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Nassauskiesungsbeschluss


Definition und Rechtsgrundlagen des Nassauskiesungsbeschlusses

Der Begriff Nassauskiesungsbeschluss bezeichnet einen behördlichen Verwaltungsakt im deutschen Umwelt- und Wasserrecht, der die rechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die Durchführung von Nassauskiesungen, insbesondere von Baggerungen zur Kiesgewinnung unterhalb des Grundwasserspiegels, regelt. Der Nassauskiesungsbeschluss stellt eine zentrale Entscheidung im Kontext der wasserrechtlichen Erlaubnis- und Planfeststellungsverfahren dar und ist maßgeblich für die Genehmigung und Durchführung von Rohstoffabbauvorgängen in Gewässernähe oder im Bereich von Grundwasser führenden Schichten.

Voraussetzungen zur Erlangung des Nassauskiesungsbeschlusses

Antragsverfahren

Ein Nassauskiesungsbeschluss wird auf Antrag des Unternehmers oder Betreibers einer Kiesgrube bzw. eines Baggersees durch die zuständige Wasserbehörde erlassen. Dem Antrag sind in der Regel umfangreiche Unterlagen beizufügen, darunter:

  • Beschreibung des Vorhabens (räumlicher und sachlicher Umfang)
  • Hydrologische und hydrogeologische Gutachten
  • Landschaftspflegerischer Begleitplan
  • Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 7 UVPG, sofern erforderlich
  • Nachweis der Betroffenheit von Schutzgütern gemäß § 1a WHG (Wasserhaushaltsgesetz)

Beteiligung Dritter und Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens sind betroffene Behörden, Träger öffentlicher Belange wie Naturschutzverbände und die Öffentlichkeit zu beteiligen. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 73 VwVfG, wobei mögliche Einwendungen im Rahmen einer Erörterung behandelt werden.

Rechtliche Bedeutung und Funktion

Wasserrechtliche Zulassung gem. WHG

Der Nassauskiesungsbeschluss erfüllt die Funktion einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Voraussetzung für den Erlass des Beschlusses ist insbesondere:

  • Kein entgegenstehendes öffentliches Interesse (§ 12 Abs. 1 WHG)
  • Sicherstellung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der Schutz von Gewässern und Grundwasser
  • Einhaltung der Vorgaben nach § 33 WHG (Gewässerbenutzung)

Fachplanungsrechtliche Einordnung

Bei großflächigen Abgrabungen ist in vielen Fällen ein wasserrechtliches Planfeststellungsverfahren nach § 68 WHG erforderlich. Hier ersetzt der Nassauskiesungsbeschluss die Einzelgenehmigungen und bündelt sämtliche für die Durchführung der Nassauskiesung notwendigen Zulassungen in einer umfassenden Entscheidung. Die Bindungswirkung (§ 75 VwVfG) des Beschlusses erstreckt sich auf alle im Verfahren geprüften öffentlichen Belange.

Umweltrechtliche Anforderungen

Umweltverträglichkeitsprüfung

Bei umfangreichen Nassauskiesungsvorhaben ist regelmäßig eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß UVPG verpflichtend. Im Zuge des Nassauskiesungsbeschlusses werden alle Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf Wasser, Boden, Flora, Fauna und Landschaft, umfassend geprüft und beurteilt. Die Ergebnisse der UVP werden in den Beschluss aufgenommen und in Form von Auflagen konkretisiert.

Kompensations- und Ausgleichsmaßnahmen

Im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nach §§ 13 ff. BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) werden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Kompensation der mit der Nassauskiesung verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen festgelegt. Der Nachweis der Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen ist Voraussetzung für den Erlass des Nassauskiesungsbeschlusses.

Inhalt und Regelungsgehalt des Nassauskiesungsbeschlusses

Ein Nassauskiesungsbeschluss enthält regelmäßig folgende Regelungen:

  1. Genehmigung des Vorhabens (räumlicher, zeitlicher und sachlicher Umfang)
  2. Definition der zulässigen Abgrabungstiefen und -flächen
  3. Vorgaben zum Gewässerschutz, einschließlich Maßnahmen zur Vermeidung von Grundwasserabsenkungen, zur Reinhaltung des Wassers sowie zur Rückführung überschüssigen Wassers
  4. Regelungen zur Rekultivierung und Nachnutzung des Abbaugebietes
  5. Verpflichtungen und Auflagen zur Überwachung und Dokumentation der Auskiesungsarbeiten

Rechtsmittel und Rechtsschutz

Gegen einen Nassauskiesungsbeschluss können Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch oder – sofern der Widerspruch ausgeschlossen ist – unmittelbar Klage erheben. Die gerichtliche Überprüfung erfolgt durch die Verwaltungsgerichte, wobei die materielle und formelle Rechtmäßigkeit des Beschlusses im Fokus steht.

