Begriff und rechtliche Einordnung des Mithörens
Unter Mithören wird im rechtlichen Kontext das bewusste oder unbewusste Empfangen, Verfolgen oder Aufzeichnen von Kommunikationsinhalten verstanden, bei der eine nicht am Kommunikationsvorgang beteiligte Person Kenntnis vom Kommunikationsinhalt erlangt. Das Mithören kann sowohl in persönlicher als auch in technischer Hinsicht erfolgen und betrifft sowohl mündliche als auch elektronische Kommunikationsformen. Im deutschen Recht ist das Mithören insbesondere im Rahmen des Datenschutzes, des Strafrechts sowie des Telekommunikationsrechts von erheblicher Bedeutung.
Rechtsgrundlagen des Mithörens in Deutschland
Datenschutzrechtliche Aspekte
Das Mithören von Gesprächen berührt häufig schützenswerte personenbezogene Daten und ist maßgeblich durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt.
Rechtslage nach der DSGVO und dem BDSG
Nach Artikel 6 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung persönlicher Daten nur unter bestimmten Bedingungen gestattet. Das unerlaubte Mithören privater oder dienstlicher Gespräche ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Personen stellt eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten dar. Die Mithörende Person verstößt damit gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, was zu Schadensersatzansprüchen gemäß Artikel 82 DSGVO führen kann.
Einwilligungsvorbehalt für das Mithören
Eine explizite, informierte Einwilligung der Kommunikationsparteien ist zwingende Voraussetzung für das rechtmäßige Mithören, sofern keine andere gesetzliche Rechtfertigung vorliegt. Das gilt insbesondere für das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen sowie für den Einsatz von Überwachungstechnologien.
Strafrechtliche Beurteilung
Das Mithören von Gesprächen ist im Strafgesetzbuch (StGB) umfassend geregelt, insbesondere durch die §§ 201 und 202 StGB.
Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB)
§ 201 StGB stellt das unbefugte Mithören (sowie das Aufnehmen und Weitergeben) des nichtöffentlich gesprochenen Wortes unter Strafe. Geschützt wird hierbei die Vertraulichkeit mündlicher Kommunikation. Die Tat kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.
Nichtöffentlichkeit: Der Schutzbereich umfasst alle Gespräche, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie im privaten oder dienstlichen Umfeld stattfinden.
Tathandlungen: Strafbar ist sowohl das direkte als auch das technische Mithören (zum Beispiel durch Richtmikrofone oder andere Vorrichtungen), ohne dass es zu einer Aufzeichnung kommen muss.
Ausspähen von Daten (§ 202a StGB) und Abfangen von Daten (§ 202b StGB)
Das unbefugte Zugreifen auf elektronische Kommunikationsinhalte erfüllt regelmäßig auch die Tatbestände des Ausspähens (§ 202a StGB) sowie des Abfangens von Daten (§ 202b StGB). Das bloße Mithören durch Abfangen von Datenströmen in Netzwerken oder bei Übermittlungen fällt unter diese Strafvorschriften.
Zivilrechtliche Aspekte
Das Mithören von Gesprächen kann darüber hinaus zivilrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche begründen, insbesondere aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Unterlassungsansprüche
Betroffenen einer Verletzung durch unerlaubtes Mithören steht regelmäßig ein Anspruch auf Unterlassung gegen die handelnde Person zu. Dieser kann durch zivilgerichtliche Maßnahmen (z. B. einstweilige Verfügung) durchgesetzt werden.
Schadensersatz
Neben dem Unterlassungsanspruch kann auch ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen, etwa nach § 823 BGB (unerlaubte Handlung) in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Telekommunikationsrechtliche Normen
Das Telekommunikationsgesetz (TKG) regelt speziell den Schutz des Fernmeldegeheimnisses (§ 3 Abs. 1 und § 88 TKG). Hieraus ergibt sich:
Fernmeldegeheimnis
Das Fernmeldegeheimnis schützt die Inhalte und die näheren Umstände der Telekommunikation vor Kenntnisnahme durch Unbefugte. Unerlaubtes Mithören oder technisches Abfangen von Gesprächen im Bereich der Telekommunikation ist untersagt und strafbewehrt.
Zulässige Ausnahmen
Das TKG sieht Ausnahmen vor, etwa wenn Betroffene ausdrücklich einwilligen oder wenn eine gesetzliche Ermächtigung (z. B. im Rahmen strafprozessualer Ermittlungsmaßnahmen) besteht.
