Legal Lexikon

Milch


Rechtliche Definition und Bedeutung von Milch

Milch ist ein zentraler Begriff im deutschen und europäischen Lebensmittelrecht mit klar definierten rechtlichen Rahmenbedingungen. Die rechtliche Einordnung von „Milch“ spielt insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzes, des Handels und der Lebensmittelkennzeichnung eine entscheidende Rolle. Die Abgrenzung von Milch tierischen Ursprungs zu pflanzlichen Alternativen ist von besonderer Relevanz für Hersteller, Importeure, Händler und Verbraucher.

Begriffliche Legaldefinition

Milch im Sinne des Lebensmittelrechts

Laut Anhang I der EU-Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 wird „Milch“ als das „durch einmaliges oder mehrmaliges Melken aus dem Euter von Nutztieren gewonnene Erzeugnis“ definiert. Gemäß dieser Legaldefinition darf ausschließlich das Produkt, das von Tieren stammt – vornehmlich Rinder, aber auch Schafe, Ziegen oder Büffel – als „Milch“ in Verkehr gebracht und bezeichnet werden.

Nationale Regelungen in Deutschland

Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sowie die Milchverordnung (MilchErzV) regeln nationale Aspekte ergänzend zu den unionsrechtlichen Vorschriften. Die Milchverordnung konkretisiert unter anderem Anforderungen an Zusammensetzung, Beschaffenheit und Handelsklassen von Milch und Milcherzeugnissen.

Kennzeichnung und Bezeichnungspflichten

Milch und Milchprodukte

Nach Artikel 78 und 80 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, der sogenannten „Gemeinsamen Marktorganisation“ (GMO), dürfen die Bezeichnungen „Milch“ und „Milcherzeugnisse“ ausschließlich für Produkte verwendet werden, die aus Milch stammen. Dies wird durch die Delegierte Verordnung (EU) 2019/787 sowie die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1604 präzisiert.

Pflanzliche Alternativen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 14. Juni 2017 (C-422/16) entschieden, dass ausschließlich Produkte tierischen Ursprungs als „Milch“ bezeichnet werden dürfen. Bezeichnungen wie „Sojamilch“, „Hafermilch“ oder „Mandelmilch“ sind folglich rechtlich unzulässig und dürfen nicht als verkehrsfähige Bezeichnung für pflanzliche Produkte verwendet werden. Ausnahmen sind lediglich für Produkte mit traditioneller Bezeichnung möglich, etwa „Kokosmilch“, sofern dies keine Verbraucherirreführung begründet.

Schutz vor Irreführung

Verbraucherschutzaspekte

Zentrales Ziel der gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf die Bezeichnung von Milch ist der Schutz vor Irreführung (§ 11 LFGB). Verbraucher sollen klar zwischen Milch tierischen Ursprungs und pflanzlichen Alternativen unterscheiden können. Die korrekte Kennzeichnung ist auch für Allergiker und Menschen mit Unverträglichkeiten von hoher Bedeutung.

Anforderungen an die Etikettierung

Für die Vermarktung von Milch bestehen umfassende Vorgaben an die Etikettierung und Bewerbung. Die Verpackung muss unter anderem die vorgeschriebene Verkehrsbezeichnung, die Angabe des Tierursprungs (z. B. „Kuhmilch“, „Ziegenmilch“), Mindesthaltbarkeitsdatum, Fettgehalt und gegebenenfalls Hinweise auf Verarbeitungsschritte (wie pasteurisiert oder ultrahocherhitzt) enthalten.

Milch im Wettbewerbsrecht

Marktüberwachung und Sanktionen

Die Einhaltung der Produktbezeichnung „Milch“ unterliegt einer strengen Marktüberwachung durch die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden. Zuwiderhandlungen, etwa durch irreführende Bezeichnungen oder unzulässige Werbung, können gemäß LFGB und Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) mit Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Wettbewerber oder Verbraucherverbände können darüber hinaus Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend machen.

Wettbewerbswidrige Nutzung des Begriffs „Milch“

Wer den Begriff „Milch“ für pflanzliche Produkte verwendet, handelt wettbewerbswidrig. Dies betrifft insbesondere vegane oder vegetarische Alternativprodukte, die nicht der Milchdefinition gemäß EU-Recht entsprechen. Neben Abmahnungen drohen Herstellern und Händlern weitere Sanktionen wie Rückrufaktionen oder Schadensersatzforderungen.

Besonderheiten im internationalen Handel

Import- und Exportregelungen

Milchprodukte unterliegen bei Import und Export spezifischen veterinär- und lebensmittelrechtlichen Auflagen. Dies betrifft unter anderem die Einfuhr aus Drittländern, für die die EU Richtlinien zu Qualität, Rückverfolgbarkeit und Zertifizierung vorschreibt. Die Einhaltung der europäischen Milchdefinition ist hierbei ebenfalls Voraussetzung.

