Legal Lexikon

Mischehe


Begriffserklärung und Allgemeines zur Mischehe

Der Begriff Mischehe bezeichnet in rechtlicher Hinsicht eine Eheschließung zwischen Personen unterschiedlicher sozialer, kultureller, religiöser oder nationaler Zugehörigkeit. Historisch und gegenwärtig sind mit dem Begriff insbesondere Ehen gemeint, bei denen die Ehegatten unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, Nationalitäten oder Ethnien angehören. In verschiedenen Rechtsordnungen können darunter auch Ehen zwischen Menschen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder unterschiedlicher ethnischer Herkunft gefasst werden.

Der Begriff hat im deutschen Sprachraum und im internationalen Recht verschiedene Bedeutungen und Implikationen, die sich immer wieder an gesellschaftliche und rechtliche Entwicklungen angepasst haben. Aus rechtlicher Sicht steht im Zentrum der Betrachtung insbesondere die Fragestellung, wie das Eheschließungs-, Familien- und Staatsangehörigkeitsrecht mit Mischehen umgeht und diese regelt.


Rechtlicher Hintergrund in Deutschland

Eherecht und Religionszugehörigkeit

In Deutschland ist die Eheschließung unabhängig von der Religionszugehörigkeit möglich. Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1353 BGB) stellt klar, dass die Ehe nur zwischen zwei Personen unterschiedlicher oder gleicher Religionszugehörigkeit geschlossen werden kann. Das staatliche Eheschließungsverfahren durch das Standesamt ist grundsätzlich konfessionsneutral ausgestaltet.

Eheschließung von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften

Für Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften bestehen keine rechtlichen Einschränkungen hinsichtlich der Eheschließung vor dem Standesamt. Die kirchliche Trauung ist hingegen den jeweiligen internen Regelungen der Religionsgemeinschaften unterworfen. So kann im katholischen und orthodoxen Kirchenrecht die Zustimmung zu einer Mischehe in Form einer sog. Dispens erforderlich sein.

Staatsangehörigkeit und internationales Privatrecht

Mischehen zwischen Personen unterschiedlicher Nationalität unterliegen in Deutschland dem internationalen Privatrecht, insbesondere dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB).

Zuständigkeit und Anzuwendendes Recht

Maßgeblich für die Eheschließung ist § 13 EGBGB, der bestimmt, welches nationale Recht für die Voraussetzungen der Eheschließung anwendbar ist. Demnach richtet sich die Eheschließungsvoraussetzung grundsätzlich nach dem Recht des jeweiligen Heimatstaates jedes Verlobten. Deutsches Recht erlaubt die Ehe mit Ausländern, sofern beide Partner die rechtlichen Voraussetzungen nach ihren Herkunftsländern erfüllen.

Anerkennung und Rechtsfolgen

Eine im Ausland geschlossene Mischehe wird grundsätzlich nach § 11 PStG (Personenstandsgesetz) anerkannt, sofern die Eheschließung nach dem ausländischen Ortsrecht erfolgt ist und keine schwerwiegenden Verstöße gegen den deutschen ordre public (öffentliche Ordnung) vorliegen.


Spezielle Rechtsfragen bei Mischehen

Namensführung

Die Wahl des Familiennamens in einer Mischehe richtet sich nach dem zum Zeitpunkt der Eheschließung geltenden Recht und dem anwendbaren Namensrecht der Beteiligten. Nach deutschem Recht sind verschiedene Optionen der Namensführung (§ 1355 BGB) möglich. Für Mischehen kann sich jedoch aufgrund unterschiedlicher nationaler Namensrechte eine Wahlmöglichkeit ergeben, nach welchem Recht der Ehename geführt werden soll.

Unterhalt und eheliches Güterrecht

Das eheliche Güterrecht regelt, wie das Vermögen der Ehepartner während der Ehe und im Falle der Scheidung behandelt wird. In Mischehen kann mietunter Umständen eine Rechtswahl getroffen werden, nach welchem nationalen Recht das Güterrecht ausgestaltet werden soll (Art. 15 EGBGB, europäische Güterrechtsverordnung).

Kindschaftsrechtliche Fragen

Auch im Kindesrecht können in Mischehen rechtliche Besonderheiten auftreten, beispielsweise hinsichtlich der Namensgebung des Kindes, des Sorgerechts oder der Staatsangehörigkeit. Das Kindeswohl steht im Zentrum aller Entscheidungen. Art. 18 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sieht für das Sorgerecht bei Mischehen Regelungen für das anwendbare Recht vor.


Staatsangehörigkeitsrecht bei Mischehen

Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit

Das deutsche Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) hat mehrere Bestimmungen, die bei der Geburt eines Kindes aus einer Mischehe zu beachten sind. Wenn ein Kind durch Abstammung sowohl eine deutsche als auch eine ausländische Staatsangehörigkeit erwirbt, ist Mehrstaatigkeit unter den Voraussetzungen des § 4 StAG möglich.

