Legal Lexikon

Mitbürge


Definition und rechtliche Bedeutung des Mitbürgen

Der Begriff Mitbürge beschreibt im deutschen Schuldrecht eine natürliche oder juristische Person, die – neben einem oder mehreren weiteren Bürgen – eine Bürgschaft für die Verpflichtungen eines Hauptschuldners übernimmt. Die Mitbürgschaft ist eine spezielle Form der Bürgschaft und zeichnet sich dadurch aus, dass mehrere Personen nebeneinander denselben Schuldner absichern. Dem Mitbürgen kommt insbesondere bei der Absicherung von Darlehen oder Krediten, aber auch in anderen Vertragsverhältnissen mit Bürgschaftsbedarf, eine bedeutende Rolle zu.

Rechtlicher Rahmen der Mitbürgschaft

Bürgschaft nach deutschem Recht

Die Bürgschaft ist in den §§ 765 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Der Mitbürge steht gemeinsam mit anderen Bürgen dem Gläubiger als Sicherheit zur Verfügung, indem er sich verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten (Hauptschuldner) einzustehen.

Abgrenzung zur Gesamtschuldnerschaft

Obwohl sowohl bei der Mitbürgschaft als auch bei der Gesamtschuld mehrere Personen für dieselbe Verpflichtung einstehen, ist die rechtliche Konstruktion unterschiedlich. Während Gesamtschuldner gemäß § 421 BGB verpflichtet sind, die Leistung im Zweifel zu gleichen Teilen zu erbringen, ergibt sich für Mitbürgen die Einstandspflicht aus mehreren, rechtlich eigenständigen Bürgschaftsverträgen. Jeder Bürge haftet mit dem vollen Betrag der Hauptschuld – jedoch kann im Innenverhältnis zwischen Mitbürgen eine anteilige Haftung vereinbart werden.

Entstehung und Voraussetzungen der Mitbürgschaft

Vertragsschluss und Schriftform

Die Mitbürgschaft entsteht durch Abschluss eines Bürgschaftsvertrages zwischen Gläubiger und Mitbürgen neben den weiteren Bürgen. Gemäß § 766 BGB bedarf die Bürgschaftserklärung der Schriftform, sofern sie nicht notariell beurkundet oder durch eine von den gesetzlichen Schriftformerfordernissen befreite elektronische Form geschlossen wird. Die Erklärung muss eigenhändig vom Mitbürgen oder seinem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden.

Einwilligung und Geschäftsfähigkeit

Der Mitbürge muss zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung voll geschäftsfähig sein. Ist der Mitbürge minderjährig, ist die Mitbürgschaft gemäß § 107 BGB grundsätzlich schwebend unwirksam und bedarf unter Umständen einer Genehmigung des gesetzlichen Vertreters sowie gegebenenfalls des Familiengerichts.

Rechtsfolgen und Haftung des Mitbürgen

Haftung im Verhältnis zum Gläubiger (Außenverhältnis)

Im Außenverhältnis steht jeder Mitbürge dem Gläubiger grundsätzlich mit dem vollen Wert der Verbindlichkeit (solidarisch) als Sicherungsgeber zur Verfügung. Der Gläubiger kann nach eigener Wahl einen oder mehrere Mitbürgen auf Erfüllung der gesicherten Verbindlichkeit in Anspruch nehmen, sofern keine anderweitigen Vereinbarungen – wie etwa eine Nachbürgschaft oder Teilbürgschaft – getroffen wurden.

Regress im Innenverhältnis

Zwischen den Mitbürgen besteht regelmäßig eine Ausgleichspflicht gemäß § 426 BGB. Leistet ein Mitbürge vollständig an den Gläubiger, kann er von den übrigen Mitbürgen anteiligen Ausgleich verlangen, sofern keine anderweitige Regelung getroffen wurde. In der Regel erfolgt der Innenausgleich entsprechend der Anzahl der Mitbürgen („pro-rata-Prinzip“). Der Anspruch des in Anspruch genommenen Mitbürgen gegen die anderen entsteht mit seiner Zahlung.