Spezielle Konstellationen des Mithörens
Mithören im Tatbestand der Sekretärin oder Dritter
Im Geschäftsalltag werden Gespräche insbesondere von Sekretärinnen oder in Call-Centern häufig für Qualitätssicherungszwecke mitgehört. Auch hierbei ist aus rechtlicher Sicht die informierte Einwilligung aller Gesprächsteilnehmer einzuholen.
Mithören in der Familie und im privaten Bereich
Auch im privaten Bereich, etwa beim Mithören von Gesprächen im Nachbarraum, greifen die oben genannten Straftatbestände und Datenschutzregelungen, wenn kein ausdrückliches Einverständnis der Betroffenen vorliegt.
Technisches Mithören und Überwachungsmaßnahmen
Behördliche Überwachungsmaßnahmen (z. B. durch Polizei, Nachrichtendienste) bedürfen einer eigenen gesetzlichen Grundlage und unterliegen strengen Verfahrensvorschriften zu Kontrolle und Verhältnismäßigkeit (vgl. Artikel 10 GG – Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis).
Praktische Hinweise und Konsequenzen bei Verstößen
Die unzulässige Erlangung von Informationen durch Mithören kann gravierende straf- sowie zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Darüber hinaus drohen bei Verstößen gegen Datenschutzregelungen empfindliche Bußgelder durch die zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden nach der DSGVO.
Zusammenfassung
Mithören stellt einen zentralen Begriff im Schnittbereich von Datenschutz, Strafrecht, Telekommunikationsrecht sowie Zivilrecht dar. Die Legalität hängt stets von einer rechtlichen Legitimation wie der Einwilligung der Betroffenen oder einer gesetzlichen Ermächtigung ab. Unerlaubtes Mithören ist regelmäßig rechtswidrig und kann straf- wie zivilrechtlich sanktioniert werden. Der Schutz der Vertraulichkeit von Kommunikationsinhalten hat im deutschen Recht einen hohen Stellenwert, und Verstöße können erhebliche Folgen für die Handelnden nach sich ziehen.
Häufig gestellte Fragen
Ist das Mithören von Gesprächen ohne Einwilligung der Beteiligten strafbar?
Das Mithören von Gesprächen ohne die Zustimmung aller beteiligten Personen stellt nach deutschem Recht in der Regel eine strafbare Handlung dar. Dies ergibt sich insbesondere aus § 201 StGB (Strafgesetzbuch), dem sogenannten „Abhören von Gesprächen“. Wer unbefugt das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen aufnimmt, abhört oder einem Dritten zugänglich macht, macht sich strafbar. Die Strafbarkeit umfasst sowohl das aktive Lauschen mittels technischer Hilfsmittel, wie etwa Abhörgeräten, als auch das Mitlesen bei digitalen Kommunikationsformen. Darüber hinaus ist auch das bloße Mithören ohne technische Hilfsmittel unzulässig, sofern dies nicht zufällig oder beiläufig geschieht, sondern gezielt. Die Einwilligung aller Gesprächspartner ist zwingend erforderlich, wobei die Anforderungen an eine wirksame Einwilligung streng sind. Fehlt eine solche, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Gibt es Ausnahmen, bei denen das Mithören rechtlich zulässig ist?
Es existieren wenige Ausnahmen, in denen das Mithören legal sein kann. Eine Ausnahme besteht etwa, wenn eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage vorliegt, beispielsweise bei Ermittlungsmaßnahmen der Polizei oder Geheimdienste im Rahmen der Strafverfolgung (§§ 100a ff. StPO). Diese Maßnahmen unterliegen jedoch sehr strengen Voraussetzungen und richterlicher Anordnungspflicht. Auch besteht eine Ausnahme, wenn die Aufzeichnung oder das Mithören nachweislich dem Schutz eines überragenden öffentlichen Interesses dient, etwa zur Gefahrenabwehr oder im Rahmen der Notwehr. Zudem kann ausnahmsweise eine rechtmäßige Einwilligung aller Beteiligten vorliegen, z. B. bei zu Schulungszwecken aufgezeichneten Kundengesprächen, sofern transparent darüber informiert wird. Außerhalb dieser eng umrissenen Ausnahmen bleibt das Mithören grundsätzlich verboten.
