Legal Lexikon

Nachbürge


Begriff und rechtliche Einordnung des Nachbürgen

Der Nachbürge ist ein Begriff aus dem deutschen Bürgschaftsrecht und bezeichnet eine Person, die sich neben einem Hauptbürgen gegenüber dem Gläubiger zur Sicherung einer bestehenden oder künftigen Forderung verpflichtet. Der Nachbürge leistet die sogenannte Nachbürgschaft, also eine zusätzliche Sicherheit die im Verhältnis zur ursprünglichen Bürgschaft nachgeordnet – also subsidiär – besteht. Die Regelungen zur Nachbürgschaft finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den Vorschriften für die Bürgschaft (§§ 765 ff. BGB).

Wesen und Funktion der Nachbürgschaft

Abgrenzung zu anderen Sicherheiten

Die Nachbürgschaft ist von der einfachen Bürgschaft, der Mitbürgschaft (Gesamtbürgschaft) sowie von anderen Sicherungsmitteln wie Garantieerklärungen oder Patronaterklärungen abzugrenzen. Während der Hauptbürge unmittelbar für die Verbindlichkeiten des Hauptschuldners einsteht, übernimmt der Nachbürge die Verpflichtung, erst dann zu haften, wenn der Anspruch gegen den Hauptbürgen nicht erfüllt werden kann.

Rechtliche Struktur des Nachbürgenverhältnisses

Der Nachbürge steht in einem Akzessorietätsverhältnis zur Bürgschaft des Hauptbürgen. Seine Haftung ist also von der Wirksamkeit und dem Bestand der Hauptbürgschaft abhängig (Akzessorietät der Nachbürgschaft). Entfällt die Hauptbürgschaft, so endet auch die Verpflichtung des Nachbürgen.

Im Gegensatz zum Mitbürgen ist der Nachbürge lediglich subsidiär verpflichtet. Erst wenn der Hauptbürge die gesicherte Forderung nicht befriedigen kann oder will, kann der Nachbürge vom Gläubiger in Anspruch genommen werden.

Subsidiarität der Nachbürgschaft

Typischerweise ist vorgesehen, dass der Gläubiger zunächst gegen den Hauptbürgen vorgehen muss (sogenannte „Einredlichkeit der Vorverfolgung“) bevor er sich an den Nachbürgen wenden kann. Die genaue Ausgestaltung dieser Subsidiarität kann vertraglich modifiziert werden; ist jedoch im Grundsatz aus dem Charakter der Nachbürgschaft als akzessorische Sicherung abzuleiten.

Gesetzliche Grundlagen und Vertragsgestaltung

Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Die Nachbürgschaft stellt eine besondere Form der Bürgschaft im Sinne der §§ 765 ff. BGB dar. Eine ausdrückliche Definition des Begriffs „Nachbürge“ gibt das Gesetz jedoch nicht. Maßgeblich sind die allgemeinen Vorschriften zur Bürgschaft, insbesondere:

  • § 765 Absatz 1 BGB: Definition der Bürgschaft
  • § 778 BGB: Gesamtschuldnerische Mitbürgen (mit Abgrenzung zur Nachbürgschaft)
  • § 774 BGB: Übergang der Forderungen auf den Bürgen (Regressansprüche)

Die Anwendung dieser Vorschriften auf den Nachbürgen erfolgt analog, sofern keine spezielleren Vereinbarungen im Bürgschaftsvertrag getroffen sind.

Inhalt und Form der Nachbürgschaft

Auch der Nachbürgschaftsvertrag muss gemäß § 766 BGB schriftlich abgeschlossen werden. Formmängel führen zur Nichtigkeit der Nachbürgschaft. Der Vertrag sollte die Bedingungen, unter denen der Nachbürge haften soll, möglichst eindeutig regeln, um Klarheit über das Subsidiaritätsverhältnis zu schaffen.

