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Nachforderungsklage

Nachforderungsklage: Begriff und Einordnung

Eine Nachforderungsklage ist eine Klage auf Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrags, der sich erst nachträglich aus einer Abrechnung, Schlussrechnung oder Neubewertung ergibt. Sie richtet sich darauf, einen offenen Restbetrag geltend zu machen, der über bereits geleistete Zahlungen hinausgeht. Der Begriff beschreibt keine eigene Klageart, sondern die inhaltliche Ausrichtung einer Zahlungsklage: Es geht um eine Nachzahlung, die erst durch eine spätere Abrechnung fällig geworden ist.

Typische Anwendungsfelder sind Abrechnungen aus Mietverhältnissen (etwa Betriebskosten), Werk- und Dienstverträgen (Schlussrechnungen, variable Vergütungen), Energie- und Telekommunikationsverträgen (verbrauchsabhängige Entgelte) sowie Beitrags- und Umlagesysteme (z. B. in Gemeinschaften oder Verbänden).

Abzugrenzen ist die Nachforderungsklage von behördlichen Nachforderungen, die regelmäßig durch Verwaltungsakte geltend gemacht werden. Dort erfolgt die Geltendmachung nicht durch Klage, sondern durch Bescheid und anschließende Vollstreckung. Die Nachforderungsklage ist demgegenüber ein zivilrechtlicher Weg, um private Geldansprüche einzuklagen.

Rechtliche Einordnung und Charakter

Art der Klage

Die Nachforderungsklage ist eine Leistungsklage auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrags. Häufig werden zusammen mit der Hauptforderung Nebenforderungen wie Verzugszinsen und Erstattung vorgerichtlicher Kosten verlangt. Inhaltlich steht die nachträglich ermittelte Differenz zwischen geschuldeter und bereits gezahlter Summe im Mittelpunkt.

Entstehung der Nachforderung

Eine Nachforderung entsteht, wenn ein Grundverhältnis (z. B. Miet-, Werk- oder Dienstvertrag) eine Abrechnung oder Schlussrechnung vorsieht und diese ergibt, dass mehr geschuldet ist als bislang bezahlt. Voraussetzung ist eine nachvollziehbare, inhaltlich klare Abrechnung, die die Berechnungsgrundlagen offenlegt und eine konkrete Geldsumme ausweist. Erst eine ordnungsgemäße Abrechnung führt regelmäßig zur Fälligkeit der Nachzahlung.

Abgrenzungen

Nachforderungsklage vs. Klage auf Abrechnung

Bisweilen wird zunächst die Abrechnung geschuldet. Ist diese nicht erteilt, kann eine Klage auf Abrechnung in Betracht kommen. Erst nach Vorliegen der Abrechnung kommt die Zahlungsklage auf die ermittelte Nachforderung in Betracht. In komplexen Verhältnissen kann die Stufenklage genutzt werden: erst Auskunft/Abrechnung, dann Zahlung.

Nachforderungsklage vs. Nachtragsklage

Die Nachforderungsklage ist eine eigenständige Zahlungsklage. Eine Nachtragsklage bezeichnet demgegenüber die prozessuale Erweiterung einer bereits anhängigen Klage um zusätzliche Ansprüche. Inhaltlich können beide Konstellationen zusammentreffen, rechtlich sind es unterschiedliche Instrumente.

Typische Anwendungsfälle

Mietverhältnis und Betriebskostennachzahlung

Im Mietverhältnis wird über Betriebskosten in der Regel jährlich abgerechnet. Ergibt die Abrechnung einen Saldo zugunsten der Vermieterseite, kann eine Nachzahlung gefordert werden. Voraussetzung ist eine formell ordnungsgemäße, verständliche und fristgerechte Abrechnung. Verspätete oder fehlerhafte Abrechnungen können die Durchsetzbarkeit der Nachforderung einschränken.

Werk- und Dienstverträge

Bei Werk- oder Dienstverträgen kann eine Schlussrechnung oder eine aufwands- bzw. verbrauchsabhängige Vergütung zu einer Nachforderung führen. Beispiele sind zusätzliche Leistungen, Mehrmengen, variable Pauschalen oder Indexanpassungen, sofern vertraglich vorgesehen und abgerechnet.

