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Nachschlüsseldiebstahl


Begriff und rechtliche Einordnung des Nachschlüsseldiebstahls

Unter dem Begriff Nachschlüsseldiebstahl wird im deutschen Strafrecht eine besondere Begehungsform des Diebstahls verstanden, die sich durch die Verwendung eines unrechtmäßig erlangten oder angefertigten Schlüssels oder eines ähnlich wirkenden Werkzeugs auszeichnet. Im Unterschied zum klassischen Diebstahl aus einem „fremden umschlossenen Raum“ mittels Einbruch, zeichnet sich der Nachschlüsseldiebstahl durch das vermeintlich „ordnungsgemäße“ Öffnen fremder Verschlusseinrichtungen aus. Das Delikt ist insbesondere in § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) im Rahmen des besonders schweren Diebstahls normiert.


Tatbestandsmerkmale des Nachschlüsseldiebstahls

Schlüsselbegriff im strafrechtlichen Kontext

Ein Schlüssel im Sinne des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB ist jedes Instrument, das geeignet und bestimmt ist, ein Schloss zu öffnen, ohne dieses zu beschädigen. Hierunter fallen sowohl Originalschlüssel als auch Nachschlüssel, welche ohne oder gegen den Willen des Berechtigten gefertigt oder beschafft wurden. Auch umgearbeitete oder nachgemachte Schlüssel, elektronische Schlüssel, Magnetkarten und Codekarten können als Schlüssel angesehen werden, sofern sie zur Öffnung einer Verschlusseinrichtung genutzt werden.

Fremde bewegliche Sache

Wie beim allgemeinen Diebstahl (§ 242 StGB) muss sich die Wegnahme auf eine fremde, bewegliche Sache beziehen. Die Sache darf sich nicht im (Allein-)Eigentum des Handelnden befinden und muss körperlich abtrennbar sein.

Umkleiden des bestimmungsgemäßen Gebrauchs

Zur Anwendung des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB genügt es nicht, dass mit irgendeinem Schlüssel geöffnet wird. Wesentlich ist, dass das Öffnen mit einem Schlüssel erfolgt, zu dessen Gebrauch der Täter nicht oder nicht mehr berechtigt ist. Das gilt auch, wenn ein ursprünglich berechtigter Schlüsselbesitzer – etwa ein früherer Mieter – diesen nach Ablauf eines Mietverhältnisses weiterhin verwendet.

Unbefugte Verwendung eines Schlüssels oder eines „anderen Werkzeugs“

Als Nachschlüsseldiebstahl gilt nicht nur die Anwendung von Nachschlüsseln im engeren Sinne, sondern auch der Missbrauch oder die Fälschung von Codes zur Öffnung elektronischer Sicherungseinrichtungen oder die Benutzung von Werkzeugen, die einen Schlüssel ersetzen können, beispielsweise Dietriche oder andere Öffnungsinstrumente.

Verschlossene Räume und Behältnisse

Voraussetzung ist weiterhin, dass der Diebstahl aus einem verschlossenen Raum oder Behältnis verübt wird, etwa aus Wohnungen, Geschäftsräumen, Tresoren oder verschlossenen Kraftfahrzeugen.


Abgrenzung zu anderen Formen des Diebstahls

Unterschied zum Einbruchsdiebstahl

Im Unterschied zum Nachschlüsseldiebstahl setzt der Einbruchsdiebstahl die gewaltsame Überwindung eines Hindernisses voraus, etwa das Aufbrechen eines Schlosses. Beim Nachschlüsseldiebstahl erfolgt das Eindringen dagegen scheinbar „ordnungsgemäß“, nämlich mit dem passenden Schlüssel oder Ersatzwerkzeug.

Abgrenzung zum einfachen Diebstahl

Nicht jeder Diebstahl mit einem Schlüssel erfüllt die Kriterien eines Nachschlüsseldiebstahls. Liegt eine Berechtigung zur Nutzung des Schlüssels vor oder handelt es sich nicht um einen nachgemachten, widerrechtlich erlangten oder unverändert übernommenen Schlüssel (z.B. Schlüsseldienst im Auftrag des Eigentümers), handelt es sich um keinen Nachschlüsseldiebstahl.


Strafrechtliche Folgen des Nachschlüsseldiebstahls

Strafrahmen

Der Nachschlüsseldiebstahl wird in der Regel als besonders schwerer Fall des Diebstahls geahndet. Nach § 243 Abs. 1 StGB ist die Straferwartung eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren. Die Regelwirkung als besonders schwerer Fall kann entfallen, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine mildere Beurteilung rechtfertigen.