Harmonisierung und Abweichungen im internationalen Recht

Während innerhalb der Europäischen Union eine weitgehende Harmonisierung existiert, variieren die rechtlichen Bestimmungen zu Milchbezeichnungen und Inhaltsstoffen weltweit. Im internationalen Warenverkehr sind daher neben EU-Recht oftmals auch nationale Vorschriften des Einfuhrlands zu beachten.

Steuerliche und wirtschaftsrechtliche Aspekte

Milch unterliegt unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen

In Deutschland unterliegt Milch als Grundnahrungsmittel dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG), sofern sie nicht zu Getränken verarbeitet wird. Pflanzliche Alternativprodukte werden steuerlich unterschiedlich behandelt und unterliegen mitunter dem Regelsteuersatz.

Produktions- und Vermarktungsvorgaben

Milcherzeuger müssen spezifische Vorgaben bezüglich Hygiene, Qualitätssicherung und Produktionsdokumentation befolgen. Diese Anforderungen sind in der (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und anderen abgeleiteten Vorschriften geregelt.

Zusammenfassung

Der Begriff „Milch“ ist im deutschen und europäischen Lebensmittelrecht klar definiert und geschützt. Die Verwendung dieser Bezeichnung ist ausschließlich für Produkte tierischen Ursprungs zulässig, wobei aus Gründen des Verbraucherschutzes eine genaue Kennzeichnungspflicht sowie ein weitreichendes Irreführungsverbot gilt. Verstöße gegen diese Vorgaben können Sanktionen im Lebensmittel- und Wettbewerbsrecht nach sich ziehen. Im internationalen Handel sowie im Steuerrecht bestehen weitere maßgebliche Besonderheiten, die beachtet werden müssen.

Milch zählt somit zu den am umfangreichsten regulierten Lebensmitteln im europäischen Rechtsraum.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Anforderungen müssen bei der Kennzeichnung von Milch auf dem deutschen Markt beachtet werden?

Die Kennzeichnung von Milch in Deutschland unterliegt verschiedenen EU- und nationalen Rechtsvorschriften. Zentral ist die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV, VO (EU) Nr. 1169/2011), welche vorschreibt, dass auf der Verpackung von Milch zwingend Angaben wie die Verkehrsbezeichnung („Vollmilch“, „fettarme Milch“ etc.), das Mindesthaltbarkeitsdatum, die Nettofüllmenge, der Name und die Anschrift des Lebensmittelunternehmers sowie eine Loskennzeichnung angegeben sein müssen. Zusätzlich müssen Angaben zu möglichen Allergenen, bei Milch insbesondere das Allergen „Milch“ selbst, gemacht werden. Gemäß der deutschen Milcherzeugnisverordnung (MilchErzV) sind weitere Vorgaben zu beachten, etwa hinsichtlich des Fettgehalts oder der erlaubten Bezeichnungen. Für Rohmilch besteht eine gesonderte Kennzeichnungspflicht („Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen!“). Außerdem dürfen Hinweise wie „laktosefrei“ nur verwendet werden, wenn die rechtlich festgelegten Schwellenwerte eingehalten werden. Verstöße gegen diese Vorschriften werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können mit Bußgeldern oder Vertriebsverboten belegt werden.

Welche Zulassungsvorschriften gelten für Molkereien bei der Verarbeitung und dem Verkauf von Milch?

Molkereien, die Milch verarbeiten, benötigen eine Zulassung gemäß der EU-Verordnung (EG) Nr. 853/2004, die spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs enthält. Jede Molkerei muss bei der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde (in der Regel das Veterinäramt) einen Antrag auf Zulassung stellen und strenge bauliche, technische sowie personelle Mindestanforderungen erfüllen, wie z. B. getrennte Bereiche für Roh- und Endprodukt, geeignete Hygieneschleusen für das Personal, regelmäßige Schulungen und dokumentierte Eigenkontrollsysteme nach HACCP-Grundsätzen. Auch die lückenlose Rückverfolgbarkeit der Milch und die regelmäßige mikrobiologische Kontrolle der Endprodukte sind unerlässlich. Erst nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Erteilung einer EU-Identitätskennnummer, die auf allen Endverpackungen anzugeben ist. Ohne diese Zulassung ist der Vertrieb der Produkte nicht erlaubt.

Welche rechtlichen Bestimmungen regeln den Milchpreis und den Vertragsabschluss zwischen Milcherzeugern und Molkereien?

Die Preisbildung für Milch ist grundsätzlich dem freien Markt überlassen, unterliegt jedoch seit 2017 ergänzend den Vorgaben der sogenannten „Milchlieferverordnung“ sowie den Vorschriften der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) der EU (VO (EU) Nr. 1308/2013). Die Vertragsbeziehungen zwischen Erzeugern und Molkereien müssen schriftlich fixiert werden; insbesondere ist festzulegen, wie sich der Milchpreis zusammensetzt, welche Liefermengen erwartet werden und wie Qualitätsparameter vergütet werden. Preisanpassungen und Kündigungsfristen sind klar zu regeln; der Vertrag darf keine einseitigen Benachteiligungen einer Partei enthalten (Verbot der „unangemessenen Benachteiligung“ gemäß § 307 BGB). Mit der Umsetzung der UTP-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/633) gelten zudem seit 2021 spezielle Vorschriften für unlautere Handelspraktiken gegenüber Milchlieferanten.

