Definition und Begriffsabgrenzung: Mietkündigungsmoratorium
Ein Mietkündigungsmoratorium beschreibt eine zeitweilige gesetzliche oder behördliche Regelung, die das ordentliche oder außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters gegenüber dem Mieter einschränkt oder vollständig aussetzt. Ein solcher Eingriff in das Kündigungsrecht wird meist als temporäre Maßnahme eingeführt, um außergewöhnlichen sozialen, wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Belastungen Rechnung zu tragen. Das Mietkündigungsmoratorium betrifft sowohl Wohnraummietverträge als auch, seltener, Gewerberaummietverhältnisse.
Das Moratorium setzt dabei entweder die Wirksamkeit bereits ausgesprochener Kündigungen aus oder untersagt dem Vermieter mit sofortiger Wirkung, das Mietverhältnis wegen bestimmter Umstände innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu beenden. Ziel eines Mietkündigungsmoratoriums ist regelmäßíg der Schutz der Mieter vor dem Verlust ihres Wohn- oder Geschäftssitzes in Krisenzeiten.
Rechtliche Grundlagen und gesetzliche Ausgestaltung
Nationale Gesetzgebung
Das Mietkündigungsmoratorium findet seinen Ursprung in nationalen Gesetzgebungen, die in Reaktion auf besondere Krisenlagen (z. B. Naturkatastrophen, Wirtschaftskrisen oder Pandemien) erlassen werden. In Deutschland wurde beispielsweise im Rahmen der COVID-19-Pandemie gemäß Art. 240 § 2 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) befristet ein Kündigungsmoratorium eingeführt.
Art. 240 § 2 EGBGB (Corona-Krise 2020)
Die Regelung untersagte zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 die Kündigung von Mietverträgen, sofern die ausbleibende Mietzahlung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhte. Bis zum 30. Juni 2022 musste die rückständige Miete beglichen werden, andernfalls drohte die Kündigung erneut. Das Kündigungsrecht wegen anderer Gründe blieb unberührt.
Voraussetzungen für das Eingreifen des Moratoriums
Ein Mietkündigungsmoratorium umfasst in der Regel folgende zentrale Tatbestandsmerkmale:
- Anwendbarkeit auf bestimmte Mietverhältnisse: Die Regelung bezieht sich zumeist ausdrücklich auf Wohnraummietverträge, kann aber ebenfalls Geschäftsräume oder sonstige Mietverhältnisse einbeziehen.
- Begründete Zahlungsschwierigkeiten: Der Mieter muss regelmäßig nachweisen, dass die Zahlungsrückstände Folge besonderer Umstände (z. B. Pandemie, Naturkatastrophe) sind.
- Befristung und Stichtagsregelung: Das Moratorium ist zeitlich begrenzt und gilt für einen genau definierten Zeitraum, den der Gesetzgeber festlegt.
- Wirkung und Reichweite: Überwiegend ist das Kündigungsrecht bei Zahlungsrückständen betroffen; Kündigungen aus anderen Gründen (wie z. B. Eigenbedarf, Vertragsverletzungen) bleiben möglich.
Internationale Entwicklungen
Auch andere Staaten haben vergleichbare Gesetzesinitiativen ergriffen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Krisensituationen zu mildern. Ausgestaltung und Reichweite unterscheiden sich dabei jedoch erheblich. Teilweise greifen die Maßnahmen nicht nur für Mietverhältnisse, sondern für sämtliche schuldrechtlichen Dauerschuldverhältnisse.
Ziel und Zweck eines Mietkündigungsmoratoriums
Soziale Schutzfunktion
Der Hauptzweck besteht im Schutz vor Wohnungslosigkeit oder dem Verlust betrieblicher Existenzgrundlagen, insbesondere während konjunktureller Krisen oder Naturkatastrophen. Betroffene Haushalte und Unternehmen sollen durch die Suspendierung des Kündigungsrechts vorübergehend entlastet und ihre Existenzgrundlage gesichert werden.
Vermeidung gesellschaftlicher Folgeschäden
Durch ein Moratorium werden Kettenreaktionen vermieden, etwa ein deutlicher Anstieg der Wohnungslosigkeit oder wirtschaftliche Notlagen, die weitere gesellschaftliche Problemlagen auslösen können. Insbesondere in urbanen Zentren kann dadurch eine Stabilisierung am Wohnungs- und Immobilienmarkt erzielt werden.