Versuch und Vollendung

Der Versuch des Nachschlüsseldiebstahls ist gemäß § 242 Abs. 2 StGB strafbar, sobald der Täter nach Tatentschluss mit dem unmittelbaren Versuchsbeginn (z.B. Ansetzen des Nachschlüssels am Schloss) beginnt.

Verjährung

Wie beim einfachen Diebstahl unterliegt auch der Nachschlüsseldiebstahl nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches einer regulären Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).


Nachschlüsseldiebstahl im zivilrechtlichen Kontext

Schadensersatz

Wird durch einen Nachschlüsseldiebstahl ein Schaden verursacht, beispielsweise durch den Verlust entwendeter Gegenstände oder die Beeinträchtigung von Eigentumsrechten des Geschädigten, können zivilrechtliche Haftungsansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) gegenüber dem Täter bestehen.

Versicherungsschutz

Der Versicherungsschutz durch Hausrat- oder Einbruchdiebstahlversicherungen kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, etwa wenn grobe Fahrlässigkeit beim Schlüsselumgang nachgewiesen wird (z.B. Schlüssel unsachgemäß aufbewahrt).


Nachschlüsseldiebstahl im Strafverfahrensrecht

Beweisführung

Im Strafverfahren spielen technische und forensische Aspekte wie Spurenuntersuchung an Schlössern, Videoaufzeichnungen und die Feststellung der Berechtigung zum Schlüsselbesitz eine maßgebliche Rolle für die gerichtliche Bewertung und den Nachweis der Tatmodalitäten.


Fazit

Der Nachschlüsseldiebstahl bezeichnet eine besondere Begehungsweise des Diebstahls, bei welcher sich der Täter unbefugt oder widerrechtlich Zugang zu fremdem Eigentum verschafft, indem er einen nachgefertigten, widerrechtlich erlangten oder technisch adaptierten Schlüssel beziehungsweise ein vergleichbares Werkzeug einsetzt. Aus strafrechtlicher Sicht handelt es sich hierbei regelmäßig um einen besonders schweren Fall des Diebstahls, verpflichtet den Täter häufig darüber hinaus auch zu zivilrechtlichen Ersatzleistungen und stellt im Bereich des Versicherungsschutzes eine besondere Prüfungsproblematik dar. Die rechtliche Beurteilung setzt eine sorgfältige Würdigung der Tatsachen, insbesondere hinsichtlich der Berechtigung zur Schlüsselverwendung und der Umstände der Erlangung des Schlüssels, voraus.

Häufig gestellte Fragen

Wer haftet beim Nachschlüsseldiebstahl für entstandene Schäden?

Beim Nachschlüsseldiebstahl, also dem unerlaubten Gebrauch eines nachgemachten Schlüssels zum Diebstahl, stellt sich häufig die Frage nach der Haftung. Grundsätzlich trägt derjenige das Risiko, dem der Schlüssel aus fahrlässigen oder vorsätzlichen Gründen abhandengekommen ist. Wurde der Nachschlüssel durch eigenes Verschulden ermöglicht, etwa durch unsachgemäße Verwahrung des Originalschlüssels, kann die Haftung auf den Geschädigten übergehen. Im Mietrecht haften in der Regel Mieter für Schäden, sofern sie Sorgfaltspflichten verletzt haben (§ 280, § 823 BGB). Für den Versicherungsschutz ist prüfungsrelevant, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt: Hausratversicherungen schließen meist grob fahrlässiges Verhalten vom Schutz aus. Allerdings muss die Versicherung regelmäßig beweisen, dass der Versicherte fahrlässig gehandelt hat. Bei gewerblichen Objekten greifen u.U. besondere arbeitsrechtliche und haftungsrechtliche Regelungen.

Wann liegt im rechtlichen Sinn ein Nachschlüsseldiebstahl vor?

Rechtlich gesehen liegt ein Nachschlüsseldiebstahl dann vor, wenn ein Diebstahl mithilfe eines nachgemachten, rechtswidrig beschafften Schlüssels erfolgt. Der nachgemachte Schlüssel muss ohne Wissen und Willen des Berechtigten angefertigt und verwendet worden sein. Der Diebstahl durch einen solchen Schlüssel erfüllt regelmäßig den Diebstahl mit einem „nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug“ und kann als besonders schwerer Fall gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB gewertet werden, wenn ein Einbruchschutz überwunden wird. Die Herstellung des Nachschlüssels ist dabei entscheidend: Liegt beispielsweise eine widerrechtliche Erlangung einer Kopie des Schlüssels oder ein Missbrauch von Ausgaberegelungen für Schlüssel vor, wird der Vorgang strafrechtlich als Nachschlüsseldiebstahl verurteilt.

Ist der Versicherungsschutz bei Nachschlüsseldiebstahl gewährleistet?