Besonderheiten bei Personengruppen

Bürgen mehrere Personen als Ehepartner, Gesellschafter oder innerhalb einer Unternehmensgruppe, können besondere Regelungen hinsichtlich Zusammensetzung, Haftungsumfang oder Formvorgaben bestehen. Hier empfiehlt sich eine präzise vertragliche Fixierung des Verhältnisses der Mitbürgen zueinander.

Bedeutung der Mitbürgschaft für die Risikoabsicherung

Für Gläubiger stellt die Mitbürgschaft eine erhebliche Risikostreuung dar, da sie im Zweifelsfall auf mehrere Sicherungsgeber zurückgreifen können. Für Mitbürgen hingegen ergibt sich das Risiko, mit der vollen Schuld gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen zu werden, selbst wenn interne Absprachen eine andere Lastenverteilung vorsehen.

Rechte und Einreden des Mitbürgen

Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis

Der Mitbürge kann dem Gläubiger sämtliche Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis entgegenhalten, sofern diese dem Hauptschuldner ebenfalls zustehen (etwa Anfechtung, Aufrechnung oder Erlöschen der Hauptschuld). Einwendungen, die sich nur aus dem Innenverhältnis zwischen Hauptschuldner und Gläubiger ergeben, sind für den Mitbürgen jedoch grundsätzlich ausgeschlossen.

Einrede der Vorausklage

Gemäß § 771 BGB steht dem Bürgen – und damit auch dem Mitbürgen – die sogenannte Einrede der Vorausklage zu. Der Bürge kann die Leistung verweigern, solange der Gläubiger nicht nachweist, dass er gegen den Hauptschuldner bereits erfolglos vollstreckt hat. In der Praxis wird diese Einrede jedoch häufig durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft ausgeschlossen.

Kündigung und Erlöschen der Mitbürgschaft

Eine Mitbürgschaft erlischt in der Regel mit vollständiger Begleichung der Hauptschuld durch den Schuldner, einen Bürgen oder einen Mitbürgen selbst. Die Mitbürgschaft kann ferner durch Aufhebungsvertrag, Anfechtung oder Kündigung aus wichtigem Grund beendet werden, sofern die Vertragsparteien dies vereinbart haben.

Steuerliche und wirtschaftliche Aspekte der Mitbürgschaft

Eine Inanspruchnahme des Mitbürgen hat direkt wirtschaftliche und gegebenenfalls steuerliche Folgen, insbesondere im Hinblick auf Schenkungs- und Einkommensteuer sowie Aspekte der Unternehmensbesteuerung, wenn der Mitbürge im unternehmerischen Kontext agiert. Die steuerlichen Konsequenzen sind dabei an die Zahlungspflicht und den Regresserwerb geknüpft.

Zusammenfassung

Die Mitbürgschaft ist ein zentrales rechtliches Sicherungsinstrument im deutschen Schuldrecht, das es Gläubigern ermöglicht, die Erfüllung von Verbindlichkeiten durch mehrere Sicherungsgeber abzusichern. Aus rechtlicher Sicht zeichnet sich die Mitbürgschaft durch ihre Vielschichtigkeit aus, insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses zum Gläubiger, zum Hauptschuldner und zu anderen Mitbürgen. Die umfassende Beachtung formeller, materieller und praktischer Aspekte ist für alle Beteiligten von maßgeblicher Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für die Stellung eines Mitbürgen erfüllt sein?

Für die Stellung eines Mitbürgen im deutschen Recht sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, die sich insbesondere aus den §§ 765 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ergeben. Zunächst muss der Bürgschaftsvertrag selbst formwirksam sein: Nach § 766 BGB ist die Schriftform erforderlich, das heißt, der Bürge muss seine Verpflichtungserklärung schriftlich abgeben; eine mündliche Zusage entfaltet grundsätzlich keine rechtliche Wirkung, außer sie wird nachträglich schriftlich bestätigt. Weiterhin muss der Hauptschuldner existieren, da eine Bürgschaft für eine nicht bestehende oder unwirksame Verpflichtung nicht möglich ist. Die Bürgschaft ist außerdem ein akzessorisches Sicherungsmittel, weshalb der Mitbürge nur für die Verbindlichkeiten haftet, die auch tatsächlich aus dem Hauptvertrag entstehen. Überdies müssen alle beteiligten Parteien geschäftsfähig sein, insbesondere der Mitbürge selbst; Minderjährige oder geschäftsunfähige Personen können wirksam keine Mitbürgschaft übernehmen. Schließlich verlangt das Gesetz einen klaren Willen zur Mitbürgschaft, der in der Urkunde deutlich werden muss, damit keine Auslegungsspielräume bestehen, ob überhaupt und in welchem Umfang ein Mitbürge haften soll.