Einbürgerung und Aufenthalt

Ehegatten ausländischer Nationalität können unter erleichterten Bedingungen eingebürgert werden, sofern sie mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet sind (§ 9 StAG). Darüber hinaus haben ausländische Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltsrecht nach dem Aufenthaltsgesetz (insbesondere § 28 AufenthG – Familiennachzug).


Aufhebung und Scheidung von Mischehen

Zuständigkeit der Gerichte

Für Scheidungen in Mischehen ist das internationale Familienrecht maßgebend. Art. 3 Rom-III-Verordnung gibt die Anknüpfung für das anzuwendende Recht vor. In Deutschland entscheidet regelmäßig das Familiengericht am Wohnort eines Ehegatten im Rahmen der internationalen Zuständigkeit (§§ 98 ff. FamFG).

Anwendbares Scheidungsrecht

Ehegatten können unter bestimmten Voraussetzungen selbst bestimmen, nach welchem Recht die Ehescheidung erfolgen soll. Fehlt eine solche Wahl, kommt dasjenige Recht zur Anwendung, das die engsten Verbindungen zur Ehe aufweist.


Historische und gesellschaftliche Einordnung

Historische Entwicklung

Mischehen waren in der Vergangenheit vielfach gesellschaftlichen und rechtlichen Restriktionen unterworfen. So waren beispielsweise in der NS-Zeit Ehen zwischen Juden und sogenannten „Ariern“ nach den Nürnberger Gesetzen verboten. In der Nachkriegszeit wurden diese diskriminierenden Regelungen aufgehoben und in der weiteren Entwicklung das Prinzip der Gleichstellung im deutschen Familienrecht konsequent verwirklicht.

Gesellschaftsrechtliche Aspekte

Mischehen sind ein wichtiger Aspekt der gesellschaftlichen Pluralität und Diversität. Rechtlich steht heute die Gleichbehandlung aller Eheschließungen unabhängig von Religion, Herkunft oder Staatsangehörigkeit im Vordergrund.


Zusammenfassung und Ausblick

Der Begriff Mischehe umfasst zahlreiche rechtliche Fragestellungen, die sich aus der Verschiedenheit der Herkunft, Religion oder Staatsangehörigkeit der Ehegatten ergeben. Das deutsche Recht ist darauf ausgelegt, diesen Konstellationen mit umfassenden Regelungen im Ehe-, Familien- und Staatsangehörigkeitsrecht zu begegnen. Trotz zunehmender Internationalisierung und gesellschaftlicher Vielfalt bleibt die klare Kenntnis der jeweiligen rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen bedeutsam, um sowohl Rechte als auch Pflichten von Ehegatten in Mischehen eindeutig zu bestimmen und zu schützen.

Häufig gestellte Fragen

Wie wirkt sich eine Mischehe auf den Familiennamen der Ehepartner aus?

Bei einer Mischehe, also einer Ehe zwischen Partnern verschiedener Staatsangehörigkeit, stellt sich oft die Frage nach der Führung des Familiennamens. Nach deutschem Recht, insbesondere gemäß Art. 10 und 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB), kann grundsätzlich das Recht jedes Ehegatten in Bezug auf Namensführung gewählt werden. Dabei ist es den Ehepartnern möglich, entweder den gemeinsamen Familiennamen eines Landes zu bestimmen oder, sofern dies das jeweilige Heimatrecht zulässt, weiterhin unterschiedliche Namen zu führen. Es besteht die Möglichkeit, bereits bei der Eheschließung oder später durch Erklärung gegenüber dem Standesamt die Namensführung festzulegen. Besondere Beachtung finden hier auch die kollisionsrechtlichen Vorschriften, welche zur Vermeidung von Staatenlosigkeit in Bezug auf den Namen beitragen sollen. Auch nationale Registerpflichten müssen, abhängig vom jeweiligen Herkunftsstaat, individuell geprüft werden.

Welche Auswirkungen hat eine Mischehe auf das Ehegüterrecht?

Das Ehegüterrecht in einer Mischehe richtet sich nach den kollisionsrechtlichen Vorschriften. Nach Art. 15 EGBGB ist das auf das eheliche Güterrecht anwendbare Recht grundsätzlich dasjenige des Staates, dem beide Ehegatten bei der Eheschließung angehören. Haben die Ehepartner unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, gilt das Recht des Staates, mit dem beide am engsten verbunden sind, meist der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt. Wählen können die Ehepartner aber auch das Recht eines ihrer Herkunftsstaaten. Diese Rechtswahl bedarf nach deutschem Recht der notariellen Beurkundung. Die Regelung ist äußerst wichtig, da die Ehegütersysteme international stark voneinander abweichen können (z. B. Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht oder Gütertrennung nach anglo-amerikanischem Recht), was Auswirkungen auf Vermögensteilung, Haftung und Erbfolge haben kann.