Auswirkungen und Kritik des Mietkündigungsmoratoriums
Auswirkungen auf Vermieter
Das Aussetzen des Kündigungsrechts reduziert die Durchsetzungsmacht der Vermieterseite, Mietrückstände einzutreiben oder das Mietverhältnis bei Zahlungsunfähigkeit kurzfristig zu beenden. Dies bedeutet für Vermietende unter Umständen erhebliche Liquiditätsausfälle, weshalb in vielen Fällen flankierende Maßnahmen, wie zinsgünstige Darlehen oder Ausgleichszahlungen, diskutiert oder gewährt werden.
Rechtliche Herausforderungen und Streitfragen
Die Umsetzung des Moratoriums löst in der rechtlichen Praxis oft Folgefragen aus:
- Nachweisführung: Die Beweislast für das Vorliegen der Moratoriumsvoraussetzungen liegt meist beim Mieter.
- Aufschiebende Wirkung: Die Aussetzung beziehungsweise Einschränkung bewirkt kein Erlöschen der Mietschuld, sondern verschiebt lediglich die Durchsetzungsmöglichkeiten.
- Diskriminierungsverbot: Die Gleichbehandlung aller Mietparteien muss gewährleistet sein.
Kritik an der Maßnahme
Häufig wird kritisiert, dass Mietkündigungsmoratorien das Vertragsgefüge stören, Anreize zur Mietrückständigkeit bieten könnten und die finanzielle Belastung einseitig auf die Vermietenden verlagern. Demgegenüber stehen die Schutzinteressen der Mieter, insbesondere in sozial angespannten Lagen.
Ende und Nachwirkungen des Moratoriums
Mit Auslaufen eines befristeten Mietkündigungsmoratoriums lebt das ordentliche und außerordentliche Kündigungsrecht wieder vollumfänglich auf. Rückstände, die während des Moratoriums aufgelaufen sind, müssen nach Ablauf der Nachzahlungsfrist beglichen werden, um spätere Kündigungen zu vermeiden. Gesetzlich bleibt die Möglichkeit der rückwirkenden Aussetzung ausgeschlossen; Wirkung und Umfang sind auf den vereinbarten Zeitraum beschränkt.
Langfristig führt ein Mietkündigungsmoratorium zu einer erhöhten Aufmerksamkeit für die soziale Sicherungsfunktion des Mietrechts und kann Anlass für rechtspolitische Diskussionen hinsichtlich dauerhafter Instrumente zur Krisenprävention geben.
Siehe auch: (Deutschland“>COVID-19-Gesetzgebung Deutschland)
Literatur:
- Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, aktuelle Auflagen
- Langenberg/Pienkoß, Mietrecht in der Praxis, Handbuch
- Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band Schuldrecht, aktuelle Auflage
Häufig gestellte Fragen
Wer ist vom Mietkündigungsmoratorium erfasst?
Das Mietkündigungsmoratorium betrifft grundsätzlich alle Mieter von Wohn- und Geschäftsräumen, die aufgrund von außergewöhnlichen Umständen – wie etwa während der COVID-19-Pandemie – ihre vertraglich geschuldeten Mietzahlungen vorübergehend nicht leisten können. Voraussetzung ist nach deutschem Recht in der Regel, dass der Mietausfall unmittelbar im Zusammenhang mit den jeweils zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen steht, beispielsweise durch behördliche Maßnahmen oder wirtschaftliche Einschränkungen. Das Moratorium schützt den Mieter vor einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs für einen festgelegten Zeitraum, üblicherweise solange die gesetzliche Ausnahmeregelung greift. Allerdings sind hiervon beispielsweise Eigenbedarfskündigungen und Kündigungen wegen anderer Vertragsverletzungen im Regelfall nicht umfasst. Eine individuelle Betroffenheit muss im Zweifelsfall durch den Mieter glaubhaft gemacht oder nachgewiesen werden.
Muss der Mietrückstand zu einem späteren Zeitpunkt nachgezahlt werden?
Ja, das Mietkündigungsmoratorium befreit den Mieter nicht dauerhaft von seiner Zahlungsverpflichtung. Die während des Moratoriums aufgelaufenen Mietrückstände bleiben grundsätzlich als fällige Forderung des Vermieters bestehen. Das Moratorium bewirkt lediglich einen zeitlich befristeten Kündigungsschutz bezüglich dieser Rückstände. Nach Ablauf des geschützten Zeitraums ist der Mieter verpflichtet, die ausstehenden Mieten nachzuzahlen. Im Gesetz oder der jeweiligen Rechtsverordnung wird üblicherweise ausdrücklich geregelt, bis zu welchem Zeitpunkt die Rückstände spätestens beglichen werden müssen, um dauerhafte rechtliche Konsequenzen – wie z.B. die nachträgliche Kündigung oder einen gerichtlichen Zahlungsbefehl – zu vermeiden. Zu beachten ist ferner, dass auf die rückständigen Mieten in der Regel Verzugszinsen erhoben werden dürfen.
