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Mietpreisbremse


Begriff und Rechtsgrundlagen der Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse ist ein rechtliches Instrument im deutschen Mietrecht, das dazu dient, übermäßige Mietsteigerungen bei der Wiedervermietung von Wohnraum zu begrenzen. Sie wurde eingeführt, um den Anstieg von Mieten insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten zu dämpfen und so bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten zu sichern. Die gesetzlichen Regelungen zur Mietpreisbremse finden sich insbesondere in den §§ 556d bis 556g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Daneben existieren ergänzende landesrechtliche Vorschriften sowie Verordnungen der Bundesländer, die die genaue Anwendung regeln.


Zielsetzung und historische Entwicklung

Die Mietpreisbremse verfolgt den Zweck, einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Vermieter an marktgerechten Mieten und dem Schutz der Mieter vor überhöhten Mietforderungen sicherzustellen. Sie reagiert damit auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen, die in bestimmten Regionen zu einem erheblichen Anstieg der Wohnraummieten geführt haben.

Die Einführung erfolgte durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz 2015. Seitdem wurde die Regelung mehrfach geändert und konkretisiert, insbesondere durch das Mietrechtsanpassungsgesetz 2019 und weitere Anpassungen.


Anwendungsbereich der Mietpreisbremse

Sachlicher Anwendungsbereich

Die Mietpreisbremse gilt ausschließlich für Wohnraummietverhältnisse. Sie erfasst dabei hauptsächlich die Wiedervermietung von Bestandswohnungen. Nicht erfasst sind unter anderem:

  • Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurden (§ 556f Satz 1 BGB)
  • Erstvermietung nach umfassender Modernisierung (§ 556f Satz 2 BGB)
  • Staffelmietverträge und Indexmietverträge unter bestimmten Voraussetzungen

Räumlicher Anwendungsbereich

Die Mietpreisbremse gilt nur in Gebieten mit „angespannten Wohnungsmärkten“. Die jeweiligen Landesregierungen sind ermächtigt, durch Rechtsverordnung entsprechende Gebiete zu bestimmen. Die regionalen Verordnungen sind zeitlich begrenzt und müssen regelmäßig überprüft werden.


Rechtliche Ausgestaltung der Mietpreisbremse

Grundsatz: Begrenzung der zulässigen Miethöhe

Nach § 556d Abs. 1 BGB darf die beim Mietvertragsabschluss vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 Prozent übersteigen. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird meist anhand des örtlichen Mietspiegels ermittelt.

Ausnahmen von der Mietpreisbremse

Der Gesetzgeber sieht mehrere Ausnahmen vor:

Vormiete

Liegt die Vormiete, die der vorige Mieter zuletzt schuldete, bereits über der zulässigen Miethöhe nach Mietpreisbremse, darf diese auch im neuen Mietvertrag verlangt werden (§ 556e Abs. 1 BGB).

Umfassende Modernisierung

Wohnungen, die nach umfassender Modernisierung wiedervermietet werden, sind von der Mietpreisbremse ausgeschlossen. Eine umfassende Modernisierung liegt vor, wenn die Investitionen etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreichen (§ 556f Satz 2 BGB).

Neubauten

Auf Erstvermietungen nach Fertigstellung eines Neubaus findet die Mietpreisbremse keine Anwendung (§ 556f Satz 1 BGB).


Offenlegungspflichten und Auskunftsrechte

Informationspflichten des Vermieters

Seit 2019 ist der Vermieter gemäß § 556g BGB verpflichtet, dem Mieter bei Vertragsabschluss unaufgefordert mitzuteilen, ob und wenn ja, aus welchem Grund eine Ausnahme von der Mietpreisbremse vorliegt. Sofern sich der Vermieter auf eine höhere Vormiete oder eine Modernisierung beruft, muss er dies nachweisbar offenlegen.

Rechte des Mieters

Erfüllt der Vermieter seine Informationspflichten nicht, kann sich dieser später nicht auf die Ausnahmen berufen. Der Mieter hat außerdem das Recht, die zu viel gezahlte Miete zurückzuverlangen, allerdings nur ab dem Zeitpunkt der qualifizierten Rüge (§ 556g Abs. 2 BGB).


Durchsetzung und Rechtsfolgen bei Verstößen

Rechtsfolgen bei Überschreitung der zulässigen Miete

Verlangt ein Vermieter eine unzulässig hohe Miete, ist die Vereinbarung insoweit unwirksam (§ 556g Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Mieter ist nur zur Zahlung der zulässigen Höchstmiete verpflichtet und kann zu viel gezahlte Beträge rückwirkend ab Rüge zurückfordern.