Typische Vertragsinhalte sind:

  • Bezeichnung des Hauptschuldners und des Hauptbürgen
  • Genaue Höhe der gesicherten Forderung
  • Regelung der nachgeordneten (subsidiären) Haftung des Nachbürgen
  • Bestimmung des Umfangs der Verpflichtung des Nachbürgen

Rechtsfolgen und Haftungsumfang

Eintritt der Haftung

Der Nachbürge wird erst dann in Anspruch genommen, wenn der Gläubiger die gesicherte Forderung beim Hauptbürgen (und gegebenenfalls beim Hauptschuldner) vergeblich geltend gemacht hat. In der Praxis ist meist ein Nachweis erforderlich, dass eine Inanspruchnahme des Hauptbürgen erfolglos geblieben ist.

Umfang der Haftung

Der Nachbürge haftet nur in dem Umfang, wie es im Nachbürgschaftsvertrag vereinbart ist. Häufig entspricht der Haftungsumfang dem der Hauptbürgschaft, kann jedoch im Vertrag beschränkt oder erweitert werden.

Regress des Nachbürgen

Hat der Nachbürge den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung nach § 774 BGB auf ihn über, soweit der Hauptbürge haftete (gesetzlicher Forderungsübergang). Der Nachbürge kann sodann Regress gegen den Hauptbürgen nehmen, steht in seiner Rolle jedoch grundsätzlich nicht für den Hauptschuldner, sondern für den Hauptbürgen ein.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfälle

Nachbürgschaften treten vor allem in komplexen Finanzierungsstrukturen auf, etwa bei größeren Unternehmensfinanzierungen oder internationalen Kreditgeschäften, wo zusätzliche Sicherheiten erforderlich sind. Auch im Bau- und Immobilienbereich kann eine Nachbürgschaft als Instrument einer mehrstufigen Kreditsicherheit eingesetzt werden.

Beispielhaft ist der Fall, dass ein Gläubiger einen Bürgen verlangt, dieser jedoch nur zur Stellung einer Bürgschaft bereit ist, wenn ihm selbst eine Rückversicherung für seine Verpflichtung zugesagt wird. In dieser Konstellation übernimmt der Nachbürge die Nachbürgschaft zugunsten des Hauptbürgen.

Besondere rechtliche Aspekte und Streitfragen

Verhältnis von Nachbürge und Gläubiger

In der Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass der Nachbürge sich auf sämtliche Einreden berufen kann, die auch dem Hauptbürgen zustehen, sofern diese die gesicherte Forderung betreffen. Lediglich persönliche Einreden des Hauptbürgen stehen dem Nachbürgen grundsätzlich nicht zu.

Unwirksamkeit oder Erlöschen der Hauptbürgschaft

Endet das Bürgschaftsverhältnis des Hauptbürgen (etwa durch Anfechtung, Kündigung oder Erlöschen der gesicherten Forderung), führt dies in aller Regel auch zur Beendigung der Nachbürgschaft.

Anfechtung und Widerruf

Die allgemeinen Anfechtungs- und Widerrufsrechte aus dem Schuldrecht gelten auch im Rahmen einer Nachbürgschaft. Besonderheiten können sich bei Verbraucherbürgschaften (§§ 765a, 355 BGB) ergeben, sofern entweder Haupt- oder Nachbürge Verbraucher ist.

Vergleich: Nachbürge, Mitbürge, Rückbürge

Nachbürge

  • Nachgeordnete (subsidiäre) Haftung hinter dem Hauptbürgen
  • Akzessorietät zur Hauptbürgschaft

Mitbürge

  • Gleichrangige Haftung mehrerer Bürgen (Gesamtschuld)
  • Innenausgleich nach § 426 BGB

Rückbürge

  • Haftet gegenüber dem Bürgen und nicht direkt gegenüber dem Gläubiger

Die Abgrenzung ist insbesondere für den Innenausgleich und die Reihenfolge der Inanspruchnahme von Bedeutung.