Bedeutung für die Planungspraxis und das Umweltmanagement

Der Nassauskiesungsbeschluss ist ein zentrales Instrument zur Steuerung und Überwachung der Rohstoffgewinnung unter Berücksichtigung der wasser- und naturschutzrechtlichen Belange. Die rechtssichere Durchführung des Verfahrens garantiert eine ausgewogene Abwägung zwischen wirtschaftlichen Interessen des Rohstoffabbaus und dem Schutz der Umwelt. Dies trägt wesentlich zur nachhaltigen Nutzung der Wasserressourcen und zur Einhaltung unionsrechtlicher Standards, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG), bei.

Literatur und Rechtsquellen

  • Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
  • Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG)
  • Europäische Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG)
  • Landeswassergesetze der Bundesländer

Hinweis: Der Nassauskiesungsbeschluss ist ein komplexes Verwaltungsinstrument, das einer fortlaufenden Rechtsentwicklung unterliegt. Die dargestellten Regelungen können durch landesspezifische oder europäische Vorschriften ergänzt und präzisiert werden.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Nassauskiesungsbeschluss erfüllt sein?

Ein Nassauskiesungsbeschluss ist an eine Vielzahl rechtlicher Voraussetzungen geknüpft, die sich insbesondere aus dem öffentlichen Recht ergeben. Zunächst muss ein entsprechender Antrag beim zuständigen Landratsamt oder einer anderen zuständigen Behörde gestellt werden. Die Behörde prüft im Rahmen eines Genehmigungs- bzw. Zulassungsverfahrens die Vereinbarkeit der geplanten Maßnahme mit den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), dem Bergrecht sowie gegebenenfalls dem Baugesetzbuch (BauGB). Darüber hinaus ist zu prüfen, ob das Vorhaben gegen Schutzgüter wie Natur, Landschaft, Grund- oder Oberflächenwasser oder bestehende Nutzungsrechte anderer widerspricht. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sind regelmäßig erforderlich, um die Auswirkungen des Vorhabens hinreichend zu ermitteln und rechtssicher zu bewerten. Zudem müssen wasserrechtliche Erlaubnisse eingebracht und geprüft werden, ob angrenzende Eigentümer oder andere Nutzungsberechtigte von der Maßnahme betroffen sind und deren Rechte gewahrt bleiben. Des Weiteren werden die Einhaltung technischer Richtlinien und Vorschriften, wie etwa Arbeitsschutzbestimmungen sowie die Vorgaben aus dem Bodenschutzrecht, streng kontrolliert.

Welche Rechtsmittel stehen gegen einen Nassauskiesungsbeschluss zur Verfügung?

Gegen einen Nassauskiesungsbeschluss stehen Betroffenen verschiedene Rechtsmittel offen. In der Regel handelt es sich dabei um öffentlich-rechtliche Verwaltungsakte, gegen die gemäß Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Widerspruch eingelegt werden kann. In den meisten Bundesländern ist vor einer Klageerhebung beim Verwaltungsgericht zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Erst nach dessen Abschluss kann eine verwaltungsgerichtliche Klage eingereicht werden. Wichtig ist hierbei die Wahrung der gesetzlichen Fristen (§ 74 VwGO), die regelmäßig einen Monat ab Bekanntgabe des Beschlusses betragen. Zugelassen sind Rechtsmittel sowohl von unmittelbar Betroffenen, d.h. Grundstückseigentümern oder Anwohnern, als auch von anerkannten Umwelt- und Naturschutzverbänden im Wege der Verbandsklage (§ 2 Umweltrechtsbehelfsgesetz – UmwRG). Im Einzelfall kann darüber hinaus ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt werden, um die sofortige Vollziehbarkeit der Maßnahme zu verhindern, sofern durch die Auskiesung irreversible Schäden zu befürchten sind.

Wie erfolgt die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Entscheidung über einen Nassauskiesungsbeschluss?

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist bei der Entscheidung über einen Nassauskiesungsbeschluss fest im Verwaltungsverfahren verankert. Nach den Vorgaben des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVPG) ist im Rahmen größerer Vorhaben oder bei besonderer Beeinträchtigung öffentlicher Belange eine formelle Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Dies bedeutet, dass Antragsunterlagen öffentlich ausgelegt und jede Person innerhalb einer bestimmten Frist (meist 30 Tage) Stellungnahmen und Einwendungen erheben kann. Die zuständige Behörde ist nach Ablauf der Einwendungsfrist verpflichtet, alle fristgerecht vorgetragenen Bedenken zu prüfen und im weiteren Entscheidungsprozess angemessen zu berücksichtigen. Darüber hinaus erfolgt in den meisten Fällen auch eine öffentliche Anhörung, bei welcher die Antragsteller, Behördenvertreter und Einwender ihre Standpunkte darlegen können. Die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung werden in die Entscheidungsbegründung einbezogen und sind somit wesentlicher Bestandteil einer rechtssicheren Genehmigung.

Welche umweltrechtlichen Gutachten sind im Rahmen des Nassauskiesungsbeschlusses erforderlich?