Welche zivilrechtlichen Ansprüche können beim unzulässigen Mithören bestehen?
Neben strafrechtlichen Konsequenzen können Betroffene auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. Dazu gehören insbesondere Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB (Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts). Ferner können Schadensersatzansprüche entstehen, insbesondere wenn dem Betroffenen durch das unrechtmäßige Mithören ein Vermögens- oder immaterieller Schaden entstanden ist. Hier greift beispielsweise § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 201 StGB. Bei besonders schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann auch ein Anspruch auf Geldentschädigung (Schmerzensgeld) begründet sein. Daneben kommen Auskunftsansprüche zum Umfang der Verletzung in Betracht.
Inwieweit ist das Mithören am Arbeitsplatz erlaubt oder verboten?
Das Mithören von Gesprächen am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte oder Kollegen ist ebenso dem grundsätzlichen Verbot unterworfen. Arbeitgeber dürfen Gespräche ihrer Mitarbeiter nicht ohne ausdrückliche Einwilligung oder ohne hinreichende gesetzliche Grundlage mithören oder aufzeichnen. Eine Ausnahme kann lediglich bestehen, wenn gewichtige betriebliche Interessen dies rechtfertigen und keine schützenswerten Interessen der Beschäftigten entgegenstehen, was regelmäßig sorgfältig abzuwägen ist. Kollidierende Rechte, wie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§ 87 BetrVG), sind zu beachten. Unzulässiges Mithören seitens des Arbeitgebers kann arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen oder Schadensersatzforderungen auslösen.
Wie sind die Mitwirkungspflichten oder Sanktionsmöglichkeiten bei Kenntnis von unerlaubtem Mithören geregelt?
Werden betroffene Personen Zeuge eines unerlaubten Mithörens, haben sie grundsätzlich keine strafrechtliche Garantenpflicht, dagegen einzuschreiten, sofern keine besonderen Schutzpflichten bestehen, etwa im Rahmen einer Amtsausübung. Allerdings kann eine Verpflichtung zur Anzeige bestehen, wenn beispielsweise eine schwerwiegende Straftat vorliegt (§ 138 StGB: Nichtanzeige geplanter Straftaten). Im Zivilrecht finden sich Mitwirkungspflichten hauptsächlich im Rahmen von Schadensminderungspflichten. Bei Nichtanzeige drohen in der Regel keine eigenständigen Sanktionen für Privatpersonen. Unternehmen können jedoch im Rahmen ihrer Compliance sowie gemäß Datenschutzvorschriften (DSGVO) verpflichtet sein, nach Kenntnis unverzüglich Abhilfe zu schaffen, widrigenfalls drohen Bußgelder.
Welche Bedeutung haben Datenschutzvorschriften beim Mithören von Gesprächen?
Das unerlaubte Mithören stellt regelmäßig einen Verstoß gegen Datenschutzvorschriften dar, da dadurch personenbezogene Daten unrechtmäßig erhoben und verarbeitet werden. Gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist für die rechtskonforme Verarbeitung personenbezogener Daten eine Einwilligung der betroffenen Personen oder eine anderweitige gesetzliche Erlaubnis erforderlich. Fehlt diese Grundlage, liegt eine Datenschutzverletzung vor, die von Aufsichtsbehörden mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden kann. Daneben stehen betroffenen Personen Informations-, Auskunfts- und Löschansprüche zu. Dies gilt unabhängig davon, ob die Daten analog (z. B. Mitschneiden eines Gesprächs) oder digital (z. B. Mithören bei Videokonferenzen) erhoben wurden.
Wie verhält es sich mit dem Mithören in familiären oder privaten Bereichen?
Auch im privaten oder familiären Bereich gilt das Verbot der unbefugten Gesprächsmithörens. Es existiert keine generelle Ausnahme für Ehepartner, Familienangehörige oder Mitbewohner. Auch hier bedarf es der expliziten Zustimmung aller Gesprächsteilnehmer. Die Rechtsprechung erkennt das Schutzgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unabhängig vom Beziehungskontext an. Lediglich in Sonderfällen, etwa zur Abwendung konkreter Gefahren (z. B. Kinderschutz), können die gesetzlichen Wertungen anders ausfallen; dies ist jedoch stets restriktiv zu handhaben. Zuwiderhandlungen können in schwerwiegenden Fällen auch hier straf- und zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.