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Minderjährige Kinder


Begriff und rechtliche Einordnung von Minderjährigen Kindern

Minderjährige Kinder sind nach deutschem Recht Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie stehen während ihrer Minderjährigkeit unter besonderem gesetzlichen Schutz und unterliegen verschiedenen Regelungen und Einschränkungen hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten. Die Begriffsbestimmung sowie die relevanten rechtlichen Aspekte umfassen zivilrechtliche, strafrechtliche, öffentlich-rechtliche und familienrechtliche Regelungen.


Zivilrechtliche Regelungen für minderjährige Kinder

Geschäftsfähigkeit

Minderjährige Kinder sind grundsätzlich nicht voll geschäftsfähig. Es wird zwischen verschiedenen Stufen unterschieden:

  • Geschäftsunfähigkeit (§ 104 BGB): Kinder, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind geschäftsunfähig. Von ihnen vorgenommene Rechtsgeschäfte sind nichtig.
  • Beschränkte Geschäftsfähigkeit (§§ 106 ff. BGB): Minderjährige zwischen sieben und siebzehn Jahren sind beschränkt geschäftsfähig. Sie können Rechtsgeschäfte nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter wirksam vornehmen, es sei denn, es handelt sich um einen rechtlichen Vorteil oder um Mittel, die ihnen zur freien Verfügung überlassen wurden (Taschengeldparagraph, § 110 BGB).
  • Volle Geschäftsfähigkeit: Ab Vollendung des 18. Lebensjahres sind Kinder volljährig und damit geschäftsfähig.

Willenserklärungen und Verträge

Willenserklärungen von minderjährigen Kindern sind grundsätzlich schwebend unwirksam, solange sie nicht von den gesetzlichen Vertretern genehmigt wurden. Besondere gesetzliche Schutzvorschriften verhindern, dass Minderjährige benachteiligt werden oder unüberlegte Geschäfte eingehen.

Deliktsfähigkeit

Auch die Haftung für eigenes Verhalten ist nach Altersstufen gestaffelt:

  • Kinder unter sieben Jahren (§ 828 BGB): Grundsätzlich deliktsunfähig, d.h. sie haften für einen Schaden nicht selbst.
  • Kinder zwischen sieben und 18 Jahren: Eingeschränkt deliktsfähig, abhängig davon, ob die Person die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht besitzt.

Familienrechtliche Aspekte

Elterliche Sorge

Minderjährige Kinder stehen im Regelfall unter elterlicher Sorge (§ 1626 BGB). Diese umfasst die Personen- und Vermögenssorge. Die Eltern oder ein Elternteil vertreten das minderjährige Kind grundsätzlich in allen rechtlichen Angelegenheiten. Die elterliche Sorge besteht im Interesse des Kindes. In bestimmten Fällen wird die elterliche Sorge vom Familiengericht entzogen oder auf das Jugendamt oder einen Vormund übertragen.

Aufenthaltsbestimmungsrecht

Das Recht zu bestimmen, wo das minderjährige Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist ein Teil der elterlichen Sorge. Streitigkeiten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht werden durch das Familiengericht entschieden.

Umgangsrecht

Minderjährigen Kindern steht ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen zu (§ 1684 BGB). Ebenso besteht ein Recht auf Umgang mit weiteren Bezugspersonen, sofern dies dem Wohl des Kindes dient.

Kindesunterhalt

Eltern sind für den Unterhalt ihrer minderjährigen Kinder verantwortlich (§ 1601 BGB). Der Unterhaltsanspruch umfasst die Gewährung von Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Ausbildung und Taschengeld. Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und wird häufig anhand der Düsseldorfer Tabelle bestimmt.


Öffentlich-rechtliche Regelungen

Schulpflicht

Minderjährige Kinder unterliegen der Schulpflicht, die je nach Bundesland unterschiedlich geregelt ist. Die allgemeine Schulpflicht beginnt in der Regel mit Vollendung des sechsten Lebensjahres und endet meist mit Vollendung des 18. Lebensjahres oder dem Abschluss einer bestimmten Schulform.

Sozialrecht

Minderjährige Kinder haben im Rahmen der Sozialgesetzgebung zahlreiche Ansprüche, insbesondere:

  • Kindergeld (§ 62 ff. EStG): Anspruch auf Kindergeld bis zur Volljährigkeit, ggf. länger bei in Ausbildung befindlichen Kindern.
  • Leistungen nach dem SGB II und SGB XII: Minderjährige Kinder in Bedarfsgemeinschaften erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Jugendhilfe

Im SGB VIII ist die Jugendhilfe einschließlich Leistungen wie Erziehungshilfe, Hilfen zur Erziehung und Aufenthaltsbestimmungsrecht geregelt. Minderjährige Kinder haben Anspruch auf Angebote und Schutzleistungen der Kinder- und Jugendhilfe.


Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Strafmündigkeit

Nach deutschem Strafrecht sind Kinder unter 14 Jahren nicht strafmündig (§ 19 StGB). Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren unterliegen dem Jugendstrafrecht (§ 1 JGG), das erzieherisch ausgerichtet ist. Das Ziel liegt im Schutz und in der Erziehung, nicht in der Bestrafung.


Schutz und Fürsorgemaßnahmen

Kindeswohlgefährdung

Bei Gefährdung des Kindeswohls sind verschiedene Behörden und Gerichte berechtigt, Schutzmaßnahmen anzuordnen, um minderjährige Kinder vor Gewalt, Vernachlässigung oder Missbrauch zu schützen (§§ 1666, 1666a BGB).

Vertretung vor Gericht

Minderjährige Kinder werden bei gerichtlichen Verfahren in der Regel durch ihre gesetzlichen Vertreter repräsentiert. In familienrechtlichen Verfahren kann ihnen ein Verfahrensbeistand zur Seite gestellt werden, um die Interessen des Kindes zu wahren.


Minderjährige Kinder im internationalen Kontext

Auch im internationalen Recht, etwa in der UN-Kinderrechtskonvention, ist Minderjährigkeit eines Kindes als besondere Schutzposition anerkannt. Staaten verpflichten sich, die Rechte und das Wohl minderjähriger Kinder besonders zu achten und zu fördern.


Zusammenfassung

Minderjährige Kinder sind nach deutschem Recht Personen unter 18 Jahren, die eines besonderen Schutzes und der Vertretung durch Erwachsene, in der Regel die Eltern, bedürfen. Die gesetzlichen Regelungen betreffen zahlreiche Lebensbereiche, darunter Geschäftsfähigkeit, Haftung für eigene Handlungen, elterliche Sorge, Unterhaltsansprüche, Teilnahme am Bildungssystem, Anspruch auf Sozialleistungen sowie Schutz bei Gefährdung. Ziel dieser umfassenden Regelungen ist der bestmögliche Schutz und die Förderung minderjähriger Kinder während ihrer Entwicklung bis zur Volljährigkeit.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist sorgeberechtigt für minderjährige Kinder und wie ist die elterliche Sorge geregelt?

Die elterliche Sorge für minderjährige Kinder wird grundsätzlich den Eltern gemeinsam übertragen, sofern sie verheiratet sind oder das Sorgerecht gemeinsam beantragt haben (§§ 1626 ff. BGB). Sie umfasst sowohl die Personen- als auch die Vermögenssorge. Sind die Eltern nicht verheiratet, steht der Mutter zunächst allein die elterliche Sorge zu, es sei denn, es wird eine Sorgeerklärung abgegeben oder ein Familiengericht entscheidet auf gemeinsamen Antrag der Eltern. Die elterliche Sorge beinhaltet das Recht und die Pflicht, für das Kind zu sorgen, seine Erziehung, Betreuung und Vermögensverwaltung zu übernehmen sowie bei grundlegenden Angelegenheiten (etwa Schulwahl, medizinische Eingriffe) gemeinsam zu entscheiden. Kommt es zu Streitigkeiten oder Gefährdungen des Kindeswohls, kann das Familiengericht bestimmte Rechte entziehen oder beschränken („Teilentzug“ oder vollständiger Entzug). Zudem können nach Scheidung der Eltern Regelungen getroffen werden, wer mit dem Kind zusammenlebt und wie das Umgangsrecht ausgestaltet ist. Bei besonderen Situationen, wie Adoption oder Tod eines Elternteils, greifen spezielle Regelungen zur Sorgerechtsübertragung.

Wann und in welchem Umfang sind minderjährige Kinder geschäftsfähig?

Minderjährige Kinder sind gemäß §§ 104 ff. BGB grundsätzlich geschäftsunfähig, wenn sie das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. In diesem Fall sind von ihnen abgegebene Willenserklärungen grundsätzlich nichtig. Ab dem vollendeten siebten Lebensjahr bis zur Volljährigkeit sind Kinder beschränkt geschäftsfähig. Sie können grundsätzlich nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (meist der Eltern) Rechtsgeschäfte vornehmen. Ausnahmen existieren beispielsweise beim sogenannten Taschengeldparagraphen (§ 110 BGB): Geschäfte, die ausschließlich mit Mitteln bewirkt werden, die ihnen zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen wurden, sind auch ohne Zustimmung wirksam. Bei Verträgen mit längeren Verpflichtungen (z.B. Handyverträge) ist eine elterliche Zustimmung zwingend erforderlich, andernfalls sind diese schwebend unwirksam. Auch für Arbeitsverhältnisse oder Mitgliedschaften in Vereinen gelten altersabhängige und schutzorientierte Sonderregelungen.

Welche Rechte haben minderjährige Kinder im Rahmen des Umgangsrechts?