Für einen Nassauskiesungsbeschluss sind regelmäßig diverse umweltrechtliche Gutachten erforderlich, die den Einfluss des Vorhabens auf verschiedene Schutzgüter detailliert untersuchen. Hierzu zählt in erster Linie die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS), die im Rahmen der UVP alle wesentlichen Umweltauswirkungen – beispielsweise auf Boden, Wasser, Flora, Fauna, Landschaftsbild und Klima – systematisch aufbereitet. Ergänzt wird die UVS häufig durch spezielle artenschutzrechtliche Prüfungen gemäß § 44 Bundesnaturschutzgesetz, hydrogeologische Gutachten zur Bewertung möglicher Grundwasserveränderungen sowie bodenmechanische Untersuchungen. Darüber hinaus können lufthygienische Untersuchungen, Immissionsprognosen (z.B. Lärm, Staub) und verkehrstechnische Gutachten verlangt werden, um die Auswirkungen auf das menschliche Wohl sowie auf bestehende Infrastrukturen zu evaluieren. Sämtliche Gutachten sind durch entsprechend qualifizierte und anerkannte Sachverständige zu erstellen und nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden durchzuführen.

Welche Rolle spielt das Wasserrecht beim Nassauskiesungsbeschluss?

Das Wasserrecht nimmt beim Nassauskiesungsbeschluss eine zentrale Rolle ein, da die Auskiesung mit tiefgreifenden Eingriffen in den natürlichen Wasserhaushalt verbunden ist. Grundlage bildet vorrangig das Wasserhaushaltsgesetz (WHG), ergänzt durch entsprechende landesrechtliche Regelungen. Jede Entnahme von Grundwasser, Absenkung des Grundwasserspiegels oder Einleitung von Abwasser erfordert eine wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung. Die Genehmigungsbehörde prüft im Rahmen des Erlaubnisverfahrens insbesondere Fragen der Gewässerunterhaltung, des Hochwasserschutzes, des Grundwasserschutzes sowie mögliche Beeinträchtigungen bestehender Nutzungsrechte. Zudem besteht eine Pflicht zur Einhaltung der wasserrechtlichen Sorgfaltspflichten gemäß § 5 WHG, wonach alle nachteiligen Veränderungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder auszugleichen sind. Sonderregelungen bestehen ferner für Natura 2000-Gebiete und besonders geschützte Feuchtgebiete, deren ökologische Eigenschaften unter dem besonderen Schutz des EU-Rechts stehen.

Welche Pflichten trifft den Betreiber nach Erlass eines Nassauskiesungsbeschlusses?

Nach Erlass eines Nassauskiesungsbeschlusses ist der Betreiber an eine Vielzahl fortlaufender Pflichten gebunden. Hierzu gehören insbesondere die Einhaltung aller im Beschluss festgelegten Nebenbestimmungen, Auflagen und Bedingungen, die etwa den Betrieb, die technische Durchführung, die Begrenzung der Staub- und Lärmemissionen, den Schutz des Wasserhaushaltes und die ordnungsgemäße Rekultivierung des Geländes betreffen. Ferner besteht eine fortlaufende Dokumentations- und Berichtspflicht gegenüber der Genehmigungsbehörde, etwa durch die Vorlage regelmäßiger Monitoringberichte zu Wasserständen, Emissionen und ökologischen Auswirkungen. Kommt der Betreiber diesen Vorgaben nicht oder nur unzureichend nach, sind behördliche Zwangsmittel bis hin zur Untersagung oder Rücknahme der Genehmigung möglich. Auch zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken bestehen, etwa bei Umweltschäden oder Nichtbeachtung naturschutzrechtlicher Bestimmungen.

Welche besonderen Rechtsvorschriften sind bei einer Nassauskiesung in Schutzgebieten zu beachten?

Wird eine Nassauskiesung in einem Schutzgebiet beantragt, sind besondere Schutzvorschriften zu beachten, die regelmäßig über das übliche Genehmigungsverfahren hinausgehen. Insbesondere nach Naturschutzrecht (BNatSchG und Landesnaturschutzgesetze) sowie nach den Regelungen der jeweiligen Schutzgebietsverordnungen (zum Beispiel Natur- oder Landschaftsschutzgebiete, FFH-Gebiete, Vogelschutzgebiete) ist zu prüfen, ob das Vorhaben mit dem Schutzzweck vereinbar ist oder zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen. Eine Ausnahmeregelung oder Befreiung kann in der Regel nur erteilt werden, wenn eine Beeinträchtigung des Schutzgebiets vermieden oder durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden kann. Bei Projekten in Natura 2000-Gebieten ist zusätzlich eine Verträglichkeitsprüfung gemäß § 34 BNatSchG durchzuführen, wobei im Falle erheblicher nachteiliger Auswirkungen ein Genehmigungsversagungs- oder striktes Kompensationsgebot gilt.