Energie, Telekommunikation, Beiträge und Umlagen

In verbrauchsabhängigen Vertragsverhältnissen wie Strom, Gas, Wasser oder Mobilfunk werden Vorauszahlungen mit dem tatsächlichen Verbrauch verrechnet. Ergibt sich ein Fehlbetrag, wird dieser nachgefordert. Ähnliches gilt für Umlagen in Gemeinschaften oder Beiträge in Verbänden, wenn eine Jahresabrechnung einen zusätzlichen Betrag ausweist.

Voraussetzungen und Inhalt der Klage

Fälligkeit und ordnungsgemäße Abrechnung

Die Forderung muss fällig sein. In Nachforderungskonstellationen setzt dies regelmäßig eine ordnungsgemäße Abrechnung voraus, die rechnerisch nachvollziehbar ist und die maßgeblichen Grundlagen (Zeiträume, Preise, Verbräuche, Verteilerschlüssel) erkennen lässt.

Bestimmtheit des Klageantrags

Der Klageantrag muss eine konkrete Geldsumme benennen. Zusätzlich können Zinsen ab einem bestimmten Zeitpunkt sowie Nebenforderungen verlangt werden. Die Bezifferung sollte sich aus der Abrechnung eindeutig ergeben.

Beweislast und Beweismittel

Wer die Nachforderung geltend macht, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Typische Beweismittel sind Abrechnungen, Verträge, Verbrauchsdaten, Lieferscheine, Aufmaß- und Stundenberichte, Preislisten, Korrespondenz sowie Zeugenaussagen. Auf der Gegenseite stehen häufig Einwände zur formellen Ordnungsmäßigkeit, Richtigkeit und Angemessenheit.

Verzug und Nebenforderungen

Gerät die zahlungspflichtige Partei nach Fälligkeit in Verzug, können gesetzliche Verzugszinsen und Ersatz bestimmter Verzugsschäden beansprucht werden. Voraussetzung ist regelmäßig eine Mahnung oder ein gleichwertiger Verzugsauslöser.

Ablauf des Verfahrens

Vorgerichtliche Phase

Vor einer Klage stehen typischerweise Abrechnung, Zahlungsaufforderung und ggf. Mahnung. Bleibt die Zahlung aus, kann die Forderung im gerichtlichen Mahnverfahren oder durch Klage verfolgt werden.

Zuständigkeit und Streitwert

Die gerichtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitwert und der Art des Rechtsverhältnisses. Bei typischen Nachforderungen aus Alltagsverträgen ist häufig das Amtsgericht zuständig; bei höheren Streitwerten oder besonderen Sachgebieten können andere Gerichte zuständig sein.

Mögliche Entscheidungen

Das Gericht kann der Klage ganz oder teilweise stattgeben, sie abweisen oder das Verfahren durch Anerkenntnis, Versäumnisurteil oder Vergleich beenden. Kommt ein Vergleich zustande, wird der Streit einvernehmlich beigelegt und die Kostenfrage gesondert geregelt.

Rechtsmittel

Gegen Urteile steht je nach Streitwert und Entscheidung die Berufung oder ein anderes Rechtsmittel offen. Fristen und Formvorschriften sind strikt.

Fristen und Verjährung

Allgemeine Verjährung

Geldforderungen unterliegen der Verjährung. Für viele Ansprüche gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist. Sie beginnt typischerweise zum Jahresende der Fälligkeit und Kenntnis von Anspruch und Person der Gegenseite.

Besondere Ausschlussfristen

In einzelnen Bereichen bestehen strengere Ausschluss- und Abrechnungsfristen, insbesondere bei Betriebskostenabrechnungen im Mietverhältnis. Wird nicht fristgerecht abgerechnet, kann die Nachforderung ganz oder teilweise entfallen.

Hemmung und Neubeginn

Die Verjährung kann gehemmt oder neu beginnen, etwa durch Verhandlungen, die Erhebung der Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheids. Auch Teilzahlungen oder Anerkenntnisse können Einfluss auf die Fristen haben.