Das Umgangsrecht (§ 1684 BGB) sichert sowohl dem minderjährigen Kind als auch den Eltern das Recht auf gegenseitigen Kontakt und Umgang. Dieses Recht besteht unabhängig vom Sorgerecht und kann auch auf Großeltern, Geschwister oder andere nahe Bezugspersonen ausgedehnt werden (§ 1685 BGB), sofern dies dem Kindeswohl dient. Das Umgangsrecht wird als elementares Recht des Kindes betrachtet, um dessen Entwicklung zu fördern und emotionale Bindungen aufrechtzuerhalten. Das Familiengericht kann bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern zum Umgangsrecht eine verbindliche Regelung treffen. Im Falle von Kindeswohlgefährdung kann das Gericht den Umgang einschränken oder ganz ausschließen (§ 1684 Abs. 4 BGB). Das Kind selbst hat ab einem gewissen Alter (in der Regel ab 14 Jahren) ein Mitspracherecht und kann seinen Willen äußern oder ablehnen, sofern dies mit seinem Wohl vereinbar ist.

Inwieweit sind minderjährige Kinder deliktsfähig und für Schäden haftbar?

Nach § 828 BGB sind Kinder unter sieben Jahren im Grundsatz deliktsunfähig, d.h. sie haften nicht für durch sie verursachte Schäden. Im Straßenverkehr besteht eine Haftungsfreigrenze für Kinder bis 10 Jahre (bei Schadensfällen im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen), es sei denn, der Schaden wurde vorsätzlich verursacht. Kinder zwischen sieben und 18 Jahren sind bedingt deliktsfähig – sie haften für verursachte Schäden nur dann, wenn sie zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit fähig sind. Die individuelle Einsichtsfähigkeit und das Verständnis für das Unrecht des Handelns werden im Streitfall von Gerichten geprüft. Für Schäden, die durch fehlende Aufsichtspflichten entstehen, können jedoch die Eltern oder andere Aufsichtspflichtige haften (§ 832 BGB).

Welche Regelungen gelten für den Aufenthalt und Wohnsitz minderjähriger Kinder?

Der gewöhnliche Aufenthalt und der Wohnsitz minderjähriger Kinder richten sich grundsätzlich nach denen ihrer Sorgeberechtigten. Die Eltern entscheiden gemeinsam über den gewöhnlichen Aufenthaltsort (§ 1631 BGB), solange das Sorgerecht gemeinschaftlich ausgeübt wird. Im Falle einer Trennung regelt das Familiengericht auf Antrag etwaige Streitigkeiten zum Aufenthalt des Kindes. Ein eigenständiger Wohnsitz eines Kindes ist nur mit Zustimmung der Sorgeberechtigten möglich (§ 11 BGB). Besondere Schutzmechanismen bestehen im Kontext von Verbringungen ins Ausland: Ohne Zustimmung beider Sorgeberechtigter ist dies regelmäßig nicht erlaubt, andernfalls kann eine Kindesentziehung im Sinne von § 235 StGB vorliegen.

Wann und wie werden minderjährige Kinder verfahrensrechtlich beteiligt?

Minderjährige Kinder werden in familiengerichtlichen Verfahren, die sie persönlich betreffen, regelmäßig beteiligt (§ 159 FamFG). Sie erhalten insbesondere in Kindschaftssachen (wie Umgang, Sorge, Aufenthalt) die Möglichkeit, angehört zu werden. Ab dem 14. Lebensjahr haben Kinder grundsätzlich ein eigenes Antragsrecht und können eigenständig verfahrensrechtlich agieren. In sensiblen Fällen oder wenn das Kindeswohl besonders betroffen ist, wird ihnen ein Verfahrensbeistand (sog. Anwalt des Kindes) bestellt, der ihre Interessen im Gerichtsverfahren wahrnimmt und vertritt. Das Gericht hat die Pflicht, die Äußerungen und Wünsche des Kindes angemessen zu berücksichtigen und in seine Entscheidung einfließen zu lassen, sofern diese mit dem Kindeswohl vereinbar sind.

Was ist bei der medizinischen Behandlung von minderjährigen Kindern zu beachten?

Für medizinische Behandlungen minderjähriger Kinder ist die Einwilligung der Sorgeberechtigten erforderlich. Ausgenommen sind Notfallsituationen, in denen Lebensgefahr besteht und eine Einwilligung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann. Mit zunehmendem Alter und Reifegrad des Kindes muss der Arzt die Einwilligungsfähigkeit individuell prüfen. Ab etwa 14 Jahren wird dem Kind bei ausreichender Einsichtsfähigkeit zugestanden, selbst über Behandlungen zu entscheiden, insbesondere bei Eingriffen mit erheblichen Folgen (etwa Operationen oder sensiblen Entscheidungen, wie eine Impfung). Fehlt die Einwilligungsfähigkeit, ist die Entscheidung der Eltern maßgeblich; Eltern dürfen medizinische Behandlungen jedoch nicht aus rein ideologischen Gründen verweigern, wenn das Kindeswohl gefährdet wird. Im Konfliktfall kann das Familiengericht eine Entscheidung herbeiführen, um das Kindeswohl zu gewährleisten.