Literatur und Rechtsprechung

Für nähere Ausführungen und weiterführende Literatur zum Thema Nachbürge sind insbesondere Kommentare zum Bürgerlichen Gesetzbuch sowie einschlägige Monographien zum Sicherungsrecht heranzuziehen. Prägende Entscheidungen der Rechtsprechung, etwa zum Umfang der Einreden, zur Subsidiarität oder zur Auslegung von Nachbürgschaftsverträgen, finden sich vor allem in den Urteilen des Bundesgerichtshofs.


Zusammenfassung:
Der Nachbürge nimmt im Recht der Kreditsicherheiten eine bedeutsame Rolle ein, indem er eine subsidiäre, nachgeordnete Haftung zur Hauptbürgschaft übernimmt. Die Nachbürgschaft dient überwiegend der Rückversicherung des Hauptbürgen, ist akzessorisch zur Hauptbürgschaft ausgestaltet und unterliegt den Bürgschaftsvorschriften des BGB. Sie findet insbesondere in komplexeren Sicherungskonstruktionen praktische Anwendung und ist von Mitbürgschaft und Rückbürgschaft abzugrenzen.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird ein Nachbürge rechtlich verpflichtet?

Ein Nachbürge verpflichtet sich durch einen eigenständigen Bürgschaftsvertrag, der mit dem Gläubiger abgeschlossen wird. Dieser Vertrag bedarf gemäß § 766 BGB grundsätzlich der schriftlichen Form, andernfalls ist er nichtig. Die rechtliche Verpflichtung des Nachbürgen gilt in der Regel nur dann, wenn die ursprüngliche Hauptbürgschaft bereits besteht oder wirksam geworden ist („Akzessorietät“ der Bürgschaft). Der Nachbürge haftet dabei nicht sofort, sondern tritt erst dann in Leistungs- oder Haftungspflicht, wenn der Hauptbürge entweder leistungsunfähig oder nicht zahlungswillig ist. Die Auslösung der Haftung des Nachbürgen setzt regelmäßig voraus, dass der Gläubiger nachweist, den Hauptbürgen zur Zahlung aufgefordert zu haben und dieser die Leistung verweigert oder nicht erbringen kann. Vertraglich kann die Reihenfolge und der Umfang der Nachbürgschaft modifiziert werden. Dem Nachbürgen stehen zudem alle Einreden zu, die dem Hauptbürgen zustehen, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurden.

Welche Rechte und Pflichten bestehen zwischen Nachbürgen und Hauptbürgen?

Das Verhältnis zwischen Nachbürgen und Hauptbürgen ist rechtlich dadurch geprägt, dass der Nachbürge eine subsidiäre, also nachrangige, Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger eingeht. Der Nachbürge ist grundsätzlich verpflichtet zu leisten, wenn der Hauptbürge ausgefallen ist. Rechtlich besteht ein Anspruch des Nachbürgen gegen den Hauptbürgen auf Freistellung, sobald der Nachbürge in Anspruch genommen wurde und geleistet hat, da der Hauptbürge als eigentlich Verpflichteter gilt. Im Innenverhältnis kann der Nachbürge vom Hauptbürgen vollständigen oder partiellen Ersatz verlangen. Im umgekehrten Fall hat der Hauptbürge grundsätzlich keinen Anspruch oder Regress gegen den Nachbürgen, da dessen Haftung ausschließlich im Verhältnis zum Gläubiger wirkt.

In welchen Fällen wird eine Nachbürgschaft rechtlich unwirksam?

Eine Nachbürgschaft kann aus verschiedenen juristischen Gründen unwirksam sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bürgschaftserklärung nicht der gesetzlichen Schriftform entspricht (§ 766 BGB), der Hauptbürgschaftsvertrag unwirksam oder erloschen ist (z.B. durch Anfechtung, Sittenwidrigkeit oder erfüllte Hauptverbindlichkeit) oder der Gläubiger sich gegenüber dem Nachbürgen nicht an vertragliche Nebenabreden hält. Auch kann eine Nachbürgschaft erlöschen, wenn die Hauptbürgschaft etwa durch Zahlung, Erlass, Aufrechnung oder Verjährung erlischt. Der Nachbürge kann außerdem Einreden geltend machen, wenn der Gläubiger Änderungen am Hauptbürgschaftsvertrag vorgenommen hat, denen der Nachbürge nicht ausdrücklich zugestimmt hat.

