Begriff und rechtliche Einordnung des Nachbürgen
Ein Nachbürge ist eine Person, die für die Verpflichtungen eines bereits bestehenden Bürgen (Hauptbürgen) gegenüber dem Gläubiger einsteht. Er übernimmt damit eine eigene Bürgschaft, die nicht unmittelbar an die Hauptschuld (z. B. ein Darlehen), sondern an die Bürgschaftsverpflichtung des Hauptbürgen anknüpft. Die Haftung des Nachbürgen ist akzessorisch zur Hauptbürgschaft: Besteht die Hauptbürgschaft nicht oder entfällt sie, kann der Nachbürge regelmäßig nicht in Anspruch genommen werden.
Charakter der Nachbürgschaft
Die Nachbürgschaft ist eine eigenständige Sicherungsvereinbarung zwischen Gläubiger und Nachbürgen. Sie wird in der Praxis eingesetzt, um das Risiko des Gläubigers abzusichern, dass der Hauptbürge selbst nicht leisten kann oder will. Der Nachbürge tritt dabei nicht an die Stelle des Hauptschuldners, sondern ergänzt die Sicherungsebene der Bürgschaft um eine weitere Stufe.
Abgrenzungen zu ähnlichen Sicherheiten
Mitbürge
Mitbürgen haften nebeneinander für dieselbe Hauptschuld; der Gläubiger kann sich grundsätzlich an jeden Mitbürgen wenden. Der Nachbürge haftet hingegen nicht als weiterer Bürge für die Hauptschuld, sondern für die Verpflichtung des Hauptbürgen und damit nachgelagert.
Ausfallbürge
Ein Ausfallbürge wird erst in Anspruch genommen, wenn der Gläubiger erfolglos versucht hat, gegen den Hauptschuldner vorzugehen. Beim Nachbürgen richtet sich die vorgelagerte Inanspruchnahme auf den Hauptbürgen; erst dessen Ausfall oder Nichtleistung öffnet typischerweise die Haftung des Nachbürgen.
Rückbürge
Der Rückbürge sichert in erster Linie den internen Erstattungs- oder Freistellungsanspruch des Bürgen ab (Rückgriff), nicht die Forderung des Gläubigers. Der Nachbürge verpflichtet sich dagegen unmittelbar gegenüber dem Gläubiger, ihn zu befriedigen, wenn der Hauptbürge nicht zahlt.
Entstehung und Form
Die Nachbürgschaft entsteht durch eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Nachbürgen. Sie ist rechtlich eine Bürgschaft und unterliegt daher typischerweise strengen Form- und Klarheitsanforderungen. Üblich sind Schriftform, eine eindeutige Bezeichnung des gesicherten Risikos (Haftung für die Verbindlichkeit des Hauptbürgen) sowie eine klare Festlegung von Umfang, Höchstbetrag und etwaigen Befristungen. Bei Beteiligung von Privatpersonen werden erhöhte Transparenz- und Schutzanforderungen beachtet.
Umfang und Inhalt der Haftung
Akzessorietät in zweiter Stufe
Die Haftung des Nachbürgen hängt davon ab, dass die Hauptbürgschaft wirksam besteht und fällig ist. Ist die Hauptbürgschaft unwirksam, beendet oder nicht fällig, scheidet eine Haftung des Nachbürgen grundsätzlich aus. In der Praxis wird der Haftungsumfang häufig als Höchstbetragsnachbürgschaft ausgestaltet.
Selbstschuldnerische Nachbürgschaft
Die Nachbürgschaft kann als selbstschuldnerisch vereinbart sein. Das erleichtert dem Gläubiger die Inanspruchnahme, weil bestimmte Einreden zur Reihenfolge der Inanspruchnahme eingeschränkt sein können. Ungeachtet dessen bleibt die Einordnung der Hauptbürgschaft als Anknüpfungspunkt maßgeblich: Ohne wirksame und fällige Verpflichtung des Hauptbürgen entsteht die Zahlungspflicht des Nachbürgen nicht.