Rüge durch den Mieter

Der Mieter muss den Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen, damit der Anspruch auf Rückzahlung und Anpassung der Miete entsteht. Für die Rüge ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, sie muss aber ausreichend bestimmt sein, um den Beanstandungsgrund darzulegen (§ 556g Abs. 2 BGB).


Kritik und gerichtliche Anwendung

Die Mietpreisbremse ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Kritisiert werden unter anderem die zahlreichen Ausnahmen, die teilweise mangelhafte Kontrolle sowie die regional unterschiedlichen Ausgestaltungen durch Landesverordnungen. In ihrer bisherigen Anwendung wurde die Mietpreisbremse schon mehrfach auf rechtliche Zulässigkeit hin überprüft, auch durch das Bundesverfassungsgericht, das die Regelung bislang für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt hat (BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 – 1 BvL 1/18).


Reformen und Ausblick

Die Mietpreisbremse unterliegt regelmäßiger Überprüfung und Anpassung. Der deutsche Gesetzgeber reagiert damit auf Entwicklungen des Wohnungsmarktes und Rechtsprechung. In politischen und gesellschaftlichen Debatten steht die Effektivität der Regelung weiterhin im Fokus, etwa im Hinblick auf eine stärkere Ausgestaltung der Kontrollmechanismen oder die Ausweitung auf weitere Wohnungssegmente.


Literatur und weiterführende Informationen

  • §§ 556d bis 556g BGB
  • Mietrechtsnovellierungsgesetz 2015
  • Mietrechtsanpassungsgesetz 2019
  • Landesrechtliche Verordnungen zu angespannten Wohnungsmärkten
  • Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18. Juli 2019 – 1 BvL 1/18

Hinweis: Der Artikel vermittelt einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen und die Funktionsweise der Mietpreisbremse im deutschen Recht und eignet sich zur vertiefenden Recherche im Rahmen einer systematischen Rechtsquellenanalyse.

Häufig gestellte Fragen

Wann gilt die Mietpreisbremse und welche gesetzlichen Ausnahmen bestehen?

Die Mietpreisbremse findet gemäß § 556d BGB grundsätzlich in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt Anwendung, sofern das jeweilige Bundesland eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen hat. Eine wichtige rechtliche Ausnahme besteht jedoch bei Neubauten: Wohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet wurden, sind nicht von der Mietpreisbremse erfasst (§ 556f BGB). Gleiches gilt für umfassend modernisierte Wohnungen; dabei muss die Modernisierung einem Neubau vergleichbar sein, sowohl im Hinblick auf den baulichen Aufwand als auch im Ergebnis nutzungs- und ausstattungsmäßig (§ 556f S. 2 BGB). Bestehende, jedoch bereits über der zulässigen Höhe vermietete Wohnungen unterliegen zusätzlich dem Bestandsschutz: Die überhöhte Miete darf beim Mieterwechsel weiterhin verlangt werden, solange sie bereits mit dem Vormieter wirksam vereinbart war (§ 556e Abs. 1 BGB). Außerdem gilt die Mietpreisbremse nur für Mietverträge über Wohnraum zu privaten Zwecken; sie greift nicht bei gewerblichen Mietverhältnissen oder Werkswohnungen.

Wie kann ein Mieter die Miete bei Verstoß gegen die Mietpreisbremse rügen?

Um sich auf die Mietpreisbremse berufen zu können, muss der Mieter gemäß § 556g Abs. 2 BGB eine sogenannte qualifizierte Rüge gegenüber dem Vermieter erheben. Diese Rüge muss konkret beanstanden, dass die verlangte Miete nach § 556d BGB die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % überschreitet, und der Mieter sollte darlegen, aus welchen Gründen die verlangte Miete ggf. unzulässig ist (z.B. keine Ausnahme erfüllt, keine umfassende Modernisierung etc.). Es reicht nicht aus, pauschal die Höhe der Miete zu beanstanden; vielmehr müssen die Tatsachen, auf die sich die Rüge stützt, zumindest laienhaft umrissen sein. Die Rüge ist formfrei, sollte jedoch unbedingt schriftlich (per E-Mail oder Brief) erfolgen, damit der Zugang später bewiesen werden kann. Ab dem Zugang der ordnungsgemäßen Rüge schuldet der Mieter nur die nach der Mietpreisbremse zulässige Miete (§ 556g Abs. 1 S. 3 BGB) – für davor gezahlte Mieten besteht grundsätzlich kein Rückforderungsanspruch (Ausnahme: Wissentliche Überschreitung durch den Vermieter).

Was sind die rechtlichen Folgen für Vermieter bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse?