Kosten und Risiken

Gerichts- und Vertretungskosten

Die Kosten des Verfahrens richten sich nach dem Streitwert. Hinzu kommen Auslagen, etwa für Zustellungen und Sachverständige. Die wirtschaftliche Bedeutung des Nachforderungsbetrags prägt damit das Kostenrisiko.

Kostenverteilung

Wer im Prozess unterliegt, trägt grundsätzlich die Kosten des Rechtsstreits, bei teilweisem Unterliegen anteilig. Eine abweichende Kostenregelung kann sich aus einem Vergleich ergeben.

Abgrenzung zu verwandten Begriffen

Nachforderungsbescheid

Ein Nachforderungsbescheid stammt von einer Behörde und ist ein Verwaltungsakt. Er wird nicht eingeklagt, sondern erlassen und ggf. vollstreckt. Rechtschutz gegen einen Bescheid erfolgt auf anderem Wege als durch Erhebung einer Nachforderungsklage.

Mahnverfahren und Vollstreckungstitel

Statt sofort zu klagen, kann eine Nachforderung auch über das gerichtliche Mahnverfahren verfolgt werden. Erhebt die Gegenseite Widerspruch, geht die Sache in das reguläre Klageverfahren über. Ziel ist in beiden Fällen ein Vollstreckungstitel.

Feststellungsklage und Stufenklage

Bei unklarer Anspruchshöhe kann eine Feststellung der Zahlungspflicht in Betracht kommen. Wenn zunächst Informationen oder Rechnungslegung benötigt werden, bietet die Stufenklage die Möglichkeit, zuerst Auskunft oder Abrechnung zu verlangen und anschließend die ermittelte Nachforderung einzuklagen.

Häufig gestellte Fragen zur Nachforderungsklage

Was ist eine Nachforderungsklage?

Es handelt sich um eine Zahlungsklage, mit der ein nachträglich ermittelter Restbetrag geltend gemacht wird. Grundlage ist eine Abrechnung oder Schlussrechnung, die eine Differenz zulasten der zahlungspflichtigen Partei ausweist.

In welchen Fällen kommt eine Nachforderungsklage besonders häufig vor?

Häufige Konstellationen sind Betriebskostennachzahlungen im Mietverhältnis, verbrauchsabhängige Entgelte bei Energie- und Telekommunikationsverträgen sowie variable Vergütungen in Werk- und Dienstverträgen nach Schlussrechnung.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit eine Nachforderungsklage Aussicht auf Erfolg hat?

Erforderlich sind ein wirksames Grundverhältnis, eine nachvollziehbare und fristgerechte Abrechnung, Fälligkeit der Forderung sowie die Bestimmbarkeit und Bezifferung des Nachforderungsbetrags. Belege und Berechnungsgrundlagen sollten die Abrechnung stützen.

Welche Fristen sind zu beachten?

Neben der allgemeinen Verjährung gelten in bestimmten Bereichen besondere Abrechnungs- und Ausschlussfristen. Insbesondere bei Betriebskostenabrechnungen gelten strenge zeitliche Vorgaben, deren Versäumung die Nachforderung beeinträchtigen kann.

Welche Gerichte sind zuständig?

Die Zuständigkeit richtet sich nach Streitwert und Materie. Bei alltäglichen Geldforderungen ist häufig das Amtsgericht zuständig; bei höheren Beträgen oder besonderen Sachgebieten sind andere Gerichte zuständig.

Welche Beweismittel spielen eine Rolle?

Maßgeblich sind Verträge, Abrechnungen, Verbrauchsdaten, Aufmaß- und Stundenberichte, Preisgrundlagen sowie Korrespondenz. Je nach Fall können Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten hinzukommen.

Wie werden Zinsen und Nebenkosten behandelt?

Ab Fälligkeit und Verzug können gesetzliche Verzugszinsen sowie bestimmte Verzugskosten verlangt werden. Sie werden zusätzlich zur Hauptforderung geltend gemacht und müssen im Klageantrag ausgewiesen werden.

Was geschieht bei fehlerhafter oder verspäteter Abrechnung?

Formelle Mängel oder Verspätungen können die Fälligkeit hindern oder die Nachforderung ganz oder teilweise ausschließen. Materielle Fehler führen zu Korrekturen der Abrechnung und können die Höhe der Forderung reduzieren.