Zeitliche Geltung und Befristung
Nachbürgschaften können befristet oder unbefristet ausgestaltet sein. Bei befristeten Erklärungen endet die Haftung mit Zeitablauf; bei unbefristeten Gestaltungen kann eine Beendigung etwa durch Wegfall des Sicherungszwecks oder vertraglich vorgesehene Kündigungsmöglichkeiten eintreten. Für bereits entstandene Forderungen kann eine Nachhaftung bestehen.
Einreden und Einwendungen des Nachbürgen
Einwendungen aus der Hauptschuld
Als akzessorische Sicherheit kann der Nachbürge grundsätzlich Einwendungen geltend machen, die sich aus der Hauptschuld ergeben und den Bestand der Forderung betreffen (etwa Erfüllung, Erlass, Aufrechnung, Verjährung). Ist die Hauptschuld oder die Forderung gegen den Hauptschuldner nicht durchsetzbar, entfällt regelmäßig auch die Haftungskette Bürge-Nachbürge.
Einwendungen aus der Hauptbürgschaft
Der Nachbürge kann sich regelmäßig auf Einwendungen berufen, die den Bestand oder die Durchsetzbarkeit der Hauptbürgschaft betreffen (etwa Unwirksamkeit, Bedingtheit, Befristung, Erfüllung). Rein persönliche Einreden des Hauptbürgen, die dessen Verpflichtung nicht als solche berühren, sind dem Nachbürgen dagegen in der Regel nicht eröffnet.
Einreden zur Reihenfolge der Inanspruchnahme
Ohne besondere Vereinbarung kann der Nachbürge verlangen, dass der Gläubiger zunächst den Hauptbürgen in Anspruch nimmt. Vertragliche Gestaltungen (insbesondere die selbstschuldnerische Nachbürgschaft) können diese Reihenfolge modifizieren, ändern aber nicht die Anknüpfung an die wirksame und fällige Hauptbürgschaft.
Inanspruchnahme und Reihenfolge
Typischerweise entsteht die Zahlungspflicht des Nachbürgen, wenn der Hauptbürge trotz Fälligkeit nicht leistet oder ausfällt. Der Gläubiger muss die Voraussetzungen dokumentieren, die die Haftung des Hauptbürgen auslösen und die Nichtleistung belegen. In abweichenden Vertragsmodellen kann eine frühere Inanspruchnahme vorgesehen sein, bleibt jedoch stets von der Wirksamkeit der Hauptbürgschaft abhängig.
Regress, Übergang von Rechten und Sicherheiten
Rückgriff gegen Hauptbürgen
Leistet der Nachbürge an den Gläubiger, kann er im Regelfall Erstattung vom Hauptbürgen verlangen. Dieser Rückgriff folgt der Zahlungskette: Der Hauptbürge haftet für die Erstattung, und letztlich bleibt die wirtschaftliche Verantwortung beim Hauptschuldner.
Übergang der Gläubigerrechte
Mit der Zahlung treten häufig die Rechte des Gläubigers auf den Nachbürgen über. Dazu können Ansprüche gegen den Hauptbürgen und den Hauptschuldner sowie bestellte Sicherheiten gehören. Der Nachbürge kann die Abtretung einschlägiger Ansprüche und die Herausgabe von Sicherungsdokumenten verlangen, soweit dies vereinbart oder gesetzlich vorgesehen ist.
Beendigung der Nachbürgschaft
Die Nachbürgschaft endet insbesondere durch:
- Erfüllung der gesicherten Verpflichtung oder Erlöschen der Hauptbürgschaft,
- Ablauf einer vereinbarten Befristung,
- vertraglich geregelte Beendigungstatbestände,
- Wegfall des Sicherungszwecks.
Für bereits entstandene Verbindlichkeiten kann eine Nachhaftung fortwirken, solange offene Ansprüche bestehen.