Wie ist die Haftung des Mitbürgen im Vergleich zum Hauptbürgen ausgestaltet?

Die Haftung eines Mitbürgen erfolgt regelmäßig als Gesamtschuldner gemäß § 421 BGB zusammen mit den anderen Bürgen und dem Hauptschuldner. Das bedeutet, der Gläubiger hat das Wahlrecht, von welchem der Schuldner – also auch vom Mitbürgen – er die ganze oder Teile der Schuld verlangen möchte. In der Praxis spielt dabei die Ausgestaltung der Mitbürgschaft eine Rolle: Bürgen mehrere Personen, haften diese im Zweifel als sogenannte „Gesamtbürgen“, d. h., jeder Bürge und Mitbürge schuldet dem Gläubiger die gesamte Leistung. Es ist jedoch vertraglich auch eine Teilschuld möglich, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird. Der Mitbürge hat in solch einem Fall selbstverständlich einen internen Ausgleichsanspruch gegen die weiteren Bürgen und gegen den Hauptschuldner (sog. Ausgleich gemäß § 426 BGB), falls er über seinen Anteil hinaus an den Gläubiger leistet.

Welche Möglichkeiten zum Widerruf oder zur Kündigung einer Mitbürgschaft bestehen?

Das Recht zur Kündigung oder zum Widerruf des Mitbürgen ergibt sich im Wesentlichen aus dem geschlossenen Bürgschaftsvertrag und den gesetzlichen Bestimmungen. Ein einseitiger Widerruf ist grundsätzlich ausgeschlossen, sobald der Bürgschaftsvertrag formwirksam abgeschlossen wurde. Lediglich im Rahmen von Verbraucherbürgschaften sieht das Gesetz nach § 312g Abs. 1 i.V.m. § 355 BGB unter bestimmten Voraussetzungen ein Widerrufsrecht vor, etwa wenn der Bürge eine Privatperson ist und der Vertrag im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurde. Eine ordentliche Kündigung ist in der Regel nicht möglich, da die Bürgschaft zur Sicherung einer konkreten Verbindlichkeit abgeschlossen wird. Lediglich auf Abruf- und Höchstbetragsbürgschaften kann sich der Mitbürge nach Ablauf einer angemessenen Zeit berufen (§ 775 BGB). Bei Beendigung der Hauptschuld – etwa durch Begleichung der gesicherten Forderung, Erlass oder Anfechtung – endet auch die Mitbürgschaft automatisch.

Wann kann der Mitbürge Einreden gegen den Gläubiger geltend machen?

Der Mitbürge kann gegenüber dem Gläubiger sämtliche Einreden und Einwendungen geltend machen, die auch dem Hauptschuldner zustehen (§ 768 BGB). Dazu zählen beispielsweise die Einrede der Verjährung, die Aufrechnung, die Einrede des nicht erfüllten Vertrags oder auch Rücktrittsrechte, die sich aus dem Hauptschuldverhältnis ergeben. Außerdem kann der Mitbürge die sogenannte Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) geltend machen, wenn diese nicht durch Vertrag ausgeschlossen wurde. Das bedeutet, der Gläubiger muss zunächst versuchen, seine Forderung beim Hauptschuldner durchzusetzen, bevor er sich an den Mitbürgen wenden darf. Die Einrede der Vorausklage entfällt jedoch bei selbstschuldnerischer Bürgschaft, die heute häufig vereinbart wird. Auch kann der Mitbürge gegen seine Inanspruchnahme geltend machen, dass der Gläubiger bei mehreren Bürgen zunächst einen anderen in Anspruch nehmen muss, wenn das vertraglich vereinbart wurde.

