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Nachgründung

Begriff und Zweck der Nachgründung

Nachgründung bezeichnet den Erwerb von Vermögensgegenständen durch eine Gesellschaft von ihren Gründern oder diesen nahestehenden Personen in einem frühen Zeitraum nach der Eintragung. Solche Geschäfte stehen unter besonderen Transparenz- und Kontrollanforderungen. Ziel ist es, die bei der Gründung geltenden Schutzmechanismen (insbesondere die Bewertung von Sacheinlagen und der Schutz von Kapital, Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern) nicht durch nachgelagerte Transaktionen zu unterlaufen.

Anwendungsbereich und Beteiligte

Gesellschaftsformen

Das Konzept der Nachgründung ist klassisch für die Aktiengesellschaft und verwandte Rechtsformen mit strenger Kapitalbindung. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien sowie bei einer in Deutschland eingetragenen europäischen Gesellschaft mit aktienrechtlicher Struktur finden entsprechende Grundsätze Anwendung. Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft existiert kein identisches, formalisiertes Nachgründungsverfahren; dort greifen jedoch kapitalerhaltungs- und bewertungsbezogene Regeln, die wirtschaftlich ähnliche Schutzwirkungen entfalten. Personengesellschaften sind von der Idee einer Nachgründung im engeren Sinne nicht erfasst.

Beteiligte Personen

Erfasst sind Transaktionen mit Gründern, also den Personen, die die Gesellschaft ins Leben gerufen haben oder an der Gründung maßgeblich beteiligt waren. Dazu können je nach Konstellation auch frühe Anteilseigner, Förderer und ihnen nahestehende Personen oder Gesellschaften gehören, wenn der wirtschaftliche Einfluss vergleichbar ist.

Zeitlicher und sachlicher Anwendungsbereich

Zeitrahmen

Nachgründung betrifft Erwerbsvorgänge innerhalb eines frühen Zeitfensters nach der Eintragung der Gesellschaft im Register. Für aktienrechtliche Gesellschaften ist dies regelmäßig ein Zeitraum von zwei Jahren. Der zeitliche Fokus soll solche Geschäfte erfassen, die noch in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gründung stehen.

Schwelle der Erheblichkeit

Erfasst werden grundsätzlich nur erhebliche Erwerbsvorgänge. Maßstab ist die wirtschaftliche Bedeutung im Verhältnis zum Kapital der Gesellschaft. In der aktienrechtlichen Praxis gilt eine Wesentlichkeitsschwelle, die häufig etwa ein Zehntel des Grundkapitals markiert. Unterhalb dieser Größenordnung oder bei geringfügigen Geschäften greift das qualifizierte Nachgründungsregime in der Regel nicht.

Typische Sachverhalte

Typische Fälle sind der Erwerb eines von den Gründern betriebenen Unternehmens oder Unternehmensteils, der Kauf von Markenrechten, Patenten oder Immobilien aus dem Gründerumfeld, die Übernahme von Maschinenparks und Fahrzeugflotten oder die Übertragung komplexer Vertragsportfolios. Im Mittelpunkt steht stets, ob die Gesellschaft gegen Entgelt Vermögensgegenstände von den Gründern oder ihnen nahestehenden Personen erwirbt.

Ausnahmen

Bestimmte Routine- oder Marktgeschäfte sind regelmäßig ausgenommen. Dazu zählen typischerweise Erwerbe zum Marktpreis im gewöhnlichen Geschäftsgang, Transaktionen über organisierte Märkte sowie Erwerbe im Rahmen von Vollstreckungs- oder Versteigerungsverfahren. Solche Geschäfte bergen typischerweise kein besonderes Umgehungsrisiko der Gründungsvorschriften.

Verfahren der Nachgründung

Initiierung und Vertragsgestaltung

Ein Nachgründungsgeschäft wird zunächst zwischen der Gesellschaft und dem Veräußerer verhandelt. Der Vertrag steht unter dem Vorbehalt besonderer Billigungs- und Prüfungsakte. Die Konditionen müssen so gefasst sein, dass die spätere Beurteilung von Art, Umfang und Wert des zu erwerbenden Vermögens möglich ist.

Bewertung und Prüfungsbericht

Für aktienrechtliche Gesellschaften ist regelmäßig eine unabhängige Werthaltigkeitsprüfung vorgesehen. Ein neutraler Prüfer bewertet die zu erwerbenden Vermögensgegenstände, legt die angewandten Bewertungsmethoden offen und beurteilt die Angemessenheit des vereinbarten Preises. Der Bericht dient der sachlichen Grundlage für die folgende Beschlussfassung.

Zustimmung und Bekanntmachung

Das qualifizierte Nachgründungsgeschäft bedarf üblicherweise der Zustimmung der Hauptversammlung. Auf Ebene der Verwaltung überwacht das Aufsichtsorgan die Vorbereitung und prüft den Bewertungsbericht. Die wesentlichen Eckdaten des Geschäfts und der Prüfung werden offengelegt; in aktienrechtlichen Konstellationen erfolgt zudem eine register- oder bekanntmachungsbezogene Veröffentlichung, um Transparenz für den Markt sicherzustellen.

Rechtsfolgen und Verantwortlichkeit

Wirksamkeit und Rückabwicklung

Ohne die erforderliche Zustimmung und Prüfung ist ein qualifiziertes Nachgründungsgeschäft regelmäßig unwirksam. Bereits vollzogene Leistungen sind rückabzuwickeln. Die formgerechte Billigung heilt die Schwebe und verleiht dem Geschäft Wirksamkeit.