Welche Vorschriften müssen bei der Bewerbung und Werbung für Milch beachtet werden?

Bei der Bewerbung und Werbung für Milch sind die Vorgaben des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB), der Health-Claims-Verordnung (VO (EG) Nr. 1924/2006) und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) relevant. Aussagen über die gesundheitlichen Wirkungen von Milch sind nur dann zulässig, wenn sie von der EU-Kommission genehmigt wurden (zugelassene Health-Claims). Begriffe wie „fettreduziert“ oder „laktosefrei“ dürfen nur unter Einhaltung der jeweils rechtlich definierten Werte verwendet werden. Irreführende Angaben (wie „besonders verträglich“, „antiallergisch“) sind verboten, sofern diese nicht wissenschaftlich belegt und zulässig sind. Unlauter ist außerdem jede Werbemaßnahme, die Milchprodukte als Allheilmittel oder zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten anpreist. Des Weiteren ist das Heilmittelwerbegesetz (HWG) zu beachten.

Welche Grenzwerte und Qualitätsanforderungen gelten für Milch laut Lebensmittelgesetzgebung?

Für Milch gibt es verbindliche Hygienestandards, Grenzwerte für Rückstände und Qualitätsparameter, die in verschiedenen Verordnungen geregelt sind. Die Milch muss mikrobiologisch einwandfrei sein, darf bestimmte Werte für Keimzahl (höchstens 100.000 KbE/ml bei Rohmilch), somatische Zellen (Höchstwert: 400.000/ml für Kuhmilch), Rückstände von Antibiotika oder Pflanzenschutzmitteln (jeweils nach Rückstandshöchstmengenverordnung, RHmV) sowie Schadstoffe (z. B. Aflatoxine, radioaktive Stoffe) nicht überschreiten. Die Einhaltung dieser Werte wird regelmäßig amtlich überwacht. Hinsichtlich des Fettgehalts müssen die Anforderungen der MilchErzV eingehalten werden: Vollmilch mindestens 3,5% Fett, fettarme Milch mindestens 1,5% und maximal 1,8% Fett, Magermilch höchstens 0,5% Fett. Für die Wärmebehandlung (z. B. pasteurisierte Milch, H-Milch) gelten ebenfalls gesetzlich definierte Mindestanforderungen.

Gibt es besondere rechtliche Vorschriften für den Verkauf von Rohmilch?

Der Verkauf von Rohmilch direkt ab Hof („Milch ab Hof“) ist in Deutschland rechtlich nur unter bestimmten Bedingungen zulässig. Rohmilch darf nicht im Lebensmitteleinzelhandel verkauft werden, sondern ausschließlich direkt an den Verbraucher („Abgabe ab Hof“). Die Abgabe ist nur bei Einhaltung spezifischer Hygienevorgaben aus der Tier-LMHV (Tierische Lebensmittelhygiene-Verordnung) gestattet. Es muss deutlich sichtbar der Hinweis angebracht werden: „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen!“ Zudem ist die tägliche Reinigung und Desinfektion der Abfüllanlagen sowie eine regelmäßige mikrobiologische Untersuchung Pflicht. Die zuständige Überwachungsbehörde kontrolliert die Einhaltung dieser Vorschriften und kann bei Verstößen ein Verkaufsverbot verhängen.

Welche Bedeutung hat das EU-Öko-Siegel für Milch und welche rechtlichen Anforderungen sind damit verbunden?

Das EU-Öko-Siegel dokumentiert, dass die Milch nach den Vorgaben der EU-Öko-Verordnung (VO (EU) Nr. 2018/848) produziert wurde. Insbesondere muss die Milch aus kontrolliert ökologischer Tierhaltung stammen, das heißt, dass die Fütterung weitgehend aus ökologischer Erzeugung erfolgen muss, der Einsatz von Antibiotika und anderen Arzneimitteln streng reglementiert ist und ein besonderer Tierschutzstandard einzuhalten ist. Der gesamte Produktionsprozess – von der Haltung, Fütterung bis zur Verarbeitung – unterliegt einer jährlichen Kontrolle durch zugelassene Öko-Kontrollstellen. Nur bei Erfüllung aller Kriterien darf das EU-Öko-Logo abgebildet werden; Verstöße führen zum Entzug des Siegels und ggf. zu Bußgeldern oder Schadenersatzansprüchen. Verbraucher können somit auf die Einhaltung verbindlicher Standards vertrauen.