Typische Einsatzbereiche
Nachbürgschaften finden sich vor allem dort, wo bereits eine Bürgschaft als Sicherheit eingesetzt wird, etwa bei Kredit- und Lieferverträgen, im Bau- und Projektgeschäft oder bei konzerninternen Sicherungsketten. Sie dienen dazu, das Ausfallrisiko des Gläubigers hinsichtlich des Hauptbürgen abzufedern.
Risiken und Besonderheiten
- Mehrstufige Akzessorietät: Die Haftung des Nachbürgen hängt doppelt vom Bestand der gesicherten Verhältnisse ab (Hauptschuld und Hauptbürgschaft).
- Weite Verpflichtungsinhalte: Selbstschuldnerische Ausgestaltung und Globalformulierungen können den Zugriff des Gläubigers erleichtern.
- Transparenzanforderungen: Klarheit zu Umfang, Höchstbetrag, Befristung und Sicherungszweck ist für die Wirksamkeit und Reichweite wesentlich.
- Rechtsfolgen der Zahlung: Mit der Leistung gehen regelmäßig Gläubigerrechte und Sicherheiten über; die Rang- und Verteilungsfragen können komplex sein.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Nachbürgen
Was unterscheidet einen Nachbürgen von einem Mitbürgen?
Ein Mitbürge haftet gemeinsam mit anderen Bürgen unmittelbar für dieselbe Hauptschuld, sodass der Gläubiger jeden Mitbürgen direkt in Anspruch nehmen kann. Ein Nachbürge haftet demgegenüber für die Verpflichtung des Hauptbürgen und wird typischerweise erst nach diesem in Anspruch genommen.
Wann kann der Gläubiger den Nachbürgen in Anspruch nehmen?
Regelmäßig dann, wenn die Hauptbürgschaft wirksam und fällig ist und der Hauptbürge nicht leistet oder ausfällt. Abweichende vertragliche Regelungen können eine frühere Inanspruchnahme vorsehen, bleiben aber an die Wirksamkeit der Hauptbürgschaft gebunden.
Welche Einwendungen kann der Nachbürge geltend machen?
Er kann grundsätzlich Einwendungen aus der Hauptschuld (z. B. Erfüllung, Erlass, Verjährung) sowie Einwendungen aus der Hauptbürgschaft (z. B. Unwirksamkeit, Befristung) geltend machen. Rein persönliche Einreden des Hauptbürgen, die dessen Verpflichtung nicht als solche betreffen, stehen dem Nachbürgen in der Regel nicht zu.
Ist die Nachbürgschaft an Formvorschriften gebunden?
Als Bürgschaft unterliegt die Nachbürgschaft üblicherweise strengen Form- und Klarheitsanforderungen. In der Praxis wird regelmäßig Schriftform verwendet sowie der Sicherungszweck, der Höchstbetrag und eine etwaige Befristung ausdrücklich festgelegt.
Was bedeutet eine selbstschuldnerische Nachbürgschaft?
Bei einer selbstschuldnerischen Ausgestaltung verzichtet der Nachbürge auf bestimmte Einreden zur Reihenfolge der Inanspruchnahme, wodurch der Gläubiger schneller gegen ihn vorgehen kann. Unverändert bleibt jedoch, dass die Haftung an die Wirksamkeit und Fälligkeit der Hauptbürgschaft gekoppelt ist.
Welche Rechte hat der Nachbürge nach Zahlung?
Nach Zahlung kann der Nachbürge in der Regel Rückgriff gegen den Hauptbürgen nehmen und in die Rechte des Gläubigers eintreten, einschließlich Ansprüchen und Sicherheiten gegen den Hauptbürgen und den Hauptschuldner, soweit ein Übergang vorgesehen ist.
Wie endet eine Nachbürgschaft?
Sie endet insbesondere durch Erfüllung der gesicherten Verpflichtung, Erlöschen der Hauptbürgschaft, Ablauf einer vereinbarten Befristung oder andere vertraglich geregelte Beendigungstatbestände. Für bereits entstandene Forderungen kann eine Nachhaftung verbleiben.