Haftung der Organe und Gründer

Bei Verstößen können Leitungs- und Überwachungsorgane sowie beteiligte Gründer schadensersatzpflichtig werden. Haftungsrisiken entstehen insbesondere bei überhöhten Preisen, unzureichender Prüfung oder Verschleierung von Interessenkonflikten. Der Schutz richtet sich auf die Integrität des Grundkapitals und die Vermeidung von Vermögensverschiebungen zulasten der Gesellschaft.

Schutz von Minderheitsaktionären und Gläubigern

Die Nachgründungsregeln sichern die Gleichbehandlung der Anteilseigner und schützen Gläubiger vor einer Aushöhlung der Kapitalbasis durch überteuerte Erwerbe aus dem Gründerumfeld. Transparenz, externe Bewertung und kollektive Zustimmung sind die zentralen Schutzinstrumente.

Abgrenzungen

Nachgründung versus Sachgründung

Bei der Sachgründung werden Vermögensgegenstände bereits bei der Entstehung der Gesellschaft als Einlage eingebracht. Die Nachgründung betrifft demgegenüber spätere Erwerbe gegen Entgelt aus Gesellschaftsmitteln. Beide Instrumente verlangen verlässliche Bewertungen, unterscheiden sich aber in Zeitpunkt und Finanzierungsmechanik.

Nachgründung versus Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen

Bei einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen erhält die Gesellschaft neue Vermögenswerte im Gegenzug zur Ausgabe weiterer Anteile. Die Nachgründung nutzt keine Kapitalmaßnahme, sondern die Gesellschaft erwirbt Vermögen gegen Zahlung aus vorhandenen Mitteln. Beide Vorgänge unterliegen eigenständigen Bewertungs- und Transparenzanforderungen.

Verhältnis zu Kapitalerhaltungsregeln

Kapitalerhaltungsregeln untersagen Vermögensrückgewähr an Anteilseigner außerhalb zulässiger Ausschüttungen. Die Nachgründung ergänzt diesen Schutz, indem sie sicherstellt, dass entgeltliche Erwerbe aus dem Gründerumfeld nicht zu einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung führen.

Häufig gestellte Fragen zur Nachgründung

Was bedeutet Nachgründung in einfachen Worten?

Nachgründung ist ein besonderes Prüf- und Zustimmungsverfahren für größere Käufe einer jungen Gesellschaft von ihren Gründern oder nahestehenden Personen. Es soll sicherstellen, dass solche Geschäfte zu fairen Bedingungen erfolgen und das Gesellschaftsvermögen nicht benachteiligt wird.

Für welche Gesellschaftsformen gilt die Nachgründung?

Das formalisierte Nachgründungsregime ist ein Kernelement des Aktienrechts und gilt entsprechend für aktienrechtliche Gesellschaftsformen. Bei der GmbH und der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft gibt es zwar kein identisches Verfahren, jedoch greifen dort allgemeine Regeln, die ähnliche Schutzwirkungen entfalten.

Welche Frist ist für die Nachgründung maßgeblich?

Maßgeblich ist der frühe Zeitraum nach der Eintragung der Gesellschaft; bei aktienrechtlichen Gesellschaften sind dies regelmäßig zwei Jahre. Geschäfte außerhalb dieses Zeitraums fallen in der Regel nicht unter das qualifizierte Nachgründungsverfahren.

Ab welchem Umfang liegt eine nachgründungspflichtige Transaktion vor?

Erfasst werden wesentliche Erwerbe. In der aktienrechtlichen Praxis dient häufig ein Umfang ab etwa einem Zehntel des Grundkapitals als Schwellenwert. Kleinere Alltagsgeschäfte sind üblicherweise nicht einbezogen.

Welche Prüfungen und Zustimmungen sind erforderlich?

Erforderlich sind eine unabhängige Bewertung der zu erwerbenden Vermögensgegenstände und die Zustimmung der Hauptversammlung. Die Ergebnisse werden offengelegt, sodass Anteilseigner und Öffentlichkeit die Transaktion nachvollziehen können.

Gibt es Ausnahmen vom Nachgründungsverfahren?

Ja. Typische Ausnahmen betreffen Marktgeschäfte zum Börsen- oder Marktpreis, Erwerbe im gewöhnlichen Geschäftsgang sowie Erwerbe im Rahmen von Vollstreckungs- oder Versteigerungsverfahren. Solche Transaktionen gelten als weniger missbrauchsanfällig.

Was sind die Folgen bei Verstößen gegen Nachgründungsregeln?

Ohne die erforderliche Prüfung und Zustimmung ist das Geschäft regelmäßig unwirksam, vollzogene Leistungen sind rückabzuwickeln. Zudem kommen Haftungsansprüche gegen beteiligte Organmitglieder und Gründer in Betracht.

Wodurch unterscheidet sich Nachgründung von einer Sachgründung?

Die Sachgründung findet bei der Entstehung der Gesellschaft statt und betrifft Einlagen in Form von Vermögensgegenständen. Die Nachgründung betrifft spätere entgeltliche Erwerbe aus dem Gründerumfeld und setzt auf Bewertung, Zustimmung und Transparenz nach der Eintragung.