Ob ein Versicherungsschutz im Falle eines Nachschlüsseldiebstahls vorliegt, hängt maßgeblich von den Bedingungen der jeweiligen Versicherung ab. Zumeist schließen Hausrat- oder Einbruchdiebstahlversicherungen Schäden durch den Gebrauch eines Nachschlüssels nur dann ein, wenn dem Versicherungsnehmer kein Mitverschulden, etwa grobe Fahrlässigkeit, zur Last gelegt werden kann. Ein typisches Beispiel wäre das Abspeichern von Schlüsselnummern in allgemein zugänglichen Bereichen oder das achtlose Überlassen eines Schlüssels an Dritte. Ebenso kann eine verspätete Meldung des Schlüsselverlusts problematisch für den Versicherungsschutz sein. In der Regel verlangen Versicherer eine sofortige Anzeige des Schlüsselverlusts sowie die umgehende Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Schadensminderung, wie der Austausch von Schließanlagen.

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen beim Nachschlüsseldiebstahl?

Die strafrechtlichen Konsequenzen beim Nachschlüsseldiebstahl sind erheblich. Wer mittels eines nachgemachten Schlüssels eine Wohnung, Geschäft oder ein sonstiges verschlossenes Objekt betritt und eine fremde bewegliche Sache wegnimmt, macht sich wegen Diebstahls strafbar (§ 242 StGB). Aufgrund der besonderen Vorgehensweise kann regelmäßig ein besonders schwerer Fall des Diebstahls vorliegen (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB). Auch der Versuch sowie bereits die Vorbereitungshandlungen zur illegalen Anfertigung eines Schlüssels können strafrechtlich relevant sein, z.B. nach § 244b StGB (Vorbereiten des Diebstahls durch Fälschung von Sicherungseinrichtungen). Die Strafrahmen reichen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe – bei besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren.

Wer trägt die Kosten für den Austausch der Schließanlage nach Nachschlüsseldiebstahl?

Die Kosten für den Austausch einer Schließanlage nach einem Nachschlüsseldiebstahl hängen davon ab, wer den Verlust des Originalschlüssels und die daraus resultierende Gefahr zu verantworten hat. Im Mietrecht muss der Mieter für die Kosten aufkommen, wenn ihm der Schlüssel durch eigenes Verschulden oder Sorglosigkeit abhandenkommt. Liegt ein fremdverschuldeter Nachschlüsseldiebstahl vor, d.h. der Mieter hat alle ihm obliegenden Sorgfaltspflichten beachtet, kann unter bestimmten Umständen die Gebäudeversicherung des Eigentümers oder die Haftpflichtversicherung des Schädigers eintreten. In Eigentümergemeinschaften kann eine Umlage der Kosten auf alle Eigentümer erfolgen, sofern gemeinschaftliches Eigentum betroffen ist. Kommt eine Versicherung für den Schaden auf, prüft sie Einzelfallabhängig die Kostenübernahme.

Muss der Nachschlüsseldiebstahl polizeilich gemeldet werden?

Im Falle eines Nachschlüsseldiebstahls ist eine unverzügliche Meldung bei der Polizei verpflichtend, besonders wenn ein Versicherungsschutz geltend gemacht werden soll oder schwerwiegende Einbruchgefahren bestehen. Die Meldung ist allein schon deshalb wichtig, weil nur so beweissicher festgehalten werden kann, dass eine widerrechtliche Aneignung stattgefunden hat, und eine objektive Gefährdungsanalyse erfolgen kann. Darüber hinaus verlangen Versicherungen regelmäßig eine polizeiliche Anzeigebestätigung, um eine Schadensregulierung überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch mietrechtlich kann eine zeitnahe Meldung erforderlich sein, um Regressforderungen oder Mithaftung zu vermeiden.

Besteht bei Nachschlüsseldiebstahl eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Vermieter oder Arbeitgeber?

Ja, im rechtlichen Kontext besteht bei Nachschlüsseldiebstahl eine sofortige Mitteilungspflicht gegenüber dem Vermieter (im Rahmen eines Mietverhältnisses) oder dem Arbeitgeber (im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses). Nach § 241 BGB ist der Mieter zur Rücksichtnahme gegenüber dem Vermieter verpflichtet; daraus ergibt sich das Erfordernis, Schlüsselverluste oder Einbruchrisiken unverzüglich anzuzeigen, um Folgeschäden zu verhindern. Ebenso hat ein Arbeitnehmer nach § 241 Abs. 2 BGB eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Kommt der Betroffene dieser Informationspflicht nicht nach, kann dies Schadensersatzansprüche oder arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie Abmahnung oder Kündigung, begründen.