Kann der Nachbürge Einwendungen des Hauptbürgen geltend machen?

Ja, der Nachbürge kann grundsätzlich alle Einwendungen und Einreden geltend machen, die auch dem Hauptbürgen gegen den Gläubiger zustehen. Dazu gehören beispielsweise die Einrede der Vorausklage gemäß § 771 BGB, sofern diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde, sowie alle weiteren Verteidigungsmöglichkeiten aus dem Bürgschaftsvertrag des Hauptbürgen und der Hauptschuld selbst, wie etwa Erfüllung, Erlass, Anfechtung oder Nichtigkeit der Hauptschuld. Dem Nachbürgen bleibt damit ein weitgehender Schutz vor einer übermäßigen Inanspruchnahme durch den Gläubiger. Ein Ausschluss bestimmter Einreden bedarf stets einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung.

Wie kann der Nachbürge seine Haftung begrenzen oder ausschließen?

Die Haftung des Nachbürgen kann auf verschiedene Weise beschränkt werden. Bereits bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages können Zahlungsobergrenzen, Haftungsbedingungen oder zeitliche Grenzen vereinbart werden. Außerdem kann auch der Umfang der Haftung konkret umschrieben werden, etwa nur für bestimmte Verbindlichkeiten oder bis zu einem festgelegten Betrag. Im Vorfeld sollte der Nachbürge darauf achten, dass keine nachteiligen Änderungen am Hauptbürgschaftsvertrag ohne seine Zustimmung erfolgen dürfen, um eine unbeabsichtigte Ausweitung der Haftung zu vermeiden. Auch nachträglich kann die Haftung durch einvernehmliche Aufhebung des Bürgschaftsvertrages in Abstimmung mit dem Gläubiger beendet werden. Die rechtliche Wirksamkeit solcher Beschränkungen hängt immer von der Einhaltung der Formvorschriften und der ausdrücklichen Aufnahme in den Vertrag ab.

Welche Besonderheiten gelten bei mehreren Nachbürgen?

Bei mehreren Nachbürgen kann die Haftung grundsätzlich gesamtschuldnerisch ausgestaltet werden, das heißt, jeder Nachbürge haftet im Zweifel für die gesamte Verbindlichkeit und der Gläubiger kann jeden einzeln oder gemeinsam in Anspruch nehmen. Es kann jedoch auch eine rangmäßige Haftung vereinbart werden, sodass die Inanspruchnahme eines Nachbürgen erst erfolgt, wenn die voranstehenden Nachbürgen ausgefallen sind. Auch hier sind explizite vertragliche Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Nachbürgen maßgeblich. Für den Innenausgleich unter mehreren Nachbürgen gelten die allgemeinen Regeln zur Gesamtschuld, insbesondere § 426 BGB, sodass im Ergebnis jeder Nachbürge im Verhältnis zu den Mithaftenden nur im Rahmen seines Anteils haftet, falls nichts anderes vereinbart wurde.

Welche Möglichkeiten der Beendigung einer Nachbürgschaft bestehen?

Die Nachbürgschaft endet in der Regel mit dem Erlöschen der Hauptverbindlichkeit oder der Hauptbürgschaft. Weitere Beendigungsgründe sind etwa die Aufhebung des Nachbürgschaftsvertrags im gegenseitigen Einvernehmen, der Tod des Nachbürgen (sofern die Bürgschaft nicht als hoheitlich-persönliche Verpflichtung ausgestaltet wurde), oder die Kündigung in Fällen von Dauerschuldverhältnissen. Auch eine wirksame Anfechtung wegen Irrtums, Drohung oder Täuschung kann zur Beendigung führen. Entscheidend ist stets, dass der Gläubiger nach Beendigung keinerlei Rechte mehr aus der Nachbürgschaft herleiten kann. Ein Rücktrittsrecht besteht in der Regel nicht, es sei denn, dies ist ausdrücklich vertraglich vereinbart.