Welche nationalen Bestimmungen gelten für die Eheschließung bei Mischehen?

Die Eheschließung in einer Mischehe unterliegt den jeweils nationalen materiellen und formalen Voraussetzungen. Nach deutschem Recht wird geprüft, ob beide Ehepartner die Eheschließungsvoraussetzungen (z. B. Mindestalter, Geschäftsfähigkeit, keine bestehende Ehe etc.) erfüllen, wobei sich diese Prüfung nach dem Heimatrecht des jeweiligen Partners richtet (Art. 13 EGBGB). Zusätzlich sind formale Anforderungen gemäß deutschem Standesamtsrecht einzuhalten, wie Beibringen bestimmter Urkunden (u.a. Ledigkeitsbescheinigungen, Geburtsurkunden). Nicht selten sind darüber hinaus internationale Urkunden (z. B. Ehefähigkeitszeugnis) und teilweise auch Apostillen oder Legalisationen zur Echtheitsbestätigung ausländischer Dokumente erforderlich.

Welche Auswirkungen hat eine Mischehe auf das Aufenthaltsrecht der Ehepartner?

Eine Mischehe kann erhebliche Auswirkungen auf das Aufenthaltsrecht haben, insbesondere wenn einer der Ehepartner nicht aus einem EU-/EWR-Staat stammt. Das deutsche Aufenthaltsgesetz sieht vor, dass der ausländische Ehegatte eines deutschen Staatsangehörigen in der Regel einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (Familiennachzug) erhält. Hierbei muss die Ehe wirksam geschlossen, tatsächlich gelebt und in Deutschland anerkannt werden. In bestimmten Fällen müssen Sprachkenntnisse nachgewiesen sowie ausreichendes Einkommen und Krankenversicherungsschutz vorhanden sein. Besondere Regelungen gelten für Drittstaatsangehörige, bei denen ggf. zusätzliche behördliche Prüfungen durchgeführt werden (z. B. auf Scheinehe).

Wie werden Kinder aus einer Mischehe rechtlich behandelt?

Bei Kindern aus Mischehen stellt sich sowohl die Frage der Staatsangehörigkeit als auch diejenige der elterlichen Sorge und des Unterhaltsrechts. Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit ist in Deutschland das Abstammungsprinzip maßgeblich (§ 4 Staatsangehörigkeitsgesetz), d. h. das Kind erhält die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil deutsch ist; oft bestehen daneben weitere Staatsangehörigkeiten. Das Sorge- und Umgangsrecht bestimmt sich nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen bzw. bilateralen Abkommen und kann, je nach Wohnsitzland, unterschiedlich geregelt sein. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche, bei denen das anwendbare Recht nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes (Art. 3 Haager Protokoll) bestimmt wird.

Welche Besonderheiten sind bei der Scheidung einer Mischehe zu beachten?

Für die Scheidung einer Mischehe gelten wiederum die Vorschriften des internationalen Privatrechts. Nach der Europäischen Eheverordnung (Brüssel IIa-VO bzw. künftig Brüssel IIb-VO) wird das zuständige Gericht nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Ehepartner bestimmt; das anwendbare Scheidungsrecht kann, je nach Wahl der Ehepartner oder Verknüpfung zum jeweiligen Staat, variieren. Deutsche Gerichte wenden in erster Linie das deutsche Scheidungsrecht an, sofern die Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, anderenfalls kann das Recht eines anderen Staates maßgeblich sein. Auch hinsichtlich Unterhalt, Vermögensaufteilung und Sorgerecht können Unterschiede bestehen, die im Vorfeld einer Trennung zwingend geprüft werden sollten.

Welche erbrechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus einer Mischehe?

Das Erbrecht in Mischehen richtet sich nach dem Wohnsitzstaat und – bei besonderer Rechtswahl – nach dem Staatsangehörigkeitsrecht eines Ehepartners gemäß der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Die Ehegatten können zu Lebzeiten eine Rechtswahl bezüglich des anwendbaren Erbrechts treffen. Fehlt diese Rechtswahl, gilt das Recht des Staates, in dem der Verstorbene zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hieraus ergeben sich wichtige Unterschiede hinsichtlich Pflichtteilsberechtigung, Erbquoten und Nachlassabwicklung, weshalb in internationalen Familien besonderer rechtlicher Klärungsbedarf besteht. Internationale Testamente und Nachlassregelungen sollten unter Einbeziehung des jeweiligen nationalen Rechts erstellt werden.