtverletzungen durch die Nebenbeschäftigung kann eine Haftung für entstandene Schäden gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden.
Zusammenfassung
Die Nebenbeschäftigung ist im deutschen Recht zulässig, sofern keine gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Einschränkungen entgegenstehen und die Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden. Arbeits-, sozialversicherungs- und steuerrechtliche Vorschriften regeln umfassend die Rahmenbedingungen und Pflichten, die bei der Aufnahme und Ausübung einer Nebenbeschäftigung zu beachten sind. Arbeitgeber sind berechtigt, Nebenbeschäftigungen aus bestimmten Gründen zu untersagen, sofern sie berechtigte Interessen berühren. Arbeitnehmer sind verpflichtet, Transparenz herzustellen, falls dies arbeitsvertraglich oder gesetzlich vorgesehen ist, und gesetzliche Vorschriften hinsichtlich Arbeitszeit, Wettbewerb und Verschwiegenheit zu befolgen.
Häufig gestellte Fragen
Muss eine Nebenbeschäftigung dem Hauptarbeitgeber gemeldet werden?
Grundsätzlich besteht nach deutschem Arbeitsrecht keine allgemeine Pflicht, dem Hauptarbeitgeber eine Nebenbeschäftigung proaktiv mitzuteilen. Allerdings können arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder Tarifverträge eine Anzeigepflicht oder sogar eine Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten vorsehen. Es ist ratsam, den Arbeitsvertrag sorgfältig zu prüfen; oft enthalten diese Klauseln, die dem Arbeitgeber ein Mitspracherecht einräumen. Arbeitgeber dürfen Nebentätigkeiten grundsätzlich nur dann untersagen, wenn berechtigte betriebliche Interessen beeinträchtigt werden, wie zum Beispiel eine Gefährdung der Arbeitsleistung im Hauptjob, die Überschreitung gesetzlicher Höchstarbeitszeiten gemäß Arbeitszeitgesetz oder wenn es zu einem Wettbewerbsverhältnis mit dem Arbeitgeber kommen könnte. Ein Verstoß gegen eine bestehende Anzeigepflicht kann arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Abmahnung oder Kündigung nach sich ziehen.
Gibt es gesetzliche Höchstgrenzen für die Arbeitszeit bei einer Nebenbeschäftigung?
Ja, das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) schreibt vor, dass die werktägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf; in Ausnahmefällen sind bis zu zehn Stunden möglich, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Diese Regelung gilt für die Summe aller Arbeitszeiten, also die eines Haupt- und eines Nebenjobs zusammen. Auch Pausen und Ruhezeiten sind einzuhalten: Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen mindestens elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit gewährt werden (§ 5 ArbZG). Verstöße gegen diese Bestimmungen können sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber Bußgelder nach sich ziehen und im schlimmsten Fall als Ordnungswidrigkeit behandelt werden.
Welche arbeitsrechtlichen Grenzen bestehen im Hinblick auf Konkurrenztätigkeiten bei Nebenbeschäftigungen?
Arbeitnehmer unterliegen während des bestehenden Arbeitsverhältnisses einem Wettbewerbsverbot, selbst wenn dieses nicht explizit im Vertrag geregelt ist. Das heißt, sie dürfen grundsätzlich keiner Nebentätigkeit nachgehen, die in unmittelbarem Wettbewerb zum Arbeitgeber steht oder diesem unmittelbar oder mittelbar schadet. Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann zu arbeitsrechtlichen Sanktionen bis hin zur fristlosen Kündigung und zu Schadensersatzforderungen führen. Eine Ausnahme kann nur bestehen, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich eine entsprechende Nebentätigkeit genehmigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt dieses Wettbewerbsverbot nicht mehr, es sei denn, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wurde vertraglich vereinbart.
Kann ein Arbeitgeber eine Nebenbeschäftigung gänzlich untersagen?
Ein generelles Verbot jeder Art von Nebenbeschäftigung wäre unwirksam und mit dem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG) nicht vereinbar. Der Arbeitgeber kann aber Nebentätigkeiten dann untersagen, wenn durch diese berechtigte Interessen des Betriebes beeinträchtigt werden – beispielsweise bei Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeit, bei gesundheitlichen Bedenken (etwa Übermüdung), bei drohenden Loyalitätskonflikten oder bei unerlaubter Konkurrenztätigkeit. Eine pauschale Verbotsklausel ohne sachlichen Grund ist somit rechtlich unzulässig. Das Verbot muss immer im Einzelfall sachlich begründet und verhältnismäßig sein.
Haben Nebenbeschäftigungen Einfluss auf den Anspruch auf Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall?
Eine Nebenbeschäftigung beeinflusst grundsätzlich nicht den Urlaubsanspruch oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall im Hauptarbeitsverhältnis, sofern der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen im Hauptberuf erfüllt. Wichtig ist aber, dass der Arbeitnehmer während eines krankheitsbedingten Ausfalls keine Nebenbeschäftigung ausübt, da dies als genesungswidrig gilt und arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie eine Abmahnung oder Kündigung, nach sich ziehen kann. Ebenso kann die unerlaubte Erwerbstätigkeit während des Urlaubs zu Konflikten führen, wenn der Erholungszweck des Urlaubs dadurch gefährdet wird.
Muss eine sozialversicherungspflichtige Nebenbeschäftigung besonders gemeldet werden?
Sozialversicherungspflichtige Nebenbeschäftigungen müssen wie jedes andere Beschäftigungsverhältnis durch den Arbeitgeber bei den entsprechenden Sozialversicherungsträgern angemeldet werden. Die Beschäftigungszeiten aus Haupt- und Nebenbeschäftigung werden für die Einhaltung der Beitragsbemessungsgrenzen zusammengezählt, ebenso wie das Einkommen für die jährliche Steuererklärung. Bei mehreren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen bleibt das erste Arbeitsverhältnis das Hauptarbeitsverhältnis, für das der volle Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil anfällt; bei einer Nebenbeschäftigung bei einem weiteren Arbeitgeber sind beide Arbeitgeber eigenständig beitragspflichtig. Minijobs sind diesbezüglich gesondert zu behandeln.
Welche steuerlichen Pflichten entstehen durch eine Nebenbeschäftigung?
Das Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung unterliegt grundsätzlich der Einkommensteuerpflicht und muss in der jährlichen Steuererklärung angegeben werden, es sei denn, es handelt sich beispielsweise um einen geringfügig entlohnten Minijob, der pauschal versteuert wird. Liegt kein Minijob, sondern eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor, wird der Lohnsteuerabzug regelmäßig über die Lohnsteuerklasse VI vorgenommen, sofern es sich um das zweite oder weitere Arbeitsverhältnisse handelt. Das kann zu einem erhöhten Steuerabzug führen. Arbeitnehmer sollten daher insbesondere bei mehreren Beschäftigungen prüfen, wie sich diese steuerlich auswirken, um eventuelle Nachzahlungen oder zu hohe Abzüge zu vermeiden.