Verletzt ein Vermieter die Vorgaben der Mietpreisbremse und wird dies durch eine qualifizierte Rüge beanstandet, ist die überhöhte Miete nicht wirksam vereinbart. Gemäß § 556g BGB darf der Vermieter also ab Zugang der Rüge vom Mieter lediglich die zulässige Miete verlangen; ein Anspruch auf die darüber hinausgehende Miete besteht nicht mehr. Zudem kann der Mieter für zukünftige Mietzahlungen die überhöhten Anteile einbehalten und unter Umständen mit bereicherungsrechtlichen Ansprüchen (§ 812 BGB) für bereits zuviel gezahlte Miete ab Zugang der Rüge Rückzahlungsforderungen geltend machen. Besteht bereits eine vorsätzliche oder gar wissentliche Vereinbarung einer überhöhten Miete, können weitergehende rechtliche Schritte, etwa eine Strafanzeige wegen Betrugs, möglich sein. Die Verletzung der Auskunftspflichten zur Vormiete oder zur Ausnahme von der Mietpreisbremse kann darüber hinaus ein Bußgeld nach sich ziehen (§ 5 WiStG), sofern ein Mietwucher vorliegt.

Welche Auskunfts- und Belegpflichten treffen Vermieter im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse?

Der Vermieter hat seit der Mietrechtsnovelle 2019 strengere Auskunftspflichten. Gemäß § 556g Abs. 1a BGB muss der Vermieter dem Mieter bereits vor Vertragsschluss unaufgefordert mitteilen, wenn eine Ausnahme von der Mietpreisbremse geltend gemacht wird (z.B. bei umfassender Modernisierung oder Überschreitung der Vormiete). Zur Geltendmachung des Bestandsschutzes ist es erforderlich, dem neuen Mieter die bisherige Miete des Vormieters konkret mitzuteilen. Erfolgt diese Auskunft nicht, kann sich der Vermieter im Streitfall nicht mehr auf Bestandsschutz oder die Ausnahme berufen. Die Beweispflicht, dass eine Ausnahme einschlägig ist oder bestand, liegt im Streitfall immer beim Vermieter. Eine schriftliche Dokumentation ist daher aus juristischer Sicht dringend zu empfehlen.

Wie kann die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt werden und welche Bedeutung hat sie für die Mietpreisbremse?

Die ortsübliche Vergleichsmiete ist nach § 558 Abs. 2 BGB der Maßstab für die Begrenzung der Miethöhe durch die Mietpreisbremse. Sie wird in der Regel auf Basis des Mietspiegels der jeweiligen Gemeinde bestimmt, sofern ein qualifizierter Mietspiegel vorhanden ist. Ist kein Mietspiegel vorhanden, können Vergleichsobjekte, Sachverständigengutachten oder Auskünfte aus einer Mietdatenbank herangezogen werden. Die Vergleichsmiete erfasst Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage aus den letzten sechs Jahren. Für die Mietpreisbremse bedeutet das konkret: Die vertraglich vereinbarte Miete darf die ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete um maximal 10 % überschreiten. Bei Unsicherheit kann im Zweifel auch eine gerichtliche Klärung beantragt werden; dabei tragen Mieter und Vermieter jeweils die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptungen.

Gibt es eine Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Mietpreisbremse?

Ja, Ansprüche des Mieters wegen einer unzulässigen Mietvereinbarung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, die drei Jahre beträgt. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Wichtig ist jedoch, dass Rückforderungsansprüche erst ab dem Zeitpunkt der qualifizierten Rüge geltend gemacht werden können, für vorherige Mietzahlungen besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Rückerstattung, es sei denn, der Vermieter hat die Überschreitung der zulässigen Miethöhe vorsätzlich verschwiegen (§ 556g Abs. 1 BGB).

Gelten Sonderregelungen bei möblierten Wohnungen oder befristeten Mietverträgen?

Mietpreisbremse und deren Einschränkungen gelten grundsätzlich auch bei Mietverträgen über möblierte Wohnungen, sofern es sich nicht um die reine Überlassung einzelner Zimmer (Untermiete) oder um eine sogenannte „Wohnung zur vorübergehenden Nutzung“ (z.B. Ferienwohnung, Dienstwohnung) handelt. Bei möblierten Komplettwohnungen darf ein Möblierungszuschlag verlangt werden, dieser muss jedoch realistisch sein und darf die Grenze der zulässigen Miete nach Mietpreisbremse nur im Rahmen der ortsüblichen Zuschläge überschreiten. Bei befristeten Mietverhältnissen (Zeitmietverträgen) greifen die Regeln der Mietpreisbremse vollumfänglich, sofern es sich nicht um einen legalen Kurzzeitmietvertrag (z.B. aufgrund von Eigenbedarf oder Sanierung) handelt. Jeder einzelne Mietvertrag ist hier sorgfältig nach den Maßgaben des BGB zu prüfen.