Welche Nachweise muss der Mieter für den Schutz durch das Mietkündigungsmoratorium erbringen?
Für den Schutz durch das Mietkündigungsmoratorium ist es regelmäßig erforderlich, dass der Mieter dem Vermieter die Gründe für den Zahlungsrückstand darlegt und auf Verlangen entsprechende Nachweise erbringt. Dies können z.B. Nachweise über Einkommensausfälle, betriebliche Stilllegungen oder behördliche Maßnahmen sein, die eine pünktliche Mietzahlung unmöglich machen. Der Nachweis muss grundsätzlich plausibel, nachvollziehbar und zeitnah zum Eintritt der Zahlungsprobleme erbracht werden. Bei Unternehmen kann z.B. eine Bestätigung des Steuerberaters über einen Umsatzrückgang, bei Privatpersonen eine Bescheinigung des Arbeitgebers über Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit ausreichend sein. Versäumt der Mieter die rechtzeitige Mitteilung oder bleibt der Nachweis aus, kann der Kündigungsschutz entfallen.
Gilt das Mietkündigungsmoratorium auch für andere Vertragsverletzungen als den Zahlungsverzug?
Nein, das Mietkündigungsmoratorium findet ausschließlich auf Kündigungen wegen Zahlungsverzugs Anwendung, soweit diese infolge der jeweils speziellen Gesetzeslage – etwa einer Pandemie – begründet sind. Andere Vertragsverletzungen, wie etwa eigenmächtige bauliche Veränderungen, unerlaubte Untervermietung oder erhebliche Störungen des Hausfriedens, sind vom Moratorium nicht erfasst. Ebenso bleiben ordentliche Kündigungen aus anderen Gründen sowie außerordentliche fristlose Kündigungen wegen anderer gewichtiger Pflichtverletzungen weiterhin möglich und unterliegen den allgemeinen mietrechtlichen Regelungen.
Wie lange ist die Kündigung aufgrund des Moratoriums ausgeschlossen?
Die Dauer des Kündigungsschutzes durch das Mietkündigungsmoratorium wird durch die jeweilige Rechtsgrundlage bestimmt und ist in der Regel befristet. Beispielsweise war im Zuge der COVID-19-Pandemie in Deutschland die Kündigung wegen nicht gezahlter Mieten aus dem Zeitraum zwischen dem 01. April und dem 30. Juni 2020 zunächst bis 30. Juni 2022 ausgeschlossen. Die exakte Frist kann je nach Anlass, Verordnung und Gesetz variieren; für den Einzelfall ist die jeweilige Gesetzeslage maßgeblich. Nach Ablauf des Moratoriums kann der Vermieter, sofern die Mietrückstände nicht beglichen wurden, die Kündigung nachholen. Ab diesem Zeitpunkt gelten wieder die allgemeinen mietrechtlichen Kündigungsvorschriften.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Missbrauch des Mietkündigungsmoratoriums?
Ein Missbrauch des Mietkündigungsmoratoriums – beispielsweise durch vorsätzlich falsche Angaben oder die bewusste Nichtzahlung der Miete ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – kann gravierende rechtliche Folgen haben. Hierzu zählen unter anderem die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, Schadensersatzansprüche des Vermieters sowie im Einzelfall auch strafrechtliche Konsequenzen wegen Betrugs oder falscher Versicherung an Eides statt. Vermieter können bei begründetem Verdacht auf Missbrauch gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme des Kündigungsschutzes überprüfen lassen. Im Ergebnis schützt das Moratorium ausschließlich die berechtigten Interessen der tatsächlich betroffenen Mieter.
Was geschieht, wenn der Mieter nach Ablauf des Moratoriums die Rückstände weiterhin nicht zahlt?
Sollte der Mieter die aufgelaufenen Rückstände nach Ablauf der gesetzlichen Schonfrist beziehungsweise Moratoriumsdauer nicht begleichen, kann der Vermieter dem Mieter nun wirksam kündigen. Dies betrifft insbesondere die fristlose und/oder ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die ausstehenden Beträge gerichtlich einklagen zu lassen. Der Vermieter kann zudem Verzugszinsen fordern und gegebenenfalls weitere rechtliche Schritte zur Räumung der Mieträume einleiten. In diesem Fall verliert der Mieter den während des Moratoriums gewährten Kündigungsschutz dauerhaft.