Welche Auswirkungen hat eine Mitbürgschaft auf die Bonität des Mitbürgen?

Aus rechtlicher Sicht führt die Übernahme einer Mitbürgschaft dazu, dass der Mitbürge eine vollwertige Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger eingeht, die bei Eintritt des Sicherungsfalles zur vollständigen Inanspruchnahme bis zur Höhe der gesicherten Schuld führen kann. Bereits das Zustandekommen der Mitbürgschaft kann negativ auf die Bonitätsbewertung (zum Beispiel durch Kreditinstitute oder Auskunfteien wie die SCHUFA) wirken. Rechtlich gesehen gilt insbesondere, dass der Mitbürge auf Anfrage gegenüber Gläubigern oder Kreditgebern die Mitbürgschaft offenlegen muss, etwa bei Anträgen auf weitere Darlehen. Da eine potentielle Haftung im Raum steht und der Mitbürge de jure für alle Verpflichtungen des Hauptschuldners haftet, muss dies bei der Berechnung der Kreditfähigkeit (Bonität) berücksichtigt werden, unabhängig davon, ob eine tatsächliche Inanspruchnahme bereits erfolgt ist oder nicht.

Welche Pflichten treffen den Gläubiger gegenüber dem Mitbürgen?

Der Gläubiger ist gegenüber dem Mitbürgen verpflichtet, ihn ordnungsgemäß über die wesentlichen Umstände, welche die Mitbürgschaft betreffen, zu informieren. Zwar sieht das Gesetz keine allgemeine Aufklärungspflicht vor, aber insbesondere über den Bestand der Hauptschuld oder über Änderungen, die für die Haftung des Mitbürgen relevant sind (etwa eine Stundung, wesentliche Vertragsänderungen oder ein Forderungsübergang), ist der Mitbürge zu informieren, wenn sich daraus ein erhöhtes Risiko oder eine Veränderung seiner Haftung ergeben könnte. Kommt der Gläubiger dieser Informationspflicht nicht nach, kann dies im Einzelfall zu Schadensersatzansprüchen des Mitbürgen führen. Zudem hat der Gläubiger die Pflicht zur Herausgabe von Unterlagen und Abrechnungen, die die Bürgschaft betreffen, damit der Mitbürge seine Rechte sachgemäß wahrnehmen kann.

Welche rechtlichen Folgen hat die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners für die Mitbürgschaft?

Wird über das Vermögen des Hauptschuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, bleibt die Verpflichtung des Mitbürgen grundsätzlich bestehen (§ 774 Abs. 2 BGB). Der Gläubiger kann frei wählen, ob er seine Forderung im Insolvenzverfahren geltend macht oder den Mitbürgen unmittelbar in Anspruch nimmt. Leistet der Mitbürge, geht gemäß § 774 BGB die Forderung gegen den Hauptschuldner in Höhe der geleisteten Zahlung auf den Mitbürgen über (gesetzlicher Forderungsübergang oder Legalzession). Der Mitbürge kann diesen Anspruch dann im Insolvenzverfahren als Gläubiger zur Tabelle anmelden. Jedoch besteht für den Mitbürgen das Risiko, dass er auf seiner Leistung sitzen bleibt, falls die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen.

Besteht eine Möglichkeit, die Bürgschaft auf andere Personen zu übertragen?

Ein Übergang der Bürgschaftsverpflichtung des Mitbürgen auf eine andere Person ist rechtlich ausgeschlossen, da es sich um eine höchstpersönliche Verpflichtung handelt (§ 399 BGB). Eine Abtretung oder Übertragung der Bürgschaftsübernahme ist daher nicht möglich. Um eine andere Person als Mitbürgen zu bestellen, wäre es nötig, die bestehende Bürgschaft zu beenden (etwa durch rechtsverbindliche Entlassung seitens des Gläubigers) und einen neuen Bürgschaftsvertrag mit dem neuen Mitbürgen abzuschließen. Lediglich ein übertragener, vom Mitbürgen bereits geleisteter Rückgriffanspruch gegen den Hauptschuldner ist nach allgemeinem Schuldrecht abtretbar.